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Veröffentlicht am 24.03.2019

Neue Familiensaga um ein Weingut in der Toskana

Die Frauen der Villa Fiore 1
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Mit ihrem neuersten Roman reist Constanze Wilken diesmal nicht nach Wales, sondern in die sonnige Toskana. "Die Frauen der Villa Fiore - Guilias Geschichte" ist der Auftakt einer Reihe rund um die Schwestern ...

Mit ihrem neuersten Roman reist Constanze Wilken diesmal nicht nach Wales, sondern in die sonnige Toskana. "Die Frauen der Villa Fiore - Guilias Geschichte" ist der Auftakt einer Reihe rund um die Schwestern Massinelli. Im ersten Band dreht sich alles um die älteste Tochter Giulia, die seit Jahren in den USA lebt. Nach einem beruflichen und privaten Schicksalschlag kehrt sie in den Schoß der Familie zurück. Die Beziehung zu ihrem Vater Lorenzo ist und war immer schon schwierig. Er macht es Giulia auch alles andere als leicht, denn er verstand nie, warum seine älteste Tochter nichts für das Weingut übrig hatte und lieber Wirtschaftsprüferin wurde.
Doch auch Giulia muss erst ihre Wunden lecken, bevor sie sich über ihre weitere Zukunft den Kopf zerbrechen kann. Das passiert jedoch schneller als geplant, denn jemand will dem Weingut, das sich auf biologischen Anbau spezialisiert hat, schaden. Es häufen sich Unfälle und Fehler. Als Frau vom Fach bemerkt sie schnell, dass die finanzielle Lage ebenfalls allles andere als rosig ist. Gemeinsam mit dem amerikanischen Önologen Paul Reed versuchen die Massinellis besten Wein zu produzieren und dem Saboteur auf die Schliche zu kommen....

Constanze Wilken hat sich enormes Wissen über den biologischen Weinbau für diesen Roman zugelegt und perfekt recherchiert. Als Leser erfährt man sehr viel über die Herstellung und den Anbau von Wein. Die Autorin lässt dieses Wissen verständlich und nebenbei miteinfließen, sodass man selbst als Laie keinerlei Probleme hat. Als Leser lernt man auch die Aufgaben eines Önologen und Flying Winemakers kennen. Obwohl ich nur unweit einer Weinregion wohne, war mir dieser Beruf unbekannt. In einem kleinen Nebenstrang erfährt man mehr über Paul, der nicht nur als Önologe arbeitet, sondern selbst ein kleines Weingut in Kalifornien besitzt.

Besonders gelungen ist die landschaftliche Beschreibung der Toskana. Mit dem wunderbaren Cover im Kopf träumt man sich in die hügelige Weinlandschaft und spürt die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut. Mit dem Nebenstrang zu Pauls Geschichte spazieren wir als Leser auch durch das kalifornische Nappa Valley, wo Paul seinen eigenen Wein herstellt und dessen Weingut von seinem Großvater Noah betrieben wird.
Etwas Spannung bringen auch die Sabotageakte und ein Familiengeheimnis in die Geschichte. Und die Liebe kommt ebenfalls nicht zu kurz. Trotzdem zieht der Roman erst nach der zweiten Hälfte so richtig an, mit der Folge, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die erste Hälfte fand ich hingegen noch zum eingwöhnen in die Geschichte. Hier fehlte es mir noch ein bisschen am gewissen Etwas.

Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet. Bei Giulia brauchte ich ein bisschen und musste mich erst an sie "gewöhnen". Doch bald verstand ich ihren Zwiespalt und ihr Problem den Platz in ihrer Familie wiederzufinden. Die Streitereien mit ihrem Vater und die oftmaligen Zurückweisungen von seiner Seite aus, taten mir im Herzen weh. Beide Figuren sind aber auch ziemlich stur...
Hingegen sind mir Paul und Noah sehr schnell ans Herz gewachsen. Paul ist ein besonnener und ehrlicher Typ, der für seinen Beruf lebt. Bianca und Milena, Giulias Schwestern, bleiben noch etwas blass. Ihnen wird aber jeweils ein weitere Band rund um die Familie Massinelli gewidmet, deswegen denke ich, dass dies gewollt ist. Trotzdem erkennt man schon, wofür die beiden Schwestern brennen: für gute Küche und Pferde.
Was ich ein bisschen vermisste war das für mich typisch italienische Flair und das Temperament der Italiener. Man hatte zwar wunderbare bildhafte Beschreibungen der italienischen Landschaft, aber bei den Figuren hätte ich mir noch ein bisschen mehr Power gewünscht. Einzig Nonna Teresa hatte mehr als genug davon ;)

Das Ende bleibt ein bisschen offen, wobei es schon den Wink mit dem Zaunpfahl gibt, dass dieser Roman nicht alleinstehend sein wird. Ich freue mich schon auf Biancas Geschichte!

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr bildhaft, blumig und lässt sich sehr gut lesen. Nochmals besonders hervorheben muss ich die bildgewaltige Darstellung der Location. Die Kapitel sind eher kurz gehalten.

Fazit:
Ein netter Auftakt einer dreiteiligen Familiensaga in der sonnigen Toskana, der sich für mich erst ab der Hälfte so richtig entfalten konnte. Wunderbare bildhafte Beschreibungen der Landschaft und authentische Charaktere runden die Geschichte um den Weinanbau und die Herstellung des kostbaren Tropfen ab. Kleine Spannungselemente und eine (vorhersehbare) Liebesgeschichte sind noch das Topping des Ganzen.

Veröffentlicht am 12.03.2019

Wichtiger Roman

Das Verschwinden des Josef Mengele
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Dieses Buch behandelt das Leben des "Todesengels" von Ausschwitz, Josef Mengele, nach seiner Flucht 1948 über die "Rattenlinie" nach Südamerika. Mit einem neuen Namen und der Gewissheit in Argentinien ...

Dieses Buch behandelt das Leben des "Todesengels" von Ausschwitz, Josef Mengele, nach seiner Flucht 1948 über die "Rattenlinie" nach Südamerika. Mit einem neuen Namen und der Gewissheit in Argentinien unter Diktator Péron ein neues Leben beginnen zu können, nahm er nach seiner Ankunft in Buenos Aires 1949 die Verbindung zum wohlorganisierten Netzwerk aus Unterstützern auf. Der Kontakt zu seiner reichen Günzburger Familie, die einen Landmaschinenhandel betrieb und sogar über Mengele nach Südamerika lieferte, blieb immer bestehen. Kindheitsfreund Hans Sedlmeier und ein weitverzweigtes Netz von Nazi-Seilschaften in Südamerika, sowie in Deutschland, ließen ihn in Argentinien ein angenehmes Leben führen. Erst nach dem Sturz Pérons, den Aktivitäten des deutschen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer sowie der Verurteilung und Hinrichtung Eichmanns beginnt sein gut geführtes Leben zu bröckeln. Im Laufe der Jahre wechselt Mengele öfters seinen Namen und den Wohnort. Nach einer langen Zeit in Argentinien lebt er anschließend in Paraguay und später in, wo er erst 1979 beim Baden im Meer ertrinkt. Seine Verbrechen blieben ungesühnt.

Für mich war es unvorstellbar, dass es der Justiz nicht gelang Mengele aufzuspüren bzw. wie lange es dauerte bis überhaupt nach den geflohenen Naziverbrechern gesucht wurde.
Wie das Nachkriegsdeutschland, aber auch der Rest der Welt, das Thema lange Zeit ausschließt und nicht aufarbeitet, lässt mich verständnislos den Kopf schütteln. Erst in den späten 1970er Jahren beginnt man die Verbrechen aufzuarbeiten und startet mit der Suche, die vorallem von Israel und dem Mossad, angeführt wurde. Diese Suche wikt zu Beginn noch sehr unstrukturiert und mangelhaft und führt im Laufe der Jahre dazu, dass viele Naziverbrecher nicht aufgespürt wurden.

Der Roman oder die Biografie liest sich sehr emotionslos und kühl. Das Buch lässt sich generell schlecht einordnen, denn als Roman ist es zu dokumentarisch angelegt. Es gibt kaum Dialoge, es ist sehr sachlich gehalten und an einigen Stellen zeitraffend. Die dreißig Jahre, die Mengele nach dem Verlassen Europas in Südamerika lebt, werden rasch abgehandelt.
Der Autor zeigt Mengele als aufbrausenden und lamentierenden Mann, der oft im Selbstmitleid versinkt und keinerlei Reue oder Einsicht zeigt. Er versteht nicht, warum ein Mann von seinem Ruf, sowie seiner Hingabe für Führer und Vaterland, immer seine Flucht vor Augen haben muss und nicht anerkannt wird. Mengele ist oft ein ängstlicher einsamer Mann, jedoch bevor man als Leser "Mitleid" mit ihm haben könnte, springt der Autor zurück in die Vergangenheit und erzählt über die Gräueltaten des damaligen Arztes. Selbst als untergetauchter Mann, der auf das Wohl seiner Freunde angewiesen ist, Familien, die ihm unbekannter Weise beherbergen, führt er sich zeitweise wie ein Despot auf. Immer wieder versucht er die Menschen in seinem Umkreis zu manipulieren und seine Überlegenheit auszuspielen.

Die Recherchearbeit des Autors ist bemerkenswert. Die Geschichte selbst ist nicht wirklich spannend geschrieben, sondern wirkt kühl und eher wie ein Sachbuch.

"Immer nach zwei oder drei Generationen, wenn das Gedächtnis verkümmert und die letzten Zeugen der vorherigen Massaker sterben, erlöscht die Vernunft, und die Menschen säen wieder das Böse. (S. 214)"

Diesen Satz möchte ich am Ende so stehen lassen, denn ich denke, dass er nicht weit hergeholt ist und leider ein sehr ungutes Gefühl im Magen verursacht.

Cover:

von links nach rechts:
Am ersten Cover im französischen Original sieht man ein Foto des Autors, danach folgt die italienische Ausgabe, die französische, die niederländische und die spanische.

Fazit:
Das Buch ist schwer einzuordenen. Es ist sachlich, und eher dokumentarisch mit kaum Dialogen. Auf jeden Fall ist es ein sehr wichtiges Buch, das aufzeigt, wie rücksichtslos und unbelehrbar Mengele und seine Nazifreunde waren. Lektüren wie diese sollten uns immer wieder aufzeigen, wie grausam der Mensch sein kann und dass diese Gräueltaten auch in Zukunft passieren können. #gegendasvergessen

Veröffentlicht am 05.03.2019

Eine geheimnisvolle Schneekugel

Die Fliedertochter
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Teresa Simon zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, wenn es um Romane auf zwei Zeitebenen geht. Ich habe "Die Frauen der Rosenvilla", "Die Holunderschwestern" und "Die Oleanderfrauen" gelesen und alle drei ...

Teresa Simon zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, wenn es um Romane auf zwei Zeitebenen geht. Ich habe "Die Frauen der Rosenvilla", "Die Holunderschwestern" und "Die Oleanderfrauen" gelesen und alle drei geliebt. Deshalb habe ich schon ungeduldig auf ihren neuen Roman gewartet, der sogar in meiner Heimat Österreich, nämlich in Wien spielt.

Wie gewohnt verfolgt man als Leser wieder zwei Frauen auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart reist die 30jährige Paulina von Berlin nach Wien, um für ihre mütterliche Freundin Toni, die erkrankt ist, ein Tagebuch abzuholen. Es soll sich um ein Vermächtnis eines Bekannten handeln. Paulina, gerade auf "Beziehungspause" von ihrem (Ex?)freund, will noch ein paar Tage anhängen, um auszuspannen und sich betreffend ihrer Gefühle klar zu werden. Im Gepäck hat sie ihren Talisman: eine Schneekugel mit dem Wiener Riesenrad aus dem Jahre 1936. In Wien wird sie liebevoll von der Familie Brunner aufgenommen, die ihr die Aufzeichnungen einer Luzie Kühn überreichen. Paulina vertieft sich in das Tagebuch aus dem Nachlass von Lena Brunners Vater und begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit....
Es sind die Jahre 1936-1944 und wir lernen diese ominöse Luzie Kühn kennen, die ebenfalls von Berlin nach Wien reist. Die junge Soubrette ist Waise und wurde von ihren jüdischen Großeltern aufgezogen. Als Halbjüdin raten sie ihr Berlin zu verlassen und bei ihrer arischen Tante Marie unterzukommen. Diese gibt sie als ihre Tochter aus und nimmt sie liebevoll in die Familie auf. Doch auch in Österreich wendet sich die Bevölkerung immer mehr gegen die Juden und als Hitler einmarschiert wird Wien für Luzie ebenfalls zur Gefahr...
In einem weiteren Handlungsverlauf aus der Gegenwart treffen wir auf Simone, Paulinas Mutter, die sich mit ihrer Freundin in Italien auf dem Pilgerweg und den Spuren von Franz von Assisi befindet.

Während Paulina im Tagebuch liest, packt sie die Luzies Lebensgeschichte immer mehr. Sie ist erschüttert über den Judenhass und die grausame Verfolgung der Menschen, die sich gegen das Regime stellen. Die Einträge aus dem Tagebuch werden in der Ich-Form von Luzie erzählt und durch weitere Erzählungen aus der Vergangenheit ergänzt, die in der 3. Person aus Luzies Sicht dargestellt werden. Die Autorin hat hier wieder hervorragend recherchiert.

Der Schauplatz des Romans ist Wien. Teresa Simon hat den Charme und den Flair unserer Bundeshauptstadt wunderbar eingefangen. Ich wanderte mit Paulina durch den ersten Bezirk, besuchte die Konditorei Demel und sah mir das Mahnmal der österreichischen jüdischen Opfer der Schoah am Judenplatz an. Genauso schlemmte ich Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat, besuchte das Mozartgrab am Sankt Marxer Friedhof und fuhr im Prater Riesenrad. Teresa Simon hat neben den grauenhaften Erzählungen aus der Zeit während des zweiten Weltkrieges den Leser auch an einer Reise durch das Wien von heute teilhaben lassen. Sie hat so bildhaft und lebendig erzählt, dass sie in jedem Leser die Sehnsucht weckt den nächsten Flug oder die nächste Bahnfahrt in die österreichische Hauptstadt zu buchen.

Den Vergangenheitsstrang fand ich wie meistens bei Büchern auf zwei Zeitebenen gelungen. Trotzdem fand ich Luzie anfangs etwas flatterhaft, überschwänglich und naiv. Luzies Verhalten änderte sich mit dem Einmarsch von Hitler in Österreich. Die Liebesgeschichte, die fast in einer Dreiecksgeschichte endet, konnte mich nicht zu 100% überzeugen. Auch Paulina wuchs mir nicht richtig ans Herz. Es gab viele Parallelen zu Luzie und auch hier überzeugte mich die Liebesgeschichte nicht wirklich. Einige Entwicklungen fand ich etwas vorhersehbar und verblüffen konnte mich die Autorin diesmal nur mit einer überraschenden Wendung.
Für mich als Teresa Simon Fan war das neu...vorallem, wo der Roman auch noch in meiner Heimat spielt. Das hört sich jetzt alles viel negativer an, als es wirklich ist, denn ich habe an die Romane der Autorin immer sehr, sehr große Erwartungen....
Die restlichen Leser der Leserunde waren begeistert und ich kann ehrlich nicht sagen, warum mich "Die Fliedertochter" diesmal nicht 100ig überzeugen konnte...

Fazit:
Wieder ein gelungener Familienroman auf zwei Zeitebenen, allerdings konnte er mich diesmal nicht hundertprozentig überzeugen. Ich wurde mit beiden Protagonisten nicht ganz glücklich und fand auch einiges an der Geschichte vorhersehbar. Die bildhaften Beschreibungen von Wien und seinen schönsten Plätzen, sowie all den Köstlichkeiten, die man bei uns schlemmen kann, waren allerdings ausgezeichnet geschildert. Für mich leider das schwächste Buch der Autorin, aber trotzdem ein toller Roman.

Veröffentlicht am 18.02.2019

Der Zauber der Musik

Der Klang deiner Liebe
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Alexandra steht kurz vor der Hochzeit mit dem Orchestermusiker Johann, als ein tödlicher Autounfall ihn frühzeitig aus dem Leben reißt. Die junge Frau versinkt in tiefe Trauer. Die gemeinsame Liebe zur ...

Alexandra steht kurz vor der Hochzeit mit dem Orchestermusiker Johann, als ein tödlicher Autounfall ihn frühzeitig aus dem Leben reißt. Die junge Frau versinkt in tiefe Trauer. Die gemeinsame Liebe zur Musik hat die beiden Liebenden verbunden, doch nun ist jede Melodie in Alexandra verstummt. Sie versucht ihre Trauer durch Reisen in fremde Länder zu kompensieren und landet schlussendlich auf der Nordseeinsel Norderney. Mit dem Geld von Johanns Lebensversicherung richtet sie das Häuschen von Johanns Mutter Marianne her. Es wird zu einer kleinen Pension, die vorallem Menschen willkommen heißt, die ebenfalls schmerzliche Erfahrungen machen mussten. Mit ihrem Verständnis und ihrer einfühlsamen Art findet Alexandra zu sich selbst und hilft gleichzeitig auch ihren Gästen. Als jedoch ein sehr in sich verschlossener junger Mann mit seinem gehbehinderten Freund auftaucht, spürt Alex erstmals wieder so etwas wie Anziehung und hört wieder eine leise Melodie in ihrem Herzen...

In "Der Klang deiner Liebe" geht es vorallem um Trauerbewältigung und um Vergebung. Ich kenne die Autorin bereits aus anderen Romanen, die sie unter ihren Namen Elisabeth Büchle schreibt. Ihren Schreibstil finde ich unter ihrem Pseudonym Noa C. Walker noch poetischer und detailverliebter. Die Landschaftsbeschreibungen der Nordseeinsel Norderney, die Wetterbedingunen und das ganz spezielle Inselflair hat die Autorin wunderbar eingefangen. Als Österreicherin habe ich kaum Zugang zum typischen Leben am Meer, zu Flut und Ebbe, Meerestierchen und der Schifffahrt. Durch so wunderbar beschriebene Einzelheiten und bildhaften Beschreibungen bekomme auch ich ein sehr gutes Bild von den Gegebenheiten auf einer Insel.
Sehr gut gefallen hat mir auch der musiklische Anteil. Noa C. Walker verbindet viele Gefühle mit Musik. Dadurch fühlte ich mich sofort heimisch im Roman.
Auch die einzelnen Figuren glänzen mit liebevoller und lebendiger Charakterdarstellung. Alle Gedanken und Gefühlsregungen von Alexandra werden durch kursive Schrift vom restlichen Text abgehoben und dem Leser mitgeteilt. Sie ist eine junge Frau voller Herzlichkeit und Anteilnahme. Sie geht auf andere Menschen zu und ist für sie da.
Besonders gefallen hat mir Lotti, die flippige Nachbarin von Alex, die ihr immer zur Seite steht. Max und Marianne sind Johanns Eltern, die nie mit dem Verlust ihres Sohnes fertig geworden sind. Sie verdrängen ihre Trauer durch Wut und Hass. Einzig Alex versucht nach vorne zu blicken und zu vergeben. Denn letztlich geht es darum, was ein "nicht vergeben können" alles anrichten kann.... (O-Ton Noa C. Walker)
Auch die Nebenfiguren, wie einige Pensionsgäste, sind sehr liebevoll gezeichnet und ich hatte von ihnen immer ein klares Bild im Kopf-

Obwohl einige Gegebenheiten etwas vorhersehbar sind, gibt es durchaus überraschende Wendungen, die Spannung in die Geschichte bringen. Vorallem das letzte Drittel konnte mich an die Seiten fesseln.

Fazit:
Ein sehr emotionaler Roman, dessen Hauptthema Vergebung und Trauerbewältigung ist. Durch die bildhafte Landschaftsbeschreibung, den lebendigen Figuren und dem musikalischen Anteil, fühlte ich mich in dieser Geschichte sehr wohl. Wer jedoch selbst erst einen Verlust erlitten hat, dem würde ich eher von der Lektüre abraten, da er einem zu Beginn beim Lesen doch sehr mitnimmt. Für alle anderen Leser, die gefühlvolle (und auch ein bisschen kitschige) Romane lieben und mit dem Thema Verlust und Trauer umgehen können, kann ich "Der Klang deiner Liebe" gerne weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 13.02.2019

Eine sehr spannende Thrillerreihe

Der Kratzer
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Mit dem dritten Band rund um die Journalistin Christine Lenève hat Oliver Ménard nun den Abschlussband seiner Thriller Reihe veröffentlicht.

"Der Kratzer" - so wird der Serienmörder von den Journalisten ...

Mit dem dritten Band rund um die Journalistin Christine Lenève hat Oliver Ménard nun den Abschlussband seiner Thriller Reihe veröffentlicht.

"Der Kratzer" - so wird der Serienmörder von den Journalisten genannt und Tobias Dom verbindet mit ihm sein unverzeihliches Versagen in der Vergangenheit. Fast überführt und verhaftet, entkommt dieser vor sieben Jahren durch seine Schuld und scheint nun Rache zu üben. Dom's Exfrau ist eine der ersten Opfer. Der Name der gemeinsamen Tochter Emma ist in ihren Oberschenke geritzt. Tobias Dom versucht über die damals hinzugezogenen Psychiater und Profiler nochmals in die Gedankenwelt des Täters durchzudringen, doch drei von zwei leben nicht mehr und der einzige Überlebende, Dr. Lindfeld, sitzt selbst in der psychatrischen Anstalt. Dieser möchte allerdings nur mit Christine Lenève sprechen, denn er hat noch eine Rechnung mit ihr offen....

Oliver Ménard hat seinen Thriller psychologisch raffiniert aufgebaut. In wechselnden Perspektiven erleben wir die Gedankengänge von Tobias und Christine, erhalten aber auch Einblicke in die des Mörders. Gewohnt temporeich, mit knappen Dialogen und mit viel Liebe zum Detail, entführt der Autor seine Leser in die irre Gedankenweltwelt seines Täters. Christine und Tobias, die nur gezwungener Maßen zusammenarbeiten, bleibt der Kratzer lange ein Rätsel. Während Tobias Dom um seine Tochter bangt, etwas planlos ist und nur schwer einen klaren Gedanken fassen kann, kommt Christine dem Serienmörder langsam auf die Spur. Wie schon in den Vorgängerbänden ist Christine die treibende Kraft und die eigentliche Hauptprotagonistin. Tobias Dom nimmt weiterhin eine untergeordnete Rolle ein, obwohl es seinem Umfeld an den Kragen geht.
Der hohe Spannungslevel gleich zu Beginn wird fast immer gehalten und endet in einem grandiosen Finale.

Christine ist weiterhin nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, auch wenn wir ihr am Ende des Thrillers etwas näher kommen. Sie polarisiert und arbeitet immer am Limit. Sie sucht förmlich die Gefahr und bringt sich bewusst in kritische Situationen. Einzig Albert ist ihr ruhender Pol. Dieser letzte Teil ist wohl Christines persönlichster und bringt sie zurück an die Schauplätze ihrer Vergangenheit.

Etwa hundert Seiten vor dem Ende wird der Täter gefasst. Und ich habe mich gefragt, was jetzt wohl noch kommen mag.... Mit einer absolut unvorhersehbaren Wendung hat mich der Autor danach richtig überrascht und ich habe am Ende den Thriller fassungslos zugeschlagen. Obwohl diese Wendung absolut gelungen ist, fand ich den Lauf der Dinge nicht ganz glaubwürdig. Das ist auch der Punkt, warum ich diesmal keine fünf Sterne für den Thriller aus der Feder von Oliver Ménard vergebe. Für mich waren die beiden Vorgängerbände schlüssiger. Trotzdem kann ich die Reihe allen Thrillerliebhabern, die es temporeich, blutig und fesselnd mögen, ans Herz legen.

Fazit:
Der Abschluss der Reihe steht den Vorgängerbänden in nichts nach, ist gewohnt fesselnd und mitreißend. Der überraschende und dramatische Wendepunkt hundert Seiten vor Schluss ist zwar genial ausgedacht, für mich war dieser jedoch nicht ganz schlüssig und etwas unglaubwürdig. Zugegeben....das ist meckern auf hohem Niveau. Auf jeden Fall kann ich aber die gesamte Reihe jedem Thrillerfan ans Herz legen.