Profilbild von SigiLovesBooks

SigiLovesBooks

Lesejury Star
offline

SigiLovesBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SigiLovesBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.01.2020

Das Blumenwasser wechseln

Unter den hundertjährigen Linden
0

Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer ...

Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer l'eau des fleurs" - also "Das Blumenwasser wechseln" - für mich noch passender als der deutsche Titel!
Aus dem Französischen übersetzt wurde der Roman von Katja Hald und Elsbeth Ranke; er erschien (HC, gebunden) 2019 bei Droemer-Knaur.

Bourgogne, Frankreich, Brancion-en-Chalon:

Violette Toussaint, vormals Trenet, übernimmt mit ihrem Mann Philippe die Stelle als Friedhofswärterin, da Sasha, der diese Aufgabe mit viel Leidenschaft fürs Gärtnern übernommen hatte, nach Eintritt ins Rentenalter den Entschluss gefasst hat, durch die Welt zu reisen und alte Freunde zu besuchen...

In Rückblenden lernt man die beiden Hauptprotagonisten, Violette und Philippe kennen und erfährt in verschiedenen zeitlichen Sequenzen immer mehr von ihnen: Während Violette einen schweren Start ins Leben hatte; ihre Kindheit bei Pflegeeltern verbrachte und selten das Gefühl hatte, wirklich "dazuzugehören", wächst Philippe als Einzelkind von Eltern auf, die nicht eben perfekt sind und dem Jungen eher mit auf den Weg geben, dass er niemandem trauen solle und stets an sich selbst zu denken habe; der Vater kann sich der sehr dominanten Mutter gegenüber nicht behaupten und von der Heirat mit der "sehr einfachen" Violette ist besonders die Mutter von Philippe alles andere als begeistert - schlimmer noch, sie ignoriert ihre Schwiegertochter, die fortan einfach "übersehen" wird.

Philippe, der niemals wirklich etwas leisten musste, hatte zuvor mit Violette einen Job als Schrankenwärter inne, wobei es stets Violette ist, die die Schranken der vorüberfahrenden Züge öffnet bzw. schließt. Die Familie vergrößert sich und Violette, die nun wieder lernen will und sich John Irving's Roman "Gottes Werk und Teufels Beitrag" kauft, versucht mit Erfolg, ihre Lesekompetenz zu verbessern. Sie hat eine grundsätzlich versöhnliche Einstellung zum Leben und im Gegensatz zu Philippe fühlt sie sich weder einsam noch ist ihr langweilig: Sie hat viele Interessen - und Fantasie, während Philippe sie immer mehr alleine lässt, Touren mit seinem Motorrad unternimmt und sie betrügt. Dies berührt Violette nicht wirklich - jedoch geschieht eines Tages ein Unglück, das ihr Leben - und auch das von Philippe von grundauf ändert: Ein schwerer Verlust, dessen Schmerz der Leser nur erahnen kann, wird Violette einige Zeit lähmen, bis sie wieder zu neuer Kraft finden wird...

In dieser Zeit lernen wir den weiteren Protagonisten kennen; Julien Seul - ein Kommissar aus Bordeaux, erscheint auf dem Friedhof (auch diesen Job meistert Violette alleine; ihr Mann Philipp fuhr immer länger weg, bis er eines Tages gar nicht mehr wiederkam), da er das Grab von Gabriel Prudent sucht. Einem Mann, der seiner Mutter einen Platz in der Ewigkeit garantierte und von dem Julien bis dato nichts wusste. Die Asche der verstorbenen Mutter, Irène Fayolle, soll im Grab von Monsieur Prudent beigesetzt werden, so wie es notariell besprochen war. In Tagebüchern, die Julien findet und die er - sich sogleich angezogen fühlend von der freundlichen und attraktiven Friedhofswärterin Violette - ihr später ausleiht, kommt eine tragische Liebesgeschichte zweier Menschen zutage, die sich wünschten, nach ihrem Tod in aller Ewigkeit vereint zu sein. Wird es Julien und Violette gelingen, zueinander zu finden?

Die Themen dieses Romans sind sehr vielschichtig; die Lebenswege der Hauptprotagonisten sind sehr gut nachvollziehbar erzählt; es geht um Tragik, Liebe, Verlust, Schmerz, aber auch Lebensfreude und (wiedergewonnener) Lebensmut, der aus regenerierter Lebenskraft erwachsen kann. Es geht um die kleinen Dinge, die glücklich machen (können), um Pflanzen und das Gärtnern; auch vor allem darum, dass sich das Leben jeden Tag ändern kann und vor Verlust und Schmerz niemand gefeit ist. Aber vor allem geht es darum, dass man wieder aufstehen sollte, wenn das Schicksal hart an der Türe klopft. Dass Leben und Tod nahe beieinander liegen und gerade in kleinen Dingen wie Blumen, das Gärtnern, das Säen, die Pflege und das Aufkeimen von Pflanzen ein Reigen des Lebens ist, dem der Mensch viel Positives entnehmen kann: Er kann seinen eigenen Garten gestalten; so wie Violette sehr leidenschaftlich ihre Aufgaben auf "ihrem" Friedhof wahrnimmt: Ihre Zeit den Pflanzen auf dem schönen Friedhof widmet, der vier "Bezirke" hat: das Lorbeer-, Pfaffenhütchen-, Zedern- und Eibenviertel.

So entwickelt sie auch die richtige Nähe und auch Distanz zu all den Trauernden, die ihr vertrauensvoll in ihrem "Wartezimmer" ihr Herz ausschütten; ist eine empathische Seelentrösterin, was auch Julien sofort bemerkt. Das Aussagekräftigste an diesem sehr sensibel geschriebenen, stellenweise poetischen Roman ist für mich die Tatsache, dass die Liebe letztendlich stärker ist als der Tod: Sie überlebt ihn!

Die Figurenzeichnung ist sehr authentisch; durch die Rückblenden lernt der Leser Reaktionen der Protagonisten zu verstehen und eine sehr starke Violette Toussaint kennen, deren Charakter wirklich fesselt und beeindruckt. Während Philippe über lange Strecken wenig "punkten" kann, lernt man auch ihn am Ende von einer anderen, unbekannten Seite kennen. Einige liebenswerte Nebenfiguren wie Célia und vor allem Sasha, der Violette auf seine - fast schon therapeutische Weise - ins Leben zurückführt und sie durch ihn die Stelle als Friedhofswärterin bekommt, mochte ich auch sehr gerne. Die Gräfin, La Comtesse de Darrieux, die Violette die Geschichte ihrer großen Liebe erzählt (am Tag, als diese beigesetzt wird), bringt den Leser ebenfalls zum Schmunzeln: Auch in dieser Rolle spielt die Liebe einen ebenso wichtigen Part wie der Tod, der wiederum nur durch Liebe zu überwinden ist. Was mich an ein altes spanisches Sprichwort erinnert, das ich nie vergessen habe:

"Jedes Mal, wenn sich in deinem Leben ein Loch auftut, fülle es mit Liebe!" Dies könnte der Tenor dieses teils melancholischen, teils tragischen, aber auch sehr poetischen und vor allem lebensbejahenden Romans von Valérie Perrin sein! Mir hat er sehr gut gefallen und ich kann diesen berührenden und zu Herzen gehenden Roman besonders jenen Menschen empfehlen, die vielleicht in letzter Zeit einen schmerzhaften Verlust - im Freundes- oder Familienkreis - durchleben mussten. Aber auch allen anderen sensiblen LeserInnen sei er sehr gerne weiterempohlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2020

Ebbe, Blut und edle Austern - Luc Verlain's 3. Fall

Winteraustern
0

In "Winteraustern" von Alexander Oetker löst Luc Verlain seinen dritten Fall, der dieses Mal mit der Austernfischerei im Bassin von Arcachon, der Acquitaine im Südwesten Frankreichs zu tun hat. Verlegt ...

In "Winteraustern" von Alexander Oetker löst Luc Verlain seinen dritten Fall, der dieses Mal mit der Austernfischerei im Bassin von Arcachon, der Acquitaine im Südwesten Frankreichs zu tun hat. Verlegt wurde der spannende Krimi aus dem benachbarten Frankreich bei Hoffmann und Campe (TB, broschiert, 2019).

Ich habe mich sehr auf den neuen Fall von Luc Verlain gefreut, da ich beide Vorgänger mit Interesse und oftmals einem Schmunzeln auf den Lippen gelesen habe - und wurde auch hier nicht enttäuscht:

In der Vorweihnachtszeit herrscht bei den Austernfischern in der Acquitaine Hochkonjunktur, da die Franzosen Weihnachten mit Austern essen gleichstellen (was ich auch nicht wusste). Der Verkauf zu dieser Zeit in ganz Frankreich ist maßgeblich für das Überleben der einzelnen Austernfischer, deren Existenz nur dann gesichert ist, wenn sie viele Austernbänke besitzen - wie Bertrand Chevalier - der unumstritten "der Hai unter den Fischen" ist und alle kleineren Bänke aufkauft, die für die Besitzer nicht mehr rentabel sind. Luc und sein alter, todkranker Vater wollen eine Tour durchs Bassin unternehmen, die damit endet, dass ein kleiner Austernfischer, Monsieur Lascasse, hinterrücks überfallen wird und gerade noch einen Notruf an die Küstenwache (die auch die Austern bewacht) abgeben kann, bevor die Flut ihm den Tod durch Ertrinken beschert. Doch es sollte noch schlimmer kommen; unweit der Stelle, an der Lascasse ins Boot gehievt wird, entdeckt Luc zwei Männer, die auf einer Sandbank wie an einem Totempfahl angebunden sind - und wie sich herausstellt, nicht mehr am Leben sind. Wer hat Pierre Lascasse überfallen und zwei junge Männer, die angesehenen Austernfischerfamilien angehören, getötet?

Dieser spannenden Frage widmet sich Luc mit seiner Partnerin Anouk wie auch dem Kollegen Etxeberria und der Leser lernt Licht und Schatten bei der Austernfischerei zu unterscheiden: Es ist sehr viel Arbeit und dauert einige Jahre, bis eine Austernzucht für den Verzehr geeignet ist - Umwelteinflüsse spielen eine Rolle, der Klimawandel, der Bakterien und Viren an den Muscheln fördert und ein Betrieb nur gut davon leben kann, Austern zu züchten, wenn er ein großeres Reservoir besitzt: Die kleinen, aber qualitativ sehr hochwertig arbeitenden Austernfischer sind ständig einer existenziellen Bedrohung ausgeliefert, worüber sich Bertrand Chevalier zumindest freuen kann, da er diesen dann ihre Austernbänke mit Freuden abkaufen kann, wie er es bei Lucs Vater ebenfalls getan hat. Dieser spielt hier eine sehr berührende Rolle, da er - schwerkrank - dennoch in die Ermittlungen einbezogen ist, die Toten identifizieren kann (er war einer der ältesten Austernzüchter im Bassin) und auch praktisch von Nutzen ist, in dem er nochmal in den Genuss kommt, ein Boot zu steuern. Hätte Chevalier ein Motiv gehabt?

Dies muss der Leser selbst in diesem stimmigen, spannenden, atmosphärischen Kriminalroman nachlesen, da ich natürlich an dieser Stelle nichts verrate: Der Schreibstil von Alexander Oetker gefällt mir sehr: In seinen Beschreibungen der Acquitaine, dem Südwesten Frankreichs, liegt eine gehörige Portion Liebe zu diesem Landstrich, "in der der Mond und die Gezeiten im Wechselspiel das Leben bestimmen", den Salzgeruch, die Algen riech- und spürbar machen. Auch Arcachon mit seinen Sehenswürdigkeiten sind mit Sicherheit eine Reise wert!



Besonders gefällt mir, dass hier auch ein Stück Zeitgeschichte aufgegriffen wurde, die Terroranschläge von Paris mit vielen unschuldigen Opfern sollten nicht vergessen werden (und haben folgerichtig Luc zeitweise in Paris polizeilich als Commissaire de Police Nationale arbeiten lassen, der, einer der besten Leute, erst nach dieser Zeit wieder ins Acquitaine zurückkehren konnte. Er hatte sich wegen der Erkrankung seines Vaters aus Paris ins Acquitaine versetzen lassen, um Zeit mit ihm zu haben). Dies macht den Kriminalroman auch sehr menschlich; abgesehen davon, dass es natürlich (so nebenbei) immer mal um die Beziehung zwischen Luc und Anouk geht. Ob Letztere den Karrieresprung machen wird und nach Paris geht? Mit Sicherheit wissen wir nur, dass es kurz vor Weihnachten von ihr "recht frohe Kunde" gibt...



Ich freue mich auf einen weiteren Fall von Luc Verlain und empfehle "Winteraustern" gerne KrimileserInnen weiter, die Spannung, Atmosphäre, "menscheln" und Frankreich mögen; es ist eine Ode an den wundervollen Südwesten Frankreichs und der wendungsreiche Fall endet anders als gedacht!

Von mir begeisterte 4,5* und 93° auf der "Krimi-Couch".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.11.2019

Die Geisterfelder von Norfolk

Grabesgrund
1

Nach "Allerheiligenfluch" konnte ich nun mit "Grabesgrund" von Elly Griffiths die Reihe der Kriminalromane um die forensische Archäologin Ruth Galloway endlich vervollständigen - und habe absolut nicht ...

Nach "Allerheiligenfluch" konnte ich nun mit "Grabesgrund" von Elly Griffiths die Reihe der Kriminalromane um die forensische Archäologin Ruth Galloway endlich vervollständigen - und habe absolut nicht bereut, alle Bände (Tipp: Am besten chronologisch lesen, wie bei jeder Krimireihe sehr empehlenswert) gelesen zu haben.

Wie die Vorgänger spielt auch "Grabesgrund" im beschaulichen und interessanten englischen Norfolk. Dieses Mal in der Nähe einer Ausgrabung zur Bronzezeit, in der Ruth auf verwertbares Material gestoßen ist. Unweit der Ausgrabungsstätte stößt ein Bagger, der eine große Fläche einebnen soll, um möglichst zügig so einige neue Wohnhäuser entstehen zu lassen (Seitenhieb auf die Gier der Immobilienhaie und Baukonzerne, die auch vor schützenswertem Land nicht Halt machen), auf Metall. Es ist ein Flugzeug der RAF aus dem 2. Weltkrieg und das Bizarre daran ist, dass der Pilot noch darin sitzt...

Daher treffen DCI Harry Nelson - Vater der inzwischen 5jährigen Tochter Kate von Ruth - und Ruth zusammen; es stellt sich heraus, dass die Leiche lange Zeit an einem anderen Ort vergraben worden sein musste, da ein früheres Mitglied der Blackstocks, eine wohlhabende Familie mit viel Landbesitz, die noch immer in der Nähe residiert, via DNA auf die Familie der Blackstocks hinweist. Damit tun sich Fragen auf - und sowohl Ruth als auch Nelson haben einiges damit zu tun, dieses Rätsel zu lösen, denn alle Zeichen weisen den Weg ins Herrenhaus der Blackstocks....

Die Autorin lässt wie immer ihre LeserInnen miträtseln und die Charaktere entwickeln sich stetig weiter. Auch Cathbad taucht wieder auf, der inzwischen mit Judy Johnson, der toughen Polizistin, liiert ist und Vater wird; zudem hat ein amerikanisches Filmteam großes Interesse, aus dem Fund in Norfolk eine Sendung über die Geschwader der Kampfflugzeuge der britischen RAF im 2. Weltkrieg zu zeigen, weshalb einige Filmleute mehrere Tage im Anwesen der Blackstocks wohnen sollen, um auch die Familie zu ihren Erinnerungen zu befragen. Damit stechen so einige Leute in ein Wespennest: Die illustre Familie wartet mit netten weiblichen Mitgliedern auf, die männlichen hingegen sind zuweilen das Gegenteil davon.... Was ist wirklich aus den Brüdern des alten George Blackstock geworden?

Diesen Fragen widmet sich auf unterhaltsame und höchst interessante Weise dieser Krimi, den ich aufgrund des stimmigen Inhalts und vor allem des Schreibstils von Elly Griffith absolut weiterempfehlen kann. Die Autorin versteht es, den Leser zu fesseln und die Spannung nicht nur zu halten, sondern gegen Ende hin noch zu steigern und gibt ihren Kriminalromanen eine sehr menschliche Note, in dem sie Ruth, die ihre kleine Tochter alleine erzieht, einerseits sehr mutig, andererseits aber alles andere als perfekt charakterisiert: Auch Harry Nelson mit seinen Sergeants Judy Johnson, David Clough (genannt Cloughie) und Tim werden sehr gut portraitiert. Für Cloughie freut man sich, dass er in Cassie Blackstock eine Seelenverwandte - und die Liebe gefunden hat. Auch weitere menschliche "Verwicklungen" sind natürlich nicht auszuschließen, die den Krimis von Elly Griffiths einen unnachahmlichen Charakterzug geben. Ich freue mich bereits auf weitere Übersetzungen ins Deutsche und hoffe doch sehr, die Übersetzerin Tanja Handels ist bereits "at work" damit - denn die Ruth Galloway-Reihe hat absolutes Suchtpotential ;) Von mir 4,5 * und 98° auf der "Krimi-Couch".

Veröffentlicht am 05.11.2019

Crime meets Mystery - eine tolle Krimireihe um die Forensikerin Ruth Galloway

Aller Heiligen Fluch
0

Ich komplettiere gerade meine Elly Griffiths - bzw. Ruth Galloway-Reihe und habe "Aller Heiligen Fluch" als einen der bisher Spannendsten empfunden; der Krimi-Couch Rezensentin kann ich mich in keinem ...

Ich komplettiere gerade meine Elly Griffiths - bzw. Ruth Galloway-Reihe und habe "Aller Heiligen Fluch" als einen der bisher Spannendsten empfunden; der Krimi-Couch Rezensentin kann ich mich in keinem Punkt anschließen, da die Autorin ihre Krimis immer sehr gut recherchiert und der Plot hier durchaus stimmig wie auch spannend ist.


Da gerade "Allerheiligen" war, passte dies auch zeitlich zu meinem Konzept des "Nacharbeitens" zur Komplettierung der Reihe: Bei jedem weiteren Kriminalroman von Elly Griffiths werde ich zu einem größeren Fan von ihr, da sie sowohl den leitenden Ermittler Harry Nelson als auch die Forensikerin Ruth Galloway, die beruflich immer wieder mit dem Vater ihrer Tochter zu tun hat und Mutter der einjährigen Kate ist, sehr menschlich und keineswegs überzeichnet darstellt. Gerade dies finde ich im Genre Kriminalroman sehr wichtig und bei Griffiths kommt immer noch eine Portion "Mystery" hinzu, quasi als ihr Markenzeichen:


So auch in "Aller Heiligen Fluch", in dem es zum einen um die Sargöffnung eines längst verblichenen Geistlichen geht; ein Vorfahre des Aristokraten Danford Smith , seines Zeichens passionierter Rennstallbetreiber - und einer Drogenfahndung, die langwierig ist und es Nelson und seiner Truppe schwer macht, Ergebnisse zu erzielen (wobei Judy Johnson sich hier wirklich ihre Sporen verdient hat, Clough jedoch die Lorbeeren erntet - wie im richtigen Leben ;)

Auch die Sargöffnung des verblichenen Klerikers beginnt mit einem Toten: Neben dem Sarg liegt nämlich Neil Topham, Leiter des Museums, in dem das Event stattfinden sollte; über diese stolpert Ruth, die etwas zu früh vor Ort ist - und um die Lösung dieses Rätsels geht es hauptsächlich, wer für den Tod dieses bis dato gesunden Mannes verantwortlich ist:

Eine wie immer sehr "versponnene", aber durchaus liebenswerte Rolle spielt hier wieder Cathbad; mit bürgerlichem Namen Michael Malone, der wie durch ein Wunder immer an der richtigen Stelle erscheint, wenn "Not am Mann" oder an der Frau ist. Diese Figur habe ich ganz besonders ins Herz geschlossen.


Befreundet ist Cathbad auch mit Bob Woonunga, dem Australier, der direkt neben Kate im abgeschiedenen Salzmoor ein Haus mietete und sich dafür einsetzt, dass die Knochen seiner Ahnen - den Aborigines - wieder in die heimatliche Erde kommen, um in die Traumzeit einzugehen. Denn nur dort finden sie ihren Frieden. Interessantes erfährt der Leser hier über die australischen Aborigines und deren Kultur, besucht mit Ruth (und Cathbad) spirituelle Seminare und findet schließlich, dass vielleicht doch nicht alles "Hokus Pokus" ist: Dies zeichnet die Kriminalromane der Autorin aus und machen sie überaus lesenswert. Auch die menschlichen Verflechtungen und Beziehungen werden immer in authentischer Weise vermittelt und die Figuren haben klare Konturen; ihr Verhalten wirkt echt.

Ich freue mich als Nächstes auf "Grabesgrund" und hoffe, auch an den weiteren Ruth Galloway-Bänden in deutscher Übersetzung (ein Dank an die Übersetzerin Tanja Handels!) demnächst meine Freude (und schöne sowie auch spannende Lesestunden) haben zu können! Ich werte mit 4,5 * oder 94° auf der "Krimi-Couch".

Veröffentlicht am 18.10.2019

Ein Mörder geht um im viktorianischen London....

Hurenmord - Die Rose von Whitechapel
0

Der zweite Teil der Trilogie von Tabea Koenig - "Hurenmord - Die Rose von Whitechapel" steht seinem Vorgänger, Band 1 "Hurentochter - Die Distel von Glasgow" in nichts nach, ist jedoch anders konstruiert ...

Der zweite Teil der Trilogie von Tabea Koenig - "Hurenmord - Die Rose von Whitechapel" steht seinem Vorgänger, Band 1 "Hurentochter - Die Distel von Glasgow" in nichts nach, ist jedoch anders konstruiert als der erste Band. Hier agieren die beiden HauptprotagonistInnen des Vorbands (Hurentochter) Emily (nun Countess of Suthness) und ihr Ehemann Liam nur in Nebenrollen; die Hauptrolle wird in diesem teils auf wahren Fakten um den nie gefassten Mörder "Jack the Ripper" (London, 1888) die einstige Weggefährtin Christine Gillard einnehmen, die wir hier besser kennenlernen.

Einst in Glasgow einzige Überlebende der "Kentwood"-Affäre und Prostituierte, traf sie ihr Lebensglück in Form eines älteren Herrn, Henry, der ihr nicht nur half, das Frauenhaus "Renfield Eden" in London aufzubauen, sondern sie auch ehelichte. Wir treffen sie hier kurz nach dem Tod Henrys an und Christine trauert noch sehr um ihren Mann, den sie aufrichtig liebte, als grauenhafte Morde geschehen: Huren, die kurz oder zeitweise im Renfield Eden wohnten, werden bestialisch umgebracht und Inspektor Pike, einstmals auch in den Kentwood-Prozess verwickelt und seither befördert, da er aktiv helfen konnte, den Fall aufzuklären, trifft bei den Ermittlungen auf Christine: Auch er hat den Verlust von Frau und Familie zu verkraften und die Autorin spinnt ein dichter werdendes Liebesverhältnis um die beiden, das die Morde und deren Beschreibung etwas zu konterkarieren vermag.

Als eine Vertraute von Christine vermisst wird und sämtliche Morde auf das Renfield Eden hinweisen, fällt ein Verdacht sogar auf Christine selbst: Was hat Rosalie, die Vertraute, gewusst und weshalb ist sie verschwunden?
In welchen Reihen, welchem Milieu ist der stets gut gekleidete Gentleman mit Zylinder, der jedoch niemandem bekannt ist, zu suchen? Wird Inspektor Pike ihn finden?

Unterhaltsam und sehr spannend weiß Tabea Koenig zu erzählen; ihren Figuren gibt sie stets klare Konturen und Christine wie auch Inspektor Pike sind Sympathieträger. Der in der viktorianischen Zeit angesiedelte - ich würde fast sagen historische Kriminalroman - transportiert auch neben der spannenden Handlung um die Morde des "Jack the Ripper" viele Informationen, was mir sehr gefallen hat, da der Anspruch der Autorin über die eigentliche Handlung hinausgeht, wenn sie den Leser etwa über Frauenrechte aus dieser Zeit (dürftig bis Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Aufmarsch der Sufragetten) oder über die unterschiedlichen Erbrechte in Schottland und England informiert; die Lebensverhältnisse in Armut und Elend - wie in Reichtum und Dekadenz bildhaft gegenüberzustellen weiß oder andere historisch Ereignisse wie der Bau des Eiffelturms oder der Tower Bridge und die Weltausstellung in Paris ebenfalls Erwähnung findet. Dies bettet den Roman in eine Zeit ein, die die Morde des Rippers sprichwörtlich nebelverhangen werden lassen.

Tabea Koenig lässt im Plot statt Emily, die kurz vor ihrer Niederkunft im fernen Schottland ist, Liam nach London fahren, der als Ex-Boxer der gemeinsamen Freundin Christine zu Hilfe eilt. So fehlt es nicht an spannenden Wendungen, die sehr unterhaltsam, wenn auch fiktiv sind und durch eine List (und mit reichlich Mut) soll es Christine letztendlich gelingen, den Mörder zu überführen.

Ein Unterhaltungsroman mit Tendenz zum Genre "historischer Kriminalroman", dem wahre historische Fakten um "Jack the Ripper" zugrunde liegen und wiederum durch die spannende und authentische Erzählweise der Autorin punkten kann. Ich empfehle ihn sehr gerne weiter und vergebe 4,5 *
Auf den dritten Band, der Anfang Dezember 2019 erscheinen wird, bin ich natürlich schon mehr als gespannt!