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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.07.2018

Ein ruhiges, besonderes Buch

Der Sprengmeister
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Mankell kennt man normalerweise eher aus dem Krimi Genre, daher war es interessant, ihn mal außerhalb dieses Genres zu lesen. In dem Buch "Der Sprengmeister" geht es um das Leben von Oskar Johansson, ...

Mankell kennt man normalerweise eher aus dem Krimi Genre, daher war es interessant, ihn mal außerhalb dieses Genres zu lesen. In dem Buch "Der Sprengmeister" geht es um das Leben von Oskar Johansson, schwedischer Sprengmeister, der bei einem Unfall als junger Mann ein Auge und seine rechte Hand verliert.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es einen Erzähler gibt, der Oskars Leben in vielen Fragmenten und kurzen Episoden darzustellen versucht, in anderen Kapiteln wiederum kommt Oskar selbst zu Wort.
An diesen fragmentierten Schreibstil muss man sich gewöhnen, doch mir hat er sehr gefallen. Der Autor schafft es, mit wenigen Worten viel auszudrücken und auch emotional in die Tiefe zu gehen.

Obwohl Johansson selber immer wieder betont, dass er nichts Besonderes ist ("Ich habe die Spiele gespielt, die jeder gespielt hat."), macht ihn genau diese Bescheidenheit und die Art und Weise, wie er mit seinem Schicksal umgeht, besonders und einprägsam.

"Der Sprengmeister" ist ein sehr ruhiges Buch mit einer aussagekräftigen Sprache. Es zeichnet nicht nur ein Bild von Oskar, sondern von der gesamten schwedischen Gesellschaft und deren Wandlung am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Man sollte sich Zeit für dieses Buch nehmen, denn ich finde, dass es erst dann, wenn man hin und wieder innehält und seinen eigenen Gedanken über das gerade Gelesene nachhängt, sein wahres Potential entwickeln kann. Wenn man dazu bereit ist, gibt es von mir eine definitive Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 21.07.2018

Humorvoll mit Tiefgang

Familie und andere Trostpreise
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Sonny Anderson ist ein skurriler Typ. Zusammen mit seinem Vormund lebt er in Kalifornien, seine Mutter hat er nie kennen gelernt und sein Vater ist schon vor einigen Jahren gestorben. Er ahnt, ...

Sonny Anderson ist ein skurriler Typ. Zusammen mit seinem Vormund lebt er in Kalifornien, seine Mutter hat er nie kennen gelernt und sein Vater ist schon vor einigen Jahren gestorben. Er ahnt, dass seine Familiengeschichte nicht ganz gewöhnlich ist. Doch erst als er an seinem 21. Geburtstag eine Reise nach England geschenkt bekommt, erweckt in ihm sein Wunsch, mehr über seine Familie zu erfahren. So macht er sich auf, um einerseits die Drehorte seines Lieblingsfilms zu besichtigen, und Bekannte seiner Eltern aufzusuchen, um mehr über seine Geschichte zu erfahren.

Sonny ist mir von Anfang an sehr sympathisch, mit seinen kleinen Macken und teils seltsamen Abneigungen und Vorlieben. Er ist ein Durchschnittstyp, doch diese Details machen ihn zu etwas Besonderem.
Man merkt seine Zwiespalt, was seine Vergangenheit betrifft. Auf der einen Seite möchte er nichts mit dem "verrückten" Teil seiner Familie zu tun haben, doch andererseits merkt man, dass er seine Mutter doch schon gerne mal kennen lernen würde, um zu sehen, ob sie wirklich so schräg drauf ist, wie viele behaupten.

So hat dieses Buch durchaus eine emotionale Tiefe, die hinter einer Fassade von Komik und Witz versteckt ist. Diese Mischung hat mir sehr gefallen und hat die Geschichte auch so nachvollziehbar gemacht. Eine Familiengeschichte ohne Kitsch, dafür mit ganz viel Humor und zum Teil wirklich abgedrehten Episoden.

Ganz wundervoll. Auch wenn ich mich am Anfang mit den vielen (noch) unbekannten Namen etwas schwer getan habe mit der Orientierung. Die Geschichte spielt in Sonnys Kopf, zeigt seine Sicht auf die Welt und ist immer wieder auch eine tadelnde Ansprache an seine unbekannte Mutter. In dieser Gedankenwelt muss man sich als Leser erst zurechtfinden. Doch wenn man sich darauf einlässt, erlebt man eine ganz außergewöhnliche Geschichte.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Ein guter Abschluss

Das Jahrhundertversprechen (Jahrhundertsturm-Serie 3)
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Ich war sehr gespannt auf diesen dritten und somit letzten Teil der Trilogie um die Familie von Briest. Von den ersten beiden Teilen war ich schon begeistert und hatte daher hohe Erwartungen ...

Ich war sehr gespannt auf diesen dritten und somit letzten Teil der Trilogie um die Familie von Briest. Von den ersten beiden Teilen war ich schon begeistert und hatte daher hohe Erwartungen an den Abschluss. Nun, was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht.

Im letzten Teil der Saga geht es weiter mit Otto und Hermine von Briest, die sich mit ihrer Detektivagentur durch die Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre schlagen. Die Detektei steht kurz vor dem Bankrott, die Familie hoch verschuldet und es kann eigentlich nur noch ein Wunder helfen, damit das Gut im Familienbesitz bleiben kann.
Doch wie man es aus den letzten Teilen kennt, geht es in einem Band nie um nur eine Generation. Luisa, die Tochter der Briests, wächst heran. Ihr großer Traum ist die Schauspielerei, doch die Ausbildung ist für die finanziell fast ruinierte Familie so gut wie unerreichbar. Ziehsohn Max Brandow zieht es zu den Automobilien, deren Entwicklung in diesen Jahren so richtig Fahrt aufnimmt. Er wird Rennfahrer und Mechaniker und träumt von einer eigenen Tankstelle.

So haben alle Familienmitglieder ihren eigenen Traum in einer Zeit, die immer beängstigender und unsicherer wird. Doch umso mehr stärkt sich ihr Zusammengehörigkeitsgefühl, wofür ich diese Familie bewundere.

Der Schreibstil von Richard Dübell ist gewohnt gut, flüssig und bis aufs letzte Detail recherchiert. Ich mag seine Bücher sehr, da sie einen wirklich gut in die entsprechende Zeit entführen, in der seine Bücher spielen. Mit vielen kleinen Details wird die Geschichte realistisch und sehr interessant. Es gelingt ihm sehr, die Atmosphäre dieser dunklen, beängstigenden Zeit einzufangen. Daher finde ich es schade, dass die Trilogie hiermit seinen Abschluss genommen hat. Nach mehr als einem Jahrhundert, in der ich als Leser viel über die Geschichte gelernt habe, heißt es Abschied nehmen. Ich hoffe aber darauf, dass dies nicht Dübells letzter historischer Roman sein wird.

Das Buch ist gut, doch einen Punkt muss ich leider abziehen, weil mich die Familiengeschichte in diesem Band nicht ganz so sehr gepackt hat wie in den beiden letzten. Ich kann nicht genau sagen, woran es gelegen hat. Ich bin einfach nicht ganz so gut warm geworden mit diesem Buch. Dennoch würde ich es auf jeden Fall weiterempfehlen, denn es geht hier ja nicht nur um die Familie von Briest.

Wer geschichtlich interessiert ist, wird damit auf jeden Fall glücklich werden, denn die Präzision und Detailtreue, mit der die Atmosphäre der damaligen Zeit neu erschaffen wird, ist einfach unschlagbar.

Veröffentlicht am 27.05.2018

Gewohnt unterhaltsam

Kluftinger
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Ein neuer Fall für Klufti! Und dieses Mal soll er selber das Opfer werden. Aus einem geschmacklosen Streich auf dem Friedhof wird bald bitterer Ernst, als jemand Kluftingers Tod auf den Tag genau vorhersagt.

Wie ...

Ein neuer Fall für Klufti! Und dieses Mal soll er selber das Opfer werden. Aus einem geschmacklosen Streich auf dem Friedhof wird bald bitterer Ernst, als jemand Kluftingers Tod auf den Tag genau vorhersagt.

Wie gewohnt ist auch der neueste Teil der Kluftinger Reihe sehr unterhaltsam geschrieben. Dass Klufti gerade erst Opa geworden ist und sich erst langsam an die Betreuung seines Enkels gewöhnen muss, bringt so manche witzige Situation mit sich. Überhaupt ist es sehr erfrischend mal einen Krimi zu lesen, in dem der Ermittler nebenbei ein ganz normales Familienleben hat.

Dieser Fall dringt sehr tief in Kluftingers Vergangenheit ein. Ich fand es sehr interessant, etwas über seine Jugend und seinen Werdegang bei der Polizei zu erfahren.

Ich finde, dass es nicht der beste Kluftinger ist, da der Fall erst spät Fahrt aufnimmt, was dem Buch bis zum Mittelteil etwas an Spannung nimmt. Doch trotzdem war es sehr unterhaltsam und ich bin jetzt schon gespannt auf einen nächsten Teil.

Veröffentlicht am 26.05.2018

Spannend, aber auch beängstigend

Das Eis
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Polarforscher Tom Harding wurde beim Einsturz einer Gletscherhöhle getötet. Seine Leiche wurde erst vier Jahre später von Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes entdeckt, als diese Zeugen eines Kalbungsprozesses ...

Polarforscher Tom Harding wurde beim Einsturz einer Gletscherhöhle getötet. Seine Leiche wurde erst vier Jahre später von Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes entdeckt, als diese Zeugen eines Kalbungsprozesses dieses Gletschers waren. Kurz darauf beginnt der Aufklärungsprozess in London, um die Todesumstände des Forschers zu klären. Wichtigster Zeuge dabei ist Sean Cawson, bester Freund des Getöteten und Überlebender des Einsturzes.

Sean muss sich Vorwürfen von Seiten Toms Familie stellen und Anfeindungen von Naturschützern, denn wie er selber schmerzlich erfahren muss, ist seine Luxuslodge in der Arktis nur ein Vorwand für seine Geldgeber, um eigentlich ganz andere Interessen dort zu vertreten.

Ich konnte mich sehr gut in die Geschichte hinein versetzen, was auch am spannenden und flüssigen Schreibstil der Autorin liegt. Sie versteht es, überwältigende Naturbilder in der Fantasie des Lesers zu kreieren, so dass die Arktis vor meinem inneren Auge zum Leben erweckt wurde.

Zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es kurze Auszüge aus realen Berichten von Polarforschern, wie z.B. Knud Rasmussen, die zwar nicht direkt etwas mit der Geschichte zu tun haben, doch die wunderbar hinein gepasst haben und der so für mich als Laien ungreifbaren Arktis etwas Authentisches verliehen haben. Diese kurzen Episoden haben mein Interesse so stark geweckt, dass ich auf jeden Fall noch weiter in die Richtung recherchieren werde. Somit hat die Autorin ihr Ziel, nämlich das Interesse an der Arktis und vor allem auch deren Bedrohung durch den Menschen, hat sie somit bei mir völlig erreicht.

Auch die Gedanken und zum Teil widersprüchlichen Gefühle von Sean Cawson und seine Entwicklung im Laufe der Geschichte wurden nachvollziehbar dargestellt. Ohne zu viel zu verraten fand ich das Ende sehr gelungen.

Der Roman wird mir bestimmt noch länger im Kopf bleiben. Ich würde ihn definitiv weiter empfehlen.