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Veröffentlicht am 29.05.2023

Über 100 Persönlichkeiten aus 12 Jahrhunderten

Menschen des Mittelalters
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Wie aus dem Vorwort hervorgeht, hat der Herausgeber dieses Werkes teilweise andere Vorstellungen vom Mittelalter als seine Historiker-Kollegen, sowohl was die zeitliche Einordnung als auch was das geistige ...

Wie aus dem Vorwort hervorgeht, hat der Herausgeber dieses Werkes teilweise andere Vorstellungen vom Mittelalter als seine Historiker-Kollegen, sowohl was die zeitliche Einordnung als auch was das geistige Leben betrifft. Seiner Meinung nach blieben die Hauptmerkmale des Mittelalters bis in 18. Jahrhundert hinein bestehen und er tritt auch der Vorstellung entgegen, das Mittelalter (nach „klassischer“ Definition) sei eine düstere, fortschritts- und bildungsfeindliche Zeit gewesen.
Diese Zusammenstellung von Männern und Frauen (und ein paar fiktiven Figuren), welche in etwa zwischen 350 und 1500 lebten, bewegt sich dennoch weitgehend entlang der üblichen Bahnen. Auf meist zwei bis drei Seiten werden mehr oder weniger interessante Biographien vorgestellt. Insgesamt hat das Buch aber über 400 (nicht wie angegeben 192) Seiten.
Die Auswahl ist dabei nicht ganz ausgewogen. Ein Großteil der Personen gehört in einen religiösen Kontext – als Mönche, Nonnen, Päpste, „Heilige“ etc. Gegenden wie Frankreich (angesichts der Herkunft der Autoren verständlich), Deutschland oder Italien sind eher überrepräsentiert, Nord- und Osteuropa kommen selten vor.
Insgesamt illustriert diese Zusammenstellung jedoch ganz gut, wie vielfältig die Welt des Mittelalters war und die zahlreichen großformatigen Bilder erhöhen den Unterhaltungswert.

Veröffentlicht am 29.05.2023

Universitäre Atmosphäre

Der Dozent und der Tod
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Wien, 1986: Der titelgebende Dozent für Turkologie (dessen Nachname nie genannt und dessen Vorname erst nach der Hälfte beiläufig erwähnt wird) hätte wahrlich besseres zu tun gehabt, als an einer Sitzung ...

Wien, 1986: Der titelgebende Dozent für Turkologie (dessen Nachname nie genannt und dessen Vorname erst nach der Hälfte beiläufig erwähnt wird) hätte wahrlich besseres zu tun gehabt, als an einer Sitzung der Berufungskommission teilzunehmen, welche über die Besetzung einer Professur für Indologie entscheiden soll. Der Probevortrag eines Bewerbers endet dann, noch bevor er richtig begonnen hat, mit dessen Tod. Ein Giftmord, wie sich bald herausstellt. Der Dozent beginnt Nachforschungen anzustellen und kann gleich mehrere Skandale im Umfeld der Universität aufdecken.

Dieser Krimi hat weniger als 200 Seiten und ist in einem eher distanzierten Stil verfasst. Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass etwas fehlt. Der Dozent wirkt mit seinem Alt-68-Gehabe zwar etwas anstrengend, aber er ist ein interessanter Charakter und es ist spannend, mit ihm gemeinsam die Atmosphäre an einer Universität der 1980er Jahre zu erleben und in ihre Abgründe einzutauchen. Nebenbei drängt sich währenddessen immer wieder die Frage auf, ob es heutzutage an den Universitäten viel anders zugeht ...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.05.2023

Ohne Zahlen, aber auch mit wenig echter Mathematik

Mathe ohne Zahlen
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Dieses Buch beschreibt, womit „richtige“ Mathematik sich befasst, die tatsächlich wenig mit dem zu tun hat, was man in dem entsprechenden Schulfach lernt. Der Autor erklärt, worum es bei Topologie, Analysis ...

Dieses Buch beschreibt, womit „richtige“ Mathematik sich befasst, die tatsächlich wenig mit dem zu tun hat, was man in dem entsprechenden Schulfach lernt. Der Autor erklärt, worum es bei Topologie, Analysis und Algebra geht, beleuchtet die Grundlagen (wie die Frage, was überhaupt ein Beweis ist) und überlegt zuletzt, warum abstrakte mathematische Konzepte sich so gut zur Modellierung der Wirklichkeit eignen.
Dabei wird deutlich, wie vielfältig dieses Fachgebiet ist und wie erstaunlich weit man von ein paar einfachen Überlegungen ausgehend kommen kann. Außerdem sorgen zahlreiche Illustrationen für Anschaulichkeit und zur Auflockerung streut er beispielsweise ein paar Rätsel und Spiele ein.
Großteils werden aber eben tatsächlich nur die Themen vorgestellt und ein paar Begriffe erläutert. Was das Wesen der Mathematik ausmacht, wie sie wirklich funktioniert, wie sozusagen die tägliche Arbeit des Mathematikers aussieht etc, wird nur angedeutet. Zugegeben, ohne Zahlen ist das Alles nicht einfach, und die paar Beweise, die vorkommen, sind ganz gut dargestellt, aber es wäre mehr drinnen gewesen.

Für komplette Neu-Einsteiger in die Materie, vor allem jüngere Leser, und für Personen, welche die Schulmathematik in schlechter Erinnerung haben, kann die Lektüre dennoch lohnend sein. Schon allein deshalb, weil sie wegen des Verzichts auf Zahlen weniger „abschreckend“ wirkt und vielleicht doch Lust auf mehr machen kann.

Veröffentlicht am 29.05.2023

Interessanter Krimi mit unpassendem Titel

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Im zweiten Teil dieser Krimi-Reihe aus dem Wien der 1890er Jahre muss Inspektor Leopold von Herzfeldt sich gleich mit mehreren mysteriösen Straftaten auseinandersetzen. Im Kunsthistorischen Museum taucht ...

Im zweiten Teil dieser Krimi-Reihe aus dem Wien der 1890er Jahre muss Inspektor Leopold von Herzfeldt sich gleich mit mehreren mysteriösen Straftaten auseinandersetzen. Im Kunsthistorischen Museum taucht ein nach allen Regeln der altägyptischen Kunst mumifizierter Professor auf. Hat hier gar ein Fluch zugeschlagen, dem schon andere Mitglieder einer zwei Jahre zurückliegenden Expedition nach Ägypten zum Opfer gefallen sind? Auch ein möglicher Serientäter, der es auf junge Männer abgesehen hat, und ein Tierpfleger, der von einem Löwen zerfleischt wurde, geben Rätsel auf.

Seinem Titel „Das Mädchen und der Totengräber“ wird dieser Roman nicht gerecht. Der Totengräber hat nur einige wenige Auftritte (wenngleich diese entscheidend zu Lösung der Fälle beitragen), das Mädchen kommt fast gar nicht vor. Was schade ist, handelt es sich doch bei beiden um interessante Charaktere, über die ich gern noch mehr erfahren hätte. Augustin Rothmayer vereint ein kauziges Wesen mit einem umfangreichen Wissen- und Erfahrungsschatz. Diesmal schreibt er gerade ein Buch zum Thema „Totenkulte der Völker“.
Auch Leos Freundin, die Polizei-Fotografin Julia Wolf, ist eine sympathische Persönlichkeit, die sich trotz privater Probleme und drohender beruflicher Konsequenzen nicht davon abhalten lässt, ihre eigenen Nachforschungen anzustellen. Mit Leo konnte ich dagegen wie schon im ersten Band nicht wirklich warm werden. Immerhin macht er eine gewisse persönliche Entwicklung durch und wirkt weniger arrogant. Dafür, dass er sich als Vorkämpfer für moderne Methoden in der Kriminalistik sieht, ist seine Vorgehensweise jedoch eher traditionell und bisweilen nicht durchdacht.

Dennoch sorgt der Krimi für einige Spannung, wozu auch der häufige Wechsel der Erzählperspektive beiträgt. Einen Teil der Auflösung konnte ich zwar schon ziemlich bald erahnen und manches ist nicht wirklich logisch nachvollziehbar. Es gibt aber doch auch einige dramatische Szenen.
Vor allem aber hat mir der Hintergrund gefallen, vor dem die Geschichte angesiedelt ist. Das Leben und Denken zur Jahrhundertwende wird gut portraitiert und es werden interessante Schauplätze besucht.
Aus diesem Grund hat mir der Roman insgesamt doch ganz gut gefallen. Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen, bei der dann hoffentlich der Totengräber eine größere Rolle spielt.

Veröffentlicht am 29.05.2023

(Bisweilen spekulative) Weltreise vor 1000 Jahren

Das Jahr 1000
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Zur Frage, wann die Globalisierung begann, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Valerie Hansen setzt den Beginn dieses Phänomens hier deutlich früher an als die Mehrheit der Historiker. Denn um ...

Zur Frage, wann die Globalisierung begann, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Valerie Hansen setzt den Beginn dieses Phänomens hier deutlich früher an als die Mehrheit der Historiker. Denn um das Jahr 1000 herum landeten die Wikinger erstmals an der Nordostküste Kanadas, wodurch bereits bestehende Handelsrouten quer durch Amerika mit Wegen, die durch Europa, Asien und Afrika führten, verbunden wurden. Zum ersten Mal hätte damit ein Gegenstand oder eine Nachricht um den ganzen Erdball reisen können.
Auch wenn (wie die Autorin betont: noch) kein Objekt bekannt ist, dass damals tatsächlich eine Weltreise unternommen hätte, und die Aktivitäten der Wikinger in Amerika auch keinen besonders nachhaltigen Einfluss ausübten, fand ich diese Argumentationslinie und vor allem die daraus folgenden Betrachtungen doch sehr interessant.
Hansen unternimmt gewissermaßen eine Reise um die Welt und berichtet unter anderem über mögliche Kontakte zwischen Wikingern und amerikanischen Hochkulturen, das von skandinavischen Auswanderern geprägte Osteuropa, einen afrikanischen König, der als reichster Mann der Welt galt, oder den am meisten globalisierten Ort in China.
Dabei ist immer wieder erstaunlich, welch weite Strecken Menschen (oft unfreiwillig) und Waren schon um das Jahr 1000 herum zurücklegten und wie sehr auch die Daheimgebliebenen von überregionalen Kontakten beeinflusst wurden.
Bisweilen wirken die Ausführungen jedoch etwas spekulativ und die Auswahl der Quellen voreingenommen. Wenn beispielsweise in einem Maya-Tempel abgebildete hellhäutige Personen gleich als Wikinger interpretiert oder Texte zitiert werden, deren Inhalt bisher nicht durch archäologische Funde bestätigt werden konnte.
Dennoch bietet dieses Buch einige spannende Einsichten und zeigt auch, dass die Europäer bei ihren Entdeckungen und Eroberungen ab 1492 auf bereits länger bestehende Netzwerke zurückgreifen konnten.