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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2018

Bedrückendes Familiengeheimnis

Sommernachtstod
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An einem Sommernachtsabend 1983 verschwand der kleine Billy spurlos, die Suche nach ihm blieb erfolglos. Seine Mutter beging kurz darauf Selbstmord. Zurück blieb der Vater mit den beiden älteren Kindern. ...

An einem Sommernachtsabend 1983 verschwand der kleine Billy spurlos, die Suche nach ihm blieb erfolglos. Seine Mutter beging kurz darauf Selbstmord. Zurück blieb der Vater mit den beiden älteren Kindern. Mattias ist zwanzig Jahre später Polizist, Vera/Veronica Therapeutin. Da taucht in einer von Veras Trauergruppen ein junger Mann auf, der ihr von seiner Suche nach dem verschwundenen Freund aus Kindheitstagen erzählt. Was hat er mit dem kleinen Billy von damals zu tun? Vera beginnt nachzufragen und zu recherchieren – und entdeckt etwas, das einen ganz anderen Blick auf die Geschichte ihrer Familie wirft…

In zwei Zeitebenen und ausgehend vom Verschwinden des kleinen Billy entwirft der Autor Anders de la Motte eine spannende Geschichte um das ganz große Geheimnis in Veras Familie. Die Therapeutin merkt, dass es da ein Puzzlestück gibt, das noch fehlt, sie macht sich auf eine beschwerliche und auch gefährliche Suche danach. Manchmal ist diese Suche etwas langatmig geraten, doch sie treibt den Leser unaufhaltsam vorwärts in der Geschichte. Damit ist der Spannungsbogen von Anfang an gut angelegt und es bleibt fesselnd bis zum Schluss. Sehr nachvollziehbar wird einerseits Veras Unruhe, die sie in ihrer Suche vorantreibt, andererseits ist die Gegenwehr derer spürbar, die dieses Geheimnis weiterhin bewahren wollen. Die Motivationen dazu werden erst kurz vor Schluss klar, zusammen mit dem Aufdecken des Geheimnisses, was sehr klar zugunsten der Spannung geht.

Das Buch hat mich gut fesseln können und mich mit überraschenden Wendungen auf manche falsche Spur beim Mitraten geschickt. Deswegen vergebe ich eine klare Leseempfehlung und vier von fünf Sternen. Ich bin gespannt auf weitere Werke dieses Autors.

Veröffentlicht am 30.04.2018

Spannender Auftakt einer Dystopie

Perfektion
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Adara ist eine „Veränderte“ und durfte schwanger werden. An ihre Zeit vor ihrem Beitritt zu den Veränderten kann sie sich nicht erinnern. Bei einem Flugzeugunglück kann sie entfliehen, und bald merkt sie, ...

Adara ist eine „Veränderte“ und durfte schwanger werden. An ihre Zeit vor ihrem Beitritt zu den Veränderten kann sie sich nicht erinnern. Bei einem Flugzeugunglück kann sie entfliehen, und bald merkt sie, dass Genteck für ihr ungeborenes Kind über Leichen geht. Adara findet bei ihrer Flucht einen Helfer, der sie zu den Schwestern der Auferstehung bringen will. Anfangs ist ihr noch unklar, was dort sein wird, doch nach und nach erkennt sie, welche Aufgabe sie übernehmen wird.

Spannend ist schon der Einstieg in diesen ersten Band der Reihe „Perfektion“, und obwohl diese Dystopie eine Welt zeigt, die der unseren sehr entfremdet ist, findet sich der Leser zunächst schnell zurecht. Sehr bildlich werden die Umstände ihrer Flucht geschildert, wobei diese für meinen Geschmack etwas zu sehr in Richtung „blinde Flucht“ ging, aber das ist ja Geschmackssache. Manche Frage bleibt noch offen, sie wird wohl in der Fortsetzung wieder aufgegriffen. Die Geschichte ist aus Adaras Sicht geschrieben, so dass der Leser ihren Weg sehr gut nachvollziehen kann. Auf Grund einer Amnesie muss sie sich jedoch Informationen erkämpfen, die demzufolge auch dem Leser fehlen. Dadurch hatte ich allerdings das Gefühl, mich in einer Welt zu bewegen, die ich noch nicht recht durchschaue. Vor allem über Genteck, aber auch darüber, wie die Gesellschaft organisiert ist, tappt der Leser noch am Ende dieses ersten Bandes weitgehend im Dunkeln. Das Buch selbst liest sich sehr flüssig, man mag es kaum zur Seite legen.

Man merkt, dass ein größerer Plan hinter dieser spannenden Dystopie steckt, die eine erschreckende Zukunftsvision mit vielen Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede zu unserer heutigen Welt zeigt. Überraschende Wendungen machen Lust darauf, die Geschichte weiter zu verfolgen, trotz der fehlenden Hintergrundinformationen. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 30.04.2018

Sachbuch über das faszinierende Leben der Allene Tew

Die amerikanische Prinzessin
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Die Amerikanerin Allene Tew durfte ein Leben genießen, das ihr nicht unbedingt in die Wiege gelegt wurde: Sie genoss Wohlstand, Ansehen, Mutterglück und die Liebe ihres Lebens, dies nicht nur in Amerika, ...

Die Amerikanerin Allene Tew durfte ein Leben genießen, das ihr nicht unbedingt in die Wiege gelegt wurde: Sie genoss Wohlstand, Ansehen, Mutterglück und die Liebe ihres Lebens, dies nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa. Fünf Ehemänner sowie Episoden als deutsche Prinzessin, russische Gräfin und Patentante von Königin Beatrix bereichern ihre Vita.

Die Sachbuchautorin Annejet van der Zijl rekonstruiert das Leben dieser faszinierenden Frau. Sie hat sich dabei durch vielerlei Quellmaterial gearbeitet und Allenes Lebensorte besucht. Herausgekommen ist dabei ein Sachbuch, das biographisch das Leben dieser Frau nacherzählt.

Das größte Manko, das ich für dieses Buch sehe, ist, dass es als Sachbuch konzipiert ist, was allerdings bei der Beschreibung der Geschichte nicht ersichtlich ist. So ist der Schreibstil denn auch eher trocken geraten. Eher selten wird die direkte Rede verwendet, das Buch bleibt vorwiegend im Beschreiben. Viele Zitate erfolgen auf englisch, eine Übersetzung wird in einem Anhang angeboten, was allerdings erst am Ende des Buches erwähnt wird. Sehr ausführlich wird der historische Hintergrund der jeweiligen Zeit ausgearbeitet. Die Fülle an Quellmaterial nimmt eine Menge Seiten in Anspruch. Ergänzt wird der Text durch Fotomaterial über die Protagonistin und ihre Lieben. Zweifellos steckt viel Arbeit hinter diesem Buch, und Allenes Leben ist sicherlich gut recherchiert. Letztendlich fehlte mir jedoch etwas mehr Pep, den ich eigentlich durch die Vorankündigung des Buches erwartet hatte. Möglicherweise fühle ich auch etwas Enttäuschung darüber, dass ich laut Ausschreibung einen Roman erwartet hatte.

Ein interessantes Buch ist „Die amerikanische Prinzessin“ allemal, und als Sachbuch ausgeschrieben auch sehr gelungen. Deshalb schwanke ich auch zwischen 5 Sternen (wegen dem Inhalt) und 3 Sternen (wegen der falschen Erwartungen). Als Sachbuch kann ich es guten Gewissens weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 25.04.2018

Erfrischende Umsetzung eines schwierigen Themas

Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente
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Tess flieht vom Internat und schlüpft bei ihrem Vater unter, als sie erfährt, dass Jonah tot ist. Sieben Monate lang waren die beiden Jugendlichen zusammen, haben per Mail, Chat, Facebook, Tweets ihr ...

Tess flieht vom Internat und schlüpft bei ihrem Vater unter, als sie erfährt, dass Jonah tot ist. Sieben Monate lang waren die beiden Jugendlichen zusammen, haben per Mail, Chat, Facebook, Tweets ihr Leben miteinander geteilt. Niemand wusste so viel von Tess wie Jonah, und niemals hätte sie gedacht, dass er so plötzlich aus dem Leben gerissen würde. In ihrer Trauer sendet sie weiter Nachrichten an ihn. Und unversehens erhält sie tatsächlich eine Antwort darauf. Im Nachhinein erfährt sie manches, was ihr vorher gar nicht so klar war, und erhält Hilfe, um ihre Trauer zu bewältigen.

Trauer ist es, was Tess niederdrückt, Trauer, die bewältigt werden möchte. Jonahs Verlust ist für Tess existentiell. Sehr anschaulich lässt Autor Peter Bognanni Tess‘ Lebenswelt auferstehen, lässt den Leser teilhaben an ihren Gedanken, an Trauer, Verzweiflung, Erinnerungen. Genau wie Tess erkennt der Leser, wie sich die Möglichkeit zu einem Neuanfang auftut. Dies geschieht auf manchmal äußerst skurrile Art, denn die Protagonisten sind durchweg „anders“, jeder hat seine Eigenheiten, und so ergibt sich auch manch überraschende Situation. Und hat nicht jeder seine eigene Art, sich zu verabschieden, zu trauern, Neues zu beginnen?

Sehr einfühlsam nimmt sich das Buch seiner Thematik an, lässt den Protagonisten und auch dem (jugendlichen) Leser genügend Raum und Zeit für Gefühle, so dass Hoffnung entstehen kann, mit einem solch enormen Verlust klarzukommen. Erfrischend ist dabei die Umsetzung, die mich völlig überzeugt hat. Von mir gibt es deshalb eine unbedingte Leseempfehlung sowie vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Hexengeschichten und Morde auf Norderney

Die Hexe von Norderney
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Auf Norderney wird eine Jugendliche tot aufgefunden. Alle glauben, dass Merle sich selbst das Leben genommen hat, doch ihre Mutter Gesa ist überzeugt, dass ein Mord dahintersteckt. Sie ruft Merles Vater ...

Auf Norderney wird eine Jugendliche tot aufgefunden. Alle glauben, dass Merle sich selbst das Leben genommen hat, doch ihre Mutter Gesa ist überzeugt, dass ein Mord dahintersteckt. Sie ruft Merles Vater zu Hilfe, der bisher noch gar nichts von seiner Tochter wusste. Carsten Kummer muss sich nun mit den Vorkommnissen auf Norderney auseinandersetzen und hat es bald auch mit den Mythen um eine Hexenverfolgung im Mittelalter zu tun. Dann gibt es eine weitere Tote…

Geschickt verbindet der Autor Christian Hardinghaus einen Mordfall mit einer mythischen Geschichte um eine Hexe auf Norderney. Hinweise werden unauffällig platziert, so dass das Mitraten um den Mord sehr spannend wird. Mysteriös wird es, wenn die Protagonisten so überhaupt nicht einzuordnen sind. Einige überraschende Wendungen später jedoch erschließen sich wie von selbst alle Einzelheiten. Dabei habe ich mich vom Autor geschickt aufs Glatteis schicken lassen, im Nachhinein ist die Auflösung verblüffend einfach.

Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung, ich warte schon gespannt auf die Fortsetzung. Für jeden Norderney-Besucher sollte das Buch im Gepäck liegen, es ist sicher noch ein besonderes Erlebnis, dies in der passenden Umgebung zu lesen.