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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 640
  • Ersterscheinung: 11.04.2019
  • ISBN: 9783462051438
Sibylle Berg

GRM

Brainfuck. Roman

»Vermutlich war der Einzelne schon immer unwichtig. Es fiel nur weniger auf.«

Die Brave New World findet in wenigen Jahren statt. Vielleicht hat sie auch schon begonnen. Jeden Tag wird ein anderes westliches Land autokratisch. Algorithmen, die den Menschen ersetzen, liegen als Drohung in der Luft. Großbritannien, wo der Kapitalismus einst erfunden wurde, hat ihn inzwischen perfektioniert. Aber vier Kinder spielen da nicht mit – sondern gegen die Regeln. Und das mit aller Konsequenz. Willkommen in der Welt von GRM.

Sibylle Bergs neuer Roman beginnt in Rochdale, UK, wo der Neoliberalismus besonders gründliche Arbeit geleistet hat. Die Helden: vier Kinder, die nichts anderes kennen als die Realität des gescheiterten Staates. Ihr Essen kommt von privaten Hilfswerken, ihre Eltern haben längst aufgegeben. Die Hoffnung, in die sie sich flüchten, ist Grime, kurz GRM. Grime ist die größte musikalische Revolution seit dem Punk. Grime bringt jeden Tag neue YouTube-Stars hervor, Grime liefert immer neue Role-Models.

Als die vier begreifen, dass es zu Hause keine Hoffnung für sie gibt, brechen sie nach London auf. Hier scheint sich das Versprechen der Zukunft eingelöst zu haben. Jeder, der sich einen Registrierungschip einpflanzen lässt, erhält ein wunderbares Grundeinkommen. Die Bevölkerung lebt in einer perfekten Überwachungsdiktatur. Auf der Straße bleibt nur der asoziale, vogelfreie Abschaum zurück. Die vier Kinder aber – die fast keine Kinder mehr sind –, versuchen außerhalb des Systems zu überleben. Sie starten ihre eigene Art der Revolution.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.04.2022

Attacke

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GRM erzählt eine Geschichte über, ja - was eigentlich genau? Den modernen, technologischen Menschen könnte man sagen, über das Unmoralische des technischen Forschritts und über gesellschaftliche Missstände. ...

GRM erzählt eine Geschichte über, ja - was eigentlich genau? Den modernen, technologischen Menschen könnte man sagen, über das Unmoralische des technischen Forschritts und über gesellschaftliche Missstände. Das Buch spielt irgendwann in einer Postbrexit-Welt. Es gibt ein Grundeinkommen für alle, die sich einen Chip zur staatlichen Überwachung einsetzen lassen, und es gibt ein Sozialpunktesystem: Bonuspunkte für gutes soziales Verhalten, Strafpunkte für schlechtes. Rahmenhandlung ist die alles miteinander verbindende Geschichte einer Clique aus dem sozialen Brennpunkt Rochdale: vier seelisch verstümmelte Kinder, die nach London ziehen und Rachezüge an ihren Ausbeutern planen.

GRM ist ein Buch über diejenigen, die am Rand der Gesellschaft stehen: aufgegebene Menschen, die dem Verfall überlassen werden und keine Perspektive mehr haben. GRM ist ein Buch über den Überwachungsstaat, über Konsum und künstliche Intelligenz, über die Perversionen der Menschen und das Patriarchat. Eine böse Vision der Zukunft, und gleichzeitig ein düsteres Abbild der Gegenwart: brutal, zynisch und mit scharfer Feder geschrieben. Thematisch überfrachtet, Personell überfrachtet, einfach komplett brainfuck. Ein literarischer Rundumschlag, der kaum ein gesellschaftlich kontroverses Thema nicht wenigstens kurz anschneidet. Big Brother in extremo, verstörend und betörend. Und alle, die dieses wahnsinnige Buch noch nicht gelesen haben: jetzt aber Attacke!

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Eine verstörende Anklageschrift

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Es sei vorweg gesagt: Dieses Buch von Sibylle Berg ist nichts für schwache Nerven! Selten (noch nie!) habe ich ein dermaßen düsteres, hoffnungsloses und deprimierendes Weltbild in einem Roman erlebt.

Der ...

Es sei vorweg gesagt: Dieses Buch von Sibylle Berg ist nichts für schwache Nerven! Selten (noch nie!) habe ich ein dermaßen düsteres, hoffnungsloses und deprimierendes Weltbild in einem Roman erlebt.

Der Roman bietet einen analytischen und damit auch „zersetzenden“ Einblick in ein verrohtes Großbritannien kurz nach dem Brexit. Wobei Berg hier ihren Blick ausschließlich auf das Elend der Welt richtet. Mit pointierten Sätzen nähert sie sich unzähligen Personen an, am meisten jedoch vier (zunächst) Kindern, (später) Jugendlichen, die in Rochdale, einem Vorort Manchesters, aufwachsen. In Rochdale lebt ausschließlich der vergessendste Teil der Gesellschaft; Menschen mit dem untersten sozioökonomischen Status, den man sich vorstellen kann; zwischen schreiender Armut in Sozialbauten und der Obdachlosigkeit. In dieser Welt gibt es keine Zärtlichkeit und erst recht keine Liebe. Das Leben der Kinder ist von Brutalität, sexualisierter Gewalt und emotionaler Kälte geprägt. Und man sollte wissen: Dies ändert sich auch nicht signifikant im Verlaufe der kommenden 630 Seiten des Romans! Hier handelt es sich nicht um ein Sozialmärchen in einer heruntergewirtschafteten Hochhaussiedlung mit Happy End. Hier gibt es keinen Silberstreif am Horizont. Dadurch ist der Roman wirklich nur etwas für hartgesottene Leser:innen.

Mich persönlich hat die Lektüre dieses Romans definitiv in eine depressive Stimmung gestürzt, und wer anfällig für so etwas ist, sollte vielleicht lieber die Finger von dem Roman lassen. Ebenso Menschen, die sexualisierte Gewalt nicht ertragen, seien hiermit gewarnt. Die Hoffnungslosigkeit, die in diesem düsteren Teil unserer Welt, nach Hinwegfegen des Neoliberalismus über selbige und das Zurücklassen von reiner Unbarmherzigkeit und aufkommendem Neofaschismus, gezeigt wird, erscheint wie eine Anklageschrift genau gegen das genannte System. Es scheint, als ob sich Sibylle Berg ein Manifest der Wut von der Seele schreiben musste. Und dieses ist inhaltlich einfach nur schrecklich, furchtbar und furchteinflößend. Alle Männer in diesem Roman sind sadistische Arschlöcher, die ohne die mit der Muttermilch eingesogene Wut auf das weibliche Geschlecht/Minderheiten, ihre pädophilen Deviationen und körperliche Gewalttätigkeit scheinbar nicht existieren können. Die einzige männliche Figur im Roman ohne diese Auswüchse ist eines der vier Kinder, Peter. Dessen angeborener Autismus scheint die einzige Erklärung für die Abwesenheit von Hass auf Frauen und Minderheiten sowie gewaltverherrlichenden Tendenzen.

Warum sollte man sich also dieser Zumutung von Roman stellen? Weil er einfach unglaublich klug konzipiert ist. Literarisch gesehen ist dies eines der besten und prägnantesten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Wie es Berg schafft, die Lesenden in diese Düsternis hineinzuziehen, ist meisterhaft. Die Erzählstimme ist dabei ein wichtiger Faktor. Diese ist schwer greifbar, sie scheint allwissend dadurch, dass sie beliebig aus dem Kopf einer Person in den Kopf einer anderen Person springen kann. So scheint die Stimme mit jedem Perspektivwechsel von den Gedanken der entsprechenden Person infiziert zu werden, bleibt aber auch unabhängig und spricht mitunter die direkt Lesenden an. Und gleichzeitig bleibt sie auf fast zynischem Abstand zum Personal. Meist gibt es ein verbindendes Wort oder einen verbindenden Gedankengang, der die Überleitung zur nächsten Person (oder Entität anderer Art) bildet. So wird der Roman literarisch ergreifend und mitreißend. Vermutlich steht auch die Intention von Sibylle Berg des emotionalen Aufrüttelns und die Ermutigung zum Aktivismus hinter diesem literarischen Werk. Das Ziel, was eben ein Manifest verfolgt.

Nur ist mir persönlich das Buch dafür nicht zielgerichtet genug. Es versperrt sich gegen das Aufkommen einer - irgendwie gearteten - Hoffnung auf Veränderung. Eigentlich bleibt für die Menschen im Buch doch letztendlich alles gleich und somit ist die Schlussfolgerung: Wir sind sowieso alle verloren. Mit einer Depression geht stets eine Hoffnungs- und Hilfslosigkeit einher. Leider löst dieses - meines Erachtens 200 bis 300 Seiten zu lange - Buch genau das bei den Lesenden aus, oder kann es zumindest auslösen. Wäre das Buch halb so umfangreich und würde es nicht jegliche Brutalität immer wieder im zweiten Teil noch einmal wiederholen, könnte sich die anfängliche Bestürzung in Aktivismus umwandeln. So wie der Roman jedoch letztendlich geworden ist (ein roter Ziegelstein, inhaltlich wie auch optisch), wurde ich eher von diesem Ziegelstein erschlagen, als dass ich mit ihm die „gläsernen Decken“ zwischen den gesellschaftlichen Schichten einschlagen wollte oder könnte.

Letztendlich hätte der Roman aus meiner Sicht nach ungefähr der Hälfte sein Ziel erreichen können. Und obwohl er literarisch zu den Sternstunden der deutschsprachigen Gegenwartsanalysen zählt, kann er mich nicht dazu motivieren, die in wenigen Tagen erscheinende Fortsetzung („RCE #RemoteCodeExecution“) lesen zu wollen. Ich persönlich kann mich (derzeit) nicht noch einmal – dann 700 Seiten lang – dieser Düsternis öffnen. Die Gefahr bestünde, dass sie dann langfristig eindringt, um nicht mehr zu gehen.

Dazu ein abschließendes Zitat:

„...die Feigheit der Menschen, die leeren Läden, die staubigen Straßen und vor allem die Abwesenheit jeder Hoffnung.“ Darin „All diese Kinder und Jugendlichen, die von ihren Eltern mit in den Abgrund gerissen werden. Vom Leben oder – sagen wir – vom Vegetieren auf den Boden geschleudert, die Eltern. Und da liegen sie dann. Besoffen, depressiv, krank, verbraucht, lallend, unglücklich, jammernd, und die Kinder legen den Alten ein Kissen unter den Kopf und gehen raus und haben das Gefühl, die Welt schulde ihnen etwas, weil sie so traurige Eltern haben, die doch für sie alles sind. Die Welt. Sind. Die zusammenbricht. Es gibt nichts Gefährlicheres auf der Welt als Kinder, die keinen Halt haben.“

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Veröffentlicht am 11.01.2020

Oh mein Gott

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Aus verschiedenen Gründen gehören sie zu den Abgehängten und Abgeschobenen. Wenn die Sozialwohngebiete Londons oder Manchesters urbanisiert werden, gibt es nur noch die Elendssiedlungen in Rochdale. Dort ...

Aus verschiedenen Gründen gehören sie zu den Abgehängten und Abgeschobenen. Wenn die Sozialwohngebiete Londons oder Manchesters urbanisiert werden, gibt es nur noch die Elendssiedlungen in Rochdale. Dort landen die vier Kinder oder Jugendlichen Karen, Hanna, Peter und Don(atella). Im Grunde sind sie es, die die Familien oder Restfamilien durchbringen, da die Erwachsenen sich als unfähig erweisen. Nicht immer einfach ist diese Aufgabe und erschwert wird es noch, durch das unsägliche Verhalten anderer sogenannter Erwachsener, die allem Anschein nach nichts Besseres zu tun haben, als ihre vermeintliche Machtposition gegenüber den Schwächeren auszunutzen.

In solch einer Welt möchte man wirklich nicht leben, man fragt sich allerdings, ob sie nicht schon da ist. Es herrscht eine Art Device-Gläubigkeit. Die Gefühle verrohen oder sind nicht mehr vorhanden. Die Regierung manipuliert in das Leben seines Volkes hinein. Die Hoffnungen nach dem Brexit sind enttäuscht. Es gab keine schöne neue Welt mit englischen Engländern in einem englischen Land. Die meisten Ausländer haben eh einen britischen Paß oder sind aus anderen Gründen noch da. Die Trennung zwischen Arm und Reich wird immer strenger. Die Armen werden immer weiter von Leistungen des Staates ausgegrenzt. Und nur wenige unter anderem unsere Vier versuchen, sich dem System entgegen zu stellen.

Puh, was für eine Tour de Force ist die Lektüre dieses Buches. Und man kann sich nicht damit herausreden, dass die Handlung in England angesiedelt ist. Die Schreihälse gewinnen nicht nur dort gegen alle Vernunft, auch hier bestehen die Tendenzen. Die Netzgesteuerten verschaffen die Macht und die, die aufgegeben haben fügen sich einfach in die Situation. Die Mächtigen entblöden sich nicht, nur nach ihrem eigenen Vorteil zu schielen. Nur mit Zähneknirschen ist das zu ertragen. Wo sind denn die halbwegs normalen Menschen, die zwar der Technik gegenüber nicht verschlossen, aber doch ihren Mitmenschen Empathie entgegen bringen. Mit einigen ausgesprochen geschickten Kniffen schafft es die Autorin, ihre Utopie rund zu machen. Dieser Roman verlangt einem einiges ab, ist aber jede Zeile wert.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Heftig!

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Hui, da hat sich Frau Berg aber mal so richtig ausgekotzt. Und zwar überall hin. Das sieht ziemlich unangenehm aus und riecht auch streng. Eigentlich müsste man das wegmachen, oder? Nicht dass da noch ...

Hui, da hat sich Frau Berg aber mal so richtig ausgekotzt. Und zwar überall hin. Das sieht ziemlich unangenehm aus und riecht auch streng. Eigentlich müsste man das wegmachen, oder? Nicht dass da noch wer reintritt... Aber, halt, stopp! Hier kann ich nicht anders: Ich mache es nicht weg, sondern breite es aus, so weit ich kann. Ich verteile es, großflächig, damit möglichst viele Leute reintrampeln und es mitnehmen, es weitertragen, hinaus in die Welt. Spread the message!

So oder so ähnlich fühlt sich das vorliegende Werk an. Es ist groß, mächtig und unfassbar laut. Es ist grob, zynisch, bitterböse. Es ist hoffnungslos, selbstkasteiend, anklagend. Es ist niederschmetternd und unterhaltsam zugleich.

Die Sprache ist eine ganz eigene, auf die man sich einlassen muss. Kurz, knapp, in your face. So ein bisschen worst of Schätzing in clever. Das kann schnell ermüdend und/oder anstrengend werden, aber hier passt es zur Stimmung: Zum Gehetzten, zum Verallgemeinernden, zum WTF warum noch ganze Sätze, scheiß doch der Hund drauf.

Inhaltlich breitet Frau Berg hier ein ganz großes Bild aus, ein allumspannendes Wandgemälde geradezu. Alles, was momentan eher, naja, suboptimal läuft, wird auf die Spitze getrieben. Mit dabei unter anderem: Die schlimmsten Auswüchse eines neoliberalen Gesellschaftsystems, der Kapitalismus als Religion, die gewaltige (und gewaltbereite) Rückkehr des Patriarchats in seiner übelsten Form, die totale Überwachung, der Konservatismus in Reinkultur, rechts, rechter, hat noch immer nicht recht und viele andere Schreckgespenster mehr. Needless to say: Für mich las sich das streckenweise wie eine an vielen Stellen nur allzu knapp an der aktuellen Realität vorbeischrammende Horrorstory. Die perfekte Dystopie von Morgen, die an so manchen Stellen schon das Heute ist. Gerade zu Beginn nimmt Frau Berg nämlich reale Ereignisse der jüngeren Vergangenheit und verwebt sie geschickt in ihre Rahmenhandlung, sodass die Grenzen zwischen Ist-Realität und Bald-Fiktion verschwimmen. Der Brand im Grenfell Tower in London soll hierfür beispielhaft genannt werden, zu frisch sind sie noch in meinem Kopf, die Bilder des fackelartig brennenden Sozialwohnhauses in London.

Das Grundgerüst in GRM bilden vier junge Menschen, Kinder zu Beginn des Romans, und Berg erzählt ihre Coming-of-Age-Geschichte, die kaum erstrebenswert ist. Gerade der Anfang des Buches, ca. das erste Drittel hat mich am meisten fertiggemacht (und das soll es ja auch, also ein gutes Buch, mich emotional abholen und mitnehmen in die eine oder andere Richtung). Die vier Kids verlieren ihr Zuhause aus unterschiedlichen grausamen Gründen. Vor allem die Begegnungen zwischen Peter und Sergej sowie Karen und Patuk und die jeweiligen Folgen haben mich fast körperlich gequält. Sehr schlimm, sehr beeindruckend. Und so wird Rache zum Leitmotiv, Rache an den Peinigern, Rache am System.

Sobald die Kids nach London ziehen, verfranst sich die Geschichte etwas. An und für sich nicht schlimm, denn Berg hat Theorien, Szenarien, Ideen und dystopische Ansätze zusammengetragen, die sich sehen lassen können. Aber irgendwie wurde es mir dann doch schlicht und ergreifend zuviel. Die letzten Meter ist Frau Berg (und/oder mir?) dann doch ein wenig die Puste ausgegangen.

Ein durchaus empfehlenswertes, weil super krasses Buch. Sicher polarisierend, sicher zu heftig für manche - aber nun ja, that's life. Heftig, heftig, heftig.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Enttäuschend

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GRM – Brainfuck – Sibylle Berg

Fairerweise muss ich vorab sagen, dass ich diesen Roman auf Seite 240 von über 630 Seiten abbrechen musste. Ich fand den Erzählstil einfach unerträglich und sehr sperrig. ...

GRM – Brainfuck – Sibylle Berg

Fairerweise muss ich vorab sagen, dass ich diesen Roman auf Seite 240 von über 630 Seiten abbrechen musste. Ich fand den Erzählstil einfach unerträglich und sehr sperrig. Nachfolgend versuche ich mal, meine Meinung zu begründen.

Don, Peter, Hannah und Karen. Vier Jugendliche in einer Welt der nahen Zukunft, in der keiner leben möchte. Und die doch die unsere ist.

Die Autorin deckt unzählige Missstände unserer Gesellschaft zu Ende und überspitzt sie gnadenlos. Was dabei herauskommt ist oft brutal und abstoßend, dabei aber sehr authentisch. Beängstigend realitätsnah. Trotzdem wurde mir das schnell zu viel. Zu deprimierend, zu hoffnungslos. Eine Aneinanderreihung sämtlicher schlechten Seiten des Menschen. Einen Spannungsbogen bzw. irgendeine Entwicklung konnte ich nicht feststellen, vielleicht wäre das ja noch gekommen. Diese ersten 240 Seiten bestanden lediglich aus Schilderungen des Elends in einer Gesellschaft der nahen Zukunft, die bereits resigniert hat angesichts der Perspektivlosigkeit und daraus folgenden Verrohung des Menschen. Das Volk besteht aus Verlierertypen, deren einziger Trost Alkohol und Endgeräte ist. Die wahren Verlierer sind jedoch die Kinder, um die sich keiner mehr so richtig kümmert...

Den Erzählstil fand ich sehr oberlehrerhaft. Die Autorin springt von einer Anspielung zur nächsten. Am schlimmsten für mich, dass dies teilweise nicht in ganzen Sätzen geschieht. So etwas mag ich nicht. Für mich sind Grammatikregeln einzuhalten. Falsch ist falsch. Für derartige stilistische Mittel, die der Provokation dienen, um aufzufallen um jeden Preis, habe ich keinerlei Verständnis. Was anfangs noch innovativ wirken mag, entwickelt sich sehr schnell zum Nerv-Faktor und lenkt von der eigentlichen Handlung ab.
Die Lektüre ist anstrengend und erfordert ganze Konzentration. Lesegenuss geht anders.

Ein eigentlich sehr interessanter Plot, der durch übertriebene Sprachspielereien und Provokationen zerstört wurde.
Also, 2 Sterne…