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Veröffentlicht am 17.03.2024

Keine heile Welt

Verborgen
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Eva Björg Ægisdóttir verwöhnt Fans gepflegter Islandkrimis erneut. In "Verborgen" ermittelt Kommissarin Elma zum dritten Mal. Wie gewohnt ist der Fall eher unblutig, aber der Aufbau der Geschichte und ...

Eva Björg Ægisdóttir verwöhnt Fans gepflegter Islandkrimis erneut. In "Verborgen" ermittelt Kommissarin Elma zum dritten Mal. Wie gewohnt ist der Fall eher unblutig, aber der Aufbau der Geschichte und die Glaubwürdigkeit der Protagonisten beruhen stark auf Motiven, auf der Psyche und ihren Abgründen.

Der Krimi, der in der Kleinstadt Akranes spielt, startet mit einem Brand. Dieser ist schnell gelöscht, beim Lesen hat man aber das Gefühl, dass unter der Oberfläche aller Beteiligter die Glut weiter glimmt. Elma und ihr Kollege befragen viele Personen während der Ermittlungen.

Für alle, die dabei schnell den Überblick verlieren, oder trotz des flüssigen Erzähltempos öfter längere Pausen machen müssen, gibt es am Ende der 357 Seiten ein Personenregister. Die Ermittlungen plätschern - wie das wohl oft so ist - eine Weile eher gemächlich dahin, es gibt den einen oder anderen Anhaltspunkt, aber keinen Durchbruch.

Doch dann dreht ein Detail, auf das man beinahe vergessen hätte, die Ermittlungen fast auf den Kopf. Zudem steigt die Spannung, weil dann auch Rückblick-Kapitel etwas Licht ins Dunkel bringen. Führten die bisherigen Ereignisse überhaupt in die richtige Richtung? Gab es vielleicht mehrere Opfer und auch mehrere Täter oder sind doch Missverständnisse und Unfälle für die Ereignisse verantwortlich?

"Verboten" blickt hinter die oft so perfekt erscheinende Fassade gut situierter isländischer Familien und deren Kinder. Selbstverständlich ist alles fiktiv, aber in manchen Alltagsbetrachtungen auch beklemmend realistisch. Die Befragten spielen nicht nur der Polizei vor, es sei alles in Ordnung, sie versuchen auch, sich selbst und sich gegenseitig eine heile Welt vorzuspielen, die es so schon lange nicht mehr gibt.

Veröffentlicht am 24.02.2024

Be-stechende Spannung

Der Stich
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Siiiiiiirr! Patsch! Diese simple, im Sommer überaus übliche Abfolge an Geräuschen steht im Zentrum des neuen Thrillers von Thilo Winter. In “Der Stich” erforscht der Autor, was passieren könnte, wenn Stechmücken ...

Siiiiiiirr! Patsch! Diese simple, im Sommer überaus übliche Abfolge an Geräuschen steht im Zentrum des neuen Thrillers von Thilo Winter. In “Der Stich” erforscht der Autor, was passieren könnte, wenn Stechmücken nicht nur juckende oder krankmachende, sondern hochgradig tödliche Stiche verteilten. Sein Buch ist fiktiv, basiert jedoch auf wahren wissenschaftlichen Überlegungen und Versuchen.

Die Handlung lässt er auf den Florida Keys spielen, einer Inselkette vor der Südspitze der US-amerikanischen Halbinsel. Auch dies ist kein Zufall, denn dort fand und findet tatsächlich ein Freilandversuch mit Mücken statt.

Nun aber zu den - hoffentlich wirklich - fiktiven Teilen der Geschichte: Sie dreht sich um Quito Mantezza und Inéz Barrera. Inéz trifft durch Zufall auf Quito, als sie als illegale Einwanderin vor der Polizei flüchtet. Quito ist Student und Sohn des örtlichen stellvertretenden Polizeichefs. Er beschäftigt sich mit Meerestieren und kämpft gegen die Firma, die ihre Versuchsmücken auf den Inseln aussetzt.

Quito sieht darin nämlich vor allem die Nachteile. Seiner Meinung nach gibt es eine große Schwachstelle im Versuch, die zu einer potentiell lebensgefährlichen Mückenart führen könnte. Als immer mehr Menschen nach Stichen behandelt werden müssen oder sterben, sucht Quito nach dem Beweis für seine These und bringt sich, Inéz und seine Eltern dabei in große Gefahr.

Thilo Winter gelingt ein spannender Thriller mit glaubhaften Pro- und Antagonisten. Die Auflösung des dramatischen Endes habe ich nicht auf wissenschaftliche Genauigkeit überprüft, aber für mich fügt sich das Ganze relativ schlüssig zusammen. Eines ist auf jeden Fall sicher: Die ersten Stechmücken, die sich diesen Sommer in meine Nähe trauen, bekommen einen extra festen Hieb ab.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Humoriger Blick auf das wollige Hobby

Innehalten, Masche halten
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Dieses 176 Seiten schmale Buch ist der perfekte Begleiter durch den kalten Winter. Aber Vorsicht: Ein bisschen Interesse für wolliges Handarbeiten und am besten aktive Erfahrung sollte gegeben sein. Dann ...

Dieses 176 Seiten schmale Buch ist der perfekte Begleiter durch den kalten Winter. Aber Vorsicht: Ein bisschen Interesse für wolliges Handarbeiten und am besten aktive Erfahrung sollte gegeben sein. Dann lassen sich auch die humorigen Seiten des Buches am besten genießen.

Autorin Karin Erlandsson geht auf viele Aspekte des Strickens ein: Geschichte, gesundheitliche Vorteile, Entwicklung, Muster, Werkzeug und vieles mehr. Auch ihre eigene Strick-Geschichte und ihre Erfahrungen fließen mit ein. Umrahmt wird alles von ein paar Knäuel ganz bestimmter Wolle und der Odyssee hin zu dem Strickstück, das sie werden wollen.

Der geschichtliche Exkurs oder die Entwicklung des Strickens sind sicher Teile des Buches, die jeder gut lesen und nachvollziehen kann. Für viele Aspekte des Romans sollte man aber auch selbst (oder der Beschenkte) schon mit Wolle gearbeitet haben.

Wer viel strickt, wird sich in zahlreichen Episoden wiedererkennen und seine Wangenmuskulatur beim vielen Grinsen ausgiebig trainieren. Wer jemanden kennt, der strickt, wird dieser Person mit “Innehalten, Masche halten” ein gelungenes Geschenk machen.

Vielleicht motiviert das Buch aber auch manche, dem Stricken im eigenen Haus wieder eine Chance zu geben. Wer kann einem unschuldigen Knäuel feiner Wolle schon widerstehen?

Veröffentlicht am 10.12.2023

Keine ruhige Zeit für Zio Pepe

7 Tage
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Auch wenn Giuseppe Quaranta (aka Josef Vierziger) sich immer besser in seiner italienischen Wahlheimat Ostuni einlebt, vom Essen leidlich profitiert und sein Espresso- und Weinkonsum jedem Einheimischen ...

Auch wenn Giuseppe Quaranta (aka Josef Vierziger) sich immer besser in seiner italienischen Wahlheimat Ostuni einlebt, vom Essen leidlich profitiert und sein Espresso- und Weinkonsum jedem Einheimischen Konkurrenz macht, kommt er doch nicht zur Ruhe.

Aber das würde auch nicht zu ihm passen. Joseph Lemark schickt seinen Commissario erneut aus, um die Welt zwar nicht zu retten, sie aber irgendwie ein Stück besser zu machen. Er hört zu, wo andere nicht hinhören und - auch wenn er als Zugewanderter nicht immer alle Zeichen (Stichwort Mafia) richtig deuten kann - hat ein fast untrügliches Gespür für Widersprüche.

Onkel Pepe, wie er von den jungen Nachbarn liebevoll genannt wird, steckt seine Nase im Ruhestand eigentlich lieber in Kochtöpfe, doch gelegentlich finden auch Kriminalfälle, die seiner Aufmerksamkeit bedürfen, zu ihm. Dieses Mal misstraut er der Theorie der Polizei, dass es in der Umgebung einige ältere Männer gibt, die Selbstmord verübt haben oder Unfällen zum Opfer gefallen sein sollen. Und - kommt nicht alle sieben Tage einer von ihnen ums Leben?

Dottor Quaranta wühlt also in der Vergangenheit der Toten und damit recht gekonnt eine Menge Staub auf. Dass ihn die Ermittlungsarbeit nicht ganz loslässt, hat auch ein wenig damit zu tun, dass er sein privates Glück mit Franca, die selbst Commissaria ist, gefunden hat. Über sie erfahren wir in “Sieben Tage” auch etwas mehr als bisher, wenngleich es da noch einige Fragezeichen gibt…

“Sieben Tage” bietet neben einem spannenden Krimi auch einen kleinen sprachlichen sowie kulinarischen Italienisch-Kurs.

Die Reihe im Überblick:
Tödliche Liebe
Vendetta
Kollateralschaden
In der Fremde
Vermisst
Sieben Tage

Veröffentlicht am 12.11.2023

Ein Dieb ermittelt gegen seine Kollegen

Felix Blom. Der Schatten von Berlin
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Rund ein Jahr nach Band 1 gibt es nun die nächste unterhaltsame Geschichte rund um Ex-Meisterdieb Felix Blom aus der Feder von Alex Beer. Die österreichische Autorin hat mit Blom eine so gerissene wie ...

Rund ein Jahr nach Band 1 gibt es nun die nächste unterhaltsame Geschichte rund um Ex-Meisterdieb Felix Blom aus der Feder von Alex Beer. Die österreichische Autorin hat mit Blom eine so gerissene wie liebenswerte Figur geschaffen, die keine einfache Zeit durchlebt.

Langsam gewöhnt sich der Gauner zwar an sein Leben in der Legalität, aber die Umstände im Berlin von 1879 machen es ihm nicht einfach. Gemeinsam mit Mathilde Voss betreibt Blom eine Detektei, doch ihre Kunden sind wenig zahlungskräftig. Zudem steht ein kalter Winter vor der Tür.

Wie auch “Felix Blom - Der Häftling aus Moabit” basiert auch “Der Schatten von Berlin” auf einer wahren Begebenheit, einer Art ungelöstem Kriminalfall jener Zeit.

Blom und Voss dürfen, ausgehend von den Fakten, den Fall rund um ein aufgebrochenes, jedoch ansonsten unberührtes Grab weiterverfolgen und stoßen dabei auf einige zwielichtige Charaktere. Viele davon sind schon aus dem Vorgängerband bekannt, aber die Krimis lassen sich auch unabhängig voneinander lesen. Wer mit “Der Schatten von Berlin” startet, könnte ebenso gut dann Band 1 als Rückblende lesen.

Das Buch enthält auch wieder kleine “Tipps” für angehende Langfinger. Felix Blom kennt natürlich alles Tricks und hat - auch wenn er es nicht anwendet - ein großes Wissen rund um Planung und Ausführung von Gaunereien aller Art.

Dieser historische Kriminalroman ist aber auch für jeden rechtschaffenen Leser und Nervenkitzel-Fan einen Blick wert.