Cover-Bild Nebelkinder
Band 1 der Reihe "Die Schatten des Krieges"
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12,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 15.06.2020
  • ISBN: 9783746635927
Stefanie Gregg

Nebelkinder

Roman

Zwischen uns ein ganzes Leben. München, 1945. Zusammen mit ihrer Mutter Käthe ist Ana aus Breslau geflohen. Käthe ist traumatisiert, und so ist es an Ana, für ihre Familie zu sorgen. Als sie ihre eigene Familie gründet, scheint der Krieg verwunden, doch ihre Tochter Lilith bleibt ihr seltsam fremd. Viele Jahre später steht Lilith vor einer großen Entscheidung: Ausgerechnet sie, die doch immer unter ihrer distanzierten Mutter gelitten hat, soll den Sohn ihrer besten Freundin bei sich aufnehmen. Da fährt Ana mit ihr nach Breslau und erzählt ihr endlich, was damals wirklich geschehen ist. Eine berührende Familiengeschichte, die über drei Generationen bis in das 21. Jahrhundert reicht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.07.2020

Drei Frauen, drei Generationen, drei Schicksale

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Nebelkinder" - die Kinder von Kriegskindern aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein Begriff, den ich noch nicht kannte und mich trotzdem beschreibt, auch wenn ich kein Kriegsenkel bin. Meine Eltern erlebten als ...

Nebelkinder" - die Kinder von Kriegskindern aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein Begriff, den ich noch nicht kannte und mich trotzdem beschreibt, auch wenn ich kein Kriegsenkel bin. Meine Eltern erlebten als junge Menschen den Krieg und mein Vater wurde mit 17 Jahren eingezogen. Sie heirateten 1945, als mein Bruder geboren wurde, der ganze 21 Jahre älter ist als ich. Da ich ein großer Nachzügler bin, wusste ich nun nicht, ob ich ebenfalls ein "Nebelkind" bin oder nicht... Umso mehr interessierte mich der Roman von Stefanie Gregg, der sich mit diesem Thema beschäftigt und einige Verhaltensweisen dieser Generation aufzeigt, die sie an ihre Nachkommen unbewusst weitergegeben haben. Mein Dank gilt der Autorin, die mir ihr Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

Anhand der Geschichte von Käthe und ihren Töchtern Anastasia und Helene, die aus Breslau flüchten müssen, als die Russen bereits auf Vormarsch sind, erleben wir die letzten Monate des Krieges mit. Doch der Roman erzählt nicht nur von dieser Flucht, sondern von Käthes Leben zuvor, von Ana, die in München ansäßig wird und von ihrer Tochter Lillth, die vor einer großen Entscheidung steht.
In vielen Sätzen und Handlungsweisen erkannte ich in Ana auch meine Mutter wieder. Eine Generation, für die nach dem Krieg Sicherheit vor Liebe kam und die den Wunsch hatten, dass es ihren Kindern einmal besser gehen sollte...allerdings zu ihren eigenen Bedingungen.
Großes Thema ist ebenfalls das Schweigen über die Zeit während des Krieges und die Unfähigkeit Gefühle weiterzugeben...einem zu umarmen oder zu sagen, dass man sein Kind liebt. Auch Lilith leidet darunter und ist beziehungsunfähig geworden. Als sie vor einer wichtigen Entscheidung steht, versucht ihre Mutter Ana(stasia) ihr endlich mehr über die Zeit der Flucht und des Wiederaufbaus zu erzählen. Gemeinsam fahren sie nach Breslau und als Leser erfährt man durch nicht immer chronologischen Rückblicke in die Vergangenheit was damals passierte....

Drei Frauen, drei Generartionen und drei Schicksale. Käthe kommt aus guten Haus und wird früh verheiratet. Doch sie hasst ihren um Jahre älteren Mann und verliebt sich in Ludwig. Sie setzt alles daran eine Scheidung durchzubekommen, was zu dieser Zeit gleichbleibend mit Verlust des Ansehens und dem Ausschluss aus der Gesellschaft einherging. Mit Ludwig hat sie den Mann ihres Lebens gefunden, der allerdings auch anderen Frauen nicht abgeneigt ist. Als der Krieg beginnt und er eingezogen wird, versucht Käthe mit Ana und Lenchen über die Runden zu kommen, muss aber kurz vor Kriegsende fliehen. Auf dieser Reise passiert so einiges, was Käthe und ihre Töchter für immer verändern wird.

Die Erzählungen darüber sind grausam und doch Teil dieser schrecklichen Zeit und jeden Krieges. Ganz besonders erschüttert hat mich ein Brief an Käthe von ihrer Freundin Agnes, die in Breslau geblieben ist und durch die Rote Armee Schreckliches erdulden musste. Man fragt sich, wie ein Mensch jemals über diese Grausamkeiten hinwegkommen kann... ich denke gar nicht. Auch Käthe erlebt ein Trauma, das besonders Anas Leben nachhaltig verändert, denn auch in der Nachkriegszeit in München liegt die ganze Verantwortung auf ihren Schultern. Die depressive Käthe kümmert sich um nichts und Ana muss sich nicht nur um Lebensmittelmarken kümmern, sondern auch um Leni, die zu rebellieren beginnt.
Erst durch den Besuch in Breslau und Anas Erzählungen beginnt sich die Mutter-Tochter Beziehung etwas zu lockern und die Zusammenhänge zwischen den Generationen werden sichtbar. Ein Roman, der uns Kriegskinder und Kriegsenkel einiges zum Nachdenken aufgibt.

Charaktere:
Für Käthe empfand ich nicht wirklich Sympathie, auch wenn sie vor der Flucht eine starke Frau war, die Durchsetzungsvermögen hatte und bereits ihrer Zeit voraus war. Doch mit Kriegsende hat sie sich in Depressionen verloren und alles auf die Schultern ihrer Tochter geladen.Ich mag es nicht, wenn Erwachsene Kinder zwingen die Verantwortung zu übernehmen, die eigentlich ihnen zusteht.

Ana(stasia) wird durch die Flucht und das Verhalten ihrer Mutter schneller erwachsen, als ihr lieb ist. Sie trägt das Gewicht der traumatisierten Käthe auf ihren Schultern und muss die Versorgung ihrer kleinen, rebellischen Schwester übernehmen. Für Ana steht fortan Sicherheit an erster Stelle, was sich auch auf ihre Männerwahl auswirkt, aber auch in der Beziehung zu ihrer Tochter Lilith, die kaum von Wärme geprägt ist.

Robert ist Lilith's große Liebe, doch der kann sich nicht binden und heiratet später eine andere. Trotzdem kommt er immer wieder zu Lilith zurück und bittet sie eines Tages seinen unehelichen Sohn aufzunehmen. Die Mutter sei gestorben und seine Frau weigert sich Aaron ein Zuhause zu geben. Lilith ist vor den Kopf gestoßen. Ihre Mutter, die ihr nie große Gefühle gezeigt hat, bittet sie dem Kind eine Chance zu geben...

Schreibstil:
Stefanie Gregg erzählt sehr einfühlsam und eindringlich, aber auch teilweise sehr poetisch - trotz des schwierigen Themas. Der Roman ist Teil ihrer eigenen Familengeschichte.
Ich habe mit den Frauen mitgelitten, trotzdem kam ich ihnen nicht immer wirklich nahe. Obwohl ich bei der erwachsenen Ana viele Ähnlichkeiten zu meiner eigenen Mutter fand, waren mir alle drei Frauen nicht so wirklich sympathisch, was man bei der Charakterdarstellung oben auch rauslesen kann.

In einem erklärenden Nachwort erzählt die Autorin mehr über den Begriff "Nebelkinder" und warum dieses Buch entstand.

Fazit:
Ein berührendes Portrait einer Generation von Frauen, die Schlimmes durchmachen mussten und deren Erlebnisse bis heute in ihren Nachkommen nachhallen, den sogenannten "Nebelkindern". Ein Buch für ein besseres Verständnis, das noch lange nachwirkt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 17.07.2020

Schöne Geschichte

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Inhalt:
München, 1945. Zusammen mit ihrer Mutter Käthe ist Ana aus Breslau geflohen. Käthe ist traumatisiert, und so ist es an Ana, für ihre Familie zu sorgen. Als sie ihre eigene Familie gründet, scheint ...

Inhalt:
München, 1945. Zusammen mit ihrer Mutter Käthe ist Ana aus Breslau geflohen. Käthe ist traumatisiert, und so ist es an Ana, für ihre Familie zu sorgen. Als sie ihre eigene Familie gründet, scheint der Krieg verwunden, doch ihre Tochter Lilith bleibt ihr seltsam fremd. Viele Jahre später steht Lilith vor einer großen Entscheidung: Ausgerechnet sie, die doch immer unter ihrer distanzierten Mutter gelitten hat, soll den Sohn ihrer besten Freundin bei sich aufnehmen. Da fährt Ana mit ihr nach Breslau und erzählt ihr endlich, was damals wirklich geschehen ist.

Meine Meinung:
Das Cover ist schlicht gehalten, der Titel steht im Vordergrund, das trifft genau meinen Geschmack.
Auch der Klappentext hat mich neugierig gemacht, weshalb ich das Buch unbedingt lesen musste. Ich wurde nicht enttäuscht und bin sehr froh, es gelesen zu haben. Der Schreibstil ist fehlerfrei, flüssig und bildhaft, so dass es sich angefühlt hat als wäre man dabei.
Nicht nur die Hauptfiguren sondern auch alle Nebencharaktere sind super durchdacht und runden die Geschichte ab. Die Charaktere sind bunt gemischt aber alle sehr wertvoll für die Story. Man kann sich richtig in der Geschichte fallen lassen und eintauchen in eine andere Welt.
Insgesamt gesehen ein wirklich schönes Buch.

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Veröffentlicht am 11.07.2020

Leben heißt rückwärts gelesen Nebel, und dieser verklärt die Sicht

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Lilith steht vor einer allumfassenden Entscheidung - sie soll das uneheliche Kind ihres Geliebten und ihrer besten Freundin bei sich aufnehmen und großziehen. Doch wie soll ihr das gelingen, wo ihr doch ...

Lilith steht vor einer allumfassenden Entscheidung - sie soll das uneheliche Kind ihres Geliebten und ihrer besten Freundin bei sich aufnehmen und großziehen. Doch wie soll ihr das gelingen, wo ihr doch die eigene Mutter über Jahre hinweg fremd und distanziert geblieben ist. Damit Lilith besser ihre eigene Familiengeschichte versteht, fährt Ana mit ihr nach Breslau und erzählt ihr endlich, was sich damals wirklich zugetragen hat. Die Nebel lichten sich...

Stefanie Gregg widmet sich in diesem Buch den Nebelkindern, einer ganzen Generation von Kriegsenkeln, die über vieles, was damals geschehen ist, bewusst von ihren Eltern und Großeltern im Unklaren gelassen werden. Die Erlebnisse der Kriegsgeneration werfen bis heute ihre Schatten voraus und sorgen dafür, dass ein gewisser Abstand zwischen den einzelnen Generationen vorhanden ist und manchmal unüberwindbar scheint.

Die Autorin lässt die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges wieder lebendig werden, die eisige Kälte und der frostige Winter dringend regelrecht durch die Seiten und fressen sich in die eigenen Knochen. Flucht und Vertreibung, Angst und Hunger und die traumatischen Erlebnisse des Flüchtlingstrecks werden für den Leser spür- & erlebbar, wenn Ana für Lilith die Zeit zurückdreht und endlich erzählt, was sie als Jugendliche erlebt hat.

Käthe, Liliths Großmutter, kämpft wie eine Löwin für das Überleben ihrer Kinder und wird dabei selbst zur Gejagten, die ein Leben lang die Narben von Not, Elend und Misshandlung während des Krieges auf ihrer geschunden Seele trägt und diese nicht mehr heilt. Ihr psychisches Trauma lässt eine emotionale Verarbeitung der Kriegserlebnisse nicht zu und sorgt so dafür, dass ihr die eigenen Kinder fremd bleiben und sie sie körperlich und gefühlsmäßig auf Abstand hält.

Dieses Verhalten für dazu, dass sich dieses "erlernte" Muster auf Ana und ihre Tochter Lilith überträgt und so eine enge Mutter-Tochter-Verbindung kaum möglich ist.

Stefanie Gregg schildert mit leisen, einfühlsamen, aber doch sehr eindringlich Worten die Geschichte, haucht ihren Figuren Leben ein und lässt so das Gefühl entstehen, dass sich Ana im Dialog mit dem Leser befindet. Die Szenen sind mit plastischen Bildern unterlegt und so wird das Buch zu einem ganz besonderen Leseereignis. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Generationen der Familie werden für den Leser deutlich und ermöglichen so, in die Rollen der jeweiligen Protagonisten zu schlüpfen und so die unbewusste Übermittlung der Erfahrungen mitzuerleben, mitzufühlen und ebenfalls zu erleiden.

Ein sehr gefühlvolles Buch, das zum Nachdenken über die eigene Familiengeschichte anregt und noch lange, lange nachklingt.

Absolute Leseempfehlung !

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Veröffentlicht am 08.07.2020

Ein wunderbares Buch

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Nebelkinder ist ein Herzensbuch der Autorin und ich kann es nur bestätigen.
Auch für mich ist es ein Herzensbuch. Nebelkinder nennt man die Generation der Kriegsenkel. Die haben eigentlich nichts mehr ...

Nebelkinder ist ein Herzensbuch der Autorin und ich kann es nur bestätigen.
Auch für mich ist es ein Herzensbuch. Nebelkinder nennt man die Generation der Kriegsenkel. Die haben eigentlich nichts mehr mit dem Krieg zu tun und sind dennoch von den Traumata ihrer Großeltern/Elterngeneration mehr oder weniger bewusst geprägt.
In diesem wunderbar geschriebenen Roman begleiten wir die Hauptcharaktere Käthe, Ana und Lilith.
Die Geschichte wird in mehreren Erzählsträngen erzählt und springt immer wieder zurück in die Kriegszeit. Flucht und Vertreibung werden sehr realistisch wiedergegeben. Das ist auch kein Wunder denn Stefanie Gregg verarbeitet hier auch zum Teil ihre eigene Geschichte.
Auch ich bin ein Nebelkind und konnte, obwohl meine Familie aus Ostpreußen fliehen musste, durchaus parallelen festellen. Da alles sehr realistisch wiedergegeben wird, ist es manchmal etwas schwer auszuhalten.
Aber es kommen zum Glück auch sehr viele schöne Erlebnisse zum Vorschein. Die Familie fasst in München Fuß, der Vater kommt aus dem Krieg zurück und langsam kehrt wieder so etwas wie Normalität ein.
Es ist ein sehr berührender Roman. Unprätentiös und lebensnah erzählt, so das es nie rührselig oder kitschig wird.
Die Charaktere und Ihre Entwicklungen sind wunderbar beschrieben und man kann sich sehr gut mit ihnen Identifizieren.
Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm zu lesen.
Hier wird Zeitgeschichte aus Sicht einer Familie spannend und authentisch vermittelt.
Für mich ist das Buch einen Kauf wert, weil es zeigt was eine Vertreibung aus der Heimat wirklich bedeutet.

Ein Buch was lange nachklingt.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Zwischen Vergangenheit und Zukunft – die Nebelkinder

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1945: Der Krieg hält auch in Schlesien Einzug. Käthe Vahrenhorst muss mit ihren beiden Töchtern Anastasia (Ana) und Helene (Lenchen) aus Breslau fliehen. Zusammen mit ihrer Schwester Selma Piontek und ...

1945: Der Krieg hält auch in Schlesien Einzug. Käthe Vahrenhorst muss mit ihren beiden Töchtern Anastasia (Ana) und Helene (Lenchen) aus Breslau fliehen. Zusammen mit ihrer Schwester Selma Piontek und ihrem Sohn Wolfi machen sie im allerletzten Zug der fährt auf den Weg nach München. Käthes Mann Ludwig kämpft für´s Deutsche Reich in Italien und will seine Familie nach dem Krieg in München treffen. Käthe ist schwer traumatisiert und so übernimmt die 13-jährige Ana dort die meisten Pflichten des täglichen Lebens.
Viele Jahre später bittet Robert Balan, die große und leider unerfüllte Liebe Ana´s Tochter Lilith diese, den Sohn ihrer verstorbenen Freundin aufzunehmen. Dabei erfährt Lilith, dass Aaron auch der Sohn von Robert ist. Kann und will sie sich dieser Verantwortung stellen? Als sie ihrer Mutter Ana davon erzählt, ist auch sie der Ansicht, dass Lilith Aaron unbedingt zu sich nehmen soll. Für eine Frau gäbe es nichts Schöneres, als das Kind des geliebten Mannes groß zu ziehen. Worte von der Frau und Mutter von der Lilith in den vielen Jahren nie ein „Ich liebe dich“ gehört hat. Gemeinsam begeben sich Mutter und Tochter schließlich auf die Reise nach Breslau in Ana´s Vergangenheit.

Wie Stefanie Gregg in ihrem Nachwort schreibt, ist diese Geschichte ein Teil ihrer Familiengeschichte.
„Nebelkinder“, so wird eine Generation von Kinder bezeichnet, die in den Nachkriegsjahren geboren wurden und die unter den Erlebnissen ihrer Eltern oder Großeltern während der Flucht haben leiden müssen. Auch ich bin so ein Nebelkind, geboren nach dem Krieg, 1954 in Deutschland, nachdem meine Mama und ihre Eltern aus Schlesien haben fliehen müssen. Da hat mich dieses Buch natürlich sehr interessiert. Ich habe aber nicht ahnen können, wie mich dieses Buch bewegen wird und was es mir abverlangt.
Ich begleite drei sehr unterschiedliche Frauen ein Stück durch ihr Leben. Käthe und ihre Tochter Ana und deren Tochter Lilith, die nach dem Krieg in München geboren wird. Die Geschichte im Heute wird immer wieder unterbrochen durch Ansichten auf die Jahre vor und während der Flucht aus Breslau in Schlesien.
Es ist so schlimm zu lesen, was die Frauen und auch die Kinder auf der Flucht erleiden mussten. Angst, Hunger, körperliche Gewalt, Demütigungen, der allgegenwärtige Tod – nur ein paar der unmenschlichen Dinge, die anschließend von vielen Frauen und auch Männern verschlossen bzw. über die nicht mehr gesprochen wurde. Kein Wunder, dass viele dieser Menschen ihr anschließendes Leben mit einem Trauma bzw. Depressionen verbracht haben.
Ganz besonders schlimm finde ich auch die Seiten eines Briefes, den Agnes, eine gute Freundin von Käthe, geschrieben hat und ihr schildert, was sie durch die Soldaten der Roten Armee hat erleiden müssen. Da fragt man sich wirklich, wie viel kann ein Mensch aushalten. Hier erscheint es fast nicht möglich. Und auf der anderen Seite, wie können Menschen einem anderen so etwas antun. Einfach schrecklich und schier unfassbar.
Um dem Erlebnissen im Krieg auch mal etwas den Schrecken zu nehmen, lässt die Autorin hin und wieder kleine humorige Anekdoten einfließen. So habe ich bei einer Szene im Stall des Bauern, der sie nach ihrer Flucht aufgenommen hat, so schmunzeln müssen. Zwischendurch habe ich mein Kopfkino immer mal wieder ausgeschaltet, weil ich die schlimmen Erlebnisse sonst nicht ausgehalten hätte. Bei diesen kleinen Erlebnissen ist es heiß gelaufen.
Schön fand ich auch, dass man in den Jahren nach der Flucht gemerkt hat, dass sie in München gelandet sind. Da wird im Kaufhaus Hertie endlich einmal auch etwas gekauft und nicht immer nur angeschaut, man geht ins Hofbräuhaus zum Tanzen und man besucht das Oktoberfest. Bei dem „Woswuistdafüa“ vom kleinen Franz auf dem Bauernhof vor den Toren Münchens weiß man sofort, dass man in Bayern angekommen ist. Aber auch die schlesischen Begriffe, die ich zum Teil noch von meiner Oma kenne, geben der Geschichte den lokalen Anstrich.

Stefanie Gregg hat mich mit ihrem „Herzensbuch“ gefangengenommen, sehr gut unterhalten, zum Nachdenken gebracht und einige Tränen fließen lassen. Immer wieder habe ich an meine Mama und an meine Großeltern denken müssen, denen es in der ein oder anderen Situation genau so gegangen ist wie Käthe oder Ana. Und es macht mich traurig, dass wir vor vielen Jahren nicht haben über dies alles reden können und sie heute leider nicht mehr da sind.

Danke liebe Stefanie Gregg für diese emotionale und wunderbare Familiengeschichte, die mich sehr berührt hat.

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