Diese Geschichte lässt Herzwurzeln wachsen
Das Debüt der schwedischen Schriftstellerin Tina Harnesk, die selbst samische Wurzeln hat, ist so viel mehr als nur ein Roman.
Verwoben mit Begebenheiten ihrer eigenen Familiengeschichte erzählt Harnesk ...
Das Debüt der schwedischen Schriftstellerin Tina Harnesk, die selbst samische Wurzeln hat, ist so viel mehr als nur ein Roman.
Verwoben mit Begebenheiten ihrer eigenen Familiengeschichte erzählt Harnesk in „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ die Geschichte des fiktiven alten Sami-Ehepaares Mariddja und Biera.
Beide am Ende ihres Lebens angelangt, stellen sie sich des dunkelsten Kapitels ihres Lebens. Und das ist nicht die Vertreibung aus der Heimat, als Landesgrenzen gezogen und Land zu Besitz und Eigentum erklärt oder große Ungerechtigkeit an der samischen Bevölkerung verübt wurden – es ist der Verlust ihres Neffen Heaika-Joná, den sie wie einen Sohn umsorgt und geliebt haben und der ihnen eines Tages von seiner eigenen Mutter entrissen wurde.
Die Geschichte spielt in der Gegenwart und wird fortlaufend aus verschiedenen Perspektiven erzählt. In Rückblicken erfährt man ganz allmählich die Zusammenhänge und vor allem Beweggründe aller Protagonisten.
Das Buch handelt von Herzwurzeln, Heimat und Vertreibung. Vom Lauf des Lebens und seinen harten Prüfungen. Ein Buch, so schmerzlich schön, dass man es nicht mal eben so weglesen kann. Die Geschichte will tief in ihre Leser einsinken, wie die Schneeschmelze nach einem harten, langen, dunklen Winter in die sich erwärmende Erde einsinken und sie fruchtbar machen will.
Es gibt dutzende Sätze, die in ihrer Schönheit so formvollendet sind, dass man sie am liebsten kosten, schmecken und inhalieren möchte. Kurze Ausflüge in die samische Gedankenwelt lassen den Leser immer wieder innehalten, um simple Wahrheiten in ihrer Tiefe wirken zu lassen.
Einzig der deutsche Titel von “Folk som sår i snö“ ist wohl ein wenig misslungen. Zwar erregt „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ zweifellos Aufmerksamkeit, dennoch impliziert der Titel nicht das, was die Autorin ursprünglich damit ausdrücken wollte.
„Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ist insgesamt dennoch etwas ganz Besonderes und entzieht sich deshalb konventioneller Bewertungsrichtlinien. Die ganze Geschichte wirkt auf einer viel tieferen Ebene als der des Verstandes. Mag sie auch an manchen Stellen etwas langatmig sein – sie lässt Herzwurzeln wachsen, und das ist eben pure Magie!