Cover-Bild Dieses ganze Leben
(19)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 272
  • Ersterscheinung: 28.10.2020
  • ISBN: 9783257071443
Raffaella Romagnolo

Dieses ganze Leben

Maja Pflug (Übersetzer)

Paola passt nicht in diese Welt, findet sie. Wo Glanz und Erfolg das Maß vorgeben, hält sie sich lieber an ihren Bruder, der im Rollstuhl sitzt, gerne Schach spielt und auf Likes pfeift. Auf täglichen Spaziergängen mit ihrem Bruder gelingt es Paola, Gegenden zu erkunden, wo sie das wahre Leben vermutet – das so ganz anders ist, als sie dachte.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2020

Jugendliche Reflexionen auf eine ungerechte Welt

0

Die sechzehnjährige Paola lebt als Tochter eines Bauunternehmers sehr komfortabel in einer schönen Villa inklusive Nanny. Trotzdem hat sie es nicht immer leicht. Während ihr Bruder, der im Rollstuhl sitzt, ...

Die sechzehnjährige Paola lebt als Tochter eines Bauunternehmers sehr komfortabel in einer schönen Villa inklusive Nanny. Trotzdem hat sie es nicht immer leicht. Während ihr Bruder, der im Rollstuhl sitzt, die volle Aufmerksamkeit seines Umfelds genießt, fühlt sich Paola oft zurückgesetzt. Ihre Wahrnehmung von sich selbst ist negativ angehaucht, nur weil sie optisch nicht den Models der Hochglanzmagazine entspricht. Mobbingaktionen ihrer Mitschüler und wenig einfühlsame Äußerungen in der Familie tun ihr Übriges.

Vor diesem Hintergrund sinniert Paola über ihr eigenes Leben und die Verhältnisse in ihrer Umgebung nach. Ihre Gedanken erreichen den Leser in erfrischend frecher, jugendlicher Sprache. Dem Klischee mangelnder Konzentration folgend, springt sie zwischen ihren Themen hin und her, wechselt scheinbar planlos zwischen Berichten zu echten Ereignissen und eigenen Träumereien. Das ist beim Lesen zeitweise ganz schön anstrengend.

Über den Einblick in Paola‘s Leben transportiert Raffaella Romagnolo ihre Gesellschaftskritik. Oberflächlichkeit, Neid und Missgunst sind die Probleme, der gehobenen Klasse, die keine echten Sorgen mehr zu haben scheint. Sie kritisiert die Arroganz und die Gewissenlosigkeit, die Eliten teilweise gegenüber Anderen an den Tag legen. Sie haben den Blick für die breite Masse verloren, ihre soziale Pflicht vergessen. Die Abgrenzung von arm und reich arbeitet die Autorin gut heraus und zeigt besonders schön wie egal genau dies Kindern eigentlich ist. Diese Perspektive des Romans hat mir gut gefallen.

Der Hauptanklagepunkt des Romans ist das Schweigen. Da viele Dinge unausgesprochen und damit ungeklärt sind, befinden sich alle in einer wagen Unsicherheit. Niemand weiß um die Einstellung des Anderen. Dadurch ist nicht auszumachen, wo man selbst steht. Mit Hilfe der Geschichte um Paola‘s Großmutter argumentiert Raffaella Romagnolo, dass es durchaus positiv sein kann, das Schweigen zu brechen.

Insgesamt hat mir dieser Roman gut gefallen, die Perspektive auf die Gesellschaft hat mich beeindruckt. Die Sprache der Protagonistin und die zahlreichen metaphorischen Verweise auf andere Autoren gingen mir etwas auf die Nerven. Dafür ziehe ich einen Stern ab. Lesenswert ist „Dieses ganze Leben“ trotzdem.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.11.2020

Das komplizierte Leben der Jugend...

0

Auf das Erscheinen dieses Buches hatte ich so sehnsüchtig gewartet, weil es mir bereits in der Verlagsvorschau positiv auffiel. Gespannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um Paola, die eigentlich ...

Auf das Erscheinen dieses Buches hatte ich so sehnsüchtig gewartet, weil es mir bereits in der Verlagsvorschau positiv auffiel. Gespannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um Paola, die eigentlich alles hat um zufrieden im Leben zu sein: ihre Eltern sind reich, sie leben in einer Villa, Haushalt, Garten und Co werden von Angestellten bewirtschaftet, sie ist gesund und dennoch ist Paola nicht glücklich. Bewusst sucht sie Kontakt zur anderen Seite ihrer Welt. Wird sie im Ghetto der Stadt Antworten finden?

Paola fungiert als Ich- Erzählerin und ihre Gedankensprünge und Fantasien machten es beim Lesen nicht immer leicht ihr folgen zu können. Die Art ihrer Erzählweise erschien mir aber dennoch unheimlich authentisch, da gerade jungen Menschen in der Pubertät so viel durch den Kopf geht und es da auch schwer fällt alles zu verarbeiten und zu verstehen. Bedrückt hat mich bei ihr die Härte gegen sich selbst, denn es gehört schon einiges dazu, wenn man sich selbst dauerhaft als hässlich und ungeliebt wahrnimmt. Allerdings gehe ich davon aus, dass es vielen Mädchen ihrer Altersgruppe so geht.

An ihrem Bruder Richi mochte ich vor allem, dass er trotz seiner körperlichen Einschränkungen versucht seiner Schwester beizustehen. Ich fand gut, dass er sich nicht alles gefallen lässt, seine Bockanfälle hatten fast schon etwas Witziges. Zudem hat mir zugesagt, dass seine Behinderung als völlig normal und eher nebensächlich dargestellt wird und nicht dass der Fokus darauf liegt, denn seine Fähigkeiten machen ihn ja als Person aus und nicht seine Einschränkungen.

Das dargestellte Familienleben zeigt deutlich, dass Geld allein nicht glücklich macht. Jeder in der Familie hat sein Päckchen zu tragen, obwohl man eigentlich glauben würde, dass solche Leute gar keine Probleme haben.

Meine absolute Lieblingsfigur war Nanny Nina. Ihre Art die Welt zu sehen und Verschwendung in jedem Fall zu vermeiden, fand ich klasse. Auch wenn es erscheint als wäre sie aus einem früheren Jahrhundert gefallen, ist ihre Sichtweise eigentlich modern, da Zero Waste und Umweltbewusstsein gerade im Trend liegen. In meiner DDR- Kindheit wurde es genauso gemacht, wie sie es praktiziert.

Die eingewobene, zarte Liebesgeschichte hatte ihren Reiz. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an.

Sprachlich empfand ich den Roman als sehr angenehm. Es gab so viele tolle Sätze und Formulierungen, die man sich notieren musste und als Lebensweisheit im Alltag verteilen könnte.

Das Ende kam für mich persönlich etwas plötzlich. Mir hätte es gefallen, wenn die Autorin noch das Leben nach dem Ereignis etwas beleuchtet hätte. Dies bleibt nun der Fantasie des Lesers überlassen.

Fazit: Keine leichte Kost, die für mich dann aber doch einen gewissen Reiz ausgeübt hat. Wer es speziell mag, wird dieses Buch lieben. Von mir gibt es eine Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.11.2020

Gedankenchaos perfekt erfasst

0

Die italienische Autorin Raffaella Romagnolo hat „Dieses ganze Leben“ aus der Perspektive einer Sechzehnjährigen geschrieben und erweckt ihre Protagonistin sehr gekonnt zum Leben. Paola De Georgi ist Einzelgängerin, ...

Die italienische Autorin Raffaella Romagnolo hat „Dieses ganze Leben“ aus der Perspektive einer Sechzehnjährigen geschrieben und erweckt ihre Protagonistin sehr gekonnt zum Leben. Paola De Georgi ist Einzelgängerin, Tochter äußerst wohlhabender Bauunternehmer und große Schwester eines behinderten Bruders. Sie leidet an Akne, wird in der Schule gemobbt und ihre Mutter scheint sich vor allem für ihren (erhöhten) Körperfett-Anteil zu interessieren. Vor allem macht Paola aber zu schaffen, dass ihr ihr eigenes Leben so wenig wahrhaftig vorkommt: Überall geht es nur um den schönen Schein. Bei den von ihrer Mutter verordneten Nachmittagsspaziergängen mit ihrem Bruder entfernen sich die beiden immer wieder unerlaubt aus ihrer Blase. Kommen sie so dem wahren Leben näher?

Romagnolo hat eine überzeugende Hauptfigur geschaffen, die die Geschichte komplett trägt. Paola ist nicht „everybody’s darling“, sondern grüblerisch, miesgelaunt und frustriert. Ein stream of consciousness bildet das Chaos im Kopf des Teenagers perfekt ab. Es geht um einen Jungen, Buch- und Filmanspielungen, Beobachtungen von Erwachsenen und liest sich ziemlich sprunghaft, doch weil die Autorin immer bei Paolas Perspektive bleibt und deren Gedankenwelt so glaubhaft erfasst, ergibt sich mit der Zeit doch ein stimmiges Gesamtbild. Viele kleine Gedankenfetzen haben eine ganz eigene Aussagekraft und beschreiben das Erleben des Mädchens nachvollziehbar und manchmal auch, trotz aller Lakonie, herzzerreißend.

Etwas bedauert habe ich das abrupte Ende des Romans. Es passt zwar zur Geschichte, doch Paolas Familie macht eine so unerwartete Entwicklung durch, dass ich gerne noch mehr davon gelesen hätte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.11.2020

Ausschweifende Erzählung einer Sechszehnjährigen

0

Paolas Großeltern haben eine Baufirma gegründet, die vor Jahren eine große Siedlung gebaut hat. Jetzt ist Paolas Vater dort der Chef und im Moment wird wieder eine neue Siedlung gebaut. Deshalb ist Papa ...

Paolas Großeltern haben eine Baufirma gegründet, die vor Jahren eine große Siedlung gebaut hat. Jetzt ist Paolas Vater dort der Chef und im Moment wird wieder eine neue Siedlung gebaut. Deshalb ist Papa nicht oft zu Hause. Auch ihre Mutter, die Paolas Gewicht genauestens überwacht, ist viel unterwegs. Nina, das rumänische Hausmädchen kümmert sich um Paola und ihren behinderten Bruder. Richi sitzt im Rollstuhl und er kann einen Arm nicht benutzen. Er beobachtet und bewertet seine Umgebung aber sehr genau. Weil er ein guter Schachspieler ist, möchte Antonios Bruder gerne mit ihm spielen. So kommen die Kinder regelmäßig in die Margeriten-Siedlung, vor der ihre Mutter irgendwie Angst hat.
Paola ist groß und schwer und sie findet, sie habe ein Pferdegesicht. In der Schule hat sie keine Freunde, nur Antonio spricht mit ihr. Paola erzählt in dem Buch, was ihr gerade in den Sinn kommt. Sie spricht Szenen aus Büchern und Filmen an, die ich leider nicht immer kenne. Sie unterhält sich mit einer imaginären Freundin Claudia und statt mit ihrem Bruder im Rollstuhl zu laufen, kaufen sich die beiden Junkfood und gehen in verbotenes Terrains.
Im Anfang hat das Buch mich sehr verwirrt, aber nach dem ersten Drittel nahm es Fahrt auf und wurde spannender. Ob Paolas Sprache, die einer Sechszehnjährigen ist, kann ich nicht beurteilen. Ich denke auch nicht, dass sie eine typische Sechszehnjährige ist, denn dazu liest sie zu viel und macht nur sporadisch in Internetgruppen mit. Ihre Entwicklung in dem Buch hat mir gut gefallen und die Familiengeschichte, die so nach und nach zu Tage kam, ist vielleicht typisch italienisch.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.10.2020

Raffaella Romagnolo - Dieses ganze Leben

0

Paola Di Giorgi ist ein typischer Teenager, sie findet sich hässlich, übergewichtig und mit einem Pferdegesicht. Mit ihrer Mutter liegt sie im Dauerclinch und mit den Mädchen aus der Schule kann sie auch ...

Paola Di Giorgi ist ein typischer Teenager, sie findet sich hässlich, übergewichtig und mit einem Pferdegesicht. Mit ihrer Mutter liegt sie im Dauerclinch und mit den Mädchen aus der Schule kann sie auch nichts anfangen, weshalb sie einfach aufhört, mit ihnen zu reden. Nur ihr jüngerer Bruder, Riccardo genannt Richi, versteht sie, dabei versteht er eigentlich nicht so viel mit seiner Behinderung. Bei ihren täglichen Spaziergängen gehen sie auf die Suche nach dem wahren Leben, das sie in ihrer Villa nicht finden. So landen sie auch in der Margeriten-Siedlung, die Costa Costruzioni, die Firma ihrer Eltern, gebaut hat. Dort machen sie mit den Brüdern Antonio und Filippo nicht nur neue Bekanntschaften, sondern entdecken auch ungeahnte Geheimnisse ihrer Familie.

Raffaella Romagnolo hat einen coming-of-age Roman über ein wütendes Mädchen verfasst und greift dabei eine ganze Reihe für Jugendliche essentielle Themen auf: Schönheitsideale, Akzeptanz von sich selbst, Anderssein, Erwartungen der Eltern, aber auch gesellschaftlich relevante Fragen wie der Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Paola ist nicht immer einfach auszuhalten, zugleich tut einem das Mädchen aber auch leid, unverstanden und unsicher wie sie ist.

Lakonisch und idiosynkratisch - so das Urteil eines Psychologen, zu welchem Mutter Di Giorgi ihre Tochter wegen ihres selbstgewählten Mutismus zwingt. Zwischen den Generationen herrscht Schweigen, zu verstockt sind beide Seiten, was der Teenager jedoch nicht sehen kann, ist, dass auch die Mutter Sorgen mit sich trägt, die auch durch ein wohlhabendes Leben in Villa und scheinbar ohne beruflichen Stress nicht verschwinden, sondern schon seit Jahrzehnten belasten.

Richi ist nicht der Junge, den die Eltern sich gewünscht hatten, mit seiner Behinderung erfüllt er nicht die Erwartungen. In Filippo findet er unerwartet einen Freund, der in ihm schlicht den Jungen sieht, der er ist und ihn nicht über Äußerlichkeiten definiert. Die Eltern, insbesondere die Mutter, erscheinen grausam in ihrer Haltung, Paolas Unverständnis ist mehr als nachvollziehbar. Im Laufe der Handlung entwickelt sich jedoch ein differenzierteres Bild, denn so simples wie es zunächst scheint ist die Lage nicht.

Ein ganzes Leben - wann ist es vollständig, wann ist es wertvoll, wie geht man mit dem um, was einem in die Wiege gelegt wurde und mit der Familie, in die man hineingeboren worden ist? Ein Roman über das Erwachsenwerden, aber auch über die Fähigkeit Empathie zu zeigen und über den eigenen Schatten zu springen. Nicht immer leicht zu lesen, aber man entwickelt immer mehr Sympathien für das wütende Mädchen, das lange Zeit nicht aus seiner Haut kann und eigentlich doch nur ein wenig Zuneigung bräuchte.