Erinnere dich, Jenny
Die 15jährige Jenny Kramer wird auf einer Party Opfer einer grauenvollen Vergewaltigung. Im Krankenhaus entscheiden sich ihre Eltern dafür, ihre Erinnerungen an die Tat mit Hilfe eines Medikamentes auszulöschen. ...
Die 15jährige Jenny Kramer wird auf einer Party Opfer einer grauenvollen Vergewaltigung. Im Krankenhaus entscheiden sich ihre Eltern dafür, ihre Erinnerungen an die Tat mit Hilfe eines Medikamentes auszulöschen. Jenny kann sich nun nicht mehr an die Vergewaltigung erinnern, weiß aber, dass sie passiert ist. Doch besser geht es ihr dadurch nicht, ihre Gefühle, Angst, Wut, Verzweiflung sind immer noch da, schwirren wie Geister durch ihren Körper und finden keine Erinnerungen, mit denen sie sich verknüpfen können. Nach einem Selbstmordversuch macht sie sich gemeinsam mit einem auf diesem Gebiet erfahrenen Psychologen auf die Suche nach ihren Erinnerungen. Dabei kommen auch viele Geheimnisse ihrer Eltern ans Licht. Geschickt manipuliert rasen alle Charaktere unaufhaltsam auf einen Abgrund zu….
Anders als es vom Klappentext zu erwarten ist steht in diesem Buch nicht unbedingt Jenny im Mittelpunkt. Die Geschichte wird durchgängig aus Sicht des Psychologen und aus der Ich-Perspektive erzählt. Die Charaktere selbst kommen in Kursivschrift dann zu Wort, wenn der Psychologe Unterhaltungen mit ihnen schildert. Anfangs ist es mir nicht leichtgefallen, in diesen Erzählstil hinein zu finden. Gerade am Anfang des Buches wirkt er sehr nüchtern, distanziert und trocken. Erst im Laufe der Zeit wird der Stil durch vermehrte Dialoge aufgelockert und es kommt Spannung auf.
Spannend und sehr informativ sind die Einblicke in die menschliche Psyche, die der Psychiater immer wieder einfließen lässt. Es wird geschildert, wie Erinnerungen im menschlichen Hirn abgespeichert werden, wie sich Emotionen damit verknüpfen, was passieren kann, wenn die Emotionen da sind, die Erinnerungen aber nicht. Viel wird auf die Kindheit einzelner Charaktere eingegangen, in der häufig die Ursache des Verhaltens als Erwachsener zu finden sind. Man dringt tief in die Psyche und Gedanken der Charaktere ein und findet die eine oder andere gut versteckte Emotion.
Durch die intensiven Schilderungen psychologischer Hintergründe, aber auch dem ständigen Abschweifen des Erzählers zu einzelnen Begebenheiten ist das Buch an vielen Stellen langatmig und schwierig zu lesen. Am Ende passen alle Informationen zusammen, zwischenzeitlich stehen sie aber in keinem Zusammenhang und man muss aufpassen, nichts zu überlesen, was am Ende noch wichtig werden könnte.
Der Täter am Ende kam durchaus überraschend, ebenso seine Beweggründe und das große Ganze, das sich entwickelt. Das macht einen guten Thriller ja aus. Der Leser wird mehrmals in die Irre geführt, versucht, aus den Informationen schlau zu werden, die genau zum Zwecke der Verwirrung eingestreut wurden. Trotzdem fehlte mir stellenweise die Spannung, die ich bei einem Thriller des Jahres (so die Ankündigung) erwarte. Trotzdem habe ich das Buch in kurzer Zeit durchgelesen, blieb am Ball und wollte nicht abbrechen. Einen Stern Abzug gibt es für die langatmigen Passagen.