Platzhalter für Profilbild

silvery

Lesejury Profi
offline

silvery ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit silvery über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.05.2018

Etwas anderes erwartet

Höllenjazz in New Orleans
0

Der Krimi basiert auf dem Axeman Mörder, der in New Orleans des frühen 20. Jahrhunderts sein Unwesen trieb. Sein Markenzeichen: seine Opfer werden mit einer Axt getötet und er hinterlässt mysteriöse Tarotkarten. ...

Der Krimi basiert auf dem Axeman Mörder, der in New Orleans des frühen 20. Jahrhunderts sein Unwesen trieb. Sein Markenzeichen: seine Opfer werden mit einer Axt getötet und er hinterlässt mysteriöse Tarotkarten. Das Buch wurde als True Crime Krimi angepriesen, was ich grundsätzlich sehr spannend finde. Allerdings finde ich, dass der True Crime Anteil hier etwas zu kurz kam. Vor allem hätte ich mir eine kurze Erklärung gewünscht darüber, was der Fantasie des Autors entsprungen ist und was auf wahren Begebenheiten beruht.

Grundsätzlich ist das Buch gut geschrieben. Es gibt drei verschiedene Personen, die die Ermittlungen auf eigene Faust in die Hand nehmen. Das ist ein interessanter Ansatz und die drei Charaktere auch sehr interessante, einzigartige Persönlichkeiten. Jeder von ihnen geht verschiedenen Spuren nach und ermitteln auf völlig unterschiedliche Weise, doch zum Schluss kommen alle, auch wenn auf anderen Wegen, zum selben Ergebnis.

Die Atmosphäre in New Orleans ist wirklich toll beschrieben. Ich konnte mich sehr gut an den Ort und die einzigartige Stimmung hineinversetzen. Man spürt die Lebenslust der Bewohner, die Energie des Jazz, die durch die gesamte Stadt schwingt, aber auch die Spannungen zwischen Schwarz und Weiß, die zu der Zeit noch sehr ausgeprägt waren, und natürlich die Angst, die umgeht, dass jeder das nächste Opfer des Axemörders werden könnte.

Meine einzigen Kritikpunkte sind, dass mir für ein Buch, das so als True Crime angepriesen wird, zu wenig darauf eingegangen wurde, was wirklich auf Fakten beruht. Und zum Schluss wird es ziemlich verwirrend, wenn das Erzähltempo noch mal angezogen wird und alle Beteiligten ihre finalen Schlüsse ziehen. Da bin ich das ein oder andere Mal nicht mit ganz mitgekommen bzw. fehlte mir die ein oder andere Erklärung. Trotzdem würde ich das Buch an diejenigen weiterempfehlen, die einen guten Krimi suchen.

Veröffentlicht am 24.02.2018

Gut geschrieben, doch wenig Tiefgang

Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente
0

Der Schreibstil von Peter Bognanni ist wirklich klasse. Man kann das Buch sehr gut in einem Rutsch durchlesen, doch mir hat es leider an emotionalem Tiefgang gefehlt.

Es geht um Tess, deren ...

Der Schreibstil von Peter Bognanni ist wirklich klasse. Man kann das Buch sehr gut in einem Rutsch durchlesen, doch mir hat es leider an emotionalem Tiefgang gefehlt.

Es geht um Tess, deren Online-Freund und erste große Liebe Jonah sich das Leben genommen hat. In ihrer Verzweiflung schmeißt sie die Schule und zieht zurück zu ihrem völlig überforderten Vater, der sein Leben selber nicht auf die Reihe bekommt. Da Jonah ihr einziger Vertrauter ist, schreibt sie ihm weiter Nachrichten, erzählt von ihren Problemen. Und eines Tages bekommt sie eine Antwort, die eine ganze Kette von Ereignissen lostritt.

Die Idee ist super, doch die Umsetzung finde ich nicht ganz gelungen. Einiges wirkt konstruiert (wie z.B. die plötzliche Liebesgeschichte) und ich konnte Tess Handlungen nicht immer nachvollziehen. Obwohl der Tod ein sehr tiefgehendes und vielschichtiges Thema ist, scheint die Handlung ständig nur an der Oberfläche zu kratzen. Tess muss sich mit dem Thema (auf ihre sehr spezielle Art) auseinandersetzen, doch ihre Gefühlswelt kommt mir dabei zu kurz.

Meiner Meinung nach hätte man mehr aus der Geschichte machen können. Die Beziehung zwischen Tess und Jonah wird doch sehr schnell abgespeist. Dafür, dass sie so einen großen Einfluss auf das Leben von Tess gehabt hat, hätte ich erwartet, dass die ganze Vorgeschichte mehr thematisiert wird. Denn alles, was nach der "großen Enthüllung" kommt, fand ich nicht mehr spannend und hat mich eigentlich auch nicht mehr interessiert, was ich sehr schade fand, denn dies macht den Großteil des Buches aus.

Das erste Drittel des Buches hat mir wirklich gut gefallen. Leider wirkt alles danach ziemlich konstruiert und konnte mich nicht mehr wirklich packen. Dank des flüssigen Schreibstils des Autors habe ich das Buch trotzdem zu Ende gelesen, auch in der Hoffnung, dass es noch mal eine Wendung gibt, die aber leider nicht kam.

Veröffentlicht am 24.02.2018

Erwartungen nicht erfüllt

Die Herzen der Männer
0

Das Buch hat vielversprechend angefangen. Nelson ist ein kleiner Junge im ländlichen Wisconsin, Außenseiter und ehrgeiziger Pfadfinder. Er ist einsam, sein Vater Alkoholiker und seine Mutter ...

Das Buch hat vielversprechend angefangen. Nelson ist ein kleiner Junge im ländlichen Wisconsin, Außenseiter und ehrgeiziger Pfadfinder. Er ist einsam, sein Vater Alkoholiker und seine Mutter seine einzige und beste Freundin. Zwar gibt es noch Jonathan, ein Pfadfinderkollege, der ihm nicht feindlich gegenüber zu stehen scheint, doch als Freund kann man ihn zu dem Zeitpunkt nicht bezeichnen. Als Leser ist man gespannt darauf, zu erfahren, wie Nelson sich im Laufe seines Lebens entwickeln wird.

Doch statt mit Nelson geht es nach einem Zeitsprung von 30 Jahren mit Jonathan weiter, der mittlerweile eine eigene Familie gegründet hat. Mit seinem Sohn Trevor fährt er in dasselbe Pfadfindercamp, in dem er früher schon mit Nelson jeden Sommer verbracht hat. Dort gibt es ein Wiedersehen mit Nelson. Als Leser erfährt man nur durch Erzählungen, wie es Nelson in der Zwischenzeit ergangen ist.

Das Pfadfindercamp scheint hier als Fixpunkt zu fungieren, an dem alles begann und was immer wieder im Leben aller drei Generationen auftaucht. Nach Nelson und Trevor wird die dritte Generation durch Thomas komplettiert, Trevors Sohn.

Das Buch umfasst das Leben dieser drei Männer. Die Geschichte ist mit vielen Details geschmückt, der Schreibstil dementsprechend detailreich. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass sich der Autor in langen Beschreibungen verliert anstatt auf den Punkt zu kommen. Dies hat leider dazu geführt, dass nie wirklich Spannung aufkam, außer vielleicht kurz ganz zum Schluss.
Ich rätsele auch, was das Motiv hinter der Geschichte ist. Die drei Männer kamen mir trotz der vielen Beschreibungen ein wenig leblos vor, ohne Ziele. Aber auch durch den Erzählstil und dadurch, dass es insgesamt drei Mal diese großen Zeitsprünge gab, konnte ich keine große Nähe zu den Charakteren aufbauen, was schade ist. Das hatte ich mir bei diesem Buch mit dem ausdrucksstarken Titel "Die Herzen der Männer" anders vorgestellt.

Insgesamt bin ich daher eher enttäuscht von dem Buch. Zwar ist der Schreibstil schön, doch die mangelnde Spannung und Charaktere, zu denen ich keine Beziehung aufbauen konnte, haben das Buch langatmig und das Lesen dementsprechend schwierig gemacht.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Schwer reinzukommen

Das Vermächtnis der Spione
0

Peter Guillam ist ehemaliger Spion und genießt seinen wohlverdienten Ruhestand, als er von der Zentrale nach England beordert wird. Die Nachfahren der während er Mission Windfall an der Berliner ...

Peter Guillam ist ehemaliger Spion und genießt seinen wohlverdienten Ruhestand, als er von der Zentrale nach England beordert wird. Die Nachfahren der während er Mission Windfall an der Berliner Mauer umgekommenen Alec Leamas und Elizabeth Gold verklagen die an der Mission Beteiligten, u.a. auch Guillam. Dieser beteuert seine Unschuld und gibt Unwissenheit vor. Er wird damit beauftragt, die alten Akten und Berichte zu lesen, um sein Gedächtnis aufzufrischen. Der Leser wird somit mit auf die Reise in die Vergangenheit genommen.

Eigentlich ein sehr interessanter Ansatz, doch ich fand es schwierig in die Handlung hinein zu kommen. Der teilweise sprunghafte Erzählstil und die vielen verschiedenen Decknamen, die verwendet werden, machen es schwer, der Handlung zu folgen. Zudem wirkt die Geschichte durch die zitierten Berichte recht trocken und emotionslos. Erst nach ca. zwei Drittel des Buches wurde ich langsam mit den Charakteren warm. Sie werden allmählich menschlicher, wenn sie ihre kalte Spion-Fassade ablegen und Gefühlsregungen zulassen.

Man braucht also einen langen Atem bis man belohnt wird. Doch wenn man sich einmal an den Schreibstil gewöhnt hat, kommt man in den Lesefluss und taucht in eine vergangene Zeit ein, die so weit weg scheint und doch heute noch Einfluss hat.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Enttäuschend

Teufelskälte
0

Ich bin ein bisschen zwiegespalten, was dieses Buch betrifft. "Der letzte Pilger" war eines meiner Favoriten des letzten Jahres, daher war ich auch sehr gespannt auf das zweite Werk von Gard Sveen, doch ...

Ich bin ein bisschen zwiegespalten, was dieses Buch betrifft. "Der letzte Pilger" war eines meiner Favoriten des letzten Jahres, daher war ich auch sehr gespannt auf das zweite Werk von Gard Sveen, doch wirklich überzeugen konnte es mich nicht.

"Teufelskälte" beginnt mit Tommy Bergmanns erstem Fall, die brutale Ermordung mehrerer junger Frauen 1988. Der Fall konnte damals aufgeklärt und der Täter hinter Gitter gebracht werden. Doch Bergmanns neuester Fall weist seltsame Ähnlichkeiten zu den damaligen Morden auf, wodurch die gesamten Ermittlungsergebnisse in Frage gestellt werden müssen.

Was mir an Sveens Schreibweise gefällt, ist die Geschwindigkeit, mit der er erzählt. Schnelle, spannende Szenenwechsel sind typisch für ihn. Bei diesem Buch kommt nun noch die zeitliche Komponente hinzu. Es wird hin und her gesprungen zwischen den damaligen Ermittlungen und der Gegenwart. Dass gleichzeitig immer neue Charaktere eingeführt werden, macht den Überblick mit der Zeit schwierig. Teilweise wirkt die Handlung etwas wirr. Es werden immer neue Fährten gelegt, so dass ich irgendwann den Faden verloren habe.

Die Charaktere sind auch so eine Sache. Einige sind gut ausgearbeitet und werden interessant dargestellt (mir haben besonders die Szenen in der psychologischen Anstalt gefallen), doch andere sind klischeebehaftet, so wie die weibliche Ermittlerin, die zwar alleinerziehend ist, doch trotzdem ihren Alltag und die Ermittlungen ganz wunderbar miteinander vereinbaren kann.

Von dem Ende war ich sehr enttäuscht. Da fiebert man über 400 Seiten mit, erhofft sich eine Auflösung des Falls und wird dann mit einer halbherzigen Lösung abgespeist, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet. Warum so kompliziert? Etwa damit man noch eine Fortsetzung verkaufen kann? Dem Buch hätte es besser getan, man hätte die Handlung gestrafft und in ein einziges Buch verpackt. So wie es gelöst wurde, wirkt die ganze Handlung absolut nicht rund.