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Veröffentlicht am 11.10.2018

Grausame Rache

Rachewinter
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In Wien wird ein Schwulenmord von Dachdeckern vom Nachbarhaus aus per Video aufgezeichnet. Der vermeintliche Mörder will eine drohende Verurteilung durch die Rechtsanwältin Evelyn Meyers verhindern lassen, ...

In Wien wird ein Schwulenmord von Dachdeckern vom Nachbarhaus aus per Video aufgezeichnet. Der vermeintliche Mörder will eine drohende Verurteilung durch die Rechtsanwältin Evelyn Meyers verhindern lassen, weil er unschuldig sei.

In Leipzig und Umgebung verunglücken mehrere hochdotierte Manager innerhalb weniger Tage tödlich. Hauptkommissar Pulaski glaubt nicht an Unfälle und ermittelt auf eigene Faust. Da einer der verunglückten Manager Ninas Vater ist und Nina die beste Freundin von Pulaskis Tochter Jasmin ist, mischen sich die Beiden verbotenerweise in die Ermittlungen ein.

Die Story ist gut, sehr gut sogar.
Zwei Handlungsstränge laufen parallel und werden erst gegen Ende, nach langen unautorisierten Ermittlungen, zusammengeführt. Sehr spät werden mögliche Zusammenhänge deutlich und auch für den Leser passen plötzliche viele Puzzleteilchen zusammen.

Von dieser Tötungsvariante habe ich vorher noch nie gehört oder gelesen. Aber sie macht Sinn in dieser Geschichte.

Der Leser wird vom Autor behutsam durch ein riesiges Gefühlschaos geführt. Vom völligem Unverständnis und Zusammenhanglosigkeit werden die Charaktere immer genauer und dichter gezeichnet, so dass ihre Handlungsweise immer nachvollziehbarer wird.

Der Showdown, der war mir dann aber zu heftig.
Die Alleingänge einzelner Protagonisten während der Ermittlungen waren durch Unverständnis und Unwillen der Vorgesetzten bzw. Staatsanwälte begründet und den einzelnen Charakteren geschuldet.
Beim Showdown waren die Alleingänge aber dumm, gefährlich und unprofessionell.
Die jeweiligen Akteure haben sich im Verlauf des Buches wesentlich klüger, überlegener und professioneller hervorgetan, so dass ich vom Showdown doch etwas enttäuscht war.

Alles in Allem ist der Thriller spannend, brutal, blutig und gut durchdacht.

Mein erster Thriller von Andreas Gruber wird sicher nicht der letzte sein.

Veröffentlicht am 02.10.2018

Brutale Verbrechen, aber liebevolles Lokalkolorit

Der Tote im fremden Mantel
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Pieter Posthumus gehört zum Bestattungsteam organisierter Beisetzungen für anonyme Leichen. In dieser Eigenschaft bereitet er die Leiche eines an einer Überdosis gestorbenen Junkies vor und entdeckt in ...

Pieter Posthumus gehört zum Bestattungsteam organisierter Beisetzungen für anonyme Leichen. In dieser Eigenschaft bereitet er die Leiche eines an einer Überdosis gestorbenen Junkies vor und entdeckt in dessen Hinterlassenschaft einen teuren und guterhaltenen Kamelhaarmantel. Bevor er den Fund der Polizei melden kann, erfährt er, dass der kostbare Mantel wahrscheinlich Ben Olssen gehört, der überfallen wurde und mit schweren Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus liegt. Ben Olssen ist Teilnehmer der Wirtschaftskonferenz in Amsterdam, die mit ihren Demonstrationen und Gegendemonstrationen für große Unruhe in Amsterdam sorgt. Olssen stirbt und Kommissar Flip de Boer sieht kein Motiv in Olssens Umfeld. Posthumus, der als Kombinierer und Spürnase bereits der Polizei geholfen hat, wird da sicher etwas finden.

Wenn man das Cover betrachtet ist sofort klar, dass es sich um einen Niederländischen Krimi handelt. Abgebildet ist ein Herz aus Delfter Porzellan mit einer Schusswunde. Ich habe gelesen, dass die beiden Autoren, die unter dem Pseudonym Britta Bolt veröffentlichen, keine Niederländer sind, aber heute in Amsterdam leben. Die Liebe zu ihrer Stadt Amsterdam strahlt durch den ganzen Roman. Eigentlich geht es um blutige, brutale Verbrechen. Sie werden von den beiden Autoren aber in eine gemütliche, muckelige, leicht staubige Atmosphäre gewoben.
Anfänglich wirkte die Tatsache, dass es in Amsterdam eine Behörde gibt, die Beisetzungen für anonyme Leichen durchführt, auf mich sehr kurios, aber dass bei diesen Begräbnissen noch Musik und Gedichte bereit gestellt werden, kann es wohl wirklich nur in Amsterdam geben. Mit welcher Liebe und Bereitwilligkeit Pieter Posthumus und Cornelius als Dichter ihrer Aufgabe nachkommen ist bemerkenswert.
Die eigentliche Krimihandlung, neben dem liebevollen Lokalkolorit, ist gut aufgebaut. Die Überlegungen und die Kombinationsgabe von PP (Pieter Posthumus) hat es dem Leser immer wieder ermöglicht mitzuknobeln und eigene Schlüsse zu ziehen.
Da dies bereits der dritte Fall um Pieter Posthumus ist, gehe ich davon aus, dass noch einige Fälle folgen werden. Mir hat das Buch gefallen und ich freue mich auf weitere.

Veröffentlicht am 26.07.2018

Kribbeliger Thriller

Das Gift der Wahrheit
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Eine weibliche Leiche mit seltsamen Biss-oder Stichwunden wird aufgefunden. Das Opfer ist eine seit drei Jahren vermisste junge Frau, die von ihrer Partnerin als vermisst gemeldet wurde. Sie trägt eine ...

Eine weibliche Leiche mit seltsamen Biss-oder Stichwunden wird aufgefunden. Das Opfer ist eine seit drei Jahren vermisste junge Frau, die von ihrer Partnerin als vermisst gemeldet wurde. Sie trägt eine Kette mit einer in Harz gegossenen unbekannten Spinne als Anhänger. Ihrem Umfeld ist diese Kette nicht bekannt. Stammt sie vom Mörder? Das gesamte Mannheimer Kriminalteam ist gefordert. Die Ermittlungen gehen in zwei Richtungen, Eifersucht oder Rache.

Das ist ein harter und blutiger Thriller. Wer vorher noch keine Spinnenphobie hatte, kann sie sich in diesem Thriller holen. Die Spinnen-Angriffe sind so realistisch und detailliert beschrieben, dass man jedes Mal das Krabbeln und die Bisse am eigenen Körper spürt. Mein Mann, der entspannt neben mir im Liegestuhl lag, fragte äußerst alarmiert, was mit mir los sei, weil ich wieder völlig wibbelig eine Spinnenattacke gelesen habe.

Zwischen den aufregenden und beunruhigenden Spinnenszenen muss der Leser allerdings Geduld aufbringen für die kriminalbiologischen Untersuchungen, Giftbestimmungen und Untersuchung der leichenzersetzenden Organismen. Alles wurde genau beschrieben, war nachvollziehbar, aber manchmal doch etwas zu lang geraten.

Die Mannheimer Kripo, die zu Beginn des Buches namentlich und mit kleiner Beschreibung vorgestellt wird, hat im Vorgängerbuch gemeinsam schon einen brisanten Fall gelöst. Bei diesem Fall wurden Karen Hellstern und ihre Schwester entführt. Die Auswirkungen spürte man auch noch in diesem Fall. Es wurde so oft über den abgeschlossenen Fall gesprochen und angedeutet, wie aufregend und gefährlich es für alle Beteiligten war, dass ich mich schon fast genötigt fühlte, dieses Buch auch zu lesen. Finde ich nicht so gelungen. Wenn ein Autor oder eine Autorin mich mit ihrem Buch überzeugen, lese gerne weitere Bücher von ihr, auch den Vorgänger. In diesem Buch hatte ich immer das Gefühl etwas verpasst zu haben, weil ich nicht genau wusste worauf sich Andeutungen bezogen.

Bis auf die aufwendigen Laboruntersuchungen und dem ständigen Schlafmangel der Ermittlerinnen wurde die Spannung immer hoch gehalten. Es war spannend immer wieder die Zusammenhänge zwischen den Verbrechen in Kolumbien und Mannheim zu suchen und mit den Ermittlern zu fühlen, dass es irgendwie nicht passt.

Ich denke, dass Frau Corbin mit diesem Mannheimer Team noch einige brisante Fälle lösen wird. Es wäre zu wünschen, dass die einzelnen Folgen dann in sich mehr abgeschlossener wären, aber das ist natürlich Meckern auf hohem Niveau.

Veröffentlicht am 13.07.2018

Verbotene Liebe

Der englische Liebhaber
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Charlotte Fraser, Filmemacherin in Berlin, wird an das Sterbebett ihrer Mutter Anna Henke gerufen. Ein letztes Mal will ihre Mutter sie sehen und ihr ihre Lebenserinnerungen anvertrauen. Anna ...

Charlotte Fraser, Filmemacherin in Berlin, wird an das Sterbebett ihrer Mutter Anna Henke gerufen. Ein letztes Mal will ihre Mutter sie sehen und ihr ihre Lebenserinnerungen anvertrauen. Anna bittet ihre Tochter sich Erinnerungsstücke, insbesondere den Siegelring und die Uhr ihres Vaters, aus Annas Wohnung in Münster zu holen. Annas Tagebücher, Briefe und Tonbandaufzeichnungen von Charlottes Vater und andere wichtige Dokumente würde Charlotte in zwei Schuhkartons finden. Diese sollte sie nach Annas Tod lesen.
Für Charlotte öffnet sich eine neue Welt und sie erlebt eine andere Seite ihrer Mutter.

„Einfühlsam und voller historischer Präzision zeichnet Bestsellerautorin Federica de Cesco in Der englische Liebhaber eine tragisch schöne Liebesgeschichte, die nur das Leben schreiben kann.“

Ich weiß nicht, wer diese Einschätzung geschrieben hat. Sie steht auf der Rückseite des Covers. Da ich es nicht treffender hätte ausdrücken können, habe ich diesen Satz meiner Rezension voran gestellt.
Ich war mir erst gar nicht sicher, ob wirklich einer Liebesgeschichte erzählt wird. In der ersten Hälfte des Buches überwog die Schilderung der Situation der Deutschen, insbesondere natürlich die Situation der Anna Henke. Viele tiefgehende Gespräche zwischen Jeremy und Anna prägten ihr Zusammensein. Die Scham, die Schuld und das in die Irre geführt worden sein haben Anna schwer zu schaffen gemacht. Während ihrer Diskussionen eröffnet sich dem Leser die widersprüchliche und gespaltene Gefühlswelt der zurückgelassenen Frauen, die die Trümmer ihres Lebens und des vergangenen Krieges zusammenschaufeln müssen. Erst ganz langsam öffnet sich Anna der Liebe und Jeremy Fraser. Als Leser hat man Gefühl, dass Anna wegen ihrer Scham und Schuldgefühle den Eindruck hat, ein solches Glück und die große Liebe nicht verdient zu haben.
Die große Politik hat anderes im Sinn. Ich bin schon etwas überrascht, dass Jeremy mit einer solch großen Naivität seinem Dienst nachgeht und annimmt, dass seine große Liebe ihn vergessen hat. Er hätte doch eigentlich wissen müssen, wie rigoros und manipulativ seine Vorgesetzten vorgehen können.
Auf jeden Fall war es ein Genuss, die Korrespondenz zwischen Anna und Jeremy zu lesen. Frau de Cesco hat sehr gefühlvoll und behutsam die Liebesgeschichte nach 26 Jahren weiterzählt und abermals politische Gegebenheiten eingeflochten.

Der Roman ist einfühlsam, hat aber nie die Grenze zum Kitsch überschritten. Er erzählt eine große Liebesgeschichte, wie man sie immer wieder lesen möchte.

Veröffentlicht am 18.06.2018

ROMANTIK THRILLER

Schwesterherz
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Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz ...

Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz vermutet. Es ist früher Abend. Es regnet heftet. Keine ihrer Hilferufe wird gehört. Victoria muss Hilfe holen, aber bei ihrer Rückkehr ist ihre Schwester verschwunden. Umgehend macht sich die selbstständige Anwältin auf die Suche nach ihrer Schwester. Unterstützung findet sie überraschenderweise von ihrer ehemaligen großen Liebe Zachary Hamilton.

Dieser Thriller beginnt genau wie ich es liebe mit Angst, Schrecken und einer Gänsehaut.
Die einzelnen Protagonisten werden genau beschrieben. Die schwierigen und auch ein wenig seltsamen Familienverhältnisse von Victoria und ihrer Schwester werden aufgezeigt. Man kann so die verschiedene Entwicklung der beiden Schwestern gut nachvollziehen.

Die Liebesgeschichte zwischen Zack und Victoria empfand ich dagegen überzogen. Natürlich passen Liebesbeziehungen und Erotik gut in einen Thriller, aber in diesem Fall nahm das Gefühlschaos einen zu hohen Stellenwert ein, so dass die eigentliche Spannung abfiel. Zwischendurch hatte ich den Eindruck, dass die Autorin den Fokus aus den Augen verloren hat. Es schien lange Zeit völlig unsinnig, dass Audrey in einer Klinik festgehalten wird, die mit Drogen handelt beziehungsweise arbeitet. Erst als das Liebeschaos endlich entwirrt und geklärt war, nahm der Thriller wieder Fahrt auf. Der Spannungsbogen hielt dann bis zum Schluss, was mich wieder mit diesen Thriller versöhnte.

Alles in Allem ist „Schwesterherz“ ein spannender, lesenswerter Thriller mit einigen Abstrichen.