Veröffentlicht am 31.08.2017

Die Poesie des Niedergangs

OliviaPlotwist

Ingrid Coleman verschwindet spurlos. Ertrunken, glauben viele. Auch Selbstmord wird in Betracht gezogen. Doch war Ingrid tatsächlich derartig unglücklich?

Ihrem Mann Gil und den gemeinsamen Töchtern Flora und Nan bleibt ein seltsames Vermächtnis: In den aberwitzig vielen Büchern der Familie schlummern zahlreiche Briefe, die Ingrids Sicht der Dinge dokumentieren. Die Schriftstücke setzen Brief für Brief ein ungeahntes Bild zusammen.

Die Wahl des Verstecks erfolgte keineswegs zufällig: Gil ist Literaturprofessor und Autor eines erfolgreichen Skandalromans, Ingrid war einst seine Studentin. Die Liebe zur Literatur bildete den Grundstein ihrer Beziehung. Nachdem sie seinem Charme erlag, gab die junge Frau jedoch ihre eigenen schriftstellerischen Ambitionen auf und nahm stattdessen die Rolle der pflichtbewussten Hausfrau und Mutter an. Anschließend hat Ingrid Jahr für Jahr die Eskapaden ihres Ehemannes ertragen und das eigene Talent brachliegen lassen. Bis sie eines Tages zu einer morgendlichen Schwimmrunde aufbricht und nicht mehr zurückkehrt …

Jahre später ist Gil davon überzeugt, vom Fenster einer Buchhandlung aus seine totgeglaubte Frau zu sehen. Er jagt auf die Straße hinaus – und stürzt. Von Ingrid findet sich keine Spur und Gil ist schwer verletzt. Die Töchter eilen nach Hause, um den betagten Vater zu versorgen. Flora, die jüngere der beiden, ist fest entschlossen, nun endlich herauszufinden, was vor zwölf Jahren mit ihrer Mutter geschah: Ist Ingrid tatsächlich ertrunken?

Claire Fuller ist mit ihrem neuen Buch EINE ENGLISCHE EHE (Piper 2017) ein mitreißender Familienroman geglückt, in dem zwischenmenschliche Abgründe gekonnt ausgelotet werden. Die Perspektive Floras ist kunstvoll mit dem Bericht ihrer Mutter verwoben und die Sprache dabei so bildgewaltig, dass man beinahe das Rauschen des Meeres hört, in dem Ingrid einst abtauchte.

Eine klare Leseempfehlung! (DP)

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