Veröffentlicht am 03.09.2021

Eine faszinierende „Geschichte noir“

Broken

Berlin Monster – Nachts sind alle Mörder grau.
Warum bezeichne ich den Roman, diesen Genre Mix aus Fantasy, Detektivgeschichte und Thriller, von Kim Rabe als eine „Geschichte noir“. Noch dazu, wo doch laut dem Titel alle Mörder grau (und nicht schwarz) sind?

Ich wähle die Bezeichnung, in Anlehnung an den Film noir. Die Handlung spielt im urbanen Berlin und erstreckt sich auf eine fast schon typische Detektivgeschichte. Lucy, die Protagonistin, ermittelt im Fall einer vermissten Person.
Spätestens bei näherer Betrachtung der vermissten „Person“, enden die Parallelen zur klassischen Detektivgeschichte oder einem Film noir. Hier kommt das Setting des Romans zum Tragen. Das Berlin der Handlung, entspricht nicht so ganz unserem heutigen Berlin. Durch die Explosion einer Bombe zur Zeit des Kalten Krieges und der daraus resultierenden Strahlung, wurde der Aberglaube der Menschen lebendig. Nun lebt die Welt und lebt vor allem Berlin, seit nahezu drei Jahrzehnten mit allerlei Wesenheiten aus Märchen, Mythen und Sagen.
So handelt es sich bei Lia, eben nicht um eine „Person“ im eigentlichen Sinn, sondern um eine sogenannte „Stif“. Eine jener lebendig gewordenen Fantasygestalten.

Aufs Vortrefflichste schafft es hier die Autorin, eine ungeheuer lebendige Welt zu erschaffen. Moderne, aktuelle Themen werden in die Handlung verquickt, allerdings ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Die Erkenntnisse, die jeder selbst daraus gewinnt, werden ganz dem Leser überlassen.
Daneben erhalten diese neue „Fantasy-Weltstadt Berlin“ sowie auch die „Stifs“ eine eigene Geschichte. Diese schwingt im Verlauf der Handlung mit, wird teils angedeutet, teils ausgeführt und schafft so einen lebendigen, realistisch wirkenden Rahmen.
Auch Lucy ist auf ihre eigene Weise mit dieser Geschichte verquickt und im Laufe der Handlung erfährt man auch immer weitere Details zu ihr und ihrer Vergangenheit.
Bald wird die Ermittlung größer und deutlich größere Verbindungen und Zusammenhänge treten in Erscheinung.
Dabei blieb trotz allem eine gewisse „Realität“ für mich spürbar. Lucys Arbeit enthält nicht nur Spannung, sondern mit teils ergebnisloser, langer Recherche und ermittlungstechnischen Sackgassen eben auch den Realismus, den manche Geschichten missen lassen.
Die Wendungen der Geschichte, empfand ich als überraschend und sehr passend. Das Ende ist in sich abgeschlossen, einzelne Randdetails bleiben jedoch offen, die in einem zweiten Band für Spannung sorgen dürften.

Kim Rabe schafft es, mir nicht nur Lucy und ihre Helfer oder Kollegen äußert menschlich und realistisch näher zu bringen, sondern ebenso so manchen „Stif“. Diese bleiben trotz aller Verbundenheit und trotz aller Zuneigung, die ich im Laufe der Geschichte zu einigen von ihnen als Charaktere entwickeln konnte, weiterhin exotisch, mystisch und schwer zu durchschauen.
Wesenheiten aus den Legenden, die sich neben profanen, alltäglichen und sehr menschlichen Dingen genauso weiterhin mit ihrer Herkunft und ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen müssen.
Der Schreibstil erinnert teils stark an einen Film noir. Aber auch an etwas modernere Filme, wie beispielsweise „Sin City“, fühlte ich mich persönlich erinnert. Selbst Erinnerungen an PC-Spiele, schwangen für mich mit – vor allem an die Max Payne Spiele, wem das etwas sagt.
Dies alles schafft die Autorin, indem sie mit wenigen Worten ganze gedankliche Bilder erzeugen kann. Stimmungen, Emotionen hervorruft. Ganze Umgebungen vor meinem geistigen Auge erschaffen konnte. Gleichzeitig, erinnerte mich dies, an die Erzählweise der eben oben erwähnten Filme und Spiele.

In meinen Augen, eine grandiose Symphonie aus Genre, Schreibweise und Charakterentwicklung.

Moderne Themen, verpackt in einem unglaublichen Setting ohne den mahnenden Finger zu heben. Dabei nahezu konsequentes Gendern.
Hut ab auch, vor dieser erkennbar detailverliebten Recherche zu den einzelnen „Stifs“ aus diversen Kulturkreisen und der Berliner Umgebung.

Fantasyliebhaber oder nicht, Thrillerfan hin oder her– wer dieses Buch nicht liest, verpasst definitiv etwas.

Die Fortsetzung ist angekündigt, für mich ein absolutes Muss auf meiner Leseliste.

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