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Veröffentlicht am 08.10.2018

Eine Frage des Glaubens

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Der Spielmann: Die Geschichte des Johann Georg Faustus (Faustus-Serie 1) von Oliver Pötzsch, erschienen im Ullstein eBooks Verlag am 21. September 2018.

Es ist 1486 als Johann den Spielmann und Magier ...

Der Spielmann: Die Geschichte des Johann Georg Faustus (Faustus-Serie 1) von Oliver Pötzsch, erschienen im Ullstein eBooks Verlag am 21. September 2018.

Es ist 1486 als Johann den Spielmann und Magier Tonio del Moravia zum ersten mal sieht. Er lebt in Knittlingen im Kraichgau und ist völlig fasziniert von dem bunten Volk, das da im beginnenden Herbst erscheint. Johann ist anders als seine Brüder die den Hof des Großbauern erben werden. Er ist eher schmächtig und klug, geliebt von der kranken Mutter die in Faustus, der Glückliche nennt. Durch einen Zufall wird Tonio auf den Jungen aufmerksam und spricht Worte zu ihm, die ihn erfüllen und durcheinanderbringen. Jahre später kommen die Gaukler wieder ins Dorf. Inzwischen ist die geliebte Mutter verstorben und Johann ist beim Vater in Ungnade gefallen. Dann geschieht Schreckliches und Johann flieht aus dem Dorf.

Oliver Pötzsch schreibt hier sehr überzeugend die Geschichte von Johann Georg Faustus dessen Gedenktafel in Knittlingen ihn zu diesem Buch animiert hat. Mein Dank gilt da ganz der Deutschen Bahn, die ihn Dank eines Streiks dort hat stranden lassen.

Johann ist ein Sonderling, ein arroganter Kerl der mir nicht sympathisch werden konnte, es aber auch nicht musste. Er ist selbstverliebt und sieht immer nur was für ihn bei einer Sache herausspringen kann, Andere interessieren ihn nur so weit wie sie ihm nützlich werden können. Der Autor stellt dem Faustus aber lebendige herz erwärmende Menschen zur Seite, die die Kälte und Dunkelheit von Faustus ausgleichen.

Das Buch erzählt die Geschichte Deutschlands am Ende des 15. Jahrhunderts. Faustus reist viel durch die Gegend und wir dürfen ihn sogar bis ins ferne Italien begleiten. Er ist ein Getriebener, ein Suchender, ihm ist nicht genug was an den deutschen Universitäten gelehrt wird. Er will den Zwängen der Kirche, die gerade die Hexenbulle herausgebracht hat die Hexenwesen als real existierende Wesen beschreibt, ein Schnippchen schlagen und versucht technische Möglichkeiten aus zu nutzen und empfindet sich selbst als Herausragend und besonders.

Das Buch ist als Mehrteiler angelegt und schon der erste Band hat einige Längen für mich gehabt. Man muss schon etwas Geduld bei dieser Geschichte aufbringen. Ich lese nicht so oft historische Romane, meist welche die mehr Krimi sind, aber die Geschichte von Faustus konnte mich überzeugen. Ich werde mir ganz sicher auch den nächsten Teil der Geschichte besorgen.

Veröffentlicht am 09.07.2018

Da ist noch Pfand drauf

Förster, mein Förster
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Förster, mein Förster von und mit Frank Goosen. Erschienen im tacheles!/ROOF Music Verlag am 23. Mai 2018 als ungekürzte Ausgabe.

Förster steht kurz vor seinem fünfzigsten. Seine Freundin ist auf den ...

Förster, mein Förster von und mit Frank Goosen. Erschienen im tacheles!/ROOF Music Verlag am 23. Mai 2018 als ungekürzte Ausgabe.

Förster steht kurz vor seinem fünfzigsten. Seine Freundin ist auf den Äußeren Hebriden um Fotos zu machen. Zeit um sich Gedanken über das Leben und den ganzen Rest zu machen. Dabei helfen ihm seine Freunde Kneipenbesitzer Fränge und Lehrer Brocki, und der ehemalige Polizist der mit ihm im gleichen Haus wohnt. Außerdem wohnt da auch noch die alte Frau Strobel, die in der Nacht immer Saxophon spielt. Förster kümmert sich etwas um die an Demenz erkrankte Frau und so beschließt er, dass Frau Strobel unbedingt an einem Auftritt ihrer alten Tanzkappelle an der Ostsee teilnehmen muss. Da wird nun ein Roadtrip, natürlich stilecht im Bulli und mit manchem kleinen Umweg auf dem Weg, für ihn, seine Freunde, Frau Strobel und einen wohlstandsverwahrloster Jugendlichen.

Goosen beherrscht es, das Zwischenmenschliche. Seine Protagonisten sind zwar im besten Mannesalter, aber hoffnungslos altmodisch und kein bisschen spektakulär. Irgendwie hat auch jeder eine Macke im Laufe der Zeit bekommen. Fränge und Brocki streiten schon die letzten 40 Jahre und unter all dem Mist den diese Leute von sich geben muss man schon Perlentaucher sein um alle Geistesblitze die da unter einer Schicht von Kneipendummschwätzerei verborgen liegen auch heben zu können. Goosen liest das Buch auch vor, was auf der einen Seite gut ist, auf der Anderen ging er mir teilweise schon ziemlich auf den Zeiger. Viel zu eindringlich sind ganze Passagen. Ich hatte das Gefühl mit dem Autor auf einer Bühne zu stehen und er versucht verzweifelt mir seinen Standpunkt der Dinge nahe zu bringen. Das wiederum finde ich an diesem Hörbuch so außergewöhnlich gut. Das Buch hätte ich nach kurzer Zeit weggelegt, aber wie er liest hat mich dazu gebracht immer weiter zu zu hören, auch bei den banalen Dingen des Lebens. Warum ich dieses Hörbuch hören wollte? Weil Förster seinen gefundenen Hamster Edward Cullen genannt hat. Ich musste wissen wie es dazu kommen konnte.

Veröffentlicht am 03.07.2018

Etwas zu vorhersagbar, aber sehr unterhaltsam

Mach mir den Garten, Liebling!
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Mach mir den Garten, Liebling! von Ellen Berg, gelesen von Tessa Mittelstaedt. Erschienen als gekürzte Hörbuchfassung im Aufbau Audio Verlag am 16. November 2015.

Luisa ist grade finanziell nicht auf ...

Mach mir den Garten, Liebling! von Ellen Berg, gelesen von Tessa Mittelstaedt. Erschienen als gekürzte Hörbuchfassung im Aufbau Audio Verlag am 16. November 2015.

Luisa ist grade finanziell nicht auf Rosen gebettet und hofft darauf, dass sie am nächsten Tag zur Geschäftsleiterin erhoben wird als ein Schreiben ihrer Tante Ruth sie erreicht. Tante Ruth die sie aufgezogen hat, will aus dem fernen Italien zu Besuch kommen um noch einmal durch ihren Schrebergarten den Luisa pflegen sollte zu lustwandeln. Luisa, ein Workaholic, hatte den Garten durch die billigste Grabpflegefirma in Schuss halten lassen, die sie bekommen konnte. Nun sieht sie mal nach dem Rechten und stellt fest, dass Tante Ruths wunderbarer Garten ein Buchsbaumfriedhof geworden ist. Gleichzeitig bekommt sie auf der Arbeit statt eine Karriereaufschwungs einen Schnösel vor die Nase gesetzt, der die recht abgehalfterte Firma mit fragwürdigen Geschäftsgebaren eher in den Sand setzt statt sie zu retten. Luisa versucht nun Karriere und Garten geleichzeitig zu retten. Als dann auch noch der feurige Schrebergartennachbar auf Luisa einen sehr tiefen Eindruck hinterlässt wird ihr Leben sehr kompliziert.

Ich habe schon einige Romane der Autorin gehört, halte diesen aber für einen der Schwächeren, dafür ist er hervorragend gelesen und geträllert. Tessa Mittelstaedt hat da echt alles gegeben.

Man geht an einen Ellen Berg Roman mit einer gewissen Erwartungshaltung ran, aber dieses Buch ist dann doch etwas zu vorhersagbar und die miesen Charaktere etwas zu offensichtlich gewesen. Auch wenn ich mir das Ende des Buchs nach 5 Hörminuten denken kann, ich möchte dazwischen dann doch noch etwas überrascht werden. Gute Unterhaltung bekommt man bei diesem flüssig geschriebenen Buch auf jeden Fall geliefert und die Charaktere sind auch wieder alle herrlich überspitzt gezeichnet. Jeder kennt sie, die spießigen Nachbarn die alles besser wissen, auf jedes Gesetz pochen und einsam und alleine scheinbar 24/7 hinter der Gartentür lauern um einen bei der geringsten Verfehlung mit jeder erdenklichen Strafe zu bedrohen, genau wie die Kollegen, die mehr damit beschäftigt sind den Tag rum zu bekommen, statt mal anständig mit zu arbeiten und dann auch noch über alles und jeden ablästern. So ist das Buch ein heiterer Zeitvertreib bei dem man sogar noch etwas über Gartenarbeit lernen kann.

Veröffentlicht am 22.05.2018

Wer will ihm ans Leder?

Kluftinger
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Kluftinger (Kluftinger-Krimis, Band 10 von Volker Klüpfel und Michael Kobr.

Kluftinger ist wenig erfreut als er beim Friedhofsbesuch ein Holzkreuz mit seinem Namen darauf entdeckt. Was anfangs wie ein ...

Kluftinger (Kluftinger-Krimis, Band 10 von Volker Klüpfel und Michael Kobr.

Kluftinger ist wenig erfreut als er beim Friedhofsbesuch ein Holzkreuz mit seinem Namen darauf entdeckt. Was anfangs wie ein schlechter Scherz wirkt, wird immer brisanter als auch ein Nachruf in der Zeitung erscheint. Komisch findet das Klufti nun gar nicht mehr, außerdem gibt es mehrere Möglichkeiten wer ihm da nach dem Leben trachten könnte, was sein gewohntes Leben natürlich ziemlich aus der Bahn zu bringen droht.

Nun ist er da, der 10. Kluftinger. In Rückblenden erfahren wir viel aus Kluftis Vergangenheit und warum er so ist wie er ist. Es gibt wie immer was zu lachen, es ist spannend und natürlich auch etwas verwirrend wer dem Klufti da so ans Leder will und was ist mit seinem alten Freund Strobel los. Außerdem überrascht uns das Autorenteam mit Cameoauftritten anderer Größen der Krimiliteratur.

Es ist sicher nicht ihr stärkster Kluftinger, aber dafür lernen wir endlich auch den jungen Kluftinger kennen. Um richtig Spaß an dem Buch zu haben, sollte man wohl den ein oder anderen Klufti gelesen haben. Wie immer ist viel privates der Kluftinger Familie dabei und ich fand es lustig wie wenig sich im Verhältnis zwischen Sohn und Vater im laufe der Generationen geändert hat.

Eher was für Freunde der Serie da auch etwas gespoilert wird was einen alten Fall angeht. Ein Buch für das ich länger als erwartet gebraucht habe um es zu lesen, aber trotzdem gut unterhalten wurde.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Du hast alle Zeit der Welt, womit nutzt du sie?

Wie man die Zeit anhält
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Wie man die Zeit anhält von Matt Haig, erschienen im dtv Verlag am 20.04.2018.
Tom Hazard versucht sich durch sein Leben zu mogeln. Unauffällig, ohne Freunde und nur nicht verlieben.

Er wurde am 3. März ...

Wie man die Zeit anhält von Matt Haig, erschienen im dtv Verlag am 20.04.2018.
Tom Hazard versucht sich durch sein Leben zu mogeln. Unauffällig, ohne Freunde und nur nicht verlieben.

Er wurde am 3. März 1581 geboren und hat eine besondere Eigenschaft. Er altert sehr sehr langsam und ihm kann praktisch keine Krankheit etwas anhaben. Heute arbeitet er als Geschichtslehrer, wer wäre besser geeignet als einer der die Geschichte gelebt hat sie zu erzählen? Wenn da nicht immer diese Erinnerungen wären, die ihn quälen, die ihm Kopfschmerzen bereiten, die ihn wünschen lassen, er wäre doch nicht ins moderne London gekommen und er hätte diese bezaubernde Französischlehrerin nie gesehen.

Tom hat den Namen Hazard wohl nicht unbegründet gewählt. Jemand der augenscheinlich nicht altert ist in einer Gesellschaft, die an Hexen und Dämonen glaubt nicht gut gelitten gewesen und das Wissen um diese Langlebigkeit ist gefährlich da die heutige Gesellschaft versuchen würde einem diese Gnade zu entreißen. Ein Aspekt dieses Buches ist, dass Tom Mitglied einer Gesellschaft ist, die Langlebige aufspürt und ihnen dann hilft unauffällig zu bleiben. Die erste Direktive ist aber auch gleich eine, die Einsamkeit vorprogrammiert: Du darfst dich niemals verlieben. Niemals.

Matt Haig wirft einen mit seinen Romanen immer wieder in neue Welten. Hier führt er uns in Zeitsprüngen durch Jahrhunderte Geschichte, die wir quasi miterleben, die vor unseren Augen lebendig wird, die man quasi fühlen kann. Tom Hazard ist kein wirklicher Zeitreisender, trotzdem nimmt er den Leser mit auf seine Zeitreisen in die Vergangenheit, die er selbst erlebt hat. Wir erleben die Hexenverfolgungen, lernen Rose, die große Liebe von Tom kennen, gehen an Bord mit Captain Cook und treffen ihn als Klavierspieler in der Zeit des Jazz.

Tom ist unglücklich, depressiv, hat die Nase davon voll die normalen Menschen, Eintagsfliegen, immer wieder die gleichen Fehler wiederholen zu sehen und er versucht sich unauffällig durch ein Leben zu mogeln, welchem er überdrüssig ist. Ohne Liebe, ohne Freunde, einsam und ohne Hoffnung, dass da noch etwas kommen wird da seine wahre Liebe vor 400 Jahren gestorben ist und er schon aus Vernunftgründen nicht wieder lieben darf.

Matt Haig lässt mit seiner modernen Sprache auch zu, dass junge Leser diesen Roman mögen werden und philosophische Sätze sind spärlich gesät. Es geht in diesem Buch darum, wie man die Lebenszeit nutzen will und ob man sich darin fremdbestimmen lassen möchte. Zwei sehr wichtige Themen, gerade auch für junge Leute. Mir ist Tom nicht so nahegekommen, da er sich etwas stark in seiner verflossenen Liebe verkrampfte und mehr vom Philosophiestudenten der Veganer ist hatte als von einem Mann des 16. Jahrhunderts der sich bis in unsere Zeit durchs Leben kämpft.