Veröffentlicht am 09.10.2019

Außergewöhnlich mit ruhigem Ende

Buchpfote

Allgemein:

Bücher wie "Herzenmacher", "Wortwächter" oder die Reihe um die "Flammenwüste" entstanden durch die Feder des bekannten Fantasyautors Akram El-Bahay. Mit "Der Bibliothek der flüsternden Schatten" erschuf er eine fulminante Trilogie, die 2019 mit "Bücherkrieg" beim Bastei Lübbe - Verlag ihr Ende fand. Nachdem die eingesperrten Fabelwesen aus der Bücherstadt Paramythia geflohen sind, sehen sich der ehemalige Dieb Sam und die nicht mehr namenlose Dienerin Kani einer neuen Bestimmung entgegen. Ein Kampf gegen den König Mythias und der dunklen Wüstenhexe Layl steht bevor. Werden sie ihn bestehen und den Fabelwesen ein neues, echtes Leben schenken?

Mein Bild:

1 Jahr ist es jetzt her, dass ich den 2. Band "Bücherkönig" lesen dürfte und ich freute mich riesig darauf, endlich das Finale in den Händen zu halten. Wer hofft, die Bücher einzeln lesen zu können, den muss ich enttäuschen. Die jeweiligen 350 bis 400 Seiten könnten ohneeinander nicht existieren. Die Storyline, das Setting, die Figuren leben von einer Intensität, die man erst erfasst, wenn man alle Bücher gelesen hat und selbst darüber hinaus gäbe es Dank Akram El-Bahays Art Geschichten zu erzählen noch genügend Stoff, um Paramythia wachsen zu lassen.

Nichtsdestotrotz bin ich dem Autor wahnsinnig dankbar, dass er mir den Einstieg wieder so leicht gemacht hat. Im Verlauf werden kleine, aber hilfreiche Rückblenden eingebaut. Sei es um Gefühle, Gedanken oder Déjà-vus näher zu erörtern oder gar einen Witz zu reißen. Der Aha-Effekt war bei mir immer spürbar und so wichtig, um diesem komplexen Werk zumindest meistens folgen zu können. Wenn man bedenkt, dass es ein Jugendbuch ist, holla, die Waldfee, es hat Anspruch. Beispielsweise sind die Historie der fabelhaften Könige Nusar und des "weißen Königs" langwierig und voller Geschehnisse, die Stück für Stück ans Tageslicht kommen, so dass der ein oder andere Zusammenhang sich erst später vollkommen erschließt. Noch komplizierter empfand ich die Verbindung, die Rolle und die Möglichkeiten der Sahiras, also der Wüstenhexen, in der Welt. Für mich war es eine eigene Mythologie und nur schwer vergleichbar mit anderen Geschichten dieser Art. Akrams Ideen scheinen schier unendlich.

Doch sein zauberhaft, eleganter Schreibstil, der Märchen aus 1001 Nacht in nichts nachsteht und zudem noch eine ordentlich Portion Humor mitbringen kann, war einer der Punkte, die mich darüber hinwegtrösteten, dass ich vielleicht nicht alles 100%ig verstand. Zudem sind mir sämtliche Figuren und ihre authentische Entwicklung ans Herz gewachsen. Gott, sie sind auf so viele verschiedene Arten nahbar und ehrlich, selbst die Bösen unter ihnen. Der Bibliothekar Jacobus, die schrullige Alte Umm, der Fürst der Diebe Vicente... Sie trieben mir oft ein Lächeln ins Gesicht. Gespannt verfolgte ich ihre Handlungen und die unserer Protagonisten Kani und Sam, die sich seit dem 1. Band so verändert haben, weil sie sich bewusst entschieden haben einen bestimmten Weg zu gehen.

Und genau das ist für mich die Botschaft der Geschichte: Man hat eine Wahl! Man kann selbst bestimmen, wer man ist! Niemand ist von grund auf böse oder ein Held. Man sollte sich nicht von Vorurteilen blenden lassen und die Augen öffnen. Ansonsten bleibt man sich selbst und anderen fremd. Besonders auffallend zeigt das die Ausgrenzung der Fabeltiere innerhalb der Geschichte. Für den Menschen existierten diese bisher nur in Märchen und auf einmal sind sie lebendig, stiften Unruhe, beeinflussen das Leben einer großen Stadt und sind stärker als jeder bisherige Bewohner. Angst und Unwissen sind gefährlich, das macht beeinflussbar. Das ist ein Statement, aktueller denn je, oder nicht?

Der Plot selbst beinhaltete darüber hinaus verschiedene Handlungsstränge, die alle zu einem Ziel führten: Der unausweichlichen Konfrontation, die alle entscheidet. Die Wege dorthin gefielen mir um einiges besser als das Ende selbst. Sie waren so unterschiedlich wie die führenden Charaktere: Kämpferisch, erhaben, witzig, abenteuerlustig, traurig, dramatisch und ganz oft für eine Überraschung gut. So wie sich Wege trennten, liefen sie wieder zusammen, doch ganz ehrlich, der titelgebende Bücherkrieg blieb für mich aus. Es blieb bei einzelnen Duellen, die zwar spannend und auflösend waren, jedoch abseits einer tobenden Schlacht. Allerdings muss ich zugeben, so ruhig die Auflösung erschien, so richtig fühlte sie sich für die Figuren an. Wie man sich denken kann, ich bin dahingehend nach wie vor im Zwiespalt.

Fazit:

Der imposante, finale Band einer orientalisch-märchenhaften Reihe, die mit eigener Mythologie punkten kann. Für High Fantasy - Leser, die klassische Welten verlassen, weil sie mit Spaß und Anspruch Neues erleben wollen.

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