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Veröffentlicht am 21.04.2019

Kurzweiliger Roman, der die Sklaverei in den Südstaaten der USA realistisch abbildet und mit interessanten Charakteren punktet

Die Erfindung der Flügel
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Zusammenfassung:

„Die Erfindung der Flügel“ beschreibt die Geschichte von Sarah und Angelina Grimké, Töchter eines Plantagenbesitzers und Richters aus Charleston zu Beginn des 19. Jahrhunderts, auf ihrem ...

Zusammenfassung:

„Die Erfindung der Flügel“ beschreibt die Geschichte von Sarah und Angelina Grimké, Töchter eines Plantagenbesitzers und Richters aus Charleston zu Beginn des 19. Jahrhunderts, auf ihrem ungewöhnlichen und unkonventionellen Lebensweg und ihren Bemühungen, der Sklaverei in den Südstaaten ein Ende zu setzen. Gleichermaßen greift der Roman die Geschichte von Sarahs Kammerzofe Handful auf, und wie sie als Sklavin einer reichen Südstaaten-Familie lebt und behandelt wird. Während Sarah und Angelina Grimké reale Charaktere sind, ist Handfuls Geschichte Fiktion.

Meinung:

Anders als viele andere Romane, die in den Zeiten der Sklaverei in den Südstaaten spielen, greift „Die Erfindung der Flügel“ auch Perspektiven der versklavten afroamerikanischen Bevölkerung auf und schafft es dadurch, nicht zu romantisieren. Während in Erzählungen à la „Vom Winde verweht“ der Sklave als liebenswertes Familienmitglied, ähnlich einem Haustier, beschrieben wird, treten in dieser Geschichte Bestrafungen, das Gefühl der Gefangenschaft und das Elend der Sklaven in den Vordergrund. Damit gibt der Roman die Sklaverei deutlich realistischer wieder, als viele Romane, die in einer ähnlichen Zeit spielen.
Dass Sarah und Angelina Grimké historisch belegte Personen sind, während Handful größtenteils dem Gedankengut der Autorin entspringt, fällt beim Lesen nicht auf. Alle Charaktere sind außerordentlich fundiert und glaubwürdig dargestellt. Sarah ist insbesondere daher eine interessante Person, weil sie kontinuierlich gegen die gesellschaftlichen und politischen Konventionen ankämpft, ihre Ambitionen jedoch meist zerstört werden. Ihre Enttäuschung und Resignation werden insbesondere in den ersten Teilen des Buchs sehr glaubhaft und authentisch dargestellt. Die Autorin schafft keine typische Romanheldin, die trotz aller Barrieren alles erreichen kann, sondern eine Frau, die mit den Widernissen ihres Daseins zu ihrer Zeit kämpfen muss – und dabei auch verliert. Ebenso interessant sind die Charaktere auf der anderen Seite der Geschichte: Handful und ihre Mutter Charlotte. Insbesondere Charlotte kämpft auf ihre Weise gegen die Sklaverei und gibt ihr rebellisches Wesen an ihre Tochter Handful weiter.
Die Beziehung zwischen Sarah und Handful zeigt eine interessante Entwicklung. Geht man zu Beginn des Romanes davon aus, dass sich zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft entwickelt, so ist die Beziehung erstaunlich unstet. Je nach Lebenslage verändert sich die Beziehung zwischen den beiden, geprägt von den gesellschaftlichen Konventionen, unter denen Sarah agiert. Diese Wechsel, und die Ab- oder Zunahme der Intensität der Beziehung zwischen Handful und Sarah macht einen Großteil der Spannung im Roman aus.
Die Handlung des Romans ist wenig vorhersehbar und nimmt im Laufe der Geschichte einige interessante und überraschende Wendungen. Selbst im letzten Teil des Romans war ich mir als Leserin nicht im Klaren darüber, wo die Geschichte hinführen wird. So ist durchweg nicht absehbar, ob die Geschichte glücklich, traurig oder offen endet.
Bei den Ausführungen der Autorin kommen lediglich Emotionen kurz. Obwohl die Autorin traurige und bewegende Schicksale findet, liest sich der Roman sehr sachlich. An dieser Stelle merkt man deutlich, dass die Geschichte der Grimké-Schwestern auf der Recherche historischer Daten beruht. Der Roman vermochte mich auf emotionaler Ebene nicht richtig zu packen, sondern hat eher den Charakter eines unterhaltsamen und kurzweiligen Sachbuchs.
Der Schreibstil der Autorin liest sich gut und flüssig. Zeitweilens benutzt sie Worte, die im historischen, besonders auch im religiösen Kontext sehr stimmig, aber nicht unbedingt intuitiv zu verstehen sind. Dem historischen Charakter des Buchs wird sie dadurch jedoch gerecht.

Fazit:

Ein spannender Roman mit hochinteressanten Protagonisten und Nebencharakteren, der die Leidensgeschichte der Sklaverei in den Südstaaten weitaus realistischer schildert, als viele vorangegangene Romane und durch seine Unvorhersehbar punktet. Die Geschichte könnte lediglich emotional packender sein. Dennoch empfehle ich „Die Erfindung der Flügel“ unbedingt weiter.

Veröffentlicht am 10.01.2019

Ein unterhaltsames Buch für jeden, der eine unterhaltsame Liebesgeschichte mehr schätzt als detaillierte historische Fakten

Kalifornische Sinfonie
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Einleitung und Zusammenfassung:

Garnet Cameron, die verträumte und gleichermaßen abenteuerfreudige und freiheitsliebende Tochter eines guten New Yorker Hauses, heiratet im Jahre 1845 den Präriehändler ...

Einleitung und Zusammenfassung:

Garnet Cameron, die verträumte und gleichermaßen abenteuerfreudige und freiheitsliebende Tochter eines guten New Yorker Hauses, heiratet im Jahre 1845 den Präriehändler Oliver Hale, um mit ihm gemeinsam in das bis dahin weitestgehend unbekannte Kalifornien aufzubrechen. Über die beschwerliche Reise und das Leben in Kalifornien selbst muss Garnet jedoch feststellen, dass Freiheit und Abenteuer nicht nur mit Vergnügen einhergehen, sondern dass beides auch seinen Preis fordern kann. Diverse Schicksalsschläge stellen ihr Durchsetzungsvermögen in der Ferne stetig in Frage.


Deine Meinung:

Wie andere Bristow-Werke auch, braucht dieser Roman einige Seiten, bis er es endgültig schafft, den Leser zu fesseln. Der Anfang, insbesondere die Beschreibungen von Garnets wohlbehütetem Leben, zieht sich etwas und blieb auch bei mir einige Tage liegen, bevor ich mich zum Weiterlesen aufraffen konnte. Ebenso wie in Bristows anderen Romanen, wird Ausdauer hier jedoch belohnt. Spätestens mit Beginn der Reise nach Kalifornien baut der Roman mehr und mehr Spannung auf und wird zu einem amüsanten und kurzweiligen Lesevergnügen.

Selbstverständlich ist „Kalifornische Sinfonie“ ein klassischer Liebesroman im historischen Kontext, und als solcher teils vorhersehbar. So lässt sich das Ende bereits zu Beginn ohne große Anstrengung vorhersagen. Der Weg dahin ist aber von einigen Wendungen geprägt, die mich durchaus zu überraschen vermochten, und die mich dazu brachten, das Buch innerhalb von vier Tagen zu lesen. Die Vorhersehbarkeit bestimmter Aspekte hat mich nicht weiter gestört – zumal ich sie mir schon im frühen Stadium der Handlung erwartet und gewünscht habe.
Die Figuren sind interessant gestaltet. Besonders sticht dabei der Protagonist Oliver Hale hervor, der nicht nur die anderen Charaktere, sondern auch die Leser zu Beginn des Romans um den Finger zu wickeln vermag, und den man erst nach einer Weile vollständig zu durchschauen vermag. Gelungen ist ebenso, dass einige Geheimnisse der Protagonisten bis zum Ende des Romans aufrechterhalten werden, sodass viele Charaktere auch für den Leser erst im Finale durchschaubar sind. Die Protagonistin, Garnet, ist zwar eine bewundernswerte Frau – ihren Typ findet man jedoch in vielen Romanen wieder.

Der historische Kontext bietet einen interessanten Rahmen für eine Persönlichkeit für Garnet Cameron. Wie so oft in Romanen, die sich eher auf zwischenmenschliche Beziehungen und Liebe konzentrieren, kommt er natürlich ein wenig kurz. Insgesamt hätte er die Charaktere in vielerlei Hinsicht mehr beeinflussen können. Das gilt sowohl für die geschichtlichen Ereignisse in Kalifornien, als auch für die Umsetzung der damals geltenden sozialen Normen, die besonders in der sich schnell und spontan entwickelten Freundschaft zwischen Garnet und Florinda widerspiegeln

Am Schreibstil merkt man sicherlich, dass das„Kalifornische Sinfonie“ bereits ein älterer Roman ist. Dennoch ist die Sprache sehr gut zu verstehen, und das Buch einfach und gut, und ohne hohen Konzentrationsaufwand zu lesen.

Obwohl es sicherlich viele vergleichbare Romane gibt, hat mir das Lesen der „Kalifornischen Sinfonie“ viel Spaß gemacht. Besonders schön fand ich die zahlreichen Beschreibungen der Landschaften, die immer wieder in den Gedanken von Garnet aufgetaucht sind.



Fazit

„Kalifornische Sinfonie“ beschreibt in erster Linie die Entwicklung der Protagonistin Garnet Cameron von einem freiheitsliebenden, aber naiven Mädchen hin zu einer weitaus realistischeren jungen Frau mit der beeindruckenden Fähigkeit, sich auch fernab ihrer Heimat zu beweisen. Dabei spielt die Geschichte im Kontext der ersten kalifornischen Siedler, vor der Annektierung Kaliforniens durch die USA, und ebenso vor den ersten Goldfunden.

Ich empfehle den Roman jedem, der nach ein bisschen Lesedisziplin zu Beginn ein kurzweiliges, nicht zu anspruchsvolles Buch sucht, und dabei weniger Wert auf die Details des historischen Kontexts, als auf das Leben und die Schwierigkeiten der Protagonistin legt. Wer den Roman mit diesen Erwartungen beginnt, darf mit einem schönen und unterhaltsamen Roman rechnen.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Würdiges Finale der Louisiana-Trilogie

Am Ufer des Ruhms
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Einleitung und Zusammenfassung:

Der dritte und damit letzte Teil von Gwen Bristows Louisiana-Trilogie spielt kurz vor Beginn des zweiten Weltkriegs. Kester Larne, Erbe der Ardeith-Plantage, heiratet Eleanor ...

Einleitung und Zusammenfassung:

Der dritte und damit letzte Teil von Gwen Bristows Louisiana-Trilogie spielt kurz vor Beginn des zweiten Weltkriegs. Kester Larne, Erbe der Ardeith-Plantage, heiratet Eleanor Upjohn. Bald stellt die nüchterne, aber ehrgeizige Eleanor jedoch fest, dass die Plantage hoch verschuldet ist und das junge Paar kurz davor steht, alles zu verlieren. Im Kampf gegen die Schulden leidet Eleanor nicht nur unter den politischen Spannungen Europas, sondern auch unter der Moral Kesters.

Meinung:

Der Roman l:äuft, im Vergleich zu seinen Vorgängern, schleppender an. Doch wo er anfangs langwierig ist, wird er ab der Mitte umso spannender. Mit Eleanor und Kester treffen zwei Charaktere aufeinander, die kaum gegensätzlicher sein können. Die vollkommen unterschiedliche Erziehung der beiden Protagonisten, die im Laufe der Geschichte immer wieder zu Konflikten und Problemen zu führen scheint, macht den besonderen Charm des letzten Romans aus. Dabei ist Eleanor die wohl interessanteste und beeindruckendste Protagonistin der gesamten Trilogie, vielleicht weil sie eine erstaunlich unabhängige, ideen- und erfolgreiche Frau ist, vielleicht aber auch, weil sie dadurch in der Welt ihres Ehemanns wie ein Fremdkörper wirkt. Obwohl der Roman in der Zeit des ersten Weltkriegs spielt, spielt die Historie nur eine nebensächliche Rolle. Die Protagonisten werden vom Zeitgeschehen erstaunlicherweise wenig beeinflusst. Ihre Schicksalsschläge, und die Spannung des Romans, ergeben sich hauptsächlich aus dem Miteinander Kesters und Eleanors. Für einen historischen Roman weist „Am Ufer des Ruhms“ wenige historische Elemente und Fakten auf. Gerade das macht die Geschichte jedoch auch authentisch – Eleanor und Kester nehmen, im fernen Amerika, die politischen Spannungen und den Krieg nur am Rande wahr, da beides ihr Leben kaum beeinflusst. Bristows Schreibstil ist aus heutiger Perspektive vermutlich nicht mehr als modern zu bezeichnen, da der Roman jedoch zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt, macht auch das Teil seines Charmes aus.

Fazit:

Insgesamt ist „Am Ufer des Ruhms“ ein wunderbares Finale der Louisiana-Trilogie und ein unterhaltsamer Roman für jeden, der das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Protagonisten und historischem Einfluss schätzt. Wer sich vom schleppenden Einstieg nicht entmutigen lässt und nach den ersten Kapiteln am Ball bleibt, wird mit einem spannenden Geschichtsverlauf am Ende belohnt und wünscht sich, dass der Trilogie ein vierter Teil folgt.

Veröffentlicht am 28.12.2017

Ein durchweg spannender Start in die Auswandersaga

Das goldene Ufer
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"Das goldene Ufer" von Iny Lorentz hat mich vom ersten Augenblick an gefesselt! Die Handlung ist außerordentlich spannend, obwohl man das Ende des Romanes, der der Start der Auswandersaga ist, als Leser/in ...

"Das goldene Ufer" von Iny Lorentz hat mich vom ersten Augenblick an gefesselt! Die Handlung ist außerordentlich spannend, obwohl man das Ende des Romanes, der der Start der Auswandersaga ist, als Leser/in durchaus erahnen kann. Der Weg zum Ziel, zum Auswandern, vollzieht viele unerwartete Wendungen. Die Hauptcharaktere, die ihre Leser/innen bereits auf den ersten Seiten in ihren Bann ziehen, müssen sich vielen unerwarteten Hindernissen stellen und viele Herausforderungen meistern. Gerade das macht die Spannung des Werkes aus - der Weg ist das Ziel.

Historisch gesehen illustriert Iny Lorentz' Roman detailreich und anschaulich ein europäisches 19. Jahrhundert, in dem Demokratie noch eine ferne Wunschvorstellung ist und das Volk unterdrückt wird, sofern es nicht dem Adel angehört. Wer sich im späteren Verlauf der Reihe an das erste Buch erinnert, sieht, wie herausragend Iny Lorentz den Unterschied zwischen Europa und Amerika im 19. Jahrhundert darstellt.

Eine willkommene Abwechslung im Iny Lorentz-Universum: Im Gegensatz zu vielen anderen ihrer historischen Romanen steht ein männlicher Protagonist im Vordergrund der Romanreihe. Das macht das Buch zu einer kleinen Besonderheit unter den vielen, ähnlichen, weiblicen Heldinnen in ihren Romanen.

"Das goldene Ufer" ist ein wunderbares, historisches Lesevergnügen, das wie im Flug vergeht.

Veröffentlicht am 28.12.2017

Gelungene Übersicht über die geopolitischen Verflechtungen unserer Welt

Die Macht der Geographie
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Tim Marshalls "Die Macht der Geographie" bietet auf seinen knapp 300 Seiten eine gute, gelungene Übersicht über internationale und aktuelle Geopolitik in zehn verschiedenen Regionen unserer Welt.

Das ...

Tim Marshalls "Die Macht der Geographie" bietet auf seinen knapp 300 Seiten eine gute, gelungene Übersicht über internationale und aktuelle Geopolitik in zehn verschiedenen Regionen unserer Welt.

Das Buch richtet sich in meinen Augen besonders an Einsteiger/innen und Leser/innen wie mich, die sich bisher noch nicht ausgiebig mit geo- und außenpolitischen Themen befasst haben. Einem Experten würde das doch recht knapp gehaltenen Werk unter Umständen nicht viele neue Erkenntnisse bringen.

Entgegen des Titels spielen nicht ausschließlich die Geographien unterschiedlicher Regionen eine Rolle. Insbesondere in den Kapiteln zu Afrika, Lateinamerika oder dem Nahen Osten spielen auch historische Faktoren, darunter natürlich der europäische Kolonialismus eine große Rolle in den Ausführungen des Autors. Die Geographie wird in einigen Kapiteln (Westeuropa, Afrika oder Russland) mehr als in anderen (darunter Korea & Japan) betrachtet, bietet aber solide Erklärungen für aktuelle, aber auch historische, politische Geschichte.Insbesondere im Kapitel über Indien & Pakistan konnte der Autor internationale Verflechtungen von nationalen Grenzkonflikten sehr deutlich und sehr interessant darstellen.

Viele Leser kritisieren die pro-amerikanische Perspektive des Buches. Geo- und Außenpolitik lässt sich sicherlich aus vielen Perspektiven betrachten und bei einer Analyse auf knapp 300 Seiten sollte jedem Leser klar sein, dass diese nicht alle beleuchtet werden können. Mir persönlich fiel die pro-amerikanische Perspektive nur an wenigen Stellen negativ, dafür aber an vielen Stellen überhaupt nicht auf.

Der Schreibstil des Autors hat mir sehr zugesagt. Tim Marshall schreibt kurzweilig und verständlich und nutzt viele aktuelle und neue Beispiele, die seine Ausführungen untermauern.

Mich hat das Buch sehr gefesselt. An einigen Stellen hätte auch ich mir natürlich mehr Ausführlichkeit gewünscht. Insgesamt bleibt es in meinen Augen jedoch eine hervorragende und gelungene Übersicht für Einsteiger in die Thematik und macht definitiv Lust, sich ausgiebiger mit Geopolitik auseinanderzusetzen.