Veröffentlicht am 10.12.2019

Toller Auftakt der Reihe

worttraeumerin

Meine Meinung:
Neon Birds ist ein Buch, auf das ich mich schon sehr lange gefreut habe. Ich liebe das Cover, es ist sogar das, wofür ich damals bei der Abstimmung gestimmt habe. Den Titel mag ich auch sehr gerne, vor allem, weil viele Aspekte der Welt, in der Neon Birds spielt, sehr grell und abgefahren sind.
Neon Birds spielt im Jahr 2101. Ein technischer Virus verwandelt Menschen in Cyborgs, sogenannte Mojas, die von der künstlichen Intelligenz KAMI kontrolliert werden. Dieser Virus breitet sich immer weiter aus und ist wirklich hochansteckend, weswegen auf der ganzen Welt Sperrzonen existieren, in denen die Befallenen eingepfercht sind und von Supersoldaten bekämpft werden. Als auf einmal immer mehr Mojas entwischen und es im Allgemeinen ein paar besorgniserregende Entwicklungen gibt, führt das Schicksal vier junge Erwachsene zusammen, die herausfinden wollen, was vor sich geht. Okijen, Flover, Luke und Andra sind die Protagonisten des Buches und aus ihrer Perspektive wird die Geschichte auch erzählt.
Eigentlich konnte ich alle von ihnen sofort ins Herz schließen, denn Marie Grasshoff hat hier unglaublich authentische Charaktere erschaffen.
Okijen ist trotz seiner jungen Jahre ein ehemaliger, gefeierter Supersoldat, der inzwischen im Ruhestand ist. Er hat viel erlebt und ist traumatisiert. Sein sehnlichster Wunsch ist es, nie wieder kämpfen zu müssen und einfach nur für den Rest seines Lebens vom Militär in Ruhe gelassen zu werden – was natürlich aufgrund der Mojas, die ausbrechen, nicht funktioniert. Hinzu kommt, dass er ein Cyborg ist. Er wurde technisch optimiert und ist deswegen der beste Soldat, den es jemals gab. Ich liebe Okijen und hatte während des Lesens immer das Bedürfnis, ihn einfach in den Arm zu nehmen.
Flover ist ein Charakter, der mich absolut überrascht hat. Während ich auf den ET gewartet habe, dachte ich immer, dass ich mich für ihn am wenigsten interessieren würde. Keine Ahnung, warum das so war. Auf jeden Fall hätte ich mich nicht mehr täuschen können! Flover gehört einer geheimen Militäreinheit an, die Moja innerhalb der normalen Bevölkerung aufspürt und beseitigt. Am Anfang von Neon Birds erhält man ein Bild von ihm, das aber im Laufe des Buches vollkommen auf den Kopf gestellt wird. Über ihn will ich eigentlich gar nicht so viel sagen, weil ihr das am besten selbst lest. Wenn ich mich zwischen Okijen und Flover entscheiden müsste – keine Ahnung, wer es wird! Im Übrigen mochte ich die Beiden im Doppelpack sehr gerne, die Dynamik zwischen ihnen fand ich wirklich total gelungen. Bei ihnen gibt es nichts zwischen Todfeind und besten Freunden, so kam es mir zumindest vor und das war beim Lesen stellenweise sehr unterhaltsam.
Luke ist Politikstudent und Flovers Mitbewohner. Nach außen hin ist er sicherlich nicht besonders, doch er hütet ein düsteres Geheimnis und verfolgt seine ganz eigenen Ziele. Vielleicht ist er ein bisschen naiv und gibt sich trügerischen Hoffnungen hin, aber er ist sehr treu gegenüber seinen Liebsten und das wiederum finde ich sehr bewundernswert.
Andra ist die Letzte im Bunde. Sie hat eigentlich immer am wenigsten mit der Zivilisation zu tun gehabt, weil sie den Yuna angehört, einem Stamm von Menschen, die abgeschieden in der Wüste leben. Andra erleidet einen großen Verlust und muss diesen im Laufe des Buches verarbeiten. Sie ist ein starker Charakter, der aber erst einmal seinen Weg finden muss. Ich bin gespannt, was noch so folgt.
Die Welt, in der Neon Birds spielt, ist auf der einen Seite grün und gut. Niemand muss hungern, für jeden ist gesorgt. Trotzdem ist die Atmosphäre einfach nur unfassbar düster. Die Moja und KAMI hängen wie ein Damoklesschwert über allem und stellenweise empfand ich Neon Birds als wirklich bedrückend. Eigentlich sollte alles gut sein, doch aufgrund des Virus ist es eine Katastrophe, was man im ganzen Buch deutlich spürt.
Der Einstieg in die Geschichte fällt wirklich leicht. Wenn man einen ruhigen Anfang erwartet, dann liegt man völlig falsch. Man wird sofort ins Geschehen geworfen, eigentlich sogar in eine Katastrophe und kann die nächsten 120 Seiten einfach nicht mit dem Lesen aufhören. Ich konnte Neon Birds einfach nicht mehr weglegen. Man wird regelrecht in die Geschichte gesogen und auch, als die Handlung dann etwas ruhiger wurde und es dann darum ging, die Hintergründe gewisser Ereignisse aufzudecken, blieb die Neugier bestehen. Neon Birds hat eine hohe Erzähldichte und deswegen wird es einfach nie langweilig. Die Seiten fliegen nur so dahin. Der Schreibstil der Autorin hat mir auch sehr gut gefallen, was diesen Effekt natürlich noch weiter unterstützt. Mehr will ich zu der Handlung auch gar nicht sagen.
Was ich zudem wirklich gelungen fand, sind die Militärakten, die an passenden Stellen die Geschichte unterstützten. Damit wurde man immer genau zum richtigen Zeitpunkt mit Informationen versorgt, damit man alles verstehen konnte.
Die ganze Zeit währenddes Lesens geisterte mir die Frage im Kopf herum, wie viel man für das Wohl der Menschheit tun darf und, ob man irgendwo einen Schlussstrich ziehen sollte. Neon Birds ist teilweise wirklich blutig. Viele Tode, viel Brutalität und man ertappt sich dabei, dass man sich fragt, wofür das überhaupt geschieht. Dafür, dass sich die Menschheit immer wieder als Monster entpuppt? Das ist vermutlich das Erschreckendste an dem ganzen Buch.
Nichtsdestotrotz sind für mich noch ein paar Fragen offen geblieben. Ich weiß, dass es der erste Teil der Trilogie ist und ich bin mir sicher, dass auf das ein oder andere noch eine Antwort folgt, ich mich dafür aber noch mindestens bis März, wenn Cyber Trips (Teil 2) erscheint, gedulden muss. Dennoch ist das der Grund, warum ich in der Bewertung einen halben Stern abziehe. Ein Beispiel hierfür ist Okijen. Er ist ein Cyborg und ich hätte mir hier noch ein paar Details gewünscht. Wie kann er fühlen? Funktioniert das wie mit normaler Haut? Oder auch, was das Worldbuilding angeht. Das ist wirklich grandios, doch es wird z.B. ein Kalter Krieg erwähnt, der definitiv nicht der Kalte Krieg ist, wie wir ihn kennen. Wie genau wurde er ausgelöst? Was ist da alles passiert? Das sind alles winzige Details, auf die Marie Grasshoff sicherlich eine Erklärung hat und auf manches bekomme ich bestimmt noch eine Antwort. In Teil 1 ist mir das jedoch ein bisschen abgegangen.
Und noch ganz, ganz wichtig: Was, verdammt, ist in Sao Paulo geschehen???
Neon Birds endet mit einem der miesesten Cliffhanger, die ich jemals gelesen habe – und glaubt mir, ich habe schon viele Cliffhanger mitgemacht. Jetzt bin ich einfach furchtbar gespannt, wie es weitergeht und kann den ET von Cyber Trips gar nicht abwarten!

Fazit:
Neon Birds ist ein unglaublich faszinierendes, aber auch erschreckendes Buch, das so manche Abgründe der Menschheit offenbart. Eine spannende und fesselnde Geschichte, die trotz einem (wirklich winzigen) Kritikpunkt sehr empfehlenswert ist! 4,5/5 Sterne.

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