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Veröffentlicht am 08.04.2020

An Intensität und Poetik fehlt es

Vardo – Nach dem Sturm
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„Jeder Zauberer oder Gläubige, der Gott sowie sein heiliges Wort und das Christentum opfert und einen Bund mit dem Teufel eingeht, soll mit dem Tode bestraft und auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.“ ...

„Jeder Zauberer oder Gläubige, der Gott sowie sein heiliges Wort und das Christentum opfert und einen Bund mit dem Teufel eingeht, soll mit dem Tode bestraft und auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.“ (S. 5)

Dieses Buch ist nichts für Abenteurer und sonnige Tage. Das Leben in Vardø ist düster, karg und entbehrungsreich. Die Geschichte um Maren und Ursa entwickelt sich genauso gemächlich, wie die Geschichte um Vardø und die Hexenverfolgung. Es erinnert an ein heranrollendes Gewitter, dass man schon aus der Entfernung spüren, aber nicht sehen kann. Ein großer Sturm wird erwartet, doch es weht nur ein laues Lüftchen.

„Doch jetzt weiß sie, wie es war, zu glauben, dass das Böse nur dort draußen hersche. Das Böse war hier, unter ihnen, es hatte zwei Beine und fällte Urteile mit menschlicher Zunge.“(S. 375)

Am nördlichsten Punkt im Königreich Norwegen-Dänemark gibt es 1617 auf einer Insel ein Dorf namens Vardø, dessen Männer an Heiligabend von einem Sturm ertränkt werden. Der Verlust stürzt das ganze Dorf in Trauer.
Maren hat ihren Vater, Bruder und Verlobten an den Sturm verloren. Nun lebt sie mit ihrer Mutter, die vor Trauer ein Schatten ihrer Selbst wird, und der Frau ihres Bruders, die eine Sámi und hochschwanger ist, in dem gemeinsamen beengten Haus. Sie träumt von einem Wal, der das Verderben ihres Dorfes besiegelt und sie Unheil ahnen lässt.

Ursa betritt Vardø 1619 mit ihrem Mann, dem Comissioner Cornet. Kurz vor seiner Reise hat er ihren Vater in Bergen kennen gelernt.
„>>Er brauchte ein Schiff, und eine Braut …<<
>>In dieser Reihenfolge?<<, flüsterte Ursa […].“ (S. 86)
Sie bemerkt schnell, dass sie in Bergen verwöhnt wurde. Dort lebte sie in einem großen Haus, mit Bediensteten und musste sich keine Sorgen um Essen oder saubere Kleidung machen. In Vardø bewohnt sie ein winziges Haus mit nur einem Raum und hat nichts als den Namen ihres Mannes. Sie bittet Maren um Hilfe.

In den Monaten nach dem Sturm haben die Frauen zusammen gehalten, gemeinsam die Kirche besucht und um ihre Männer getrauert. Da das Dorf häufig von Sámi besucht wird, sind den Frauen die Sámi-Rituale nicht fremd, teilweise sogar willkommen. Dies ändert sich mit dem Eintreffen des Comissioners, der ein gottesfürchtiger Mann ist. Schnell spaltet sich das männerlose Dorf in die kirke-Frauen (Kirchenfrauen) und die anderen. Mitten drin finden sich Ursa und Maren, die eine ungewöhnliche Freundschaft verbindet.

Die Charaktere sind zum großen Teil unverständlich in ihren Handlungen. Dass die kirke-Frauen sich dem großen, starken Mann an den Hals werfen und sich gegenseitig verpetzen, um zu seinen Lieblingen zu gehören, ist nachvollziehbar. Doch warum Marens mamma plötzlich eine Abneigung ihrer eigenen Schwiegertochter Diinna gegenüber entwickelt, warum Diinna sich scheinbar verwahrlosen lässt, warum ihr Sohn seltsam anmutet, ist unverständlich. Das ganze Verhalten beginnt bereits, bevor Vardø überhaupt von der Ankunft des Comissioners erfährt.
Maren wird im Klappentext (der Verlages) als unabhängige Frau beschrieben. Im Gegensatz zu Ursa ist jede Frau in diesem Dorf unabhängig, da sie alle Männer verloren haben und somit keine Wahl hatten. Warum Maren nun besonders unabhängig sein soll, erschließt sich nicht. Sie macht sich in der Gegenwart von Comissioner Cornet klein und möchte am liebsten unsichbar sein. Sie ist ängstlich, kann sich nicht durchsetzen und in den wichtigen Augenblicken nicht den Mund aufmachen. Sie schweigt sich aus.

Der Klappentext auf dem Buch verspricht einen intensiven und poetischen Roman, einen Überlebenskampf, sowie eine gefährliche und mächtige Liebe. Dies weckt hohe Erwartungen, die das Buch nicht erfüllen kann. Die Geschichte treibt langsam voran. Der Überlebenskampf ist kein Kampf. Die Charaktere sind vor allem ängstlich. Die gefährliche und mächtige Liebe bleibt vermisst.
Es ist ein Buch über das Misstrauen unter Frauen in einer männerdominierten Welt zu Zeiten der Kirche und Hexenverfolgung. An Intensität und Poetik fehlt es.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2020

langweilig, nicht sehr noir

Noir Anthologie 1
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„Wir sind so sorglos mit Worten gewesen. Wir haben sie verschwendet, bis wir nicht mehr wussten, was sie wert waren. Worte sind vorweggenommene Taten und wir hätten gut daran getan, das nicht zu vergessen. ...

„Wir sind so sorglos mit Worten gewesen. Wir haben sie verschwendet, bis wir nicht mehr wussten, was sie wert waren. Worte sind vorweggenommene Taten und wir hätten gut daran getan, das nicht zu vergessen. Und als wir uns wieder daran erinnert haben, war es zu spät.“
(S. 77, Am Anfang starben die Vögel von Holger Gerlach)

Kurzgeschichtensammlungen sind interessant, weil es aufregend ist zu erfahren, wie unterschiedliche Autoren ein gemeinsames Thema umsetzen. Bei dieser Anthologie ist der Name Programm. Jedoch nur oberflächlich. Noir ist französisch für schwarz. In der Literatur beschreibt noir eine düstere Atmosphäre und wird auch mit dem Begriff „Schauergeschichten“ in Verbindung gebrach.
Noir 1 hat mich jedoch in seiner Gesamtheit enttäuscht. Die „literarischen Abgründe“ aus dem Klappentext entpuppen sich als Depression, Kanibalismus, Götterkomplex, Mord, Krieg, und so weiter. Diese sind nicht abgründiger als gewöhnliche Krimis oder Sci-Fi-Romane.
Doch nicht alle Kurzgeschichten sind langweilig oder vorhersehbar. Die beste und gleichzeitig auch kürzeste ist Am Anfang starben die Vögel von Holger Gerlach, in der eine unheilvolle Zukunftsversion mit sehr viel Gefühl dargestellt wird, und dass trotz der Distanz zwischen den Protagonisten.
Midnight Paradise von Peter Kirschstein und XN4-DMT von Leveret Pale gehören in den Fantasy-/ Sci-Fi-Bereich der Literatur und waren düster und recht spannend. In der ersten dieser Geschichte geht es um ein Bordell in der Hölle, die Namen der Protagonisten erinnern an Spielkarten und es gibt zahlreiche Wesen aus verschiedenen Mythologien und Historien. Die zweite handelt von einem virtuellen Treuetest und seinen grauenvollen Folgen. XN4-DMT entspricht mehr als alle anderen Geschichten dem Thema noir.
Die letzte Geschichte, Der Scharfschütze von Jan Pieter Reus, beinhaltet eine gelungene Kritk gegenüber eines Stärkeren und ein verwirrendes Ende.
Diese vier Geschichten bieten Potenzial, doch gehen sie leider in der Gewöhnlichkeit der anderen sechs unter. Diese Anthologie gibt sich so viel Mühe noir zu sein, Tabuthemen anzusprechen, ohne jedoch Grenzen zu überschreiten. H.P. Lovecraft lehrt einem das Grauen, treibt seine Leser in den Wahnsinn. Noir 1 ist dagegen ein Kinderbuch.

„[…] die meisten Leute schössen verbal lediglich mit Schrot: Viel Getöse, große Streuverluste, und mit Glück träfe irgendetwas in irgendein Ziel.“
(S. 147, Der Scharfschütze von Jan Pieter Reus)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.03.2019

Hat mir nicht gefallen

Von Kröt, P.I. in Das Quaken der Nachtigall
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„Aber seien Sie gewarnt, es folgt ein schonungsloser Zeitzeugenbericht, Schuldbekenntnis aus den schlüpfrigsten und schmierigsten Winkeln meiner Wohnung und der Verbrechenswelt darum herum.“ (S. 10)

Wie ...

„Aber seien Sie gewarnt, es folgt ein schonungsloser Zeitzeugenbericht, Schuldbekenntnis aus den schlüpfrigsten und schmierigsten Winkeln meiner Wohnung und der Verbrechenswelt darum herum.“ (S. 10)

Wie bekommt man möglichst viele Informationen auf einem möglichst geringen Raum unter? Indem man, wie die Autorin in diesem Buch, viele Schachtelsätze aneinanderreiht und mit zahlreichen Fußnoten versieht. Man füge eine Masse an Wortwitzen, nicht alle gut, hinzu, versucht witzig zu sein und schon habe ich das Interesse verloren. Der Klappentext klingt ansprechend, doch der Schreibstil ist durch die zahlreichen Wortwitzen und Fußnoten anstrengend, sodass die Geschichte um von Kröt untergeht. Selbst mit dem Ignorieren der Fußnoten ist es schwer der Investigation zu folgen, da die Sprache sehr verquakt ist. Die Idee dahinter ist nett, wirkt aber zwischendurch aufgesetzt und unnatürlich.
Einzig die Aufmachung des Buches ist, wie nicht anders vom Verlag gewohnt, ein Hingucker, wenn auch im Kleinen: neben jeder Seitenzahl sitzt eine kleine Kröte, passend zum Thema. Quak.

Veröffentlicht am 01.01.2017

Für mich doch eher anstrengend

Augen in der Finsternis
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Dieses Buch ist anstrengend. Es ist nicht so sehr der Monolog führende Schreibstil, oder die wechselnde Perspektive von Gottfried und Elena, sondern eine Mischung aus beidem. Es beginnt mit Elena, die ...

Dieses Buch ist anstrengend. Es ist nicht so sehr der Monolog führende Schreibstil, oder die wechselnde Perspektive von Gottfried und Elena, sondern eine Mischung aus beidem. Es beginnt mit Elena, die ihre verlorene Liebe bejammert, auf eine höchst weinerliche Art und Weise. Und dann kommt Gottfried, der sich von allem frei fühlt und der Meinung ist, dass er sein Leben Revue passieren lassen muss, um es ganz loslassen und zum Gott aufsteigen kann. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben um diesem Buch eine Chance zu geben. Nur ist bei 100 Seiten immer noch nicht viel mehr passiert, als dass Gottfried über seinen Vater und seine Mutter palabert hat, und Elena weiterhin ihrer verlorenen Liebe nachtrauert. Also 100 Seiten und nichts passiert. Eigentlich schade, weil der Klappentext so viel versprochen hat.
Ein Pluspunkt kriegt die Aufmachung. Die Zeilenabstände sind sehr angenehm und das Papier ist sehr weich und sehr angenehm beim Lesen. Schade, dass der Inhalt mir nicht so zugesagt hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mir hats nicht gefallen

Death
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„Was würde auf deiner Draufgeh-Liste stehen?“ (S.37)

Wenn du noch genau eine Woche zu Leben hättest, körperlich fit, gesund, gutaussehend und jung, was würdest du tun? Nachdem Lizzie und Adam bei dem ...

„Was würde auf deiner Draufgeh-Liste stehen?“ (S.37)

Wenn du noch genau eine Woche zu Leben hättest, körperlich fit, gesund, gutaussehend und jung, was würdest du tun? Nachdem Lizzie und Adam bei dem letzten Konzert von Jimmy Earle waren, bei dem Jimmy an der Droge Death gestorben ist, hatten sie das Gefühl ihnen würde die Zukunft gehören. Und dieses Gefühl trieb sie durch die Stadt, die in Krawall und Rebellion unterging. Alles angestiftet von Jimmy Earles Tod, und der Droge Death.
Ursprünglich war Death ein Medikament, das als Sterbehilfe gedacht war. Es beschert einem eine fantastische Woche, und einen schnellen Tod. Als Adams Leben zerbricht, weil erst sein Bruder Jess stirbt und er dann Lizzie verliert, nimmt er Death. Was hat er schon zu verlieren?

„Er und sterben? Unmöglich! Er hatte sich noch nie so lebendig gefühlt.“ (S.103)

Dieses Buch ist vor allem eins: aufwühlend. Nachdem Adam Death genommen hat, und ihm das bewusst wird, macht er eine Draufgeh-Liste. Bei dieser Draufgeh-Liste kann man sich nur an den Kopf fassen, bis auf den letzten Punkt ist doch alles irgendwie Mist. Und er versucht unter allen Umständen seine Liste abzuarbeiten, und verzweifelt völlig daran.
Das Buch ist in drei Teile geteilt: Death, Die Liste und Revolution. Es erweckt Hoffnung, zerschmettert sie, und lässt sie eventuell wieder aufblühen. Der Schreibstil ist sehr flüssig, der Erzähler ist allwissend, aber die Perspektive ändert sich zwischendurch. Adam und Lizzie sind zwei ziemlich beknackte Teenager, und die Psychopathen, Mafiabosse und ätzenden Cousinen machen das alles zwar aufregender, aber auch irgendwie anstrengend. Klar, ich will wissen, wie es weitergeht, aber an sich ist das Buch nervig. Mir gefallen die Charaktere nicht, und doch lässt sich das Buch so leicht lesen, dass man schon fast fertig ist, bevor man weiß, wie einem geschieht. Und dann kann man es auch durchziehen.
Vielleicht verändert das Buch die Sicht auf das Leben, vielleicht verändert das Buch Leben. Vielleicht ist es aber auch einfach nur mühsam darüber nachzudenken, wie ätzend das eigene Leben ist, und dass es in Büchern nicht unbedingt besser sein muss. Alles in allem ist das Buch interessant, aber nicht interessant genug, um ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken als nötig.