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Veröffentlicht am 28.11.2021

Beladen mit Schuld

Das Geheimnis
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Ellen Sandberg verknüpft hier wie gewohnt Generationen miteinander und erzählt anhand einer Handvoll Protagonistinnen eine dunkle Geschichte. Jede Familie mag ihre kleinen Geheimnisse haben, aber in ihren ...

Ellen Sandberg verknüpft hier wie gewohnt Generationen miteinander und erzählt anhand einer Handvoll Protagonistinnen eine dunkle Geschichte. Jede Familie mag ihre kleinen Geheimnisse haben, aber in ihren Romanen sind es jeweils deutlich größere.

“Das Geheimnis” startet langsam und steigert sich erst im Lauf der Handlung. Hier geht es nicht exakt chronologisch zu, man muss also gut aufpassen und sich mit den Figuren und Namen gut auseinandersetzen.

Während dem ersten Corona-Sommer entdeckt die bald 60-jährige Ulla, dass ihr doch mehr an ihrem Erbe liegt als sie angenommen hat. Sie zieht vorübergehend in das Haus ihrer verstorbenen Mutter Helga. Die Beziehung der beiden endete abrupt als Ulla noch ein Schulkind war.

Damals, aber auch später hat sie nie die ganze Wahrheit erfahren. Das wird ihr nun klar, als sie durch Zufall bespielte Kassetten im Haus findet und zwischen der Musik Helgas Stimme hört.

Was passierte vor 45 Jahren und was geschah 1938, als Helga selbst erst fünfzehn war? Und kann es wirklich sein, dass Geschichte sich innerhalb einer Familie mehrfach wiederholt?

Die Autorin hat die unterschiedlichen Biografien gut ausgearbeitet auch wenn sie (damit die Geschichte funktioniert) teilweise sehr ähnlich sind. Manchmal verheddert sich die Handlung in weniger spannenden Details und man kann sich mit manchen Figuren besser anfreunden als mit anderen.

Als Laie fallen keine groben historischen Fehler auf, kleine unlogische Momente sind wohl nötig damit die Handlung so aufgeht wie sie es tut. Ein grundsätzlich spannender Roman beladen mit Schuld und getragen von Vorwürfen, der aber nur wenig “Krimi-Elemente” besitzt.

Veröffentlicht am 28.05.2021

Fast wie in Echtzeit

Der Fall des Präsidenten
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Mehr als 600 Seiten stark ist dieser fiktive Thriller von Marc Elsberg. Diese Menge will gut gefüllt sein und um über diese lange Zeit Spannung zu halten oder immer wieder neu aufbauen zu können, muss ...

Mehr als 600 Seiten stark ist dieser fiktive Thriller von Marc Elsberg. Diese Menge will gut gefüllt sein und um über diese lange Zeit Spannung zu halten oder immer wieder neu aufbauen zu können, muss einfach alles stimmen.

Das war für mich hier nicht immer der Fall. Die Geschichte rund um einen US-amerikanischen Ex-Präsidenten, der sich wegen seiner Kriegsführung und bestimmter Befehle offiziell verantworten muss, beginnt sehr vielschichtig.

Der Internationale Strafgerichtshof (Sitz in Den Haag) - im Buch meist englisch mit ICC abgekürzt - ist den meisten Europäern wohl spätestens seit dem öffentlichen Suizid von Slobodan Praljak bekannt. Im Buch hier erfahren wir etwas mehr darüber, wie die Dinge vor einer solchen Gerichtsverhandlung laufen könnten.

Der ICC gelangt an Beweise gegen den Ex-Präsidenten und sammelt auch selbst Zeugenaussagen, Bilder, alles was nötig ist um letztlich eine Festnahme durchführen zu können. Auf dem Weg zu einem Vortrag in Athen klicken die Handschellen, doch das ist nur der fulminante Auftakt zu einer langwierigen Odyssee für alle Beteiligten.

Ein griechisches Gericht muss erst darüber entscheiden, ob alles korrekt ablief und ob der Verhaftete tatsächlich auch nach Den Haag ausgeliefert werden kann.

Als Leser hätte mich diese “finale” Verhandlung viel mehr interessiert, aber der Thriller dreht sich ausschweifend um alles, was in Griechenland (mit gelegentlichen Abstechern in die USA und nach Deutschland sowie zur EU-Politik) passiert.

Die Tage nach der Verhaftung, die Auseinandersetzungen im Gericht, die Besprechungen und der Umgang der Öffentlichkeit inner- und außerhalb Griechenlands werden so minutiös erzählt, dass man fast das Gefühl hat, alles in Echtzeit zu lesen. Genauso wie in der Handlung im Ganzen betrachtet nicht viel vorwärts geht, scheint auch das Lesezeichen keine große Sprünge machen zu können.

Wirklich fesselnde Spannung kam bei mir nur zu Beginn und gegen Ende wieder auf, dazwischen ziehen sich die vielen Seiten eher langsam dahin. Obwohl man als Leser hauptsächlich die Perspektive der Vertreterin des ICC vor Ort, Dana Marin, hautnah mitbekommt, gibt es auch Einblicke in die Strategie der Gegenseite und in allerlei andere Schauplätze.

Das macht die Geschichte einerseits natürlich greifbarer, aber dadurch kommen auch sehr viele Namen, Figuren vor, die man immer wieder neu einordnen können muss wenn sie plötzlich wieder zur Sprache gebracht werden.

Die Schauplätze wechseln generell auch nicht nur mit den Kapiteln, sondern auch innerhalb, nur durch einen größeren Absatz gekennzeichnet. Das erfordert gute Konzentration und kann leicht unübersichtlich wirken.

Ich kann nur erahnen, dass hinter “Der Fall des Präsidenten” sehr sehr viel juristische Recherchearbeit steckt und habe Hochachtung vor dieser Arbeit. Aufgrund der so positiven Stimmung zu Elsbergs bisherigen Büchern (von denen ich auch noch einige lesen möchte), hat mich dieser Thriller hier leider etwas enttäuscht. Über lange Strecken konnte mich die Handlung nicht recht mitreißen und ich habe relativ lange gebraucht um das Buch zu beenden.

Veröffentlicht am 01.05.2021

Spionage- und Historienthriller mit überladenem Ende

Geiger
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Schweden, heißer Sommer. Ein erschossener Promi in seiner vornehmen Villa, eine Stockholmer Polizistin auf Abwegen und viel geschichtlicher Hintergrund rund um DDR, Kommunismus und Spionage.

Das sind ...

Schweden, heißer Sommer. Ein erschossener Promi in seiner vornehmen Villa, eine Stockholmer Polizistin auf Abwegen und viel geschichtlicher Hintergrund rund um DDR, Kommunismus und Spionage.

Das sind die Zutaten dieses Thrillers, leider werden weder Cover noch Klappentext dem vollauf gerecht. Für Fans solcher Themen aber bietet die Geschichte einiges und punktet mit viel Recherche und Historie.

Hauptfigur Sara Nowak, Polizistin bei der Sitte und von Zweifeln geplagte Mutter zweier Teenager, wird plötzlich zurück in ihre Kindheit katapultiert. Eine befreundete Ermittlerin ruft sie an einen Tatort: Sara kennt den Toten, ging viele Jahre in dessen Villa ein und aus und spielte mit seinen Kindern.

Die Profis ermitteln natürlich zuerst einmal in die falsche Richtung, somit kommt Sara zum Zug, die in ihrer Freizeit Erinnerungen und Begebenheiten nachhängt und nach und nach unglaubliche Details des Ermordeten aufdeckt.

Autor Gustaf Skördeman wollte hier, so scheint es, zwei große Themenblöcke eng miteinander verknüpfen. Auf der einen Seite Saras Alltag, in dem sie gegen Prostitution kämpft und auf der anderen Seite die Kalter-Krieg-Spionageschiene. Auch da ist nicht alles romantisch à la Nachrichten im toten Briefkasten und Giftpfeil im Kugelschreiber.

Nein, es geht vielmehr um tödliche Komplotte, Indoktrination, Erpressung und unbedingten Gehorsam. Nichts für schwache Nerven.

Alles in allem wurde am Ende leider ein wenig zu viel gewollt, die paar Stellen die man als aufmerksamer Leser vorhersehen kann, werden durch extreme Wendungen niedergebügelt, die man dann eben schlucken muss. Nach dem Motto “Ätsch, das hast du aber nicht kommen sehen”.

Kann man machen, muss man aber nicht. Die Details werden schon erläutert und ja es könnte alles so stattfinden, aber sehr wahrscheinlich wirkt es nicht. “Geiger” ist zudem Teil 1 einer Trilogie, was bedeutet, dass ein bisschen was als vermeintlicher Cliffhanger stehen bleibt. Die wesentlichen Punkte werden aber geklärt.

Veröffentlicht am 05.01.2021

Viele Namen, viele Handlungsstränge

Tod eines Eisfischers
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Nordische Kälte und gleichzeitig weihnachtliche Gemütlichkeit strahlt dieser Krimi aus. Da sich die Handlung auf mehrere Orte erstreckt, ist es kein reiner “Schweden-Krimi”, aber der Großteil spielt auf ...

Nordische Kälte und gleichzeitig weihnachtliche Gemütlichkeit strahlt dieser Krimi aus. Da sich die Handlung auf mehrere Orte erstreckt, ist es kein reiner “Schweden-Krimi”, aber der Großteil spielt auf Smögen, einer kleinen schwedischen Insel in der Nordsee.

Normalerweise passiert hier nicht viel und auf der zuständigen Polizeistation Kungshamn geht es eher beschaulich zu. Vorbereitungen für das Luciafest und baldige Urlaubsfahrten laufen. Doch dann legt ein Schiff an und bringt einen Toten an die Küste.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist für “südlichere” Leser, dass die meisten der Charaktere kaum je mit vollem Namen genannt werden, man liest insbesondere von Dennis und Sandra (die Ermittler) und vielen weiteren Personen aus dem Dorf, sowie ihren Bekannten und Familienmitgliedern. Das ist lange Zeit etwas unübersichtlich gestaltet, vor allem da es viele Nebenschauplätze gibt.

Zwischendurch sind noch Rückblicke eingelagert, von denen man zuerst nicht weiß wie sie in die Geschichte hineinpassen. Also sollte man darauf gefasst sein, sich manches Mal zu fragen “Wer was das nun?”.

Andere Personen hingegen wie der Kapitän kommen fast nur mit Nachname vor und wieder andere immer schön übersichtlich mit vollem Namen (wie das Opfer). Das klassische “du” zwischen sich nicht näher bekannten Personen wurde aber nicht in die deutsche Übersetzung übernommen, das “Sie” wird wie für uns üblich angewendet.

“Tod eines Eisfischers” ist Band 2 einer Reihe, es gibt auch hin und wieder Anspielungen auf Ereignisse aus dem Sommer vor diesem harten Winter der die Handlung hier prägt. Aber das stört nicht besonders. Störender empfand ich dafür dass durch die kleinen Nebenhandlungen der Dorfbewohner viel von der Krimigeschichte abgelenkt wird, diese blähen das Buch auf aber wären auf weniger Seiten auch erzählt gewesen. Aber vielleicht fehlte mir da auch das Vorgängerbuch um da alles gut zu durchblicken.

Veröffentlicht am 30.11.2020

Blut, Gewalt und Egozentrik

Der Spiegelmann
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Ich mag Thriller. Ich mag auch Thriller mit Blut und Action. Ich mag skandinavische Thriller. Ich mag Joona Linna. Und ich mag große Teile der Reihe von Lars Kepler. Tolle Voraussetzungen also für den ...

Ich mag Thriller. Ich mag auch Thriller mit Blut und Action. Ich mag skandinavische Thriller. Ich mag Joona Linna. Und ich mag große Teile der Reihe von Lars Kepler. Tolle Voraussetzungen also für den “Spiegelmann” würde man meinen.

Und ja, es gibt vieles an diesem 620-Seiten-Machwerk, das ich mag und das ich gelungen fand. Und großteils unterhält der neue Thriller auch mit seiner Spannung, den undurchsichtigen Charakteren und den Plottwists.

Die Handlung ist nachvollziehbar und interessant aufgebaut, wenngleich es im Mittelteil etwas Länge und übertrieben Grausigkeiten gibt, die für die Krimigeschichte an sich so nicht nötig gewesen wären. Natürlich weiß man um die Ausrichtung dieser Reihe und man erwartet eine gewisse Menge Blut. Eine zu gute Vorstellungskraft könnte hier aber definitiv hinderlich sein.

Kurz zum Inhalt: Entführte Kinder sind Garant für Mitgefühl und furchtbare Verbrechen und beides trifft auch für dieses Buch zu. Bei Joona Linna folgt eine Jagd auf den oder die Täter von der er nicht eher lassen wird, bis jemand gefasst oder tot ist. Das trifft auf Verdächtige und auf Polizisten gleichermaßen zu. Leichen pflastern Joonas Ermittlungen, aber daran gewöhnt man sich.

“Der Spiegelmann” ist Band 8 mit und um den Stockholmer Kommissar mit finnischen Wurzeln und da ich einige der bisherigen 7 kenne, habe ich das Gefühl, dass sich das Muster über so viele Jahre nur mehr schwer steigern lässt. Den “alten” Joona zu Beginn (“Der Hypnotiseur” oder “Flammenkinder”) mochte ich, weil er unkonventionelle Ideen hatte, weil ihm Details auffielen die andere nicht sahen. Er war dennoch noch bescheiden und wog Risiken ab.

Mittlerweile nimmt die Gewalt immer mehr zu, mit der Joona konfrontiert wird und durch die Erfolge (denn er liegt letztlich so gut wie immer richtig) scheint er ein sehr selbstzentiertes, rechthaberisches Weltbild entwickelt zu haben. Er übersteht zudem auch viele brenzlige Situationen und überlebt schwerste Verwundungen. Das Image des “Unbesiegbaren” gepaart mit der unfehlbar-Attitüde schwächt meiner Meinung nach die Reihe zunehmend.

Tempo, Stil (Präsens) und Handlung alleine sind ein sehr guter Thriller, die Längen und die Charakterentwicklung und die damit einhergehenden unwahrscheinlichen Szenen schwächen den Gesamteindruck für mich etwas ab.

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