Platzhalter für Profilbild

amena25

Lesejury Star
offline

amena25 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit amena25 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.07.2018

Lieber Fake-News als langweilige Nachrichten

Fake
0

Welche Rolle Nachrichten in der heutigen Politik spielen und wie sie verändert oder verdreht werden, um die eigenen Ziele zu erreichen, wird in diesem Thriller ernüchternd und schonungslos gezeigt.
Die ...

Welche Rolle Nachrichten in der heutigen Politik spielen und wie sie verändert oder verdreht werden, um die eigenen Ziele zu erreichen, wird in diesem Thriller ernüchternd und schonungslos gezeigt.
Die Amerikanerin Catherine Finch ist vor einigen Jahren als freiwillige Ärztin nach Syrien gekommen. Als sie vom IS gefangen genommen wird, dreht sie Propagandavideos für den IS, gegen Amerika. Damit wird sie in ihrer Heimat berühmt und verhasst, aber sie überlebt und wird für ihre Kidnapper wertvoll. Bei einem Besuch des Chefpropagandisten des Kalifats, Ahmed Assir, werden beide durch einen Drohnenangriff getötet. Damit sind aber die Friedenverhandlungen des amerikanischen Präsidenten in Gefahr, sodass der amerikanische Geheimdienst ein fingiertes Lebenszeichen von Catherine Finch verbreiten lässt.
Die Welt der Geheimdienste und der involvierten Personen ist unübersichtlich und kompliziert. Da jeder nicht nur auf einer Seite spielt, sondern mehreren ,,Herren“ dient und zusätzlich noch sein eigenes Schäfchen ins Trockene bringen will, verliert man fast den Überblick. Keiner der Beteiligten ist ein besonderer Sympathieträger. Im Gegenteil, jeder handelt skrupellos und ist, wie z.B. Richard Finch, der Noch-Ehemann des Opfers, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Der ehemalige CIA-Führungsoffizier Pete Town, jetzt eigentlich im ,,Ruhestand“, wird für diese Aktion reaktiviert. Mit ihm fühlt man etwas mit, muss er sich doch seiner Vergangenheit stellen und von seinem ruhigen, glücklichen und beschaulichen Eheleben verabschieden. Allerdings hat auch er jahrzehntelang seine Ehefrau belogen. Seine Aufgabe ist es, mit einer Doppelgängerin Catherine Finchs die Lüge ihres Überlebens aufrecht zu erhalten.
Der Thriller ist ziemlich brutal und schonungslos, wirkt dadurch aber auch sehr authentisch. Ein Menschenleben mehr oder weniger spielt für kaum einen der Beteiligten keine Rolle! Also nichts für schwache Nerven.

Veröffentlicht am 05.07.2018

Opfer ihrer Zeit

Der englische Liebhaber
0

Nach einer wahren Begebenheit in ihrer eigenen Familie erzählt Federica de Cesco eine schöne, unendlich tragische Liebesgeschichte.
Als die junge Deutsche Anna Henke kurz nach dem 2. Weltkrieg den britischen ...

Nach einer wahren Begebenheit in ihrer eigenen Familie erzählt Federica de Cesco eine schöne, unendlich tragische Liebesgeschichte.
Als die junge Deutsche Anna Henke kurz nach dem 2. Weltkrieg den britischen Besatzungsoffizier Jeremy Fraser kennenlernt, ahnt sie schon, dass er ihr Leben verändern wird. Trotz aller Widrigkeiten gehen die beiden eine Liebesbeziehung ein, die sogar soweit führt, dass Jeremy den Dienst quittieren und sich in Deutschland niederlassen will. Als Anna merkt, dass sie schwanger ist, verschwindet Jeremy spurlos und die englischen Behörden verweigern jede Auskunft. Ihre Briefe an Jeremy werden alle unbeantwortet zurückgesendet. Anna entscheidet sich entgegen jeder Vernunft für das Kind, das sie Charlotte, nach Jeremy Mutter nennt. Charlotte muss sich als uneheliches Kind einer allein erziehenden Mutter, die aufgrund ihrer Arbeit wenig Zeit für sie hat, sehr viel gefallen lassen und lernt, sich durchzuschlagen.
Jahrzehnte später findet Charlotte im Nachlass ihrer inzwischen verstorbenen Mutter Briefe und Tonbandaufnahmen, die von der großen Liebe zwischen Anna und Jeremy erzählen.
Der Roman berührt, gerade auch dadurch, dass eine wahre Geschichte erzählt wird. Die schicksalhafte Liebe zwischen zwei Menschen, die nicht zusammenkommen können, ist zutiefst traurig. Man erahnt, wie Menschen unter den Gegebenheiten ihrer Zeit leiden und welche Blessuren sie dadurch ein Leben lang ertragen müssen.
Allerdings weist die Geschichte auch einige Längen auf und die Dialoge wirken stellenweise auf mich etwas zu gestelzt und künstlich.
Dennoch ist ,,Der englische Liebhaber“ ein sehr interessantes und lesenwertes Buch.

Veröffentlicht am 05.07.2018

Interessanter Ermittler

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
0

Jan Grall ist ein besonderer Fallanalytiker beim LKA. Er leidet an Hypersensibilität, was ihn im Alltag des öfteren verzweifeln lässt, ihm bei schwierigen Fällen dafür aber besonders zugute kommt.
Als ...

Jan Grall ist ein besonderer Fallanalytiker beim LKA. Er leidet an Hypersensibilität, was ihn im Alltag des öfteren verzweifeln lässt, ihm bei schwierigen Fällen dafür aber besonders zugute kommt.
Als er mit seiner Kollegin, der Schweizerin Rabea Wyler, zu einem Fall in seine alte Heimat im Westerwald gerufen wird, muss er sich notgedrungen seiner Vergangenheit stellen. Seit Jahren verdrängt er die Schuld, die er am Tod seines Bruders trägt. Doch erfährt man nach und nach, dass der Bruder, der für Jan früher ein großes Vorbild war, in üble Machenschaften verwickelt war, was Jan bis heute nicht verarbeitet hat.
Der Fall, zu dem Jan und Rabea gerufen werden, ist spektakulär. In einem Wildgehege wird ein Mann mit zertrümmertem Schädel gefunden, in seine Brust wurde ein großes A eintätowiert. Bald folgen die Opfer B und C und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Und Jan Grall ahnt bald, dass der Täter es eigentlich auf ihn abgesehen hat.
Grall und seine Kollegen geben ein interessantes Ermittlerteam mit charakterstarken Typen ab. Durch die erbarmungslose Aufeinanderfolge der Buchstaben und die Perspektive einer gefangen gehaltenen Frau wird die Spannung hochgetrieben.
Allerdings finde ich die Auflösung am Ende zu konstruiert und etwas enttäuschend. Etwas schade, da man Jan Grall mehr zutrauen würde.
Vielleicht darf er ja in einem nächsten Band besser ermitteln.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Nur für Kenner der Reihe

Der einsame Bote
0

Um diesen dritten Band um den norwegischen Kommissar Tommy Bergmann richtig erfassen zu können, sollte man unbedingt den Vorgänger ,,Teufelskälte“ gelesen haben. Ansonsten tut man sich schwer, Tommy Bergmanns ...

Um diesen dritten Band um den norwegischen Kommissar Tommy Bergmann richtig erfassen zu können, sollte man unbedingt den Vorgänger ,,Teufelskälte“ gelesen haben. Ansonsten tut man sich schwer, Tommy Bergmanns Verhalten, seine Alleingänge, aber auch seine Erinnerungen einzuordnen.
Schon in den vorherigen Bänden war Tommy Bergmann bei seinen Kollegen nicht gerade beliebt. Außer seiner Kollegin Susanne Bech kam niemand mit ihm und seiner düsteren Stimmung zurecht. Seit Monaten sucht Bergmann die 13-jährige Amanda, von der es bis heute keine Spur gibt. Der Mörder wurde angeblich beerdigt und der Fall für abgeschlossen erklärt. Doch Tommy Bergmann zweifelt daran, dass der wahre Täter gefasst wurde. Er verbeißt sich weiter in den alten Fall und ihm droht sogar die Suspendierung. Als er auf Postkarten mit geheimnisvollen Nachrichten aus Litauen stößt, lässt er sich krank schreiben und ermittelt auf eigene Faust. Dabei stößt er auf eine merkwürdige Sekte, die glaubt, dass ein Mörder erlöst werden kann, wenn ein junges Mädchen geboren im Sternzeichen des Widders verstümmelt wird.
Düstere Spannung ist garantiert, allerdings ist der Fall komplex und Tommy Bergmann auch für den Leser nicht unbedingt ein Sympathieträger. Man würde ihm zwar etwas mehr Lebensfreude und Kontakte gönnen, allerdings weist das Ende nicht gerade auf eine positive Fortsetzung hin. Lesenwert, aber nur für Kenner der Reihe.

Veröffentlicht am 01.06.2018

Goethe und Schiller auf kriminalistischen Pfaden

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
0

Auch wenn die Handlung frei erfunden ist: neben der Dichtung gibt es auch ein Fünkchen Wahrheit, und wenn es nur der historische Rahmen rund um ,,Franckfurth“ oder das Verhältnis der beiden Dichterfürsten ...

Auch wenn die Handlung frei erfunden ist: neben der Dichtung gibt es auch ein Fünkchen Wahrheit, und wenn es nur der historische Rahmen rund um ,,Franckfurth“ oder das Verhältnis der beiden Dichterfürsten zueinander wäre.
Sehr unterhaltsam, in 39 kurzen Kapiteln, wird aus der Sicht Schillers eine wirklich abenteuerliche Räuberpistole geschildert, in die er mit seinem Freund Goethe verwickelt wird, als sie die ,,Frau Mama“, Goethes Mutter in Frankfurt zum Tee beehren.
Geheime Depeschen an Napoleon Bonaparte schüren bei einigen Stadträten die Angst, dass es eine Verschwörung und einen möglichen neuen Krieg mit Frankreich geben wird. Und da die Stadträte in ihren eigenen Reihen niemandem vertrauen, beauftragen sie Goethe und Schiller, der Sache nachzugehen. Schillers vorsichtige und eher bescheidene Art hebt sich deutlich von Goethes Abenteuerlust und Draufgängertum ab. Aus Schillers Sicht werden auch Goethes Hang zur Selbstdarstellung und seine amourösen Abenteuer auf sehr unterhaltsame Weise geschildert.
Nicht nur Cover und Einband, auch Orthographie und Stil vermitteln einen antiquarischen Eindruck, was das Buch zu etwas Besonderem macht und nicht nur für Kenner der deutschen Literatur zu einem feinen Leseerlebnis werden lässt.