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Veröffentlicht am 20.12.2018

Das Leck

Niemand kennt deinen Namen
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Sie waren beste Freunde. Die Geheimagenten des MI6 Solomon Vine und Gabriel Wilde. Bis Wilde sich vor Jahren an Vines Freundin herangemacht hat. Nun sollen sie eine Operation in Istanbul führen. Das Verhör ...

Sie waren beste Freunde. Die Geheimagenten des MI6 Solomon Vine und Gabriel Wilde. Bis Wilde sich vor Jahren an Vines Freundin herangemacht hat. Nun sollen sie eine Operation in Istanbul führen. Das Verhör eines Überläufers geht fürchterlich schief und der zu Verhörende bleibt schwer verletzt zurück. Alle Indizien sprechen gegen Vine, der vom Dienst suspendiert wird. Allerdings bittet ihn sein alter Mentor Newton um Hilfe. Vine soll herausfinden, ob an dem Gerücht, dass es ein Leck im Geheimdienst ihrer Majestät gibt, etwas dran sein könnte. Obwohl noch immer suspendiert, beginnt Vine mit eigenen Nachforschungen.

Wie muss man sich fühlen, wenn einem eine Tat untergeschoben wird, die man nicht begangen hat. Wenn aber die Beweise eine so deutliche Sprache gegen einen sprechen, dass es kaum eine andere Erklärung geben kann. Die bei einer derart offensichtlichen Sachlage auch keiner sucht. Schon aus dieser Lage heraus gibt es kaum eine andere Chance als selbst nach der Wahrheit zu suchen. Auf wen kann da nur der Verdacht fallen? Wenn nur eine andere Person an der Operation beteiligt war? Eine glückliche Ablenkung bietet der Auftrag von Newton, der noch einen viel größeren Verdacht hegt. Wenigstens einer, der noch Vertrauen hat.

Rasant beginnt dieser Roman, um dann erstmal in ruhigere Fahrwasser zu gleiten. Doch gerade die unaufgeregte Art Vines, seine zielstrebige Suche nach der Wahrheit, um sich selbst reinzuwaschen, aber auch um den Umtrieben im Geheimdienst auf die Spur zu kommen, führt dazu, dass man immer gebannter liest. Vine als studierter Mathematiker geht mit bestechender Logik voran. Auch wenn ihm die Hinweise und Andeutungen nicht gefallen, er macht weiter. Hinter jeder Ecke kann einer lauern, dem er nicht trauen kann. Wie unheimlich, wenn es sich dabei um Arbeitskollegen handeln kann. Ein Plan, der sich nach und nach entfaltet und der am Glauben an das eigene Weltbild zweifeln lässt. In Vines Haut möchte man nicht stecken, doch verfolgt man gefesselt jedem seiner Schritte, immer in der Furcht, dass er eine noch aufrüttelndere Entdeckung macht.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Bootsfahrt

Flavia de Luce 9 - Der Tod sitzt mit im Boot
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Nun ist Flavia de Luces Vater schon ein halbes Jahr tot und unter den Schwestern geht es drunter und drüber. Alle drei sind noch sehr jung, viel zu jung, um Waisen zu sein. Wirklich helfen kann da auch ...

Nun ist Flavia de Luces Vater schon ein halbes Jahr tot und unter den Schwestern geht es drunter und drüber. Alle drei sind noch sehr jung, viel zu jung, um Waisen zu sein. Wirklich helfen kann da auch der treue Dogger nicht. In der Hoffnung, dass sich die Wogen etwas glätten, unternimmt er mit den Mädchen eine Bootsfahrt. Doch wenn man Flavia kennt, ahnt man schon, dass sie nicht einfach eine Hand durchs Wasser gleiten lassen kann. Was wohl bei allen anderen gut ginge, führt bei Flavia dazu, dass ihre Hand an einem Hindernis hängen bleibt, genau genommen an dem offenen Mund einer Leiche.

Man mag es sich nicht vorstellen, schließlich würde man ja an fremden Zähnen hängen bleiben, brrr. Flavia ist glücklicherweise abgebrühter und gemeinsam mit Dogger bringt sie die Leiche ans Ufer. Die günstige Gelegenheit muss genutzt werden, solange die Polizei noch nicht vor Ort ist, untersucht Flavia die Leiche. Und sofort fallen ihr einige Ungereimtheiten auf, die später genauer untersucht werden müssen. Für ein paar Tage müssen die de Luces und Dogger am Ort bleiben, bis der Todesfall genauer geklärt ist. Für Flavia ist es eine willkommene Ablenkung von ihrer Trauer, eigentlich wollte sie sterben, doch mit dem rätselhaften Todesfall kommt wieder Leben in ihr Herz.

Der Mensch ist doch ein sehr anpassungsfähiges Wesen, auch wenn er meint, nach einer Katastrophe kann es nicht mehr weitergehen, wird er doch erfahren, dass nach einer gewissen Zeit der Trauer und des Stillstands ein Licht am Horizont auftaucht, durch welches die alten Lebensgeister wieder erweckt werden. Das in Flavias Fall das Licht in Form einer Leiche daherkommt, ist schon etwas speziell, typisch Flavia eben. Man ist richtig froh für Flavia, wie sie ihre chemischen Untersuchungen durchführt und mit den Ergebnissen ein paar Denkübungen macht, wodurch sich tatsächlich ein anderer Ansatz für den Leichenfund offenbart als der Unfall, zu dem er durch die Polizei gemacht werden soll. Dogger ist dabei eine große Hilfe, seine denkerischen Fähigkeiten stehen Flavias in nichts nach und sogar ihre Schwestern erweisen sich als hilfreich. Flavia müht sich mit dem schmerzlichen Verlust und mit dem Erwachsen werden, doch wie auch schon in ihren vorherigen Auftritten müht sie sich leichtfüßig und sympathisch.

Flavia de Luce, 12 Jahre, eine außergewöhnliche Ermittlerin, der man gerne bei der Entwicklung vom naseweisen Kind zur integren Jugendlichen zuschaut.

Veröffentlicht am 18.12.2018

Meeresbraut

Das tote Mädchen vom Strand
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Anscheinend hat die junge Amanda Selbstmord begangen. Wie hingesunken lag sie am Strand. Ihre Eltern wussten von ihren Problemen und konnten doch nichts tun. Und nun machen sie sich Vorwürfe. Die Journalistin ...

Anscheinend hat die junge Amanda Selbstmord begangen. Wie hingesunken lag sie am Strand. Ihre Eltern wussten von ihren Problemen und konnten doch nichts tun. Und nun machen sie sich Vorwürfe. Die Journalistin Jenny, erst kürzlich vom Festland nach Guernsey zurückgekehrt, hat eigentlich kaum eine Story, jedenfalls keine, die den Chefredakteur interessiert. Bis ein junger Mann davon erzählt, wie er im Feenkreis eine Strohpuppe gefunden hat, die auf ihre raue Art der Toten sehr geähnelt habe. Nun ist Jennys Reporterinstinkt geweckt. Möglicherweise ist doch mehr dran an der Geschichte der jungen Frau. Wurde sie etwa bedroht?

Auf der britischen Kanalinsel Guernsey leben ca. 64.000 Einwohner, in den einzelnen kleinen Orten kennt also jeder jeden. Etwas, das die junge Jennifer Dorey nicht vermisst hat als sie nach Hackney, London, gegangen ist. Nachdem sie sich dort zu sehr bei einer Reportage engagiert hat und kurz darauf auch noch ihr Vater starb, hat sie bei der heimatlichen Zeitung eine Stelle angenommen. Und nun hat sie wieder eine Witterung aufgenommen. Sie glaubt einfach nicht, dass die Verstorbene sich einfach so umgebracht hat. Und tatsächlich stößt Jenny auf Hinweise, die weitere Nachforschungen erforderlich erscheinen lassen. Dabei teilt sie ihre Informationen auch mit DCI Michael Gilbert, der als Polizist nach einem Ereignis ein Außenseiter geblieben ist, sich nach einer familiären Tragödie jedoch als gewissenhafter und akribischer Polizist arriviert hat.

Zunächst geht es recht langsam los. Die Journalistin Jenny glaubt zunächst, dass sie zwar traurige aber eben doch alltägliche Geschichte über einen Selbstmord schreibt. Doch es passiert, was in einem Kriminalroman passieren muss, eigentlich wegen einer Kleinigkeit, die nicht passt, beginnt Jennifer Dorey nachzuforschen, ob denn tatsächlich alles so war wie es sich dargestellt hat. Und nach und nach meist im Zusammenspiel mit DCI Gilbert stößt sie auf eine größere Geschichte. So geschickt wird die Spannung gesteigert, dass man es zunächst kaum bemerkt. Man reflektiert etwas über das Leben auf der zweitgrößten Kanalinsel und denkt, dass man dort einmal Urlaub machen könnte. Und plötzlich steckt man mitten in einem packenden Insel-Krimi, der sich ganz anders entwickelt als man zu Beginn annimmt. Dieser Krimi kann durchaus auch ein Aushängeschild für Guernsey sein, gleichzeitig erfährt man, dass auch in so einem kleinen Umfeld, wo fast jeder jeden kennt, das Verbrechen manchmal näher liegt als man vermuten würde.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Durchkommen

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Archie Ferguson ist der Enkel eines Einwanderers, der Anfang des 20. Jahrhunderts an der Freiheitsstatur ankommt. Er wird im Jahr 1947 geboren. Sein Vater ist Sam Ferguson, einer von drei Brüdern. Rose, ...

Archie Ferguson ist der Enkel eines Einwanderers, der Anfang des 20. Jahrhunderts an der Freiheitsstatur ankommt. Er wird im Jahr 1947 geboren. Sein Vater ist Sam Ferguson, einer von drei Brüdern. Rose, seine Mutter, ist Fotografin. Archie selbst ist ein gewitzter Junge, der in Schule und Ausbildung überzeugt.

Mit diesen trockenen Worten kann man den Rahmen umschreiben, der den Hintergrund dieses Romans bildet. Eigentlich geht es um vier mögliche Leben, von denen eines dem echten am nächsten kommt. Vier Archies, deren Familien an gewissen Wendepunkten in unterschiedliche Bahnen gelenkt werden. Mal gerät die Familie fast in Armut, mal hat der Vater eine glückliche Hand. Mal wird Archie, der in jedem Fall interessiert ist auch ein guter Sportler, mal wird die sportliche Laufbahn jäh gestoppt. Mal zieht es Archie mehr zum Journalismus, mal eher zur künstlerischeren Art des Schreibens. Mal wird steht sein Leben auf dem Spiel, mal ist es ihm vergönnt, ein Buch gedruckt zu sehen. Mal wird aus der Freundin eine Stiefschwester, mal wird aus der Jugendfreundin eine erste Freundin. Vier unterschiedliche Lebenswege in den ersten Kinder-, Jugend- und Erwachsenenjahren.

Diese Idee ausgehend von der Geburt des Archie Ferguson vier unterschiedliche mögliche Lebenswege zu beschreiben ist schon genial. Der Witz des Anfangs ist der Witz am Ende und dazwischen liegt eine reiche Welt, in der man seine Sympathien verteilen kann. Jede Inkarnation eines Archie hat etwas, in teilweise sehr emotionalen Szenen taucht man in die verschiedenen Leben ein. Am herzzerreißensden sind dabei die freien Stellen, die Platz lassen für die Phantasie, aber auch das Bedauern, über das, was nicht geschrieben wurde. Vier Archies, von denen einer dem Schreibenden am nächsten kommt, vier Archies, die alle für sich einnehmen können. Leben mit Höhen und Tiefen, die abschrecken oder auch bezaubern können.

Nicht immer ganz einfach zu lesen ist dieser für Ideen sprühende Roman, lässt man sich jedoch darauf ein, hat man ein Leseerlebnis, das man sicher in Erinnerung behalten wird.

Veröffentlicht am 15.12.2018

Schneebedeckte Berge

ABWÄRTS
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In einem Skiresort in Kanada trainieren sie alle, die Einheimischen, die aus dem Nachbarort, die Deutschen, alle eben. Nicht gut für die Reputation des Ortes ist da natürlich, wenn bei Training ein Unfall ...

In einem Skiresort in Kanada trainieren sie alle, die Einheimischen, die aus dem Nachbarort, die Deutschen, alle eben. Nicht gut für die Reputation des Ortes ist da natürlich, wenn bei Training ein Unfall passiert. Die neue Sicherheitschefin Kalin, die Pistenbereiter, das Hilfspersonal, alle im Resort versuchen für das Wohlergehen der Sportler zu sorgen. Schon zu Beginn der Trainingssaison allerdings stürzt Steve McKenzie, einer der unbeliebtesten aber auch einer der besten Fahrer. Vielleicht empfindet da mancher etwas Schadenfreude, doch als sich herausstellt, dass der Sportler den Sturz nicht überlebt hat, ist das Entsetzen groß. Neben der Polizei versucht auch Kalin herauszufinden, wie es zu dem schweren Unfall kommen konnte.

Gerade passend für die Jahreszeit ist dieser Winterkrimi. Kalin Thompson, gerade erst zur Sicherheitschefin befördert, muss gleich zu Beginn ihrer Laufbahn ermitteln, wie ein junger Sportler während des Trainings zu Tode kommen konnte. Schnell stellt sich heraus, dass es bei dem Unfall nicht mit rechten Dingen zuging. Dadurch kommt Kalin, die einfach ins kalte Wasser gestoßen wurde, noch mehr unter Druck. Sie kann sich nicht den kleinsten Fehler leisten, schließlich geht es neben der Klärung der Todesumstände auch um den Ruf der Ski-Anlage, die mit guten Ski- und Trainingsangeboten schließlich ihr Geld verdient.

Abfahrt, Super-G, etc. Wer den Skisport mag und sich gerne in eine winterliche Landschaft versetzen lässt, wird an diesem Krimi sicherlich viel Gefallen finden. Die sympathische Kalin Thompson und ihr Freund, der Feuerwehrmann Ben, halten fest zusammen. Als sogenannte Minipolizeichefin ermittelt Kalin zwar nicht wie die Polizei, doch auch sie stellt Nachforschungen an, schließlich will auch der Chef über alles, was in seinem Laden vorgeht, informiert sein. Damit ist dieser Krimi sowohl vom Setting her als auch von der Ermittlerin her etwas anders angelegt als üblich. Das gibt einen besonderen Reiz, der das Buch von der Masse abhebt. Ebenfalls spannend ist es, einen kleinen Einblick zu gewinnen, wie es während verschiedener Trainingslager in einem Skiresort zugeht.