Cover-Bild Das Wetter vor 15 Jahren
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hoffmann und Campe
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 07.10.2020
  • ISBN: 9783455008845
Wolf Haas

Das Wetter vor 15 Jahren

Seit fünfzehn Jahren studiert Vittorio Kowalski wie besessen das Wetter in einem fernen Alpendorf. Er kennt die Hoch- und Tiefwetterlagen eines jeden Datums auswendig, ist mit den täglichen Luftdruckschwankungen, Niederschlagsmengen und Sonnenscheindauern per Du. Eines Tages wird er mit diesem verrückten Spezialwissen sogar Wettkönig bei Wetten, dass ..?. Niemand kann sich diese Leidenschaft erklären. Nur in dem achthundert Kilometer entfernten Urlaubsort seiner Kindheit sitzt eine junge Frau vor dem Fernseher, die den schüchternen Wettkandidaten nach fünfzehn Jahren wiedererkennt. Anni war die Tochter der Zimmervermieter, Vittorio der Sohn der deutschen Urlaubsgäste. Die beiden Kinder verbrachten jeden Sommer gemeinsam - bis sie in ein Jahrhundert-Unwetter gerieten, das sie für immer trennte.

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Veröffentlicht am 01.02.2021

Literaturbeilage trifft Autor

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Wolf Haas gelingt es in seinem Roman Das Wetter vor 15 Jahren durch das Gespräch zwischen einer Literaturkritikerin und seinem fiktiven Ich, sowohl den Prozess der Entstehung eines Romanes als auch die ...

Wolf Haas gelingt es in seinem Roman Das Wetter vor 15 Jahren durch das Gespräch zwischen einer Literaturkritikerin und seinem fiktiven Ich, sowohl den Prozess der Entstehung eines Romanes als auch die Gedankenwelt der interpretierenden Kritikerin bzw. Leser_in zum Leben zu erwecken.

Die nervende Literaturkritikerin mit Sprachfehler (ürgendwie, statt irgendwie) und der reflektierte Schriftsteller treffen einander an mehreren Tagen zu einem Interview. Es beginnt nicht nur im Text ein Ping-Pong-Spiel mit Klischees, Vorurteilen, Bildern und Metaphern immer mit dem Hintergrund eine Symmetrie aufrechtzuerhalten. Die gebildete Kritikerin interpretiert auf fachlicher Ebene, die Psychoanalyse im Hinterkopf oder mit naiven Erklärungen von „etwas Mystischem“. Der gekonnt parierende Autor, der überlegt, was er an welcher Stelle schreiben soll, in welchem Umfang und mit welchen Wörtern.

Die Hauptdarsteller des fiktiven Romans, der vom fiktiven Ich Vittorio Kowalski aus seiner Perspektive, erzählt wird und auf einer scheinbar wahren Geschichte basiert, werden lebendig, man kann sich in sie hineinfühlen. So wie in das Fühlen, welches an verschiedenen Stellen im Roman thematisiert wird. Und dann das Zählen des Herrn Kowalski. Ein Kunstgriff, den Wolf Haas an verschiedenen Stellen verwendet, um den Zeitablauf zu vermitteln, die Zeit beinahe anzuhalten, eine Art Zeitlupe um „eine Herzrhythmusstörung zu bekommen“, so der Text. Ein Zählen, welches sich auch aus dem fiktiven Roman, in den Roman zieht, bei dem ja auch das Interview ebenfalls über mehrere Tage geht „als wäre die Welt ein einfacher (mystischer) Kaugummi“. Im fiktiven Roman sieht der fiktive Haas Kowalski in bei Wetten, dass. Er beginnt sich dafür zu interessieren, warum ein junger Mann mit 30 Jahre, jeden Tag des Wetters eines österreichischen Bergdorfes, in den letzten fünfzehn Jahren kennt. Die Geschichte einer pubertären Liebe, eines Wetters (also eines Gewitters) und dessen Folgen, die das Leben des Mannes prägt.

Das Wetter vor 15 Jahren lebt – im Gegensatz zu den Brenner-Romanen – von der verwendeten Sprache von Wolf Haas, der Mündlichkeit. Auch hier schweift Wolf Haas immer wieder ab, im Gegensatz zum Brenner eröffnet dies aber neue Perspektiven und Gedankengänge. Es belebt und wird nicht langweilig, insbesondere dann, wenn es zu den Kontroversen mit der Kritikerin kommt. Beeindruckend ist auch das Spiel mit den Klischees, vor allem mit den Bildern zum Thema Romantik – eine Karikatur von Geschlechterrollen, einer „Vorausdeutungseierei“ wie den „Romance“ sein soll und über die „Doofheit der Leser“ – ein Ping-Pong-Spiel an der „Fair-Frechheit-Linie“. Eine Romantik-Polemik, welche der fiktive Wolf Haas in seinem Roman erklärt: „Im Gegensatz zu weiblichen Biografien ist bekanntlich alles, was mit Literatur zusammenhängt, tatsächlich im 19. Jahrhundert stecken geblieben.“ (S. 142). Ein klarer Hinweis darauf, dass Literatur viele neue Wege gehen kann und nicht in der Gedankenwelt früherer Jahrhunderte stecken bleiben muss.

Rahmen- und Binnenhandlung ergänzen einander perfekt, sie fließen ineinander über, springen wie Blitze hin und her, unerwartete Gedankengänge brechen hervor, ein Tock-Tock und Ping-Pong, ein Countdown fünf – vier – drei – zwei – eins bis zum überraschenden Ende (natürlich ein Kuss), welches schon zu Beginn erzählt wird. Ein wunderbarer und kurzweiliger Roman über das Leben, die Liebe, das Leiden und über Temperatur, Luftdruck und den Niederschlag.

Ja, so gefällt mir Wolf Haas

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