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Veröffentlicht am 15.09.2016

Wunderbar leicht erzählte Geschichte, die zum Nachdenken anregt

Die Canterbury Schwestern
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Die Canterbury Schwestern

Kim Wright


Che de Milans Leben ist gut organisiert und darauf legt sie auch großen Wert. Ein Brief ihres Lebensgefährten wirft sie etwas aus der Bahn. Denn Ned bereitet sie ...

Die Canterbury Schwestern

Kim Wright


Che de Milans Leben ist gut organisiert und darauf legt sie auch großen Wert. Ein Brief ihres Lebensgefährten wirft sie etwas aus der Bahn. Denn Ned bereitet sie in diesem Brief auf die Trennung vor und gesteht, dass er in einer anderen Frau seine große Liebe gefunden hat. Ziemlich zeitgleich erhält sie die Urne mit der Asche ihrer kürzlich verstorbenen Mutter zugestellt. Ihre exzentrische Mutter äußert in einem Brief den Wunsch, dass Che zu einer Pilgerreise von London nach Canterbury aufbricht, um dort die Asche zu verstreuen. Da man den letzten Wunsch der eigenen Mutter kaum ignorieren kann und Che sich so vor der großen Aussprache mit Ned drücken kann, bucht sie tatsächlich einen Flug und schließt sich dann einer Pilgergruppe an. Auf dem gemeinsamen Weg beginnen die Frauen, sich berührende Geschichten zu erzählen....

Die Geschichte der Canterbury Schwestern wird in der Ich-Form, aus der Sicht der Hauptprotagonistin Che, erzählt. Bereits im ersten Satz des Buchs spricht Che den Leser direkt an, sodass man das Gefühl hat, ihr direkt gegenüber zu sitzen und ihrer Erzählung zu lauschen. Sie benutzt dabei einen lockeren Ton und lässt zuweilen eine gut abgestimmte Prise Humor in die Handlung einfließen. Dadurch gelingt der Einstieg in diesen Roman mühelos.

Gemeinsam mit Che lernt man die anderen Frauen der Pilgergruppe kennen und bildet sich eine erste Meinung von den Mitreisenden. Durch die Geschichten, die die Frauen auf ihrer Wanderung erzählen, muss man den ersten Eindruck aber gelegentlich überdenken. Man lernt sie besser kennen und die Geschichten sorgen außerdem dafür, dass man zum Nachdenken angeregt wird. Zu tiefgründig wird die Erzählung allerdings nicht, denn ganz normale Reiseerlebnisse, die die Frauen ein wenig enger zusammenrücken lassen, lockern die Handlung auf. Da Che das Ganze so lebendig und erfrischend locker erzählt, kann man sich alles mühelos vorstellen und fliegt förmlich durch die Seiten.

Che ist eine sehr sympathische Protagonistin, die auf der Reise eine positive Wandlung durchmacht und dabei entdeckt, was für sie selbst wichtig ist. Durch den humorvollen und lockeren Unterton hat man aber nie das Gefühl, dass alles zu aufgesetzt oder konstruiert wirkt. Es handelt sich um eine Geschichte, die wunderbar leicht erzählt wird und dabei doch zum Nachdenken anregt.

Ich habe mich beim Lesen dieses Romans sehr gut unterhalten und es genossen, Che und die Frauen ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten. Die Pilgerweiber und ihre Geschichten werden mir sicher lange im Gedächtnis bleiben. Deshalb vergebe ich vier von fünf Bewertungssternchen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schicksalhafte Familiengeschichte

Das Mädchen, das unsere Herzen brach
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Das Mädchen, das unsere Herzen brach

Julian Leatherdale


Robbie Fox feiert im Sommer 1914 seinen dreizehnten Geburtstag. Seinen Eltern gehört das legendäre Hotel "The Palace", das majestätisch auf Klippen ...

Das Mädchen, das unsere Herzen brach

Julian Leatherdale


Robbie Fox feiert im Sommer 1914 seinen dreizehnten Geburtstag. Seinen Eltern gehört das legendäre Hotel "The Palace", das majestätisch auf Klippen im australischen Busch steht. Zu seinem Geburtstag erwartet Robbie ein große Anzahl an Gästen. Nur Angie, seine elfjährige Freundin, hat keine Einladung erhalten. Sie ist darüber schrecklich wütend, denn sie schwärmt sehr für das Hotel und ihren Freund Robbie. An diesem Tag geschieht etwas so Schreckliches, dass sich das legendäre Palace Hotel in einen Palast der Tränen verwandelt.

Einhundert Jahre später droht die erfolgreiche Schriftstellerin Monika alles zu vergessen. Ihre Alzheimer-Erkrankung schreitet mit riesigen Schritten voran. Sie scheint sich allerdings noch immer zu fragen, was vor Jahren mit Angie geschah. Das Schicksal dieser Frau scheint ihr immens wichtig zu sein und deshalb beginnt ihre Tochter Lisa nachzuforschen was damals geschah. Dabei stößt sie auf ein bewegendes Familienschicksal...

Die australische Familiengeschichte wird aus wechselnden Perspektiven und in unterschiedlichen Zeitebenen erzählt. Es gibt einen aktuellen Handlungsstrang, in dem man Lisa dabei beobachtet, wie sie die Puzzleteile ihrer Familiengeschichte zusammensucht und dadurch langsam dem Geheimnis, was aus Angie geworden ist, auf die Spur kommt. Außerdem gibt es viele Rückblicke in die Vergangenheit, sodass man nach und nach einen guten Eindruck vom Leben im Palace und all seinen Bewohnern bekommt.

Da man am Anfang der Kapitel durch eine Überschrift erfährt, welche Figur im Mittelpunkt der folgenden Handlung steht und Auskunft über den Handlungsort und die jeweilige Jahreszahl erhält, fällt es relativ leicht, die Übersicht über die verschiedenen Handlungsstränge zu behalten. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar, sodass man sich problemlos auf die Erzählung einlassen kann. Julian Leatherdale beschreibt die Handlungsorte und Protagonisten außerdem so lebendig, dass man sie beim Lesen sofort vor Augen hat. Damit ist der Grundstein für ein paar wunderschöne Lesestunden bereits früh gelegt. Die Geschichte ist durchgehend interessant. Historische Begebenheiten, wie z.B. der Hass, dem australische Bewohner mit deutschen Wurzeln während der Kriegszeiten ausgesetzt waren, sorgen außerdem dafür, dass man das Leben im damaligen Australien mit ganz anderen Augen betrachtet. Doch auch sonst hat das Palace-Hotel einige Geschichten zu bieten, die das Buch zu einem echten Pageturner machen. Das Ende kann übrigens mit einer ganz besonders überraschenden Wendung punkten.

Ich habe mich beim Lesen dieser australischen Familiengeschichte sehr gut unterhalten und mochte das Buch nur ungern aus der Hand legen. Denn die Erzählung hat mich durchgehend gefesselt. Allerdings muss ich zugeben, dass mich die ähnlichen Namen, von denen es in der Geschichte einige gibt, manchmal ein wenig ins Schwitzen gebracht haben, sodass ich dann kurz überlegen musste, wer das nun eigentlich ist und in welchem Verhältnis die Person zu den anderen Akteuren steht. Namen, die nicht ganz so ähnlich klingen, bzw. ein Personenregister, wären da sicher ein wenig hilfreicher gewesen. Dennoch hat mir der australische Schmöker sehr gut gefallen und wird mir lange im Gedächtnis bleiben.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Der elfte Fall für Pia Korittki

Ostseetod
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Ostseetod

Pia Korittki Bd. 11

Eva Almstädt

Kriminalroman


In Grotenhagen, einem kleinen Dorf an der Ostsee, herrscht helle Aufregung. Denn dort, wo sonst nie etwas geschieht, ist ein elfjähriges Mädchen ...

Ostseetod

Pia Korittki Bd. 11

Eva Almstädt

Kriminalroman


In Grotenhagen, einem kleinen Dorf an der Ostsee, herrscht helle Aufregung. Denn dort, wo sonst nie etwas geschieht, ist ein elfjähriges Mädchen spurlos verschwunden. Die frisch beförderte Kriminalhauptkommissarin Pia Korittki reist mit ihrem Team an und nimmt die Ermittlungen auf. Leider bleiben diese ergebnislos. Im Dorf bildet sich eine Bürgerwehr, die aufbricht, um auf eigene Faust nach dem Mädchen zu suchen. Die Bürgerwehr findet bei ihrer Suche nicht das Mädchen, sondern die Leiche eines Mannes. Es stellt sich schnell heraus, dass er ermordet wurde. Sind die Fälle miteinander verbunden? Pia Korittki beginnt fieberhaft in alle Richtungen zu ermitteln. Sie ist sich sicher, dass beim Aufspüren des Mädchens jede Minute zählt....


"Ostseetod" ist bereits der elfte Fall für Pia Korittki. Der Einstieg in die aktuellen Ermittlungen gelingt auch ohne Vorkenntnisse aus den anderen Bänden mühelos. Um allerdings die beruflichen und privaten Nebenhandlungen und die Weiterentwicklung der Protagonisten zu verfolgen, ist, wie bei jeder anderen Bücherserie auch, die Einhaltung der Reihenfolge sinnvoll.

Durch einen geheimnisvollen Prolog ist das Interesse an dem Fall sofort geweckt. Denn man möchte unbedingt erfahren, wie sich die Szenen aus dem Prolog wohl mit den aktuellen Ermittlungen verknüpfen werden. Doch auch der Fall selbst ist spannend und recht verzwickt. Man beobachtet gespannt, welche Spuren die Ermittler entdecken und versucht sie in Zusammenhang zu bringen. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn die Dorfbewohner geben nur die nötigsten Informationen preis und lassen sich ungern in die Karten schauen. Dadurch wirkt die Handlung sehr authentisch, denn man hat das Gefühl, dass die Akteure lebendig und nachvollziehbar reagieren.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Man kann sich die beschriebenen Szenen und Charaktere mühelos vorstellen und dabei ganz in die Handlung eintauchen. Eva Almstädt versteht es außerdem geschickt, falsche Fährten auszulegen, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Überraschende Wendungen sorgen jedoch dafür, dass man die eigenen Ermittlungen über den Haufen werfen und neu ansetzen muss. Dadurch bleibt die bereits früh aufgebaute Spannung durchgehend erhalten und kann sich zum Ende hin sogar noch steigern.

Der Anteil der Ermittlungen und der privaten Nebenhandlungen ist sehr gut aufeinander abgestimmt. Man bekommt einen überzeugenden Einblick in das Privatleben der Ermittler. Dadurch wirken sie noch lebendiger und glaubwürdiger. Der spannende Fall und die interessanten Nebenhandlungen sorgen dafür, dass sich der Krimi fast von selbst liest.

Ich habe mich beim Lesen dieses Krimis sehr gut unterhalten und konnte durchgehend mitfiebern. Überraschende Wendungen haben dafür gesorgt, dass die Handlung auf mich keinen Moment vorhersehbar wirkte. Mittlerweile habe ich alle Bände der Reihe gelesen und auch dieser hier konnte mich wieder überzeugen, denn auch im Privatleben der Protagonisten gibt es einige Neuigkeiten. Ich vergebe deshalb begeisterte vier Sternchen und eine Leseempfehlung!



Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein idyllisches Dorf in Brandenburg

Unterleuten
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Unterleuten

Juli Zeh


Unterleuten ist ein kleines, idyllisches Dorf in Brandenburg. Da Berlin in gut erreichbarer Nähe liegt, sind die Häuser des Dörfchens auch bei Städtern beliebt, die sich hier ihren ...

Unterleuten

Juli Zeh


Unterleuten ist ein kleines, idyllisches Dorf in Brandenburg. Da Berlin in gut erreichbarer Nähe liegt, sind die Häuser des Dörfchens auch bei Städtern beliebt, die sich hier ihren ländlichen Traum erfüllen wollen. Diese haben es allerdings nicht immer ganz leicht, sich mit den ungeschriebenen, dörfischen Gepflogenheiten zu arrangieren und schießen oft, ganz ungewollt, über das Ziel hinaus. Als ein großer Windpark errichtet werden soll, der nicht nur viel Geld in die relativ leere Gemeindekasse bringen könnte, sondern auch in die Taschen der Grundstückseigentümer, die ihr Land dafür veräußern müssten, beginnt die idyllische Dorffassade langsam zu bröckeln. Nicht nur die Naturschützer äußern vehement ihre Bedenken, sondern auch die unterschwelligen Feindschaften zwischen den Alteingesessenen flackern wieder auf, sodass die Stimmung im Dorf durch alten Groll, Neid und Missgunst schon bald hochexplosiv ist. Ausgerechnet eine Neuzugezogene ist im Besitz des alles entscheidenden Grundstücks, das für den Bau der Windkraftanlage unverzichtbar ist. Sie spielt allerdings ihr eigenes Spiel und sorgt so dafür, dass in Unterleuten langsam die Hölle losbricht....

In Juli Zehs Gesellschaftsroman wird man nach und nach mit den unterschiedlichen Bewohnern des Dörfchens vertraut gemacht. Am Anfang ist es nicht ganz leicht, sie alle richtig zuzuordnen und ihre Beziehungen untereinander ins Verhältnis zu setzen. Diese kleine Unsicherheit gibt sich allerdings recht bald, da die Charaktere sehr lebensecht beschrieben werden, sodass man die Besonderheiten und Eigenarten schnell aufnimmt und die entsprechende Person dann regelrecht vor Augen hat.

Und sobald das passiert ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, sich dem Sog der Handlung zu entziehen. Denn Juli Zeh gelingt es hervorragend, dass dörfliche Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen zu beschreiben. Die Dorfgemeinschaft in Unterleuten hält eigentlich zusammen, denn jeder kennt seinen Platz und versucht Streitigkeiten anzusprechen und intern zu regeln. Dabei ist jedem klar, wer mit wem kann, wer eigentlich das Sagen hat und wie man unterschwellige Feindschaften, die durch alte DDR-Zeiten und dem Umbruch bei der Wende ausgelöst wurden, weitestgehend ignoriert. Denn im Dorf muss schließlich jeder so verbraucht werden, wie er ist und da schaut man eben nicht immer so genau hin. Von dieser Tradition haben die Neuzugezogenen natürlich keine Ahnung und deshalb trägt ihr Verhalten unmittelbar dazu bei, dass sich die Situation Schritt für Schritt zuspitzt, um schließlich vollkommen aus dem Ruder zu laufen.

Trotz der komplexen Handlung, die aus vielen unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird, gelingt es der Autorin, einen roten Faden zu ziehen, dem man getreulich, bis zum bitteren Ende, folgt. Man schaut dabei hinter einige Fassaden und ist entsetzt, aber gleichermaßen fasziniert, was man dort entdeckt und welche Tragödien durch die Spaltung des Dorfes ausgelöst werden.

Ich habe mich beim Lesen dieser Gesellschaftskritik sehr gut unterhalten und konnte mich, nach einer kurzen Eingewöhnungszeit, kaum noch vom Gelesenen lösen. Entsetzt und doch fasziniert, habe ich die kleinen und großen Tragödien beobachtet. Unterleuten und seine Bewohner haben mich dabei so gefangen genommen, dass ich auch nach dem Lesen der letzten Seite noch ganz im Bann der Handlung stand. Ich vergebe deshalb die Empfehlung, sich ein wenig Zeit zu nehmen und selbst einen Ausflug ins fiktive, brandenburgische Dörfchen zu machen. Es lohnt sich!


Veröffentlicht am 15.01.2024

Die Macht der Sprache

Austrian Psycho Jack Unterweger
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Mit "Austrian Psycho" veröffentlicht Malte Herwig die Geschichte von Jack Unterweger. Im Nachwort gibt Herwig an, dass er die Identität des Autors nicht preisgibt und den Namen bewusst im Dunkeln lässt. 

Jack ...

Mit "Austrian Psycho" veröffentlicht Malte Herwig die Geschichte von Jack Unterweger. Im Nachwort gibt Herwig an, dass er die Identität des Autors nicht preisgibt und den Namen bewusst im Dunkeln lässt. 

Jack Unterweger, der verurteilte Frauenmörder, der sich im Gefängnis zu einem von der Szene gefeierten Schriftsteller wandelte und schließlich freikam, da er viele Fürsprecher fand. Doch nach seiner Freilassung begann eine Mordserie, in der elf Frauen ihr Leben verloren. 

Wie konnte es dazu kommen, dass sich so viele bekannte Persönlichkeiten für seine Freilassung einsetzten? Wie konnte er alle täuschen und für sich vereinnahmen?

Fakten, Zeitzeugenberichte, Auszüge aus Unterwegers Texten und Zitate liefern die Grundlage für dieses Buch. Der Schreibstil wirkt sprunghaft und zuweilen recht gehetzt, doch gerade dadurch fühlt man sich direkt angesprochen. Das Interesse, mehr über Unterweger und seine Manipulationen zu erfahren wird sofort geweckt. Die Informationen wirken nüchtern und präzise. Fassungslos verfolgt man, wie geschickt der Häftling vorgeht, um sein Ziel, aus der lebenslangen Haft entlassen zu werden, zu erreichen. Um dann von der feineren Gesellschaft hofiert zu werden. Dass dieser Mann sich nicht gewandelt hat, will lange Zeit niemand wahrhaben. 

In diesem recht kurzen Buch erfährt man einiges über Jack Unterweger und darüber, dass man die Macht der Sprache nicht unterschätzen darf. 

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