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Veröffentlicht am 12.10.2020

Eine prickelnde Lovestory für ein verregnetes Herbstwochenende

Hate Notes
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Eine Mann und eine Frau ziehen sich magisch an, sie können dagegen unternehmen, was sie wollen. Die Story spielt in New York, Reed Eastwood ist ein sehr reicher, aber todunglücklicher Immobilienmakler, ...

Eine Mann und eine Frau ziehen sich magisch an, sie können dagegen unternehmen, was sie wollen. Die Story spielt in New York, Reed Eastwood ist ein sehr reicher, aber todunglücklicher Immobilienmakler, Charlotte Darling ist eine leicht verwirrte und gleichzeitig ziemlich selbstbewusste Frau, die sich mit Gelegenheitsjob über Wasser zu halten versucht. Es herrscht überhaupt keine Friede-Freude-Eierkuchen-Idylle, im Gegenteil, es fliegen immer wieder die Fetzen, da sie sich aus unterschiedlichen Gründen selbst im Wege stehen. Beide Menschen haben eine Geschichte, die sie geprägt und verletzt hat. Mehr verrate ich hier nicht.

Ich habe noch nie ein solches Buch gelesen und wahrscheinlich gar kein schlechtes Exemplar aus diesem Genre erwischt. Nur was für ein Genre ist das? Wahrscheinlich irgendwas zwischen New Adult und Erotik. Es war für mich jedenfalls eine unterhaltsame Lektüre, die aber überraschenderweise mehr Tiefgang hatte als ich ehrlicherweise erwartet hatte. Klar, der beschriebene Sex ist vollkommen überirdisch, Reed und Charlotte sind körperlich gesehen Projektionen von absurden Wunschvorstellungen. Und auch sonst sind sie ziemlich überdurchschnittlich. Aber das war mir vollkommen egal, denn das Buch kommt außerordentlich witzig daher. Etwa die Hälfte der Kapitel ist aus Charlottes Perspektive geschrieben, die anderen aus Reeds. Teilweise werden die gleichen Situationen aus den beiden doch sehr unterschiedlichen Sichtwinkeln betrachtet. Zwei Wahrnehmungen, zwei Menschen, die mit sich und ihrem Gegenüber kämpfen und trotzdem voneinander nicht lassen können. Ich fand es jedenfalls interessant, wie die beiden Innenleben sich gegenüber gestellt werden und musste oft schmunzeln.

Fazit: Lesen, wenn man Lust auf eine prickelnde Liebesgeschichte hat, die auch ein wenig Tiefgang hat.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Ein wirklich interessantes Buch außerhalb des Mainstreams.

Das Geschäftsjahr 1968/69
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Eine verrückte Geschichte zweier junger Provinzjournalisten, die nicht so ganz glücklich sind mit ihrem Dasein. Zwei Typen, die von den gesellschaftlichen Veränderungen Ende der 1960iger Jahren verunsichert ...

Eine verrückte Geschichte zweier junger Provinzjournalisten, die nicht so ganz glücklich sind mit ihrem Dasein. Zwei Typen, die von den gesellschaftlichen Veränderungen Ende der 1960iger Jahren verunsichert und mitgerissen werden. Die per Zufall einen verkifften Bastler kennenlernen, der gerade dabei ist, das Stroboskop zu erfinden. Und die das Marktpotential des schnellen Blitzlichts in ihrem psychedelischen Umfeld erkennen. Zwei Freunde, die unter dem Namen „Muse Gesellschaft“ damit beginnen, Stroboscope und andere Lichteffekte völlig unprofessionel, aber mit viel Leidenschaft zu vertreiben. Zufälligerweise treffen sie damit einen Nerv der Zeit und können sich vor potentiellen Kunden nicht mehr retten. Der Eine, der Erzähler, hängt weiter seinen ideellen Vorstellungen von einer durch Freundschaft und Gleichberechtigung geprägten Unternehmung nach. Der Andere riecht den großen Zaster und reißt sich die Firma unter den Nagel. Soweit das Grundgerüst des Buches, in dem es aber um viel mehr geht: Verunsicherte Männer, das Zerbrechen von Freundschaften sowie das kurze Aufglühen einer idealisierten Welt, die sogleich in einem Dogensumpf und viel Geld wieder untergeht.

Zugegeben, zuerst habe ich mich etwas schwer getan mit dem anfangs ziemlich sperrigen Text. Aber als ich dann mal in der Geschichte drin war, musste ich mir eingestehen, das das ein sehr gelungenes Buch ist. Die toxische Männlichkeit der Protagonisten und ihre Unfähigkeit, sich zu spüren wie auch ihre Gedanken einem Gegenüber verständlich auszudrücken, ist auf eine beeindruckende Art dargestellt. Interessant fand ich auch den Einblick in die damalige Zeit der Hippies, die ziemlich erbarmungslos und klischeefrei beschrieben wird. Aus heutiger Sicht stellen wir uns die 68er ja ziemlich idealisiert vor: sexuelle Befreiung, Umwälzung althergebrachter Werte, Experimente mit bewusstseinsverändernden Substanzen, Freiheit und Selbstverwirklichung. Das dies alles zusammen auch zu einer katastrophalen Überforderung der jungen Leute von damals führte, wird in diesem Text sehr deutlich geschildert. Da hat einer ein Buch von etwas geschrieben, das er sehr gut kannte. Und darum wirkt die Geschichte durchwegs authentisch. Man sieht die Figuren direkt vor sich. Dazu trägt auch das elegant gemachte verschieben der Erzählperspektive auf der Zeitachse bei. Dadurch schafft sich der Ich-Erzähler zwischendurch immer wieder einen zeitlich und gedanklich distanzierten Blick auf die damaligen Ereignisse, um sie aus heutiger Sicht zu reflektieren und für sich selbst verständlicher zu machen. Und was nun am Text autobiographisch ist und was nicht, bleibt am Ende völlig irrelevant. Entscheidend ist, das das Buch einen einmaligen Einblick in die damalige Zeit in Westdeutschland ermöglicht und grundlegende Fragen aufwirft, die auch heute - mehr als fünfzig Jahre später- noch brandaktuell sind: Wie hoch ist der Preis, ab dem wir käuflich werden? Was sind uns Freundschaften wert? Und was machen wir, wenn alles den Bach runter zu gehen scheint, und wir komplett überfordert sind? Ein wirklich interessantes Buch außerhalb des Mainstreams.

Fazit: Die ersten sechzig Seiten durchstehen und fertig lesen.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Ein außerordentliches und ergreifendes Buch

Was Nina wusste
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Dem israelische Schriftsteller David Grossman ist ein großartiges Buch gelungen. Der Leser begleitet primär drei Frauen aus der gleichen Familie bei der Entstehung eines Dokumentarfilms über ihre drei ...

Dem israelische Schriftsteller David Grossman ist ein großartiges Buch gelungen. Der Leser begleitet primär drei Frauen aus der gleichen Familie bei der Entstehung eines Dokumentarfilms über ihre drei ineinander verschlungene Lebensgeschichten. Es handelt sich bei den Frauen um die neunzigjährige Vera, ihre Tochter Nina und ihre Enkelin Gili. Vera wurde von Nina - als diese sechs Jahre alt war - getrennt und in das berüchtigte Umerziehungslager auf Goli otok während Titos Diktatur im ehemaligen Jugoslawien verschleppt. Dort wird sie schwer misshandelt. Die Trennung von der Tochter Nina und die Lagererlebnisse haben einschneidende Auswirkungen auf die drei Frauen. Sie hadern mit ihrem Schicksal und versuchen sich von dem Familientrauma zu lösen. Allen drei ist auf unterschiedlich verworrene Art bewusst, dass - wenn überhaupt- sie nur zusammen einen Ausweg aus diesem Schlamassel finden können.
Soweit der Stoff, aus dem die Geschichte gewoben ist. Das Besondere an diesem Buch ist, wie Grossman das nun umsetzt. Gili, die Dokumentarfilmerin ist, versucht über sich und die Familie eine Dokumentation zu drehen, in der die Vergangenheit noch einmal von den Protagonistinnen zusammen aufgerollt werden soll. Ziel ist für Gili primär, zu verstehen, warum sie so verkorkst ist, wie sie eben ist. Und warum sie Angst davor hat, ein eigenes Kind zu bekommen. Grossman zieht nun alle Register, um die Geschichte zu erzählen, bricht Erzählebenen, fügt diese wieder neu zusammen, arbeitet mit Rückblenden, Berichten, Filmaufnahmen, Träumen, Interviews, Notizen von Gili und vielen Gesprächen. Er schafft es sogar, ein Roadmovie in den Roman einzufügen. Und trotzdem verliert man als Leserin nie den Überblick (außer vielleicht zu Beginn des Buches, da muss man sich in diesem Erzählstil zuerst etwas zurechtfinden). Dem Autor gelingt es durch diese Vorgehensweise, die tragische Familiengeschichte packend und sehr anschaulich zusammenzufügen. Die Menschen hinter der Story und die Beziehungen zwischen den Akteuren werden dabei sehr plastisch und lebendig, so dass man als Leserin auf einmal mitten drin ist in den Geschehnissen. Trotzdem das Buch extrem konstruiert daherkommt, gelingt es Grossman zu 98 Prozent, die Leserinnen in seinen Bann zu schlagen. Man kann das Buch ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr auf die Seite legen, da es so einen starken Sog erzeugt.
Fazit: Lesen und sich nicht von dem etwas komplizierten Anfang des Buches abschrecken lassen.

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Veröffentlicht am 29.10.2021

Eine etwas waghalsige Verflechtung von verschiedenen Themen

Der kretische Gast
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Das Buch zwei Erzählstränge, die ineinander verwoben sind. Einerseits ist es die Geschichte des leipziger Ärcheologen Johann Martens, der 1943 in das vom Deutschland besetzte Kreta zwangsversetzt wird ...

Das Buch zwei Erzählstränge, die ineinander verwoben sind. Einerseits ist es die Geschichte des leipziger Ärcheologen Johann Martens, der 1943 in das vom Deutschland besetzte Kreta zwangsversetzt wird und so der Front im Osten entkommt und den kretischen Widerstand kennenlernt. Anderseits des Studenten Lukas Hollbach der 1975 einen Trip nach Kreta macht, um etwas herauszufinden, von dem er selbst nicht genau weiß, um was es sich handelt. Er hat in Hamburg auf dem Flohmarkt ein Foto erstanden, auf dem ein Mann abgebildet ist, den ihn irgendwie an seine Kindheit erinnert. Natürlich gibt es auch noch eine tragische Liebesgeschichte.

Das Hauptthema des Buches ist heikel, handelt es doch von der Besetzung Kretas durch die Nazis und die damit verbundenen Greueltaten. Kombiniert wird dieses Thema mit zwei Liebesgeschichten und der gastfreundlichen Urlaubsinsel Kreta in den 1970iger Jahren. Geht das gut? Das Buch ist gut geschrieben, schildert die Abgründe des Krieges ohne groß etwas zu beschönigen und bringt einem Land und Leute aus der Aussensicht näher. Ehrlich gesagt habe ich mit der Story etwas Mühe und die Liebesgeschichten sind zu kitschig als dass sie mit dem Abschlachten der Bevölkerung durch die Nazischergen kombiniert werden können. Das meine persönliche Meinung, aber vielleicht habe ich das Buch einfach falsch verstanden.

Fazit: Aus meiner Sicht interessant, was man über Kreta im zweiten Weltkrieg erfährt, aber der Rest passt nicht wirklich dazu. Sehr bedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Eine verzwickte Sache

Die zwei Gesichter des Januars
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Patricia Highsmith - Die zwei Gesichter des Januars

In diesem Buch geht es um Mord, Reisen, Hotels in Griechenland und Frankreich. Und um ein verzwicktes Beziehungsnetz zwischen drei Personen. Da wäre ...

Patricia Highsmith - Die zwei Gesichter des Januars

In diesem Buch geht es um Mord, Reisen, Hotels in Griechenland und Frankreich. Und um ein verzwicktes Beziehungsnetz zwischen drei Personen. Da wäre der Betrüger Chester, 42 Jahre alt, Alkaholiker mit seiner jungen schönen Frau. Der dritte im Bund ist ein leicht verstörter Jurist, der das kleine Erbe seiner Großmutter in Athen durchbringt und sich eine Auszeit genommen hat. Alle drei sind Amerikaner und fremd in ihrer Umgebung. Und dann geschieht aus Versehen ein Mord an einem griechischen Polizisten, in den alle drei verwickelt sind. Und die eigentliche Story mit all ihren Verstrickungen geht los.

Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass ich noch nie zuvor ein Buch der weltberühmten Autorin gelesen habe. Nun habe ich diese nachgeholt mit einem Buch, das anscheinend nicht so typisch für sie ist. Hat mir das Buch gefallen? Einerseits sehr: Die neue Übersetzung ist in einem sehr ansprechenden Deutsch geschrieben. Die meistens knapp gehaltenen Beschreibungen lassen Bilder, Plätze, Städte und Personen entstehen, die mich in die Welt dieses Buches mitgenommen haben. Das hat mir sehr gut gefallen.
Andererseits hat mich das Buch weniger überzeugen können: Die mäandrierende Story wird ohne große zeitliche Rückblenden erzählt. Immer wieder kommt eine neue Schleife der gleichen Story. Immer enger legt sich die Schlinge um die Hälse beiden Hauptproganisten, immer wieder zeigen sich neue Facetten der beiden Charakteren und ihrer gegenseitigen Verstrickung. Auch die Geschichte bewegt sich vorwärts, aber im Grunde kommt irgendwann nichts mehr Neues hinzu. Die Story wiederholt sich. Darum fand ich das Buch dann doch wieder nicht so gelungen.

Fazit: Naja, gutes Handwerk, aber die Story ist seltsam erzählt. Nur bedingte Leseempfehlung.

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