Cover-Bild Deutsche Geschichte 1800-1866
Band 6112 der Reihe "Beck'sche Reihe"
19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: Sachbücher / Geschichte
  • Seitenzahl: 838
  • Ersterscheinung: 23.08.2013
  • ISBN: 9783406655777
Thomas Nipperdey

Deutsche Geschichte 1800-1866

Bürgerwelt und starker Staat
Nippperdeys Buch behandelt die politische Geschichte Deutschlands von 1800 bis 1866 ebenso wie die Strukturen und Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft; Arbeit und Alltag ebenso wie Religion, Wissenschaft und Künste: Nach einem halben Jahrhundert wird hier zum ersten Mal der Versuch unternommen, eine so umfassende Geschichte der Epoche zu schreiben.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Viv29 in einem Regal.
  • Viv29 hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.06.2019

Detailverliebte fundierte Darstellung

0

Das hier von Thomas Nipperdey verfaßte Werk kann man schon fast monumental nennen. Auf über 800 Seiten beleuchtet der Autor 66 Jahre deutsche Geschichte. Dies geschieht in einem erfreulichen Miteinander ...

Das hier von Thomas Nipperdey verfaßte Werk kann man schon fast monumental nennen. Auf über 800 Seiten beleuchtet der Autor 66 Jahre deutsche Geschichte. Dies geschieht in einem erfreulichen Miteinander der "großen" Geschichte der Politik und Kriege und der "kleinen" Alltagsgeschichte. Die ausführliche Berücksichtigung der Alltagswelt bietet durchaus nicht jedes geschichtliche Werk.

Ausführlichkeit ist ohnehin ein Charakteristikum des Buches, sowohl im positiven wie auch in negativen Sinn. Eine derart detaillierte geschichtliche Betrachtung habe ich selten gelesen. Sehr genau, manchmal minutiös zeichnet Nipperdey Geschehnisse auf, beschreibt die verschiedenen Positionen und Motive der involvierten Parteien. An Hintergrundinformationen mangelt es keineswegs, es gibt auch spezielle Kapitel, die über Parteienentwicklungen, wichtige Bewegungen genau informieren. Allerdings geht diese Detailfreudigkeit häufiger zu Lasten einer effizienten Informationsvermittlung. Man verliert sich beim Lesen manchmal zu sehr in Details an für mich wäre oft weniger mehr gewesen. Auch gibt Nipperdey gerne dem in Deutschland so beliebten Drang der Wissenschaftler nach, vieles nach Möglichkeit gleich mehrfach hintereinander zu schreiben. Ich fand es enervierend, immer wieder eine Seite lang die gleiche Äußerung in diversen Formulierungen zu lesen.

Ein Grundverständnis für Geschichte sollte bereits bestehen, ebenso sollte bereits Wissen über die damaligen Verhältnisse und wichtigsten Personen vorhanden sein. Als Einführung ist dieses Buch nicht geeignet und sicher auch nicht gedacht. Es vermittelt ein tieferes Verständnis von Hintergründen und Zusammenhängen. Gerade die Zusammenhänge kann Nipperdey gut aufzeigen. Beim Lesen dieses Buches kann man gut verstehen, welch weitreichende Konsequenzen manche Entscheidungen haben, wie lange sie sich auswirken können. Die wacklige Balance der europäischen Mächte, die internationalen Implikationen und notwendigen Rücksichtnahmen sind hier ebenfalls hervorragend dargestellt. So fundiert habe ich diese Themen bislang selten beschrieben erlebt.

Wenig erfreulich fand ich die Tendenz, zu sehr in Philosophisches abzugleiten. Die ausgesprochen detaillierten Abhandlungen zu philosophischen Hintergründen und Meinungen, die Darstellungen verschiedener philosophischer Strömungen waren mir viel zu viel und haben mich oft geärgert, weil sie mich vom eigentlichen Thema wegführten. Dies wird gerade in dem Kapitel über "Die ästhetische Kultur: Musik, Kunst, Literatur" übertrieben. Auch brachen hier die stilistischen Schwächen sehr durch. Bandwurmaufzählungen des Gleichen, wie "Tendenz zum Idyll, zu optimistischen Gefühlen, zur glättenden Harmonisierung, zu etwas penetrantem Frohsinn, zur Verharmlosung" oder "Tendenz zum Humoristischen, zum Skurrilen, Kauzigen, Ironischen und Karikierenden". Adjektive und Subjekte erscheinen fast nur noch in Paaren oder Gruppen: "Versuch zu Gelassenheit und Beruhigung, zur Stille und Einfalt", "gegen das Große und Laute, gegen Prinzipien und Theorien, hin zum Kleinen, Bescheidenen" oder "zur Bändigung und Dämpfung der Leidenschaften, des Elementaren und des Unheimlichen". Das ist ungemein anstrengend zu lesen und enthält gemessen an den verwendeten Worten recht wenig Inhalt. – Auch Zahlenvergleiche und Statistiken werden oft im Text herunterrezitiert, obwohl sie in einer tabellarischen Übersicht wesentlich besser aufgehoben werden. Einige solche Übersichten werden auch verwendet und sind durchaus informativ.

Nun steht der Stil bei einem solchen Buch nicht im Vordergrund, einen derart geschriebenen Roman hätte ich wesentlich schlechter bewertet. Die Kapitel über die "große" Geschichte sind auch weitestgehend zugänglicher verfaßt. Trotzdem ist es schade, daß sich ein Buch voller guter Informationen teilweise so sperrig liest. Im Ganzen ist es als geschichtliches Werk aber voller interessanter Informationen, gut dargestellter Zusammenhänge und erfreulicher Themenvielfalt. Lernen kann man hier eine ganze Menge.