Profilbild von Yllin

Yllin

Lesejury-Mitglied
offline

Yllin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Yllin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unfassbar gut!

Der Schwur der Wölfe
0

Der Schwur der Wölfe (1)

Autor: Dorothy Hearst
Genre: Abenteuer, Jugendbuch, Fantasy
Erschienen: 25.06.2015
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: FJB
ISBN: 978-3-8414-2226-2
Preis: 14,99€ [D] | 15.50€ ...

Der Schwur der Wölfe (1)

Autor: Dorothy Hearst
Genre: Abenteuer, Jugendbuch, Fantasy
Erschienen: 25.06.2015
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: FJB
ISBN: 978-3-8414-2226-2
Preis: 14,99€ [D] | 15.50€ [A]

Rating: ♥♥♥♥♥


Inhalt

"Vor 14.000 Jahren begann die Legende der Wölfe mit einem bedeutsamen Schwur: Wir werden uns nie mit den Menschen einlassen. Und wir werden nie einen Menschen grundlos töten. Dieser Schwur bestimmt das Leben der Wölfe des Großen Tals. Bis eine junge Wölfin die Lüge, die sich hinter diesem Schwur verbirgt, entlarvt. Eine Lüge, die ihren eigenen Tod und die Zerstörung all dessen, was sie liebt, bedeuten könnte. Als die junge Wölfin Kaala unten am Fluss das kleine Mädchen TaLi vor dem Ertrinken rettet, sich mit ihr anfreundet, heimlich mit ihr zu jagen und zu spielen beginnt, riskiert sie, aus dem Rudel ausgeschlossen und aus dem Weiten Tal vertrieben zu werden. Aber auf unerklärliche Weise fühlt sich Kaala zu den Menschen hingezogen und als sie schließlich erfährt, dass sie der letzte noch lebende Wolf ist, der dazu berufen ist, die Verbindung der Menschen zur Natur zu bewahren, muss sie sich ihrer Aufgabe stellen. Und schon bald droht ein Krieg zwischen den Wölfen und den Menschen, der sie vor eine große Entscheidung stellt …" - Quelle: Verlag


Cover ♥♥♥♥♥

Ich kann bei diesem Cover eigentlich gar nichts anderes sagen als: Wow. Schon damals, als dieses Buch in seiner ersten Auflage als "Das Versprechen der Wölfe" erschien, war ich von dem Cover hin und weg (siehe ganz unten), doch diese Version hat sich nochmal doppelt übertroffen. Die tiefblaue, verträumte Farbgebung des Waldes im Hintergrund, der edle Rahmen, der das Bild von Wolf und Mensch und den Titel umschließt. Letzterer ist in seiner Größe sehr dominant, der eigentliche Blickfang bleibt trotzdem die Abbildung darüber, was für eine wohlüberlegte und sehr gelungene Komposition spricht. Es gibt eine Vorstellung davon, wie Kaala und TaLi gemeinsam durch den Wald rennen, ohne der eigenen Fantasie den Zündstoff zu nehmen, wie es ein Fotocover an dieser Stelle wohl getan hätte. Alles in allem habe ich an der Gestaltung absolut keinen Fehler gefunden - das Buch ist eins der schönsten in meiner Sammlung!


Charaktere ♥♥♥♥

Kaala: Vom schwächlichen Winzjunges zur willensstarken Jungwölfin begleiten wir Kaala im ersten Band Der Schwur der Wölfe - und dabei bereitet sie uns mehr als einmal gehöriges Herzflattern. Es ist wahnsinnig spannend, dabei sein zu dürfen, wie sie heranwächst, lernt, sich in ihrem Rudel zu behaupten (oder eben nicht) und wie sie sich mit ihrer Sturheit mehrfach in scheinbar unlösbare Konflikte manövriert. Sie ist eine starke, unabhängige Jugendbuch-Heldin mit einem großen Herzen, sehr viel Mut und diesem Hauch von Lebensmüdigkeit, der spannende Geschichten erst so richtig spannend macht. Doch sind es erst ihre Fehler, die sie erst so richtig interessant machen: Sie spürt Neid und Eifersucht, beweist aber trotzdem die nötige Stärke, darüberzustehen, sie setzt ihren Willen durch, ganz gleich wie ihre Rudelmitglieder und vor allem der Leser ihre Entscheidungen bewerten, sie ist übermütig und überschätzt sich manchmal selbst, war ihr nicht immer weiterhilft. Ich war nicht immer mit ihren Taten einverstanden, sie war mir dabei aber niemals unsympathisch - im Gegenteil. Sie fühlt sich an wie ein eigenständiges Wesen, ein naives, unerfahrenes Mädchen, das alle Emotionen in sich trägt, die auch zu einem Menschen gehört, und mit Genuss Fehler macht, die der jugendliche Leichtsinn eben mit sich bringt. Ich liebe Kaala und ich kann es kaum erwarten, mich in den nächsten Band zu stürzen, um zu erfahren, was das Schicksal für sie noch so bereit hält.

Azzuen: Kaalas Wunschbruder Azzuen wirkt in der ersten Hälfte des Buches relativ unscheinbar. Recht früh beschließt er, Kaala zu folgen und zu vertrauen, ganz gleich, was sie tut oder wohin sie geht. Dass er sich dadurch selbst in Gefahr bringen könnte, kommt ihm dabei natürlich nicht in den Sinn - oder es ist ihm nicht wichtig. Dadurch wirkt er stets ein bisschen zu flach und zu schwächlich, um wirklich eine große Rolle in Kaalas Abenteuer zu spielen. Aber wie wir wissen, sind stille Wasser tief, und so entpuppt sich Azzuens Entwicklung für mich eigentlich als die größte Überraschung. Von allen Charakteren macht er die größte Wandlung durch und hat das gleichermaßen größte Potential, in den kommenden Bänden über sich herauszuwachsen. Er beweist auf jeden Fall das nötige Rückgrat dazu und wächst dem Leser mindestens genauso sehr ans Herz wie Kaala.

Ruuqo: Für den Leitwolf der Wölfe vom Schnellen Fluss empfinde ich eine leidenschaftliche Hassliebe, wie ich sie nur selten erleben durfte. Einerseits verabscheue ich ihn für seine Taten, die meisten seiner Entscheidungen und vor allem für seine Einstellung Kaala und ihren Freunden gegenüber. Mit seiner sturen, dominanten Art wirft er der Jungwölfin immer wieder scheinbar unüberwindbare Stolpersteine in den Weg und macht keinen Hehl daraus, dass er sie verabscheut. Gleichzeitig kann ich seine Entscheidungen auch sehr gut nachvollziehen, weil der Leser nur selten im Unklaren darüber gelassen wird, wie sie zustande kommen. Auf seinen Schultern lastet die Verantwortung für ein ganzes Rudel, und sein einziges Ziel ist es, sie vor allem Unheil zu schützen. Schwache, kopflose Wölfe kann er in seiner Nähe nicht gebrauchen, wenn es um das pure Überleben geht. So gesehen konnte ich für Ruuqo niemals Abneigung empfinden, im Gegenteil, so gemein er auch sein kann, irgendwie hatte ich immer das Gefühl, in zu verstehen und für seine tragische Rolle des Buhmanns gerade ganz besonders gern zu haben. Er hat es nicht leicht - ich bin gespannt, wie sein Charakter sich in den kommenden Bänden weiterentwickelt.

Tlitoo: Was wäre eine heldenhafte Wölfin ohne ihren herrlichen Sidekick? Die junge Krähe Tlitoo war für mich ein unverkennbares Highlight in Der Schwur der Wölfe. Er ist unglaublich intelligent, dafür aber auch umso aufdringlicher! Ausgestattet mit ein paar gerissenen Ideen, einem spitzen Schnabel und Flügeln, die ihn immer aus der Schusslinie manövrieren, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Kaala auf ihrem Weg zu begleiten und ihr dabei gehörig auf die Nerven zu gehen. Er steht ihr immer dann bei, wenn sie es am dringendsten braucht, beschert ihr ansonsten aber lieber die ein oder andere Schwierigkeit, um sich über sie lustig zu machen. Ein herrliches Detail der Krähen, wie sie in Dorothy Hearts Trilogie dargestellt sind, ist ihr ständiger Drang, sich in kurzen, frechen Haikus auszudrücken, wann immer ihm der Sinn danach steht. Zwar beherrscht er auch die normale Sprache mit geradlinigen Sätzen, wie sie den Wölfen und Menschen auch zueigen ist, doch nutzt er die Poesie viel lieber, um seinen Gegenüber entweder sehr geschickt zu beleidigen oder ihn rätselhaft in die Irre zu leiten. Seine scheinbar desinteressierte, schelmische Art war herrlich und lockerte die oftmals eher ernsthafte Atmosphäre des Romans auf angenehme Weise auf. Toller Charakter!


Schreibstil ♥♥♥♥♥

Dorothy Hearst hat einen ruhigen und spannenden Schreibstil, der trotz der mystischen Elemente in der Handlung überraschend down-to-earth geblieben ist. Man fühlt sich von der geschickten Komposition zwischen realistischem Tierreich und fantastischem Zusammenspiel der einzelnen Parteien so eingenommen, dass man immer wieder vollkommen in die Geschichte abtaucht ohne es zu merken. Weite Graslandschaften, dunkle und helle Wälder, Mondnächte, so klar, als könnte man sie greifen - das Ganze entfaltet seine ganz eigene Magie, die von der realitätsgetreuen Darstellung wölfischen Sozialverhaltens gepaart mit eher menschlich gehaltenen Charaktereigenschaften der Tiere nur noch verstärkt wird. Hearst selbst ist auf dem Gebiet der Wölfe eine Expertin, wie sie im Buche steht, denn sie hat ihr Verhalten viele Jahre lang studiert - diese Erfahrungen spiegeln sich in ihrem Roman so wunderbar wieder, dass man nicht nur das Gefühl hat, in eine fantasievolle Welt abzutauchen, sondern gleichzeitig auch etwas über die faszinierenden Tiere zu lernen, die sie bevölkern. Wie bringen Wölfe ihre Jungen durch? Wie funktioniert das Rang-System? Wie jagen Wölfe? Welche Funktion erfüllen die einzelnen Tiere in einem Rudel? Realtität trifft Fantasie auf allerhöchstem Niveau!


Handlung ♥♥♥♥♥

Auch nach dem zweiten Lesen empfand ich die Geschichte, die Der Schwur der Wölfe erzählt, von Anfang bis Ende unfassbar spannend! Wir werden nicht nur mit einem hilflosen, neuen Leben konfrontiert, das seinen Weg finden muss, zu überleben, sondern erfahren am Rande auch, dass dieses kleine Leben entweder zu großem Glück oder zu großem Unheil verdammt ist. Natürlich beobachtet man da jeden seiner Schritte umso genauer, fürchtet um es, fühlt mit ihm, wünscht ihm Stärke, Kraft und Gerechtigkeit, doch schnell muss man einsehen, dass die Wildnis gnadenlos ist. Kaala führt uns auf eine unvergessliche Reise, tut Verbotenes, tut Richtiges, tut Falsches und bringt damit nicht nur ihr eigenes Schicksal ins Rollen, sondern auch das ihrer Freunde und Gefährten um sich herum. Auf jeder neuen Seite findet sie sich mit einer neuen Herausforderung konfrontiert, sei es, weil es auf natürlichem Wege, wie die erste große Wanderung, oder von außen verursacht, wie durch Missgunst eines ihrer Rivalen. Das Buch endet in einer gefühlt gewaltigen Entladung all dieser Konflikte, zwischen Loyalität und Liebe, zwischen Heimat und Sehnsucht, zwischen Mensch und Wolf. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, auch wenn ich es manchmal gerne getan hätte, einfach, um mich den unangenehmen moralisch-ethischen Problemstellungen zu entziehen, die mich das ein oder andere Mal auf eine harte Probe gestellt haben.


Gesamtwertung ♥♥♥♥♥

Als ich vor einigen Jahren das erste Mal auf dieses Buch gestoßen bin, habe ich noch nicht geahnt, welch großer Schatz mir da in die Hände geraten ist. Dieses Buch hat alles, was ein gutes Jugendbuch haben muss: Eine mutige, aber nicht unfehlbare Heldin, ein spannendes Abenteuer, ein Konflikt, der Hauptfigur und Leser gleichermaßen vor die Wahl seiner ethischen und moralischen Grundsätze stellt, tolle Charaktere, und nicht zu vergessen: Der Traum eines jeden Kindes, die Welt einmal aus den Augen eines Tieres zu sehen. Das alles mach Der Schwur der Wölfe zu einem tollen Buch für Jugendliche und Erwachsene, die auf der Suche nach neuen Ideen und großen Abenteuern ihren eigenen Träumen hinterherjagen.


Spannung
♥♥♥♥♥
Romantik

Humor
♥♥♥
Gewalt
♥♥♥
Action
♥♥♥♥

- Eure Bücherfüchsin

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unfassbar gut!

Der Schwur der Wölfe
0

Der Schwur der Wölfe (1)

Autor: Dorothy Hearst
Genre: Abenteuer, Jugendbuch, Fantasy
Erschienen: 25.06.2015
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: FJB
ISBN: 978-3-8414-2226-2
Preis: 14,99€ [D] | 15.50€ ...

Der Schwur der Wölfe (1)

Autor: Dorothy Hearst
Genre: Abenteuer, Jugendbuch, Fantasy
Erschienen: 25.06.2015
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: FJB
ISBN: 978-3-8414-2226-2
Preis: 14,99€ [D] | 15.50€ [A]

Rating: ♥♥♥♥♥


Inhalt

"Vor 14.000 Jahren begann die Legende der Wölfe mit einem bedeutsamen Schwur: Wir werden uns nie mit den Menschen einlassen. Und wir werden nie einen Menschen grundlos töten. Dieser Schwur bestimmt das Leben der Wölfe des Großen Tals. Bis eine junge Wölfin die Lüge, die sich hinter diesem Schwur verbirgt, entlarvt. Eine Lüge, die ihren eigenen Tod und die Zerstörung all dessen, was sie liebt, bedeuten könnte. Als die junge Wölfin Kaala unten am Fluss das kleine Mädchen TaLi vor dem Ertrinken rettet, sich mit ihr anfreundet, heimlich mit ihr zu jagen und zu spielen beginnt, riskiert sie, aus dem Rudel ausgeschlossen und aus dem Weiten Tal vertrieben zu werden. Aber auf unerklärliche Weise fühlt sich Kaala zu den Menschen hingezogen und als sie schließlich erfährt, dass sie der letzte noch lebende Wolf ist, der dazu berufen ist, die Verbindung der Menschen zur Natur zu bewahren, muss sie sich ihrer Aufgabe stellen. Und schon bald droht ein Krieg zwischen den Wölfen und den Menschen, der sie vor eine große Entscheidung stellt …" - Quelle: Verlag


Cover ♥♥♥♥♥

Ich kann bei diesem Cover eigentlich gar nichts anderes sagen als: Wow. Schon damals, als dieses Buch in seiner ersten Auflage als "Das Versprechen der Wölfe" erschien, war ich von dem Cover hin und weg (siehe ganz unten), doch diese Version hat sich nochmal doppelt übertroffen. Die tiefblaue, verträumte Farbgebung des Waldes im Hintergrund, der edle Rahmen, der das Bild von Wolf und Mensch und den Titel umschließt. Letzterer ist in seiner Größe sehr dominant, der eigentliche Blickfang bleibt trotzdem die Abbildung darüber, was für eine wohlüberlegte und sehr gelungene Komposition spricht. Es gibt eine Vorstellung davon, wie Kaala und TaLi gemeinsam durch den Wald rennen, ohne der eigenen Fantasie den Zündstoff zu nehmen, wie es ein Fotocover an dieser Stelle wohl getan hätte. Alles in allem habe ich an der Gestaltung absolut keinen Fehler gefunden - das Buch ist eins der schönsten in meiner Sammlung!


Charaktere ♥♥♥♥

Kaala: Vom schwächlichen Winzjunges zur willensstarken Jungwölfin begleiten wir Kaala im ersten Band Der Schwur der Wölfe - und dabei bereitet sie uns mehr als einmal gehöriges Herzflattern. Es ist wahnsinnig spannend, dabei sein zu dürfen, wie sie heranwächst, lernt, sich in ihrem Rudel zu behaupten (oder eben nicht) und wie sie sich mit ihrer Sturheit mehrfach in scheinbar unlösbare Konflikte manövriert. Sie ist eine starke, unabhängige Jugendbuch-Heldin mit einem großen Herzen, sehr viel Mut und diesem Hauch von Lebensmüdigkeit, der spannende Geschichten erst so richtig spannend macht. Doch sind es erst ihre Fehler, die sie erst so richtig interessant machen: Sie spürt Neid und Eifersucht, beweist aber trotzdem die nötige Stärke, darüberzustehen, sie setzt ihren Willen durch, ganz gleich wie ihre Rudelmitglieder und vor allem der Leser ihre Entscheidungen bewerten, sie ist übermütig und überschätzt sich manchmal selbst, war ihr nicht immer weiterhilft. Ich war nicht immer mit ihren Taten einverstanden, sie war mir dabei aber niemals unsympathisch - im Gegenteil. Sie fühlt sich an wie ein eigenständiges Wesen, ein naives, unerfahrenes Mädchen, das alle Emotionen in sich trägt, die auch zu einem Menschen gehört, und mit Genuss Fehler macht, die der jugendliche Leichtsinn eben mit sich bringt. Ich liebe Kaala und ich kann es kaum erwarten, mich in den nächsten Band zu stürzen, um zu erfahren, was das Schicksal für sie noch so bereit hält.

Azzuen: Kaalas Wunschbruder Azzuen wirkt in der ersten Hälfte des Buches relativ unscheinbar. Recht früh beschließt er, Kaala zu folgen und zu vertrauen, ganz gleich, was sie tut oder wohin sie geht. Dass er sich dadurch selbst in Gefahr bringen könnte, kommt ihm dabei natürlich nicht in den Sinn - oder es ist ihm nicht wichtig. Dadurch wirkt er stets ein bisschen zu flach und zu schwächlich, um wirklich eine große Rolle in Kaalas Abenteuer zu spielen. Aber wie wir wissen, sind stille Wasser tief, und so entpuppt sich Azzuens Entwicklung für mich eigentlich als die größte Überraschung. Von allen Charakteren macht er die größte Wandlung durch und hat das gleichermaßen größte Potential, in den kommenden Bänden über sich herauszuwachsen. Er beweist auf jeden Fall das nötige Rückgrat dazu und wächst dem Leser mindestens genauso sehr ans Herz wie Kaala.

Ruuqo: Für den Leitwolf der Wölfe vom Schnellen Fluss empfinde ich eine leidenschaftliche Hassliebe, wie ich sie nur selten erleben durfte. Einerseits verabscheue ich ihn für seine Taten, die meisten seiner Entscheidungen und vor allem für seine Einstellung Kaala und ihren Freunden gegenüber. Mit seiner sturen, dominanten Art wirft er der Jungwölfin immer wieder scheinbar unüberwindbare Stolpersteine in den Weg und macht keinen Hehl daraus, dass er sie verabscheut. Gleichzeitig kann ich seine Entscheidungen auch sehr gut nachvollziehen, weil der Leser nur selten im Unklaren darüber gelassen wird, wie sie zustande kommen. Auf seinen Schultern lastet die Verantwortung für ein ganzes Rudel, und sein einziges Ziel ist es, sie vor allem Unheil zu schützen. Schwache, kopflose Wölfe kann er in seiner Nähe nicht gebrauchen, wenn es um das pure Überleben geht. So gesehen konnte ich für Ruuqo niemals Abneigung empfinden, im Gegenteil, so gemein er auch sein kann, irgendwie hatte ich immer das Gefühl, in zu verstehen und für seine tragische Rolle des Buhmanns gerade ganz besonders gern zu haben. Er hat es nicht leicht - ich bin gespannt, wie sein Charakter sich in den kommenden Bänden weiterentwickelt.

Tlitoo: Was wäre eine heldenhafte Wölfin ohne ihren herrlichen Sidekick? Die junge Krähe Tlitoo war für mich ein unverkennbares Highlight in Der Schwur der Wölfe. Er ist unglaublich intelligent, dafür aber auch umso aufdringlicher! Ausgestattet mit ein paar gerissenen Ideen, einem spitzen Schnabel und Flügeln, die ihn immer aus der Schusslinie manövrieren, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Kaala auf ihrem Weg zu begleiten und ihr dabei gehörig auf die Nerven zu gehen. Er steht ihr immer dann bei, wenn sie es am dringendsten braucht, beschert ihr ansonsten aber lieber die ein oder andere Schwierigkeit, um sich über sie lustig zu machen. Ein herrliches Detail der Krähen, wie sie in Dorothy Hearts Trilogie dargestellt sind, ist ihr ständiger Drang, sich in kurzen, frechen Haikus auszudrücken, wann immer ihm der Sinn danach steht. Zwar beherrscht er auch die normale Sprache mit geradlinigen Sätzen, wie sie den Wölfen und Menschen auch zueigen ist, doch nutzt er die Poesie viel lieber, um seinen Gegenüber entweder sehr geschickt zu beleidigen oder ihn rätselhaft in die Irre zu leiten. Seine scheinbar desinteressierte, schelmische Art war herrlich und lockerte die oftmals eher ernsthafte Atmosphäre des Romans auf angenehme Weise auf. Toller Charakter!


Schreibstil ♥♥♥♥♥

Dorothy Hearst hat einen ruhigen und spannenden Schreibstil, der trotz der mystischen Elemente in der Handlung überraschend down-to-earth geblieben ist. Man fühlt sich von der geschickten Komposition zwischen realistischem Tierreich und fantastischem Zusammenspiel der einzelnen Parteien so eingenommen, dass man immer wieder vollkommen in die Geschichte abtaucht ohne es zu merken. Weite Graslandschaften, dunkle und helle Wälder, Mondnächte, so klar, als könnte man sie greifen - das Ganze entfaltet seine ganz eigene Magie, die von der realitätsgetreuen Darstellung wölfischen Sozialverhaltens gepaart mit eher menschlich gehaltenen Charaktereigenschaften der Tiere nur noch verstärkt wird. Hearst selbst ist auf dem Gebiet der Wölfe eine Expertin, wie sie im Buche steht, denn sie hat ihr Verhalten viele Jahre lang studiert - diese Erfahrungen spiegeln sich in ihrem Roman so wunderbar wieder, dass man nicht nur das Gefühl hat, in eine fantasievolle Welt abzutauchen, sondern gleichzeitig auch etwas über die faszinierenden Tiere zu lernen, die sie bevölkern. Wie bringen Wölfe ihre Jungen durch? Wie funktioniert das Rang-System? Wie jagen Wölfe? Welche Funktion erfüllen die einzelnen Tiere in einem Rudel? Realtität trifft Fantasie auf allerhöchstem Niveau!


Handlung ♥♥♥♥♥

Auch nach dem zweiten Lesen empfand ich die Geschichte, die Der Schwur der Wölfe erzählt, von Anfang bis Ende unfassbar spannend! Wir werden nicht nur mit einem hilflosen, neuen Leben konfrontiert, das seinen Weg finden muss, zu überleben, sondern erfahren am Rande auch, dass dieses kleine Leben entweder zu großem Glück oder zu großem Unheil verdammt ist. Natürlich beobachtet man da jeden seiner Schritte umso genauer, fürchtet um es, fühlt mit ihm, wünscht ihm Stärke, Kraft und Gerechtigkeit, doch schnell muss man einsehen, dass die Wildnis gnadenlos ist. Kaala führt uns auf eine unvergessliche Reise, tut Verbotenes, tut Richtiges, tut Falsches und bringt damit nicht nur ihr eigenes Schicksal ins Rollen, sondern auch das ihrer Freunde und Gefährten um sich herum. Auf jeder neuen Seite findet sie sich mit einer neuen Herausforderung konfrontiert, sei es, weil es auf natürlichem Wege, wie die erste große Wanderung, oder von außen verursacht, wie durch Missgunst eines ihrer Rivalen. Das Buch endet in einer gefühlt gewaltigen Entladung all dieser Konflikte, zwischen Loyalität und Liebe, zwischen Heimat und Sehnsucht, zwischen Mensch und Wolf. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, auch wenn ich es manchmal gerne getan hätte, einfach, um mich den unangenehmen moralisch-ethischen Problemstellungen zu entziehen, die mich das ein oder andere Mal auf eine harte Probe gestellt haben.


Gesamtwertung ♥♥♥♥♥

Als ich vor einigen Jahren das erste Mal auf dieses Buch gestoßen bin, habe ich noch nicht geahnt, welch großer Schatz mir da in die Hände geraten ist. Dieses Buch hat alles, was ein gutes Jugendbuch haben muss: Eine mutige, aber nicht unfehlbare Heldin, ein spannendes Abenteuer, ein Konflikt, der Hauptfigur und Leser gleichermaßen vor die Wahl seiner ethischen und moralischen Grundsätze stellt, tolle Charaktere, und nicht zu vergessen: Der Traum eines jeden Kindes, die Welt einmal aus den Augen eines Tieres zu sehen. Das alles mach Der Schwur der Wölfe zu einem tollen Buch für Jugendliche und Erwachsene, die auf der Suche nach neuen Ideen und großen Abenteuern ihren eigenen Träumen hinterherjagen.


Spannung
♥♥♥♥♥
Romantik

Humor
♥♥♥
Gewalt
♥♥♥
Action
♥♥♥♥

- Eure Bücherfüchsin

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lieblingsbuch!

Maybe Someday
0

Maybe Someday

Autor: Colleen Hoover
Genre: New Adult, Romantik, Slice of Life
Erschienen: 18.03.2016
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-74018-0
Preis: 12,95€ [D] | 13,40€ [Ö]

Rating: ...

Maybe Someday

Autor: Colleen Hoover
Genre: New Adult, Romantik, Slice of Life
Erschienen: 18.03.2016
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-74018-0
Preis: 12,95€ [D] | 13,40€ [Ö]

Rating: ♥♥♥♥♥


Inhalt

"Das Letzte, was Sydney will, als sie bei dem attraktiven Gitarristen Ridge einzieht, ist, sich in ihn zu verlieben. Zu frisch ist die Wunde, die ihr Ex hinterlassen hat. Und auch Ridge hat gute Gründe, seine neue Mitbewohnerin nicht zu nah an sich ranzulassen, denn er hat seit Jahren eine feste Freundin: Maggie - hübsch, sympathisch, klug, witzig. Und dann passiert es doch. Als Sydney beginnt, Ridge beim Songschreiben zu helfen, kommen sie sich näher als erwartet. Auch wenn beide die Stopptaste drücken, bevor wirklich etwas passiert, können sie nichts gegen die immer intensivere Anziehung ausrichten, die sie zu unterdrücken versuchen - vergeblich." - Quelle: Verlag


Cover ♥♥♥♥♥

Dieses Cover war Liebe auf den ersten Blick. Vermutlich wäre ich auf das neue Buch von Colleen Hoover nicht einmal aufmerksam geworden, hätte mich die dezente Schönheit in der Gestaltung nicht gleich im ersten Moment absolut verzaubert. Die Farben harmonieren einfach wundervoll, die Schrift mag zwar auf den ersten Blick protzig und zu dominant wirken, doch wäre die Gesamtkomposition ohne den Geniestreich des Titels viel zu langweilig. Dass sich hinter den Buchstaben das Gesicht eines Mädchens verbirgt, ist mir tatsächlich erst aufgefallen, als ich das Buch selbst in den Händen hielt. Ich finde es unglaublich elegant gelöst, wie man sich hier um das reine Fotocover drumherum gemogelt hat. Auch wenn Sydney in Wahrheit blond und nicht rothaarig ist, stört mich dieser unterschied tatsächlich weniger, denn eventuell wäre das Cover dann farblich nicht halb so perfekt geworden. Ich kann nur die volle Punktzahl geben!


Charaktere ♥♥♥♥♥

Sydney: Das Schöne an Sydney ist, dass sie ein absolut normaler Mensch ist. Sie hat eine normale Familie, ein normales Leben, Probleme, die jeder von uns auch kennt. Finanzen, Freundschaft, Liebe. Sie ist buchstäblich das Mädchen von Nebenan, das von den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verletzt und hintergangen wird. Ich konnte mich während des gesamten Buches wunderbar mit ihr identifizieren. Ihr Schmerz war mein Schmerz und umgekehrt - das hatte ich schon lange nicht mehr! Vor allem gefällt mir die Darstellung ihrer inneren Zerrissenheit in Kombination mit ihrer eigenen Selbstbeherrschung und der Vernunft, mit der sie Ridge stets begegnet, und die ihm eigentlich den Wind aus den Segeln nehmen sollte, stattdessen jedoch das Gegenteil bewirkt. Sydney ist kein kopfloses Huhn, dass sich einfach so von ihren Gefühlen hinreißen lässt, auch wenn sie es gerne wollte - sie erkennt, was für sich und für Ridge auf dem Spiel steht. Ein bisschen unglaubwürdig war jedoch die Tatsache, dass sie über den Verlust, mit dem sie zu kämpfen hat, bevor sich das mit Ridge und ihr entwickelt, so schnell und so einfach hinweg kommt. Auch wenn Zeitsprünge aufgezeigt werden und die Begründung, es wäre einfach nicht der Richtige gewesen, im Raum steht, fühlt es sich für den Leser so an, als flüchte sich Sydney in eine rein psychologische Abhängigkeit zu Ridge, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an ihre Vergangenheit zu verschwenden. Sie vertraut zu schnell wieder. Vielleicht ist sie aber auch nur eine starke Persönlichkeit, und hat dadurch eine besondere Kraft, die nicht jeder von uns kennt. Oder aber die Autorin hat entschieden, dass die Geschichte um Ridge viel interessanter ist, um sich auf die psychologische Glaubwürdigkeit zu konzentrieren. Either way... Sydney war ein toller, nachvollziehbarer Charakter für mich, in den man als Leserin wunderbar hineinschlüpfen kann. Allerdings kommt man so schnell nicht mehr aus ihr heraus, wie ich am eigenen Leib erfahren durfte.

Ridge: Über Ridge kann ich gar nicht so viel verraten, denn ansonsten würde ich ins Spoilern geraten. Doch eines kann ich euch sagen: Er ist wundervoll. Anders, als viele andere Protagonisten in diesem Genre, ist Ridge kein Macho, er ist kein dominanter Charakter, er hat kein übertriebenes Selbstbewusstsein, keine Kontrollsucht, nichts, das ihn zu einer dieser stereotypen Figuren macht, die sich Frauen von Zeit zu Zeit in ihrem Bett wünschen. Viel mehr ist er ein Typ, an den man liebend gern sein Herz verliert: Er ist zurückhaltend, liebevoll, ordentlich, humorvoll, sanft, zurückgezogen und von einer attraktiven Schüchternheit, gepaart mit einer eisernen Selbstbeherrschung, dass man sich manchmal auf die Zunge beißen muss, um ihn nicht lauthals zu verfluchen. Er weiß nicht, was er wirklich will, das ist sein größter Fehler, der ihm im Verlauf der Handlung mehrfach den Kopf kosten könnte. Und gleichzeitig ist er der moralisch anständigste, dafür aber nicht immer der vernünftigste Charakter, den ich kenne. Sydney hat ihr Herz an ihn verloren und mit ihr habe ich auch meins an ihr verloren. Manchmal ist es vielleicht gar nicht so gut, sich zu sehr mit einem Charakter identifizieren zu können. Wenn du drei Tage nach Beenden des Buches noch immer in Gedanken an eine fiktive Figur versinkst, stimmt irgendwas nicht... Oder die Charakterkomposition von Maybe Someday ist so großartig, dass du gar nichts dafür kannst!

Warren: Er ist Ridges bester - und eventuell sogar sein einziger - Freund und kostet diesen Status vollständig aus. Ohne Miete zu zahlen, hat er sich in Ridges Wohnung einquartiert, mit der Begründung, er würde schließlich ihre Band managen, und weil Ridge ein guter Freund ist, akzeptiert er es so. Immer wieder tauschen die beiden Knallköpfe die schrägsten Streiche aus und Warren, der eindeutig der temperamentvollere von beiden ist, schaut dabei nicht nur einmal in die Röhre. Er ist frech, laut, unflätig und oftmals auch ungezogen, ohne Manieren und schreckt nicht davor zurück, ihre neuste Mitbewohnerin gleich am ersten Abend zum Porno gucken einzuladen. Warrens Anwesenheit habe ich jedes Mal besonders genossen, denn er bringt Action und gute Laune in die Geschichte, ohne die einzigartige Atmosphäre des Romans zu stören. Er ist wohl in jeglicher Hinsicht das genaue Gegenteil zu Ridge, Zurückhaltung und Ordnung sind Fremdworte für ihn, doch das macht ihn nicht weniger liebenswert. Das und seine besonders pikante Beziehung zu Zickenkönigin Bridgette macht ihn zum perfekten Sidekick, Moralapostel und Freund gleichermaßen. Ein toller Charakter!


Schreibstil ♥♥♥♥♥

Colleen Hoover ist eine wahre Künstlerin, wenn es darum geht, Worte zu beherrschen, die einem unter die Haut gehen. Mit jedem ihrer Romane schafft sie Geschichten, Charaktere und Leidenschaften, die dem Leser unvergessen bleiben und besonders in Maybe Someday hat sie dieses Können mal wieder unter Beweis gestellt. Figuren und Gefühle erwachen unter ihrer Feder zum Leben, fühlen sich greifbar und realistisch an. Ich habe jedes ihrer Worte in mich aufgesogen, denn ich konnte die Zerrissenheit und Anspannung zwischen den Charakteren kaum ertragen: Ich musste einfach wissen, wie es ausgeht! Sie schafft es, mit ein paar wenigen und einfachen Worten, die übrigens auch auf Englisch äußerst leicht zu lesen sind, Welten zu erschaffen, in die man eintauchen und sich verlieren kann. Perfekt ist sie dabei noch lange nicht, so sind mir an mehreren Stellen immer wieder mal Wiederholungen aufgefallen, die mich irgendwann genervt mit der Stirn runzeln ließen (Der Satz "Er/Sie ließ sich gegen das Betthaupt fallen" war definitiv ein Satz, den ich viel zu oft lesen musste, bis ich ihn schließlich einfach übersprungen habe), trotzdem taten diese kleinen Fehler keinen Abbruch an dem, was Colleen Hoover mit ihren Worten in mir ausgelöst hat. Sie hat alte Wunden aufgerissen, mein Herz genommen, es zerschmettert und letztlich Stück für Stück wieder zusammengesetzt - das mag jetzt ein wenig theatralisch klingen, aber es ist die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit. Auch wenn ich nicht garantieren kann, dass es jedem anderen auch so geht, der das Buch nach mir liest. Mir ging es so.


Handlung ♥♥♥♥

Die Handlung in Maybe Someday ist eigentlich davon geprägt, dass nichts passiert, weil nichts passieren darf, wir aber die ganze Zeit hoffen, dass etwas passiert, weil es unseren inneren Drang, unsere innere Zerrissenheit befriedigen würde, wir aber genau wüssten, dass wenn etwas passiert, wir es im Nachhinein bereuen würden. Mit 'wir' meine ich nicht nur uns Leser, sondern uns Leser und die Protagonistin, der in Anbetracht ihrer Situation die Hände gebunden sind. Verrückterweise passiert tatsächlich nicht wirklich viel, doch die Spannung, die allein von den kleinsten, unscheinbarsten Szenen ausgeht, ist spürbar und zugleich unerträglich. Ich stand beim Lesen derart unter Strom, dass ich das Buch geradezu verschlungen habe, weil ich die Spannung nicht ausgehalten habe, zu wissen, wie es denn nun ausgeht - ob das Ende mein Herz wieder zusammensetzen oder vollkommen in Stücke reißen würde. Ich finde es gehört zur großen Kunst eines Autors, seine Leser so sehr in seine Charaktere einfühlen lassen zu können, dass sie jeden einzelnen Moment mit ihnen aufsaugen, auch wenn nicht immer irgendwas Großes, Dramatisches passiert. Maybe Someday funktioniert viel subtiler, ja, auch mit dramatischen Szenen und Turning-Points, die ein Achterbahnfahrt der Gefühle mit sich bringen, aber sie sind so gut gestreut, dass man sich freut, wenn die Handlung einen mal kurz oder auch mal länger verschnaufen lässt. Ich weiß nicht so recht, ob ich mich mit dem Ende 100% anfreunden kann. Doch das zu begründen, würde Spoiler mit sich bringen, deswegen lasse ich diesen Punkt eben offen.


Gesamtwertung ♥♥♥♥♥

Maybe Someday hat mich tief berührt. Es hat einen Punkt in mir berührt, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich ihn habe. Es gibt Liebesgeschichten, die sind herzzerreißend, sodass ich vor lauter Tränen nicht weiterlesen kann. Es gibt Liebesgeschichten, die sind so seicht, dass sie nicht einmal an mich herankommen. Und es gibt dieses Buch, das mich so tief aufwühlt, dass ich noch Tage später nicht aufhören kann an es zu denken. Ich liebe die Charakterkonstellation, die Figuren, die Thematik, die Musik (die ich hier nicht groß besprochen habe, aber hört unbedingt rein! www.maybesomedaysoundtrack.com), die Atmosphäre, den Schreibstil, ich liebe, was dieses Buch mit mir gemacht hat und, dass es eine fünfstündige Bahnfahrt auf gefühlte 40 Minuten reduziert hat. Wer große - und kleine - Liebesgeschichten mit viel Gefühl und ein bisschen pikantem Schmerz liebt, der sollte diesem Buch auf jeden Fall eine Chance geben. Denn ich glaube, es hat sich in der viel zu kurzen Zeit, die ich mit ihm hatte, zu einem meiner Lieblingsbücher entwickelt. Absolute Empfehlung!


Spannung
♥♥♥♥
Romantik
♥♥♥♥♥
Humor
♥♥♥
Gewalt

Action


- Eure Bücherfüchsin

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lieblingsbuch!

Maybe Someday
0

Maybe Someday

Autor: Colleen Hoover
Genre: New Adult, Romantik, Slice of Life
Erschienen: 18.03.2016
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-74018-0
Preis: 12,95€ [D] | 13,40€ [Ö]

Rating: ...

Maybe Someday

Autor: Colleen Hoover
Genre: New Adult, Romantik, Slice of Life
Erschienen: 18.03.2016
Seiten: 432
Einband: Paperback
Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-74018-0
Preis: 12,95€ [D] | 13,40€ [Ö]

Rating: ♥♥♥♥♥


Inhalt

"Das Letzte, was Sydney will, als sie bei dem attraktiven Gitarristen Ridge einzieht, ist, sich in ihn zu verlieben. Zu frisch ist die Wunde, die ihr Ex hinterlassen hat. Und auch Ridge hat gute Gründe, seine neue Mitbewohnerin nicht zu nah an sich ranzulassen, denn er hat seit Jahren eine feste Freundin: Maggie - hübsch, sympathisch, klug, witzig. Und dann passiert es doch. Als Sydney beginnt, Ridge beim Songschreiben zu helfen, kommen sie sich näher als erwartet. Auch wenn beide die Stopptaste drücken, bevor wirklich etwas passiert, können sie nichts gegen die immer intensivere Anziehung ausrichten, die sie zu unterdrücken versuchen - vergeblich." - Quelle: Verlag


Cover ♥♥♥♥♥

Dieses Cover war Liebe auf den ersten Blick. Vermutlich wäre ich auf das neue Buch von Colleen Hoover nicht einmal aufmerksam geworden, hätte mich die dezente Schönheit in der Gestaltung nicht gleich im ersten Moment absolut verzaubert. Die Farben harmonieren einfach wundervoll, die Schrift mag zwar auf den ersten Blick protzig und zu dominant wirken, doch wäre die Gesamtkomposition ohne den Geniestreich des Titels viel zu langweilig. Dass sich hinter den Buchstaben das Gesicht eines Mädchens verbirgt, ist mir tatsächlich erst aufgefallen, als ich das Buch selbst in den Händen hielt. Ich finde es unglaublich elegant gelöst, wie man sich hier um das reine Fotocover drumherum gemogelt hat. Auch wenn Sydney in Wahrheit blond und nicht rothaarig ist, stört mich dieser unterschied tatsächlich weniger, denn eventuell wäre das Cover dann farblich nicht halb so perfekt geworden. Ich kann nur die volle Punktzahl geben!


Charaktere ♥♥♥♥♥

Sydney: Das Schöne an Sydney ist, dass sie ein absolut normaler Mensch ist. Sie hat eine normale Familie, ein normales Leben, Probleme, die jeder von uns auch kennt. Finanzen, Freundschaft, Liebe. Sie ist buchstäblich das Mädchen von Nebenan, das von den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verletzt und hintergangen wird. Ich konnte mich während des gesamten Buches wunderbar mit ihr identifizieren. Ihr Schmerz war mein Schmerz und umgekehrt - das hatte ich schon lange nicht mehr! Vor allem gefällt mir die Darstellung ihrer inneren Zerrissenheit in Kombination mit ihrer eigenen Selbstbeherrschung und der Vernunft, mit der sie Ridge stets begegnet, und die ihm eigentlich den Wind aus den Segeln nehmen sollte, stattdessen jedoch das Gegenteil bewirkt. Sydney ist kein kopfloses Huhn, dass sich einfach so von ihren Gefühlen hinreißen lässt, auch wenn sie es gerne wollte - sie erkennt, was für sich und für Ridge auf dem Spiel steht. Ein bisschen unglaubwürdig war jedoch die Tatsache, dass sie über den Verlust, mit dem sie zu kämpfen hat, bevor sich das mit Ridge und ihr entwickelt, so schnell und so einfach hinweg kommt. Auch wenn Zeitsprünge aufgezeigt werden und die Begründung, es wäre einfach nicht der Richtige gewesen, im Raum steht, fühlt es sich für den Leser so an, als flüchte sich Sydney in eine rein psychologische Abhängigkeit zu Ridge, ohne auch nur einen weiteren Gedanken an ihre Vergangenheit zu verschwenden. Sie vertraut zu schnell wieder. Vielleicht ist sie aber auch nur eine starke Persönlichkeit, und hat dadurch eine besondere Kraft, die nicht jeder von uns kennt. Oder aber die Autorin hat entschieden, dass die Geschichte um Ridge viel interessanter ist, um sich auf die psychologische Glaubwürdigkeit zu konzentrieren. Either way... Sydney war ein toller, nachvollziehbarer Charakter für mich, in den man als Leserin wunderbar hineinschlüpfen kann. Allerdings kommt man so schnell nicht mehr aus ihr heraus, wie ich am eigenen Leib erfahren durfte.

Ridge: Über Ridge kann ich gar nicht so viel verraten, denn ansonsten würde ich ins Spoilern geraten. Doch eines kann ich euch sagen: Er ist wundervoll. Anders, als viele andere Protagonisten in diesem Genre, ist Ridge kein Macho, er ist kein dominanter Charakter, er hat kein übertriebenes Selbstbewusstsein, keine Kontrollsucht, nichts, das ihn zu einer dieser stereotypen Figuren macht, die sich Frauen von Zeit zu Zeit in ihrem Bett wünschen. Viel mehr ist er ein Typ, an den man liebend gern sein Herz verliert: Er ist zurückhaltend, liebevoll, ordentlich, humorvoll, sanft, zurückgezogen und von einer attraktiven Schüchternheit, gepaart mit einer eisernen Selbstbeherrschung, dass man sich manchmal auf die Zunge beißen muss, um ihn nicht lauthals zu verfluchen. Er weiß nicht, was er wirklich will, das ist sein größter Fehler, der ihm im Verlauf der Handlung mehrfach den Kopf kosten könnte. Und gleichzeitig ist er der moralisch anständigste, dafür aber nicht immer der vernünftigste Charakter, den ich kenne. Sydney hat ihr Herz an ihn verloren und mit ihr habe ich auch meins an ihr verloren. Manchmal ist es vielleicht gar nicht so gut, sich zu sehr mit einem Charakter identifizieren zu können. Wenn du drei Tage nach Beenden des Buches noch immer in Gedanken an eine fiktive Figur versinkst, stimmt irgendwas nicht... Oder die Charakterkomposition von Maybe Someday ist so großartig, dass du gar nichts dafür kannst!

Warren: Er ist Ridges bester - und eventuell sogar sein einziger - Freund und kostet diesen Status vollständig aus. Ohne Miete zu zahlen, hat er sich in Ridges Wohnung einquartiert, mit der Begründung, er würde schließlich ihre Band managen, und weil Ridge ein guter Freund ist, akzeptiert er es so. Immer wieder tauschen die beiden Knallköpfe die schrägsten Streiche aus und Warren, der eindeutig der temperamentvollere von beiden ist, schaut dabei nicht nur einmal in die Röhre. Er ist frech, laut, unflätig und oftmals auch ungezogen, ohne Manieren und schreckt nicht davor zurück, ihre neuste Mitbewohnerin gleich am ersten Abend zum Porno gucken einzuladen. Warrens Anwesenheit habe ich jedes Mal besonders genossen, denn er bringt Action und gute Laune in die Geschichte, ohne die einzigartige Atmosphäre des Romans zu stören. Er ist wohl in jeglicher Hinsicht das genaue Gegenteil zu Ridge, Zurückhaltung und Ordnung sind Fremdworte für ihn, doch das macht ihn nicht weniger liebenswert. Das und seine besonders pikante Beziehung zu Zickenkönigin Bridgette macht ihn zum perfekten Sidekick, Moralapostel und Freund gleichermaßen. Ein toller Charakter!


Schreibstil ♥♥♥♥♥

Colleen Hoover ist eine wahre Künstlerin, wenn es darum geht, Worte zu beherrschen, die einem unter die Haut gehen. Mit jedem ihrer Romane schafft sie Geschichten, Charaktere und Leidenschaften, die dem Leser unvergessen bleiben und besonders in Maybe Someday hat sie dieses Können mal wieder unter Beweis gestellt. Figuren und Gefühle erwachen unter ihrer Feder zum Leben, fühlen sich greifbar und realistisch an. Ich habe jedes ihrer Worte in mich aufgesogen, denn ich konnte die Zerrissenheit und Anspannung zwischen den Charakteren kaum ertragen: Ich musste einfach wissen, wie es ausgeht! Sie schafft es, mit ein paar wenigen und einfachen Worten, die übrigens auch auf Englisch äußerst leicht zu lesen sind, Welten zu erschaffen, in die man eintauchen und sich verlieren kann. Perfekt ist sie dabei noch lange nicht, so sind mir an mehreren Stellen immer wieder mal Wiederholungen aufgefallen, die mich irgendwann genervt mit der Stirn runzeln ließen (Der Satz "Er/Sie ließ sich gegen das Betthaupt fallen" war definitiv ein Satz, den ich viel zu oft lesen musste, bis ich ihn schließlich einfach übersprungen habe), trotzdem taten diese kleinen Fehler keinen Abbruch an dem, was Colleen Hoover mit ihren Worten in mir ausgelöst hat. Sie hat alte Wunden aufgerissen, mein Herz genommen, es zerschmettert und letztlich Stück für Stück wieder zusammengesetzt - das mag jetzt ein wenig theatralisch klingen, aber es ist die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit. Auch wenn ich nicht garantieren kann, dass es jedem anderen auch so geht, der das Buch nach mir liest. Mir ging es so.


Handlung ♥♥♥♥

Die Handlung in Maybe Someday ist eigentlich davon geprägt, dass nichts passiert, weil nichts passieren darf, wir aber die ganze Zeit hoffen, dass etwas passiert, weil es unseren inneren Drang, unsere innere Zerrissenheit befriedigen würde, wir aber genau wüssten, dass wenn etwas passiert, wir es im Nachhinein bereuen würden. Mit 'wir' meine ich nicht nur uns Leser, sondern uns Leser und die Protagonistin, der in Anbetracht ihrer Situation die Hände gebunden sind. Verrückterweise passiert tatsächlich nicht wirklich viel, doch die Spannung, die allein von den kleinsten, unscheinbarsten Szenen ausgeht, ist spürbar und zugleich unerträglich. Ich stand beim Lesen derart unter Strom, dass ich das Buch geradezu verschlungen habe, weil ich die Spannung nicht ausgehalten habe, zu wissen, wie es denn nun ausgeht - ob das Ende mein Herz wieder zusammensetzen oder vollkommen in Stücke reißen würde. Ich finde es gehört zur großen Kunst eines Autors, seine Leser so sehr in seine Charaktere einfühlen lassen zu können, dass sie jeden einzelnen Moment mit ihnen aufsaugen, auch wenn nicht immer irgendwas Großes, Dramatisches passiert. Maybe Someday funktioniert viel subtiler, ja, auch mit dramatischen Szenen und Turning-Points, die ein Achterbahnfahrt der Gefühle mit sich bringen, aber sie sind so gut gestreut, dass man sich freut, wenn die Handlung einen mal kurz oder auch mal länger verschnaufen lässt. Ich weiß nicht so recht, ob ich mich mit dem Ende 100% anfreunden kann. Doch das zu begründen, würde Spoiler mit sich bringen, deswegen lasse ich diesen Punkt eben offen.


Gesamtwertung ♥♥♥♥♥

Maybe Someday hat mich tief berührt. Es hat einen Punkt in mir berührt, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich ihn habe. Es gibt Liebesgeschichten, die sind herzzerreißend, sodass ich vor lauter Tränen nicht weiterlesen kann. Es gibt Liebesgeschichten, die sind so seicht, dass sie nicht einmal an mich herankommen. Und es gibt dieses Buch, das mich so tief aufwühlt, dass ich noch Tage später nicht aufhören kann an es zu denken. Ich liebe die Charakterkonstellation, die Figuren, die Thematik, die Musik (die ich hier nicht groß besprochen habe, aber hört unbedingt rein! www.maybesomedaysoundtrack.com), die Atmosphäre, den Schreibstil, ich liebe, was dieses Buch mit mir gemacht hat und, dass es eine fünfstündige Bahnfahrt auf gefühlte 40 Minuten reduziert hat. Wer große - und kleine - Liebesgeschichten mit viel Gefühl und ein bisschen pikantem Schmerz liebt, der sollte diesem Buch auf jeden Fall eine Chance geben. Denn ich glaube, es hat sich in der viel zu kurzen Zeit, die ich mit ihm hatte, zu einem meiner Lieblingsbücher entwickelt. Absolute Empfehlung!


Spannung
♥♥♥♥
Romantik
♥♥♥♥♥
Humor
♥♥♥
Gewalt

Action


- Eure Bücherfüchsin

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unglaublich gut!

Ein Sommer am See
0

Ein Sommer am See

Autor: Mariko Tamaki
Illustrationen: Jillian Tamaki
Kategorie: Graphic Novel
Genre: Slice of Life, Coming of Age
Erschienen: 16.07.2015
Bände: 1/1
Seiten: 320
Verlag: Reprodukt
ISBN: ...

Ein Sommer am See

Autor: Mariko Tamaki
Illustrationen: Jillian Tamaki
Kategorie: Graphic Novel
Genre: Slice of Life, Coming of Age
Erschienen: 16.07.2015
Bände: 1/1
Seiten: 320
Verlag: Reprodukt
ISBN: 978-3-95640-025-4
Preis: 29€

Rating: ♥♥♥♥♥


Inhalt

"Jeden Sommer verbringt Rose mit ihren Eltern die Ferien im selben Haus am See. Dort trifft sie ihre Sommerfreundin Windy. Sie ist für Rose die kleine Schwester, die sie nie hatte. Doch in diesem Sommer ist alles anders. Roses Eltern hören nicht auf, sich zu streiten, und auch zwischen Rose und Windy hat sich etwas verändert. Rose kann den kindlichen Spielen von früher nicht mehr viel abgewinnen, vielmehr beobachtet sie fasziniert und verstört zugleich die älteren Teenager, die schon erste sexuelle Erfahrungen machen.

Eine flirrend leichte Sommergeschichte über die Zeit zwischen der Kindheit und dem Erwachsenwerden – voller Geheimnisse, Sorgen und Erwartungen. Bereits “Skim”, das preisgekrönte erste Buch der kanadischen Cousinen Mariko und Jillian Tamaki, erregte 2008 Aufmerksamkeit weit über die Grenzen des Comics hinaus." - Quelle: Verlag


Cover ♥♥♥♥♥

Gestoßen bin ich auf Ein Sommer am See auf der diesjährigen Buchmesse in Wien, auf der der Reprodukt-Verlag (unter einigen anderen deutschen Comic- und Graphic Novel Verlagen) ungewöhnlich, aber erfreulich stark vertreten war. Gerade die unscheinbare Aufmachung des Covers fachte bei jedem meiner Besuche immer wieder aufs Neue meine Neugier an, das immerhin 320 Seiten schwere 'Buch' in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen, um herauszufinden, was sich hinter diesem schlichten, aber unglaublich schönen Cover verbirgt. Schon auf den ersten Blick habe ich mich in die blaustichigen, melancholisch-düsteren Zeichnungen verliebt, die sich - angefangen beim Cover - durch die ganze Graphic Novel ziehen. Besonders die verträumte Darstellung der beiden Hauptcharaktere, Windy (nur zur Hälfte) und Rose, die sich, allein in der Abgeschiedenheit des weiten, weißen Himmels, gerade mitten im Sprung befinden, um gleich in das kühle Nass des Sees zu tauchen, spiegelt die Stimmung der Graphic Novel unerwartet gut wieder. Sehr schönes Cover!


Charaktere ♥♥♥♥♥

Rose: Rose befindet sich gerade in einer sehr wichtigen Phase ihres Lebens - sie steht an der Schwelle zur Pubertät. Als sie in diesem Jahr mit ihren Eltern zu ihrem alljährlichen Sommerurlaub an den See fährt, trifft sie dort ihre Freundin Windy wieder, von der sie verwundert feststellt, wie kindisch sie sich - in ihren Augen - eigentlich verhält. Beim Lesen musste ich immer wieder bewundernd feststellen, wie stark die einzelnen Stimmungen des jungen, pubertierenden Mädchens (so wie ich es selbst noch in Erinnerung hatte) von Autorin und Illustratorin eingefangen und wiedergespiegelt wurden. Ich fühlte mich immer wieder wie in Rose hineinversetzt und wurde von der jeweiligen Stimmung angesteckt, die sie gerade empfand: war sie melancholisch-verträumt, erwischte ich mich ebenfalls dabei, war sie glücklich und tollte mit Windy herum, zauberte es mir ein Lächeln auf die Lippen. Zwar war ich mit ihren Handlungen nicht immer ganz einverstanden, aber das musste ich auch nicht sein. Rose ist ein authentischer, lebhafter Charakter, der Fehler begeht, tief im Gefühlschaos steckt und dabei Dinge sagt und tut, die wir alle nur allzu gut kennen, auch wenn wir - aus der Sicht unseres jetzigen, viel älteren Ichs - keinen Bezug mehr zu diesen, unseren, früheren Entscheidungen haben. Es ist verrückt, wie die beiden Tamaki-Cousinen einen Charakter schaffen, der genau dieses Gefühl wiederzugeben versteht.

Windy: Bei Windy ist es in etwa das Gleiche. Anders als ihre langjährige Freundin Rose, hat sie den letzten Schritt in die Phase der Pubertät noch nicht gemacht und versteht es schon deswegen, ihr Leben leichter und mit kindlichem Irrsinn zu leben. Als Adoptivtochter einer ehemaligen Hippie-Dame mit veganem Lebensstil versteht sie es trotzdem - auf ihre eigene Weise -, was es heißt, ein Rebell zu sein. Sie lacht viel und ausgelassen, spielt gern Streiche, ist witzig und hat ein großes Mundwerk, aber ein dafür viel zu kleines Selbstbewusstsein, wie an manchen Stellen deutlich wird. Auch wenn sie gerne großspurig über 'Erwachsenenkram' redet und so tut, als wüsste sie, wovon sie spricht, und sich mit masochistischem Vergnügen immer wieder Horrorfilme ab 18 anschaut, merkt man doch gerade in solchen Momenten, dass sie für diese Themen noch längst nicht reif genug ist, auch wenn sie es gerne wäre. Gerade deswegen macht es sie rasend, dass sie das Gefühl hat, mit Rose nicht mehr, wie noch im Jahr zuvor, auf einer Wellenlänge zu sein und fühlt sich von deren Gefühls- und Gedankenwelt mehr und mehr ausgeschlossen. Während Rose fasziniert eine Gruppe Jugendlicher beobachtet, zieht sich Windy zusehends davor zurück und möchte eigentlich gar nichts mit ihnen zu tun haben. Auch hier zeigt sich wieder die grandiose Beobachtungsgabe der beiden Autorinnen, die es schaffen, dem Leser die Psyche dieser beiden Mädchen so detailverliebt darzulegen. Windy war mein Highlight!


Zeichenstil ♥♥♥♥♥

Die Zeichnerin Jillian Tamaki, die mit ihrer Cousine gemeinsam das Projekt Ein Sommer am See vollendete, ist Nordamerikanerin mit - wie ihr Nachname sagt - japanischen Wurzeln. Vielleicht habe ich gerade deswegen so beherzt zugegriffen, als ich die Graphic Novel das erste Mal in die Finger bekam, denn mit japanischen Zeichenstilen kenne ich mich aus. Das faszinierende an diesem hier ist, dass Jillian Tamaki eine perfekte Mischung aus amerikanischem und japanischem Stil geschaffen hat, die sich in klaren, dicken Outlines, runden Gesichtern, simplen Artworks und ausdrucksstarken Gesichtern niederschlägt. Die wiedergegebenen Emotionen sind viel tiefer und realistischer, als sie ein Manga je darstellen könnte, dafür hat die japanische, schlichte Schönheit ihren ganz eigenen, faszinierenden Reiz. Ich habe mich immer wieder dabei erwischt, wie ich minutenlang ein und das selbe Bild angestarrt habe, um die Stimmung in mich aufzusaugen, die Emotionen herauszufiltern und die Schönheit der Bilder auf mich wirken zu lassen. Besonders gut gefallen mir die natürlichen Körperproportionen der Charaktere, die jedem einzelnen einzigartige Eigenschaften zuordnet: mal groß und dürr, klein und rund, klein und knochig, groß und untersetzt, kurvig, faltig, sportlich, klapprig. Es gab keine Stereotypen, keine unrealistischen, dürren, keine übertrieben schönen Charaktere. Jeder hat seine Fehler, seine Ecken und Kanten, Momente, die sie schön oder hässlich erscheinen lassen. Das, was Jillian Tamaki hier geschaffen hat, ist für mich Kunst.


Handlung ♥♥♥♥♥

Wer hier eine aufregende Handlungen voller Plottwists und actiongeladenen Szenen erwartet, der ist ganz falsch. Ein Sommer am See fühlte sich für mich an wie ein Kurzurlaub in die Psyche zweier Mädchen, die noch nicht recht wissen, wie sie dem Leben begegnen sollen - und weg von Bildschirm, Medien und einer Welt voller Lügen und falscher Schönheitsideale. Wir folgen Rose in den Urlaub an den See, sehen, was sie sieht, fühlen, was sie fühlt und finden, mitten in einer Identitätskrise heraus, dass ihre Eltern nicht mehr glücklich miteinander sind. Wir spüren ihre Angst vor einer - nie ausgesprochenen - Scheidung und die Kälte, mit der ihre Mutter ihr und ihrem Vater plötzlich begegnet. Wir beobachten mit ihren Augen fasziniert, angewidert und neugierig zugleich, wie eine Gruppe Jugendlicher in Sex (ohne explizite Szenen), Alkohol und Drogen versinkt und fürchten uns vor dieser, ihrer Zukunftsvision. Der Fokus der Graphic Novel liegt hier nicht auf der Handlung, er liegt auf den Worten, der Stimmung und vor allem: auf der Entwicklung der einzelnen Charaktere und ihrer Beziehung untereinander. Ein unglaublich schönes, verträumtes Werk, dass es wert ist, immer und immer wieder in die Hand genommen zu werden - und wenn es nur ist, um in den wundervollen Zeichnungen zu versinken.


Gesamtwertung ♥♥♥♥♥

Ein Sommer am See ist für mich ein absoluter Glückgriff und ein richtiger Schatz. Als ich die Graphic Novel das erste Mal sah, wusste ich nicht, ob ich mich auf ein solches Experiment einlassen wollte - weg von Büchern und klassischen Mangas, wie ich sie sonst lese, und hin zu den in simple Zeichenkunst verpackten, literarischen Geschichten. Ich muss sagen, dass ich einen Kauf noch nie weniger bereut habe als jetzt. Ein Sommer am See ist unglaublich schön und fordert den Leser mit einer unscheinbaren Intelligenz heraus, sich Stimmungen hinzugeben, Kontroversen zu überdenken und sich in die Welt eines anderen hineinzuversetzen, um ihn zu verstehen. Die noch dazu besonders ausdrucksstarken Zeichnungen von schlichter Schönheit haben mich absolut fasziniert und überzeugt, dass sich hinter dem Wort Graphic Novel eine feingliedrige Kunstform verbirgt. Einfach toll!


- Eure Bücherfüchsin