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Veröffentlicht am 01.10.2018

Biografie für die Social-media-Generation

Harry - Gespräche mit einem Prinzen
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Das Buch hält nicht ganz, was der Titel verspricht… Wie man als Leser recht schnell erfährt, hatte die die Autorin gerade mal zwei oder drei exklusive Gespräche mit Prinz Harry. Gut, das ist immer noch ...

Das Buch hält nicht ganz, was der Titel verspricht… Wie man als Leser recht schnell erfährt, hatte die die Autorin gerade mal zwei oder drei exklusive Gespräche mit Prinz Harry. Gut, das ist immer noch mehr, als ich in meinem ganzen Leben haben werde, aber wenn das Buch hochtrabend „Gespräche mit einem Prinzen“ heißt, gibt es halt eine gewisse Erwartungshaltung. Wer sich also von diesem Buch wirkliche Einblicke in die Denkweisen und Ansichten von Harry verspricht, wird wohl ein wenig enttäuscht werden.

Statt dessen ist das Buch eine geradlinige Biografie von der Kindheit als zweitgeborener Sohn bis zur Hochzeit des Jahres 2018 mit Meghan Markle. Wobei es sich aus meiner Sicht eher um eine „Fleißarbeit“ handelt, denn Frau Levin trägt aus vielen (bekannten) Quellen nochmal die wichtigsten Szenen/Aussagen zusammen. Manchmal ist es nur ein Beschreiben (z.B. der berühmten Szene, als Diana in einem Exklusiv-Interviewe über ihre „Ehe zu dritt“ spricht), manchmal ein Durchsetzen mit Hintergrundinfos aus weiteren Quellen. Wirklich exklusives Material kommt jedoch kaum zum Einsatz und so ist wohl der Mehrwert für diejenigen, die Harrys Biografie schon ansatzweise kennen oder seinen Lebensweg verfolgt haben, eher gering.

Trotzdem bin ich nur so durch das Buch geflogen und das lag wohl vor allem daran, dass des Angela Levin gelingt, die Biografie so zu schreiben, dass sie unterhaltsam ist und nie mit Fakten überfrachtet. Was dem einen also zu „flach“ sein wird, ist dem anderen – wie mir – gute Unterhaltung (und das bei einer Biografie!). Dennoch gab es ein paar Stellen, an denen selbst ich den Kopf geschüttelt habe. In einem Kapitel mehrmals zu erwähnen, wie teuer bei diesem oder jenem offiziellen Auftritt Meghans Kleid, Schuhe und Handtasche waren (wohlgemerkt, es handelt sich um eine Biografie von Prinz Harry!), ist einfach deplatziert.

Dennoch habe ich einen schönen Überblick (manchmal auch Einblick) in das Leben des Prinzen bekommen. Für mich reicht dieser Überblick grundsätzlich auch aus. Ab und zu kam aber doch der Gedanke auf, was denn wohl Harrys Meinung zu diesem oder jenem war… Originaläußerungen von ihm bleiben leider eine Seltenheit in diesem Buch.

Fazit: mit einem weniger irreführenden Titel wäre es eine wirklich unterhaltsame, überblicksmäßige Biografie gewesen…

Veröffentlicht am 28.08.2018

Eltern an ihren Grenzen

Hinter den Türen
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Die Geschichte, die „Hinter den Türen“ erzählt, ist kaum zu glauben: ein engagiertes Elternpaar mit 2 Kindern nimmt 3 Pflegekinder auf – Geschwisterkinder mit ausländischen Wurzeln und angeblich „ganz ...

Die Geschichte, die „Hinter den Türen“ erzählt, ist kaum zu glauben: ein engagiertes Elternpaar mit 2 Kindern nimmt 3 Pflegekinder auf – Geschwisterkinder mit ausländischen Wurzeln und angeblich „ganz normale Kinder“. Die Kinder entpuppen sich als schwerst traumatisiert und die Familie erfährt kaum irgendwo Unterstützung – insbesondere nicht bei den verantwortlichen Behörden. Schlimm, dass sowas kein komplett ausgedachter Roman ist, sondern eine Erzählung nach einer wahren Geschichte. Die ich interessant, bewegend, aufrüttelnd fand – aber die in der Umsetzung für mich doch ein paar Schwächen hatte.

Zunächst mal war da der Beginn des Buches. Die wunderbare, intakte Familie Bressin. Die Ich-Erzählerin wurde nicht müde zu betonen, was für einen Traummann sie geheiratet hatte (so ziemlich am Ende jedes der kurzen Kapitel) und welch gute Voraussetzung die Familie als Pflegeeltern hatten (beide studierte Sozialpädagogen). Ganz ehrlich – das war mir etwas viel der Selbstbeweihräucherung und hätte sicherlich auch behutsamer (und damit glaubwürdiger) rübergebracht werden können. Denn im Laufe des Buches wurde sehr authentisch geschildert, wie die beiden Super-Eltern an ihre Grenzen kommen – ich konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen und habe mitgelitten. Das fand ich ehrlich und überzeugend, deshalb war ich gegen Ende von dem Buch auch wirklich angetan.

Leider gab es dann nochmal einen Dämpfer mit dem Nachwort. Plötzlich wurde da – recht kurz - geschildert, dass die „wahre Geschichte“ an vielen Stellen doch sehr mit künstlerischer Freiheit ummantelt worden ist. Ich sehe ein, dass man einiges verfremden muss, um Identitäten zu schützen. Kein Ding. Aber dass dann die Dinge, die für mich auch einen Großteil der Geschichte ausgemacht haben, z. B. die schwere Krankheit der Stiftungsleiterin Frau Nölle oder die Ehekrise wegen der besten Freundin Anne, komplett ausgedacht waren (da Anne eine komplett erfundene Figur war), das hat mich nach dem Lesen des Nachworts doch ernüchtert. Auch der lapidare Satz (nach dem doch versöhnlichen Ende und der ständigen Versicherung der Pflegemutter an ihr schwierigstes Pflegekind, dass sie sie nie im Stich lassen würde) „In Wahrheit habe ich Malie nie wiedergesehen“ – ohne jegliche Erklärung für den Leser, der gerade über fast 400 Seiten mitgelitten hatte… da habe ich mich ein bisschen im Stich gelassen gefühlt.

Im Endeffekt schwanke ich deshalb zwischen 3 und 4 Sternen – aber da ich das Buch ab einem gewissen Punkt wirklich verschlungen habe, entscheide ich mich für 4.

Veröffentlicht am 23.08.2018

Liebesroman mit Fernwehgarantie

Sommer in Atlantikblau
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„Sommer in Atlantikblau“ ist ein herrlicher Sommerroman, der definitiv die Sehnsucht nach Kanada weckt. Die Geschichte spielt in Nova Scotia, in der Gegend rund um Halifax und ich habe auch gleich Google ...

„Sommer in Atlantikblau“ ist ein herrlicher Sommerroman, der definitiv die Sehnsucht nach Kanada weckt. Die Geschichte spielt in Nova Scotia, in der Gegend rund um Halifax und ich habe auch gleich Google bemüht, um mehr über diese Region herauszufinden. Die Geschichte ist einfach nur herrlich entspannend geschrieben und vermittelt Wohlbefinden und Sommerlaune. Ich mochte die Pensionswirtin Hazel mit ihrer mütterlichen Art, aber auch den unnahbaren Connor und seinen sympathischen Vater Roy.

Natürlich handelt es sich hier nicht um einen Roman, der den Anspruch erhebt besonders literarisch zu sein. Und (Char)Lotte ist auch – wie sich das für einen Liebesroman gehört – eine Hauptfigur, die sofort weiche Knie und Herzrasen bekommt, sobald sie den Angebeteten nur in ihrer Nähe wähnt. Dieses permanente Betonen, dass sie dem „kanadischen Holzfäller“ quasi verfallen ist, könnte dem einen oder anderen Leser zuviel sein. Für mich war es – das gebe ich zu – grenzwertig. Trotzdem mochte ich das Buch sehr – vielleicht liegt es am idyllischen Setting, vielleicht an den liebenswerten Nebenfiguren.

Noch nicht mal die wirklich reinweg absurde Abfolge von „Zufällen“, die das Buch zu seinem Abschluss führt, konnte meine Lesefreude bremsen. Und das will was heißen. Ich habe diese schriftstellerische Freiheit und das Abdriften in Richtung Märchen (denn realistisch war das weiß Gott nicht) einfach hingenommen – schließlich will man sich auch mal einfach berieseln lassen nach einem langen Arbeitstag. Trotz der Kritikpunkte würde ich das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen!

Veröffentlicht am 18.08.2018

Geschichten von ganz weit oben

Baumhaus mit Faultier
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Wer würde nicht gern so leben? In einem Haus mit und mitten in der Natur. Wo einem morgens die Faultiere gaaanz langsam eine Klaue entgegenstrecken, einem der Duft von Frangipani-Blüten schon beim Aufstehen ...

Wer würde nicht gern so leben? In einem Haus mit und mitten in der Natur. Wo einem morgens die Faultiere gaaanz langsam eine Klaue entgegenstrecken, einem der Duft von Frangipani-Blüten schon beim Aufstehen um die Nase weht, Leguane zwischen den Ästen hocken und der Wecker aufgrund von Brüllaffen vollkommen überflüssig ist. Okay, letzteres wäre für mich ein Problem.

Es ist schon unheimlich interessant, was Ina Knobloch von ihrem Leben in Costa Rica zu berichten hat. Als Biologin kennt sie sich aus mit Flora und Fauna, und das merkt man ihrem Buch auch an. Neben Tier- und Pflanzenwelt geht es aber vor allem darum, wie sie ihren Traum, ein Baumhaus in Costa Rica zu bauen und darin zu leben, verwirklicht hat. Es werden unheimlich viele Beispiele für Baumhäuser oder Baumhaushotels – auch in Europa – genannt und beschrieben. Sie trifft Bauherren, mit denen sie sich beraten hat oder Inspiration für ihr eigenes Haus gesucht hat. Man kann diese auch alle googeln und ich war erstaunt, wie viele solcher eigenwilliger Bauten es gibt – sei es als Privatdomizil oder als Heim auf Zeit für Touristen.

Das Buch hat also meinen Horizont auf jeden Fall erweitert und der Bildteil des Buches rundet die Geschichte ab, denn so bekommt man einen noch besseren Eindruck von den Häusern, aber auch von der Tier- und Pflanzenwelt Costa Ricas.

Mit einer Sache allerdings bin ich schlecht klargekommen: die vielen zeitlichen Brüche innerhalb des Buches. Ina Knobloch erzählt ja von diversen Reisen, die sie innerhalb von 30 Jahren nach Costa Rica und zu Baumhausbesitzern unternommen hat. Und oftmals kommt sie auf frühere Aufenthalte zu sprechen – mitten im Kapitel und ohne weitere Abgrenzung. Genau so schnell ist sie dann manchmal wieder beim „aktuellen“ Thema und man muss mitunter ganz schön überlegen, um das einordnen zu können. Zumal auch frühere Reisen nicht chronologisch angesprochen werden. Hier wäre aus meiner Sicht eine bessere Abgrenzung (z. B. Zwischenüberschrift mit Jahreszahl) hilfreich gewesen. So war ich ab und zu ganz schön verwirrt. Denn es gibt zwar viele Zwischenüberschriften, aber diese grenzen nicht wirklich klar ab – zumindest nicht so, wie ich es gebraucht hätte.

Trotzdem fand ich das Buch lesenswert und freue mich, dass ich meinen Wissensschatz wieder ein wenig erweitern konnte.

Veröffentlicht am 14.08.2018

Verzwickte deutsch-deutsche Familiengeschichte

Kranichland
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Auf gut 400 Seiten eilt Anja Baumheier mit diesem Roman durch über 60 Jahre deutscher Nachkriegsgeschichte. Geballtes Wissen, das hier vonnöten ist, um die jeweiligen Zeiträume gebührend zu würdigen. Denn ...

Auf gut 400 Seiten eilt Anja Baumheier mit diesem Roman durch über 60 Jahre deutscher Nachkriegsgeschichte. Geballtes Wissen, das hier vonnöten ist, um die jeweiligen Zeiträume gebührend zu würdigen. Denn viel ist passiert, seit Deutschland den 2. Weltkrieg verlor und aus vier Besatzungszonen zwei deutsche Staaten wurden – und letztlich wieder einer.

Mit einer verzwickten Familiengeschichte knüpft die Autorin das Band vom Nachkriegsdeutschland bis zum wiedervereinigten Staat. Erst im Jahr 2012 endet die Geschichte, und die Protagonisten sind entweder sehr betagt oder bereits verstorben. Ihre Kinder und Kindeskinder erleben, wie Fehler der Vergangenheit bis in die Gegenwart reichen können.

Die Geschichte ist spannend und zuweilen auch aufrüttelnd, sie ist fesselnd geschrieben, aber sie kann eben aufgrund der begrenzten Seitenzahl viele Handlungsstränge nur anreißen oder andeuten, zwischendurch bleiben Jahre, fast Jahrzehnte, unbeachtet. Geht natürlich nicht anders auf nur 400 Seiten. Andere Autoren hätten aus dieser Geschichte eine 3-teilige Saga gemacht. Und vielleicht hätte das der Geschichte auch gut getan, denn sie wirkte auf mich ein wenig zu schnell erzählt. Zu viel passiert hier in einem sehr eng gesteckten Rahmen. Mitunter hätte ich mir mehr Hintergrund, mehr Details gewünscht.

Ausgehend davon, dass die geschilderten Begebenheiten/Umstände und politische Situation zutreffend recherchiert sind, gibt das Buch aber einen guten Überblick über die gesamte deutsch-deutsche Nachkriegsgeschichte und ist schon deshalb lesenswert.