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Veröffentlicht am 23.02.2019

Anspruchsvoller Roman über die Bedeutung von Heimat und Vergangenheitsbewältigung

Was uns erinnern lässt
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Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten ...

Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten Deutschland, sondern auch das Thema Zwangsumsiedlung zu elementaren Komponenten ihres Werkes gemacht hat. Behutsam und mit sehr persönlichem Bezug bringt die Autorin den Lesern Hintergrundinformationen näher, die auch Jahre nach der Wiedervereinigung einem Großteil der Bevölkerung sicherlich nicht bekannt sind oder deren Ausmaß vielen Menschen nicht bewusst ist. Dieses bewegende Werk zeichnet sich nicht nur durch ein unglaubliches Maß an Authentizität (– sowohl in Ausarbeitung der Figuren, Glaubwürdigkeit der Dialoge als auch des Lokalkolorits –) aus, sondern besticht zudem durch die unheimlich intensive Recherche, die der Story zugrunde liegt. Private Erinnerungen der Autorin sind ebenso in die fiktive Handlung eingewoben worden wie die Erlebnisse von Zeitzeugen. Bereits im vorangestellten Autoreninterview wird deutlich, wieviel Herzblut in die Aufarbeitung dieses Themas, das lange Zeit als Tabu galt, geflossen ist. – Die im Sperrgebiet lebenden Menschen wurden besonders stark von der DDR-Regierung überwacht: viele von ihnen haben nicht nur jahrelang unter Schikanen gelitten, sie haben auch unverschuldet ihr Zuhause verloren, wurden zwangsumgesiedelt.

Hinsichtlich der Handlung spricht die Inhaltsangabe des Verlags für sich. Ich möchte nur so viel ergänzen: In diesem Roman, der zeitweise an Spannung jedem Krimi Konkurrenz machen könnte, steckt weitaus mehr als die Begegnung zweier Frauen (Milla und Christine), die sich gemeinsam daran machen, ein altes Familienrätsel aufzuklären, langersehnte Antworten zu finden, ein Unrecht anzuprangern und Frieden zu schließen – sei es mit der Vergangenheit oder ihren aktuellen Lebensumständen. Wir lesen von starken Frauen, Selbstfindung, der Sehnsucht nach Heimat, dem Wunsch nach Verbundenheit, der Wichtigkeit von Familie…zu einem Großteil vor dem Setting des Rennsteigs im Thüringer Wald, wo einst das mondäne Hotel Waldeshöh der ganze Stolz der Familie Dressel war. Auch die Frage nach dem Einfluss von Social Media auf unsere Selbstwahrnehmung wird angerissen. Erleben wir nur noch, um online darüber zu berichten? Definieren wir uns darüber, wie andere Menschen (– Fremde? –) uns wahrnehmen?

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven und in verschiedenen Zeitebenen, die vom Jahr 1945 bis zur Gegenwart reichen. Ein großes Lob möchte ich der Autorin dafür aussprechen, wie es ihr gelungen ist, derlei unterschiedliche Handlungsstränge gekonnt abwechselnd aneinanderzureihen, dass sie nicht nur ein stimmiges Gesamtbild ergeben und einen tiefen Einblick in den Charakter der Figuren ermöglichen, sondern auch die Spannung konstant aufrechterhalten. Alle Kapitel bauen logisch aufeinander auf und die Handlung ist zu jeder Zeit verständlich; saubere Cuts zwischen den Handlungssträngen &/oder Erzählperspektiven verhindern jegliche Gefahr, den Überblick zu verlieren. Ich habe besonders die optimistische, durch und durch sympathische Figur Johanna als Inspiration empfunden und bewundere die Intensität, mit der die Autorin auch die Nebenfiguren so lebensnah beschrieben hat, dass man als Leser/in meint, Teil der betreffenden Familie zu sein. Der flüssige, mitreißende Schreibstil tut sein Übriges dazu, dass man das Buch am liebsten in einem Rutsch durchlesen möchte.

Das in kühlen Grautönen gehaltene Cover wirkt sehr nostalgisch und erinnert durch die geringe Farbintensität an eine ausgeblichene Fotografie, an eine Erinnerung (was gestalterisch sehr treffend in Bezug auf den Buchtitel ist). Die junge Frau in der Abbildung sieht nachdenklich aus; sie ist umgeben von Natur, scheint jedoch trotz der sie umgebenden Schönheit des Waldes bedrückt. Woran mag sie wohl denken?

Fazit: Dieser anspruchsvolle, emotionale Roman wirkt lange nach und sollte Pflichtlektüre für jeden Geschichtsunterricht mit DDR-Thematik werden. Ich habe mich nicht nur sehr gut unterhalten gefühlt, sondern auch etwas dazugelernt. Verdiente 5 Sterne, Bravo!

Veröffentlicht am 22.02.2019

Romantic Comedy meets Murder Mystery and History Channel

Die Klosterbraut
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Da will man als angehende Nonne noch einen letzten kleinen Ausflug in den heimischen Wald genießen – und stolpert dem Traummann schlechthin in die Arme…der sich auch noch als zukünftiger Schwager entpuppt. ...

Da will man als angehende Nonne noch einen letzten kleinen Ausflug in den heimischen Wald genießen – und stolpert dem Traummann schlechthin in die Arme…der sich auch noch als zukünftiger Schwager entpuppt. Mit allem hätte Franka gerechnet, aber nicht mit dem Herzklopfen, das Wulf vom Röllberg bei ihr auslöst – und ausgerechnet er soll ihre bildschöne Schwester heiraten, während Franka ein Leben im Kloster vorbestimmt ist…

All jenen Leser/innen, die ansonsten historische Romane eher meiden, da sie einen staubtrockenen, langweiligen Wälzer voller altertümlicher Begriffe, geschwollener Sprache und wenig Mitfieber-Potential befürchten, möchte ich diesen tollen Debütroman von Manuela Schörghofer als lohnenswerten Ausnahme-Ausflug in die Welt der historischen Werke ans Herz legen! Liebenswerte, nachvollziehbare Hauptfiguren, authentische Dialoge, eine Prise Humor, jede Menge Spannung, eine potentielle Love Story und interessante Zusatzinformationen zu den geschichtlichen Hintergründen erwarten euch. Man lernt aufgrund der gründlichen Recherche der Autorin quasi 'nebenbei' mehr über die damalige gesellschaftliche Rolle der Frau und erhält einen Einblicke in das mittelalterliche Klosterleben sowie ritterliche Turniere oder die Kreuzzüge.

Der vorangestellte Abschnitt (Personenverzeichnis inklusive historischer Persönlichkeiten, Städte- und Flussbezeichnungen sowie Glossar der zeitgenössischen Begriffe) ist eher ein 'Zusatzschmankerl' und keine 'Voraussetzung' (um der Handlung folgen zu können) – die Geschichte wäre z.B. auch ohne die Auflistung der vorkommenden Charaktere zu jeder Zeit verständlich und es besteht nie die Gefahr, durcheinanderzukommen, weder was Namen noch Zeitebenen angeht. Die in drei Leseabschnitte eingeteilten Kapitel sind klar strukturiert und bilden eine stimmige Einheit. Szenerie und Erzählperspektive wechseln sich angenehm ab und treiben die Story voran. Die Sprache ist erstaunlich modern gehalten, jedoch auf einem angebrachten Niveau und keineswegs zu umgangssprachlich. Der Schreibstil ist luftig-leicht, enthält viele witzige Elemente und könnte genauso gut aus einem gegenwärtigen Frauenroman stammen.

Das schöne Cover ist in harmonierenden, kräftigen Farben gehalten und lässt bereits das Genre erkennen. Es wirkt allerdings viel ernster als eigentlich nötig und lässt fesselnden Schreibstil, Herzklopfen und Schmunzelfaktor eher schwer erahnen. In diesem Sinne: Don’t judge a book by its cover!

Fazit: Eine klare Leseempfehlung für alle Fans von historischen Frauenromanen! Allen anderen Lesern/innen sei gesagt: Mut zum Reinschnuppern – es lohnt sich!

Veröffentlicht am 20.02.2019

Wundervoll atmosphärischer Cosy Crime Roman vor malerischer Kulisse - ein Traum!

Todesklang und Chorgesang
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Kennt ihr dieses Hochgefühl? Wenn ein Buch euch schon von Klappentext und Cover her so anspricht, dass ihr erwartungsvoll denkt: "Ohhhh, das wird bestimmt gut!" – und dann stellt sich heraus, dass auch ...

Kennt ihr dieses Hochgefühl? Wenn ein Buch euch schon von Klappentext und Cover her so anspricht, dass ihr erwartungsvoll denkt: "Ohhhh, das wird bestimmt gut!" – und dann stellt sich heraus, dass auch der Schreibstil einfach sensationell ist? Ich liebe es!! Genau so ist es mir mit Karin Kehrers herrlich gemütlichem Cosy Crime Roman ergangen, der mich aufgrund der Leichtigkeit, mit der die Autorin bereits in den ersten Sätzen gekonnt eine stimmige Atmosphäre schafft, von Anfang an in den Bann gezogen hat. Ich bin so restlos begeistert von dem Werk, welches ich als E-Book gelesen habe, dass ich mir noch während der Lektüre überlegt habe, mir zusätzlich eine Printversion davon zuzulegen, weil ich genau weiß, dass ich es immer wieder lesen werde und diesen Wohlfühl-Krimi schlichtweg gerne im Bücherregal stehen haben möchte.

Zur Handlung selbst verrate ich nichts, da die Inhaltsangabe in meinen Augen das perfekte Appetithäppchen darstellt!

Die überaus sympathische Hauptfigur, die pensionierte Bee Merryweather, habe ich mit ihrer goldigen Art sofort ins Herz geschlossen; man möchte sie einfach knuddeln! Sie vereint Liebenswürdigkeit, Humor und Scharfsinn und zeichnet sich zudem dadurch aus, dass sie ihren Mitmenschen stets aufgeschlossen begegnet, obwohl sie - als erst vor einigen Jahren 'Zugezogene' - in South Pendrick von vielen Einwohnern noch mit Distanziertheit behandelt wird. Auch die Nebenfiguren sind äußerst charismatisch, nachvollziehbar und authentisch beschrieben. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven – im Gegensatz zu anderen Werken, in denen diese Erzählweise manchmal zu Verwirrungen und/oder aufgrund unterschiedlicher Intensität zur nachteiligen Auswirkung auf den Lesegenuss führen kann, wird hier meisterhaft die Spannung gesteigert. Immer, wenn ich sicher war, eine/n Verdächtige/n ausgemacht zu haben, kam ein überraschender Twist.

Das malerische Setting in Cornwall könnte einer Tourismus-Broschüre entsprungen sein, so reizvoll und bildreich sind die Landschaftsbeschreibungen. Am liebsten würde ich nun auch in ein kuscheliges kleines Cottage in South Pendrick ziehen! Dass ausgerechnet in dieser Idylle ein Mörder sein Unwesen treiben soll, ist natürlich ein Schock für alle Bewohner.

Ein fesselnder, einladender Schreibstil, realistische Dialoge sowie die wohl durchdachte, stimmige Handlungsabfolge machen dieses Werk zu einem absoluten Pageturner, den man nicht aus der Hand legen kann. Ebenfalls bemerkenswert ist die intensive Recherche, welche die Autorin zum musikalischen Hintergrund der Story betrieben und angemessen in die Geschichte eingeflochten hat.

In der ansprechenden und perfekt auf das Genre abgestimmten Covergestaltung setzt sich die Stilsicherheit fort. Kühle, kräftige Farben harmonieren wunderbar mit der Abbildung - trotz aufziehender Wolken über dem kleinen Häuschen, das von einem üppig blühenden Garten umrahmt wird, überwiegt der Eindruck von Beschaulichkeit; man ahnt jedoch bereits, dass eine Bedrohung naht.

Fazit: Ein Muss für alle Fans von Cozy Crime; ich kann dieses Buch allen Lesern nur wärmstens ans Herz legen, es steht nicht ohne Grund ab sofort in meinem Lieblingsbücher-Regal. Schon jetzt fiebere ich dem nächsten Fall von Bee Merryweather entgegen und freue mich so sehr, "Todesklang und Chorgesang" für mich entdeckt zu haben! Ich beglückwünsche die Autorin zu diesem durch und durch gelungenen Werk!

Veröffentlicht am 06.02.2019

Unterhaltsamer Wohlfühlroman mit überraschend viel Tiefgang

Das kleine Theater am Meer
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Rosanna Leys Werk wartet mit vielen Überraschungen auf! Wer sich aufgrund des Titels einen seichten Roman, eine vorhersehbare Liebelei unter mediterraner Sonne erwartet, hat sich geirrt, denn diese vielseitige ...

Rosanna Leys Werk wartet mit vielen Überraschungen auf! Wer sich aufgrund des Titels einen seichten Roman, eine vorhersehbare Liebelei unter mediterraner Sonne erwartet, hat sich geirrt, denn diese vielseitige Geschichte bezaubert mit so viel mehr als "nur" einer Sommerromanze.

Nach abgeschlossenem Studium steht Faye vor der großen Frage: Was nun? Jahrelang hatte sie – entgegen aller Widrigkeiten – auf dieses Ziel hingearbeitet; es war schon immer ihr Traum gewesen, einen anerkannten Abschluss in der Designbranche zu erlangen. Ihr Umfeld hatte damals eher verhalten reagiert, als sie ihren sicheren und gut bezahlten Job an den Nagel gehängt und sich im Alter von Anfang 30 für einen beruflichen Neubeginn entschieden hatte; auch die Beziehung zu ihrem Freund ist darüber in die Brüche gegangen. Ehe Faye jedoch in Selbstmitleid versinken kann, nimmt sie dankbar die Einladung ihrer besten Freundin Charlotte an, diese ein paar Wochen auf Sardinien besuchen zu kommen; nach all dem Prüfungsstress kommt ihr ein Urlaub schließlich gerade recht. Zudem planen Freunde von Charlotte, das alte Theater im idyllischen Inselörtchen Deriu zu renovieren und würden sich sehr über Fayes professionelle Meinung als frischgebackene diplomierte Innenarchitektin freuen. Freudig sagt Faye ihre Unterstützung zu – ohne zu ahnen, dass sie sich bald zwischen den Fronten eines jahrelang schwelenden Konflikts, der die Bewohner Derius in zwei feindliche Lager gespalten hat, wiederfinden wird. Und dann ist da auch noch der unverschämt gutaussehende Alessandro, der Faye mit seiner unnahbaren, mysteriösen Art zwar fasziniert, sich jedoch höchst widersprüchlich verhält und voller Geheimnisse zu stecken scheint. Kann sie ihm trauen? Fest steht: nichts in diesem malerischen Inselstädtchen ist so, wie es scheint…

Neben der Story um die weibliche Hauptfigur Faye, die sehr realistisch dargestellt und in ihren Handlungen und Überlegungen durchaus nachvollziehbar gezeichnet worden ist, zieht vor allem die Nebenhandlung um Fayes Eltern (Molly und Ade) den Leser in den Bann. Man könnte sogar meinen, sie läuft der Hauptstory den Rang ab, weil beide Nebencharaktere so liebevoll und authentisch ausgearbeitet worden sind, dass sie für mich die stillen Helden dieses Werkes sind. Es werden ernste Themen angesprochen, allerdings überwiegen immer ein Gefühl der Leichtigkeit und die Hoffnung darauf, dass sich letztendlich - vielleicht, mit etwas Glück - doch noch alles zum Guten fügen wird. Manchmal ist ein Gewitter nötig, in dem es ordentlich blitzt und donnert, damit man danach den Sonnenschein umso mehr genießen kann. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, somit lernt man als Leser nicht nur Faye, sondern eine Vielzahl von Personen besser kennen, was der Geschichte eine interessante Dynamik verleiht. Es wird nie langweilig, im Gegenteil! Die Spannung wird kontinuierlich gesteigert und man kann nicht umhin, der Auflösung der Ereignisse entgegenzufiebern.

Nicht nur die Figuren sind voller Tiefgang, auch die bildhaften, detaillierten (Landschafts-)Beschreibungen von Fayes Heimat sowie von Sardinien haben mich restlos begeistert. Leuchtende Farben der Natur, betörende Gerüche, kulinarische Köstlichkeiten, das glitzernde Meer…all das wird so mühelos in die Handlung miteingebunden, dass man meint, den Wind auf der Haut spüren zu können, während man mit Faye die Altstadt des verträumten sardischen Ortes erkundet. Gleich im Anschluss an das Werk hat es mich in den Fingern gejuckt, eine Dokumentation über Sardinien anzuschauen, so reizvoll hat die Autorin die Schönheit der Insel beschrieben. Überhaupt ist der flüssige Erzählstil wohl am besten mit dem Wort "einladend" zu charakterisieren.

Das traumhaft anmutende Cover, das mit seinen Pastellfarben und hübschen Ornament-Verzierungen bereits vor dem Lesen zum Träumen einlädt, ist sehr treffend gewählt worden, da die pittoreske Kulisse des kleinen Hafenstädtchens den Zauber des Urlaubsortes perfekt einzufangen weiß. Auch der Buchtitel ist sehr gut durchdacht, da "das kleine Theater am Meer" nicht nur auf das tatsächliche Gebäude in Deriu, sondern auch auf ('renovierungsbedürftige') Beziehungen anspielt.

Fazit: Ein sehr angenehmes Leseerlebnis – inklusive einem Hauch Romantik und jede Menge Urlaubsfeeling! Unbedingte Leseempfehlung für alle Fans von spannenden (Frauen-)Romanen mit Tiefgang.

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Veröffentlicht am 03.02.2019

Ein literarisches Meisterwerk!

Ich gab ihm mein Wort
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Hin und wieder hat man das Glück, ein Buch zu lesen, welches den eigenen Horizont, das eigene Bewusstsein so sehr erweitert, dass man im Anschluss die Welt mit anderen Augen sieht. "Ich gab ihm mein Wort" ...

Hin und wieder hat man das Glück, ein Buch zu lesen, welches den eigenen Horizont, das eigene Bewusstsein so sehr erweitert, dass man im Anschluss die Welt mit anderen Augen sieht. "Ich gab ihm mein Wort" ist so ein Buch. - Ein brillantes, mitreißendes Südstaaten-Meisterwerk, das einen ehrfürchtig, tief bewegt und zuversichtlich zurücklässt.

Tennessee, November 1864. Seit einigen Jahren fordert der blutige Sezessionskrieg zwischen den Armeen der Nordstaaten (Union) und Südstaaten (Konföderation) erbarmungslos immer mehr Opfer, Amerika gleicht einem einzigen Schlachtfeld. Einer der Hauptgründe für den militärischen Konflikt ist die Uneinigkeit über Frage der Sklavenhaltung – die Südstaaten wollen die Abschaffung der Sklaverei um jeden Preis verhindern. In diese bedeutungsschwere Zeit, welche die Zukunft der nachfolgenden Generationen prägen wird und den Grundstein legt zu den Vereinigten Staaten von Amerika, wie wir sie heute kennen, entführt Bestsellerautorin Tamera Alexander ihre Leser.

Bereits das in angenehmen Blautönen gehaltene Cover strotz vor Südstaaten-Flair. Ich habe im Nachhinein erfahren, dass die abgebildete Villa tatsächlich die im Roman erwähnte Plantage ist. Eine hübsche Frau, gemäß der damaligen Mode gekleidet, blickt besorgt zum Horizont. Sofort möchte man mehr erfahren – wer ist die Dame, wie ist ihr Leben mit diesem herrschaftlichen Anwesen verbunden und wieso wirkt sie so nachdenklich?

Kurz vor Ende des Krieges kommt es nahe der Carnton Plantage in Franklin, Tennessee, wo die junge Lizzie Clouston bei der McGavock-Familie als Hauslehrerin für deren zwei Kinder angestellt ist, zum Desaster: eine der grausamsten und für den Süden verlustreichsten Schlachten des Amerikanischen Bürgerkrieges wütet direkt vor den Augen der entsetzten Plantagenbewohner. Innerhalb weniger Stunden gleicht die vornehme Südstaaten-Villa einem überfüllten Lazarett, in dem die verwundeten Soldaten mit dem Tod ringen. Mit notdürftigen Mitteln werden lebensrettende Operationen durchgeführt, die Schmerzensschreie der Verletzten hallen durch die Nacht. Anstatt der beschaulichen, ländlichen Idylle, die bisher ihr Leben ausgemacht hatte, nachzutrauern und in eine Schockstarre zu verfallen, wachsen die McGavocks, Lizzie und Haussklavin Tempy über sich hinaus – sie assistieren den Ärzten bei Amputationen, umsorgen die Soldaten und werden für ihre bedingungslose Hilfsbereitschaft und Güte für immer unvergessen bleiben. Eine zarte Liebesgeschichte ist in die Wirren des Krieges eingeflochten worden – nur so viel sei verraten: private Gefühle und Gedanken werden mit gleicher Intensität behandelt wie die dramatischen historischen Ereignisse. Ergreifende Schicksale in Zeiten des Umbruchs: neue Prioritäten bahnen sich ihren Weg, eine neue Gesellschaftsordnung rüttelt an alten Konventionen.

Diese wahre Geschichte, in der nahezu alle (!) Hauptcharaktere, einschließlich der zwei Hauptfiguren Lizzie und Roland, auf echten Personen basieren, hat mich staunen lassen über die Kraft des Glaubens und der Hoffnung, über die Warmherzigkeit und Selbstlosigkeit, mit der Menschen sich auch in Zeiten des Grauens noch zu begegnen vermögen. Man kann nicht umhin, tiefes Mitgefühl für die jungen Männer zu empfinden und sie für ihren Mut zu respektieren. Trotz der detaillierten und überaus bildreichen Schilderungen des Krieges, die für manch zartbesaitete Gemüter eventuell schwer zu verdauen sein könnten, überwiegt ein positiver, lebensbejahender Eindruck – Loyalität und Ehrlichkeit, Liebe, Gerechtigkeit und Zuversicht werden zelebriert und machen das Buch zu einem unvergleichlichen Leseerlebnis, das noch lange bei mir nachgewirkt hat.

Die beeindruckende Recherchearbeit der Autorin hat mich restlos begeistert, selten habe ich solch ein reales, durch und durch authentisches Werk gelesen. Auf ihrer Homepage (www.tameraalexander.com) finden die Leser interessante Hintergrundinformationen, inklusive Fotos der Plantage und der im Buch vorkommenden Charaktere. Tatsächlich sind nur sehr wenige fiktive Elemente in der Story enthalten und ich kann Tamera Alexander nicht genug beglückwünschen zu diesem gelungen Werk, welches dem Begriff Sezessionskrieg ein Gesicht gibt und die betreffenden Personen entsprechend würdigt.

Oftmals erleben Romanfiguren in Werken dieses Genres radikale Kehrtwenden in ihren persönlichen Einstellungen, um sich entsprechend in die Handlung einzufügen – hier ist dies dankbarerweise nicht der Fall. Stattdessen erleben die Leser, wie Charaktere nach und nach ihr bisheriges Denken in Frage stellen, ein Wechselbad der Gefühle erleben, wachsen. Die unglaublich tiefgründig ausgearbeiteten Figuren wirken auch deshalb so glaubwürdig, da ihre (realen) Nachkommen mittels Erzählungen und Zurverfügungstellung von historischen Briefen der Autorin ermöglicht haben, die beschriebenen Charaktere tatsächlich ein Stück weit 'kennenzulernen'.

Fazit: Ein literarisches Werk der Superlative, das ich allen Fans von historischen Romanen mit starken Frauenfiguren wärmstens empfehlen kann! Was für ein umwerfendes Buch, welch eine wichtige Botschaft - den Glauben an Gott nicht aufzugeben - und was für eine berührende wahre Geschichte, die es verdient, erzählt zu werden. BRAVO! Ich kann es nicht erwarten, weitere Werke von Tamera Alexander zu lesen!