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Veröffentlicht am 21.11.2019

Was bleibt, wenn man stirbt?

Das Geheimnis von Shadowbrook
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Was bleibt, wenn man stirbt?

Clara Waterfield hat es als Kind nicht leicht. Obwohl sie unter der Glasknochenkrankheit leidet, ist ihr Temperament nur schwer zu zügeln. Sie wächst gutsituiert in London ...

Was bleibt, wenn man stirbt?

Clara Waterfield hat es als Kind nicht leicht. Obwohl sie unter der Glasknochenkrankheit leidet, ist ihr Temperament nur schwer zu zügeln. Sie wächst gutsituiert in London auf und bezieht ihr ganzes Wissen aus Büchern.

Als ihre Mutter jung verstirbt, zieht es Clara aus dem Haus. Trotz ihres Handicaps und ihres eigenartigen Direktheit findet sie ihren Frieden ausgerechnet in der Botanik. Kew wird zu ihrer zweiten Heimat, bis diese sie als Fachkraft nach Gloucestershire verleihen. Dort soll ein stattliches privates Gewächshaus eines reichen Geschäftsmannes eingerichtet werden und ihr Fachwissen ist gefragt.

Nicht einen Augenblick zögernd packt sie ihre Koffer und somit auch in die scheinbare Freiheit und in einen etwas untypischen Lebensweg für eine junge gebildete Frau der damaligen Zeit.

Shadowbrook verblüfft jedoch die junge Botanikerin. Soviel altes verlottertes Gemäuer und eine atemberaubend gut erhaltene Gartenanlage.

Der Spuk beginnt eines Nachts. Clara hört mysteriöse Schritte, sieht Kratzer an der Tür und verängstigte Hausangestellte. Was hat es mit diesem Anwesen auf sich?

Die Neugierde ist geweckt und Clara packt die Vergangenheit. Mit ihrer sehr direkten Art stößt sie auf Missbilligung und ihr etwas ungewöhnliches Aussehen macht es ihr nicht einfach, Kontakte zu den Menschen zu knüpfen.

Wie aus einem Herbarium heraus klappt Susan Fletcher nach und nach die Seiten Claras auf und man entdeckt Geheimnisse, Familientragödien und erkennt den Mut, der dahintersteckt.

Claras Hartnäckigkeit macht den Hörer anfangs etwas stutzig. Muss diese junge, durch ihre Krankheit gebrandmarkte Frau, stets alles Wissen und immer das letzte Wort haben?

Als der Krieg auch in Gloucestershire ankommt wird den Hörer klar, dass Claras Herz und auch Kopf einzig auf der Suche nach Liebe und Anerkennung sucht und dies die schwerste Aufgabe ihres Lebens sein wird.

Eine Überraschung jagt in dieser Geschichte die nächste. Scheinbar geschieht nichts in Shadowbrook zufällig und macht das Hörbuch, obwohl 942 Minuten nicht gerade zu schnellem Hörgenuss führen, nie langweilig oder langatmig.

Alexandra Segurnas Stimme verleiht Clara die Leichtigkeit und auch ein wenig Anmut, den man bei Ihrer Krankheit schnell vergisst.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Cold Case

Wisting und der Tag der Vermissten
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Katharina Haugen wird seit über zwanzig Jahren vermisst. Kurz vor deren Jahrestag zieht William Wisting die alten Ermittlungsakten aus seinem Kleiderschrank und hofft inständig auf eine Eingebung und um ...

Katharina Haugen wird seit über zwanzig Jahren vermisst. Kurz vor deren Jahrestag zieht William Wisting die alten Ermittlungsakten aus seinem Kleiderschrank und hofft inständig auf eine Eingebung und um Aufklärung.

Mit zum Ritual gehört das jährliche Treffen mit dem hinterbliebenen Ehemann Martin Haugen, doch den sucht Wisting dieses Jahr vergeblich.

Wisting, der sich hauptsächlich mit alten ungeklärten Fällen beschäftigt sieht sich plötzlich in einer Zwickmühle. Er traut sich selbst und seinen Überzeugungen nicht mehr, als Adrian Stiller scheinbar zufällig mit der neu gegründeten EU-Gruppe einen weiteren Vermisstenfall einer jungen Schülerin in Wistings Revier wieder aufrollt.

Schnell wird klar, dass Stiller ein ganz eigenes Ziel verfolgt und Wisting ihm auf die Schliche kommt. Beide ergänzen sich sodann und dennoch hat jeder ein ganz anderes Ziel vor Augen. Als Stiller auch noch Wistings Tochter als Journalistin mit einer Exklusiv-Story auf die vermisste Schülerin ansetzt, sind die Fronten verhärtet.

Horst erzählt über drei Erzählstränge hinweg über diese beiden vermissten jungen Frauen. Während Stiller, von Schlaflosigkeit und Albträumen geplagt, gewagte Ermittlungsmethoden bevorzugt, versucht Wisting sich von einer tief in seinem Inneren feststeckenden Theorie zu befreien. Die beiden Ermittlungsarten sind äußerlich zwar extrem unterschiedlich, aber im Kern treffen beide mit ihren Strategien ins Schwarze.

Line, zum Spielball der Polizei auserkoren, hat hingegen eine ganz andere Art, Dinge zu betrachten. Sie hinterfragt weitaus mehr den Menschen, egal ob Opfer oder Täter, was ihrem Ermittlungsstrang eine ganz andere Richtung gibt.

Es handelt sich hierbei um den siebten Band der Wisting-Ermittlungsreihe und dennoch lässt er sich völlig unabhängig von den vorherigen Serienteilen lesen.

Obwohl Horst seine Ermittler mit unterschiedlichen Ansätzen durch die Vermisstenfälle jagt, fehlte mir am Ende ein wenig die Spannung. Die innere Unruhe, die Stiller wie auch Wisting am Anfang plagten, verlor sich zum Ende hin. Ich fand keinen wirklichen Zugang zu William Wisting, was vielleicht aber daran lag, das es sich um den siebten Band der Krimireihe handelte und man als Leser somit den Einstieg verpasst hat.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Bella Italia?

Oberitalienische Seen Reiseführer Michael Müller Verlag
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Für den Lago Maggiore suchten wir nicht explizit nach einem Reiseführer, der nur diesen See abhandelt. Somit bleibt für eine Grobplanung nur eine begrenzte Auswahl zur Verfügung.

Immerhin 64 Seiten behandeln ...

Für den Lago Maggiore suchten wir nicht explizit nach einem Reiseführer, der nur diesen See abhandelt. Somit bleibt für eine Grobplanung nur eine begrenzte Auswahl zur Verfügung.

Immerhin 64 Seiten behandeln den See mit seinen wichtigsten Ausflugszielen, mehr oder weniger interessanten Tipps und dankenswerter Weise auch den üblichen Gepflogenheiten sowie einem sehr übersichtlichen Wörterbuch in Deutsch – Italienisch.

Teilweise sind Reiseführer im eigentlichen Sinn mit Tipps für Übernachtungsmöglichkeiten im heutigen Zeitalter ja schon ein wenig überholt. Wer aber eine neutrale Bewertung wünscht, findet hier sicherlich die bessere Alternative zu den üblichen Buchungswebsiten.

Unsere Auflage war die 6. aus 2017. Neueres war auch aus anderen Verlagshäusern nicht verfügbar.

Übersichtlich gestaltet findet man schnell Ausflugstipps und Tagesziele.

Die Ausflugsziele waren wirklich gut und aktuell beschrieben. Die Wasserfälle von Cittiglio kann man getrost weglassen. Hier wird zwar auf die zerstörten Wege hingewiesen, aber wir fanden hier nur riesige Müllhaufen, Schuttmassen und wirklich nicht betretbare Trampelpfade.

Gefreut hätte ich mich über eine kleine Übersichtskarte für Varese. Das Tourismusbüro haben wir trotz längerer Suche nicht gefunden, aber dank Smartphone dann doch noch zu unseren Zielen gelangt.

Mir fehlten jedoch entscheidende Hinweise wie z. B. dass man sich im Oktober schon in der Nebensaison befindet und wir auf der Ostseite des Lago dann wirklich in Italienisch kommunizieren konnten. Völlig übergangen wurde auch die Situation, dass für normalsterbliche Bürger kaum sowie gar keine Bade- bzw. Strandmöglichkeiten am Lago existieren. Die winzigen öffentlichen „Strände“ die den Bürgern zur Verfügung stehen bieten keinerlei Parkplätze und sind nur sehr steil durch teilweise nur schlecht als recht geschotterte Wege zu erreichen. Angekommen sind diese jenseits von Sauber und hübsch anzusehen.

Mir ist schon klar, dass es sich um einen „Bergsee“ handelt und die Zugänge dementsprechend begrenzt sind. Aber den Hinweis, dass man hier alles wo es nur ging privatisiert hat, wäre schon hilfreich gewesen.

Im Hinterland finden sich bezaubernde und exzellent ausgeschilderte Wanderwege, welche hier gänzlich unerwähnt blieben. Schade, aber auch ohne betreffenden Wanderführer kommt man sehr gut vorwärts.

Mein Fazit:

Übersichtlicher Reiseführer, der jedoch nur zur Grobplanung dient und man vorher noch mal die Hinweise und Tipps auf ihre Aktualität überprüfen sollte.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Trauerüberwindung im Flug

H wie Habicht
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Für einen großen Vogelbewunderer wie mich kam „H wie Habicht“ gerade recht. Doch Helens Geschichte ist nicht einfach erzählt.

Nachdem ihr Vater unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, fühlt sie sich ...

Für einen großen Vogelbewunderer wie mich kam „H wie Habicht“ gerade recht. Doch Helens Geschichte ist nicht einfach erzählt.

Nachdem ihr Vater unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, fühlt sie sich verlassen, einsam und von der Welt nicht mehr verstanden.

Ihre Zweifel sind so groß, dass sie sich im Gegenzug dazu beschließt, mit einem neuen Jagdvogel zu beglücken.

Schon als Kind war sie der Falknerei und den Greifvögeln erlegen und hat, unterstützt von ihrem Vater, dieses Hobby mit aller Leidenschaft verfolgt.

Bücher über Bücher häufen sich in Helens Wohnung. Von den Grundzügen der Falknerei bis hin zu historischen Werken über die Greifvögelabrichtung ist alles was an Literatur existiert, vorhanden.

Um gehen ihren großen Verlust anzukämpfen, beschließt sie, sich ausgerechnet einen Habicht zuzulegen. Entgegen aller Empfehlungen tritt Mabel in ihr Leben. Dieser Vogel jedoch zwingt ihr einen Willen auf, der sich nur schwer beherrschen lässt.

Die Welt um Helen herum verschwindet merklich. Es gibt nur noch den Vogel, den es abzurichten gilt und das mit aller Kunst und allen Feinheiten.

Begleitet wird Helen von T. H. White, der ebenfalls dem Willen eines Habichts erlag. Seine Geschichte, die bis auf den Schmerz keinerlei Übereinstimmungen mit Helen aufweist, geht tief ins Mark.

T. H. White, von Geburt an schon mit Neid, Missgunst und Überforderung belegt, versucht sich hoffnungsvoll überfordert an seinem Terzel.

Whites Schmerz und Verrohung überträgt sich immer mehr auf Helen, die in sich verfällt.

Mit der Arthursage begibt sich White in ferne und fremde magische Welten. Sein Erfolg als Schriftsteller und Falkner ist mäßig, was Helen nur noch mehr anstachelt, den perfekt abgerichteten Habicht zu erzielen.

Mit Helen Macdonald begeben wir uns tief hinein in die Geschichte der Falknerei. Das scheinbare Sachbuch verschwindet leicht in der Geschichte Helens. Helens Trauer hingegen schwindet leicht in der Detailtreue über Atzung und derlei Fachbegriffen.

Man hofft auf jedem Flug Mabels, dass er zurückkommt. Die Faust von Helen muss stets der unumkehrbare Hafen für ihren Habicht sein. Noch mehr Trauer würde man kaum ertragen.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Was für ein Theater!

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«
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Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten

Fredenbek ist der klassische Beamte.
Träge, kennt sich aus mit den Regeln und stets bemüht, sein Tagessoll zu erfüllen.

Doch Fredenbek bringt es tatsächlich ...

Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten

Fredenbek ist der klassische Beamte.
Träge, kennt sich aus mit den Regeln und stets bemüht, sein Tagessoll zu erfüllen.

Doch Fredenbek bringt es tatsächlich fertig, über allen Radiergummisorten, die im deutschen Büroartikelhandel zur Verfügung stehen, zu referieren.

Und was wäre er schon für ein Beamter, wenn er nicht die Vorzüge dieser fleißigen Bürohelferlein kennen würde?

Aber Fredenbek wäre nur ein Durchschnittsbeamter, wenn er nicht ab und an mal so richtig sein Können an den Mann bringen würde.

Im Urlaub, selbstverständlich immer in Italien im gleichen Hotel und am gleichen Strand. Natürlich mit einer waschechten Beamtenehegattin, die sich nach der nächsthöheren Rangfolge umguckt.

Dort angekommen führt Fredenbek auf der Bahnhofstoilette dann sein finales Stück auf.

Die Leser, die selbst schon im öffentlichen Dienst gearbeitet haben oder gar noch arbeiten werden feststellen, das uns hier nicht so ganz unbekannte Szenerien vorgespielt werden.


Einladung zum Klassentreffen

Marina, frisch geschieden und scheinbar glücklich darüber erhält einen Anruf im Zug. Ihre Fahrt verläuft jetzt alles andere als trist, hat sie doch einen alten Klassenkameraden am Telefon.

Ihre alte Liebschaft Carsten steht bei ihr zuhause vor der Tür und hofft auf ein Wiedersehen und will eigentlich zum anstehenden Klassentreffen einladen.

Marina verstrickt sich in ihrem Beziehungsdrama mit ihrem Ex-Ehemann, der sich zufälligerweise auch noch der neue Nachbar von Carsten herausstellt.

Carsten hingegen flirtet was das Zeug hält und hofft inständig auf ein Wiedersehen mit Marina. Er versucht, Marina aus ihrer alten Beziehung zu befreien, tritt dabei aber in ein Fettnäpfchen nach dem anderen.

Ein Handydrama im Zug mit vielen mehr oder weniger ungeplanten Zuhörern.

Martin Schörle hat mit seinen beiden Theaterstücken kleine kurze Kuriositäten unserer Zeit geschaffen. Wir alle sitzen im gleichen Hamsterrad und es fällt uns schwer, aus gewohnten Pfaden auszubrechen.