Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2019

Anders sein

Mein Leben als Sonntagskind
0

Seit frühester Kindheit merkt Jasmin, dass sie anders ist als andere. Während andere schon im Kindergarten Freundschaften schließen, miteinander spielen, toben, lärmen und sich anpassen können, wird ihr ...

Seit frühester Kindheit merkt Jasmin, dass sie anders ist als andere. Während andere schon im Kindergarten Freundschaften schließen, miteinander spielen, toben, lärmen und sich anpassen können, wird ihr immer wieder alles viel zu viel. Zu viel Licht, zu viel Lärm, zu viel Reden. Das ändert sich weder in der Vorschule noch in der richtigen Schule und schon gar nicht an der Fachschule. Die Einzigen, mit denen sie sich richtig unterhalten kann, sind ihre Familie, ihre Hündin Senta und Elvis Presley - der allerdings auch nur als Poster an der Wand hängt. Sie hat Probleme, mit anderen zu kommunizieren und wenn sie unter Stress gerät, läuft sie weg. Nur wenige können sie erreichen und nur wenigen öffnet sie sich. Doch dann verliebt sie sich in einen Jungen - und wie soll sie ihm ihre Gefühle klarmachen?

Asperger interessiert mich nicht erst seit "Lost in Fuseta" und "Spectrum" sehr, weil das eine Art Anderssein ist, die nicht auf Anhieb erkennbar ist. Man glaubt, der/die andere wäre einfach komisch, abweisend, überheblich; dass aber in den Köpfen solcher Menschen etwas andere Denkstrukturen laufen, ist uns selten bewusst. Nun würde ich einige der Kindheitserlebnisse nicht unbedingt Asperger in die Schuhe schieben wollen, es sei denn, ich zeige auch Tendenzen dazu, genauso wie die Hälfte meiner damaligen Klassenkameraden. Kinder, kleine wie große, sind einfach manchmal komisch. Manchmal waren mir die Episoden auch ein wenig zu langgezogen, weil sich auch öfter mal was wiederholt hat. Trotzdem hat es mir einen guten Einblick in das Leben eines solchen Menschen gegeben, der sich doch schon ein wenig von dem unterschied, was ich zu wissen glaubte, und allein daher ist das eine interessante Lektüre, die mich meistens fesseln konnte.

Veröffentlicht am 26.04.2019

Missetat begangen!

Aus den Filmen zu Harry Potter: Die Karte des Rumtreibers - Eine Reise durch Hogwarts
0

Die Karte der Herumtreiber - wer kennt sie nicht? Geschaffen von James Potter (Harrys Vater), Sirius Black (Harrys Paten), Remus Lupin (Harrys Lehrer) und Peter Pettigrew (Rons Ratte) zu der Zeit, als ...

Die Karte der Herumtreiber - wer kennt sie nicht? Geschaffen von James Potter (Harrys Vater), Sirius Black (Harrys Paten), Remus Lupin (Harrys Lehrer) und Peter Pettigrew (Rons Ratte) zu der Zeit, als die selbst noch in den Siebzigern Hogwarts unsicher machten.
In diesem Buch findet sich jedoch nicht nur eine Karte, sondern - wie der Untertitel schon verrät - eine Reise durch Hogwarts. Dabei erfährt der erfahrene Potterianer natürlich nichts Neues, es ist eher eine Rückkehr zu Altvertrautem.

Was interessant ist, ist jedoch der beiliegende "Zauberstab". Obwohl nicht sonderlich hochwertig aus Plaste gestaltet, enthält er ein Blaulicht, mit dem man auf der beiliegenden Karte der Rumtreiber bisher unsichtbare Spuren erkennen und sich damit amüsieren kann, die Schritte derjenigen zu verfolgen, die bis dahin verborgen waren.

Außerdem enthält der Zauberstab auch einen Stift mit "Zaubertinte". Auf einer Rumtreiber-Karte, die leer gehalten wurde am Ende des Buches, kann man dort seine eigenen Schritte einzeichnen und später verfolgen. Was mich ein wenig gestört hat an der Aufmachung, ist, dass die enthaltenen Fotos von ziemlich schlechter Qualität sind - warum? Das ist so unnötig, finde ich.

Alles in allem ist das Buch ein nettes Gimmick für Hardcore-Fans - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Zurück auf Los

Niemalswelt
0

Seit Beatrice auf dem College ist - also seit einem Jahr - hat sie ihre Freunde Whitley, Kipling, Cannon und Martha nicht mehr gesehen. Früher waren sie unzertrennlich gewesen, doch früher war da auch ...

Seit Beatrice auf dem College ist - also seit einem Jahr - hat sie ihre Freunde Whitley, Kipling, Cannon und Martha nicht mehr gesehen. Früher waren sie unzertrennlich gewesen, doch früher war da auch noch Jim gewesen - Bees Freund. Er starb unter ungeklärten Umständen und Bee ... ein Teil von ihr starb wohl auch. Als sie zum ersten Mal nach dieser langen Zeit nach Hause kommt und ihre Freunde besucht, passiert etwas Schreckliches. Sie haben einen Unfall - und ein Mann kommt auf sie zu, behauptet, sie wären in einer Zeitschleife gefangen und müssten sich einigen, wer von ihnen als einziger überleben kann. Nach anfänglicher Skepsis und dem Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier-Gefühl wird es immer klarer: Sie müssen den Tod von Jim aufarbeiten und aufklären, sonst wird niemand jemals der Niemalswelt entkommen.

Ein interessantes Konzept und wenn es auch nicht neu ist, so habe ich es in dieser Form als Jugendbuch/Thriller noch nicht gelesen. Nach einem starken Anfang lässt es jedoch erstmal ganz schön locker, entwickelt sich zu einem Seelenstrip und ganz schön viel innerer Monolog. Das wird nach einer Zeit ermüdend, auch wenn es eigentlich gar nicht so langweilig sein sollte mit anzusehen, was Leute tun könnten, wenn sie wissen, dass nach einem Tag wieder alles auf Anfang ist und für niemanden Konsequenzen trägt. Spannend und ein wenig abgefahren-spacig wird es ab der Mitte des Buches, als Martha ihre Erkenntnisse vorträgt und sie richtig anfangen, sich um Jims Tod zu kümmern. Über das Ende lässt sich wiederum streiten, aber alles in allem war es eine durchaus unterhaltsame Lektüre.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Nur drei volle Mahlzeiten

Der Wal und das Ende der Welt
0

Weißt du, wie man überlebt? Indem man einfach weiteratmet. Nur ob das wirklich immer so einfach ist?
Joe (Jonas) Haak ist Analytiker in einer großen Bank mit Tradinganteil. Als ein von ihm geschriebenes ...

Weißt du, wie man überlebt? Indem man einfach weiteratmet. Nur ob das wirklich immer so einfach ist?
Joe (Jonas) Haak ist Analytiker in einer großen Bank mit Tradinganteil. Als ein von ihm geschriebenes Programm anscheinend für den Verlust von Millionen für seinen Arbeitgeber verantwortlich ist, setzt er sich in sein Auto und fährt solange, bis die Reifen schon fast nass sind. St. Piran kennt niemand und genauso gefällt den schrulligen Bewohnern das. Als plötzlich ein Fremder mitsamt einem Finnwal an den Strand gespült wird, ist ihnen sofort klar, dass sich alles ändern wird. Und dabei wissen sie noch gar nicht, dass dieser Fremde namens Joe ein Programm geschrieben hat, das das Ende der Welt vorausgesagt hat.

Ironmonger hat es irgendwie geschafft, ein neues Genre zu erfinden: die Wohlfühldystopie. Ja, es sind beunruhigende Ereignisse, die stattfinden, nachdem Joe wieder auf den Beinen ist, aber diese sehr gut recherchierten Dinge, die uns wahrscheinlich näher sind, als wir wahrhaben möchten, werden gleichzeitig auch durch eine Gemeinschaft - die aus St. Piran - getragen, die das Buch zu einer Art Kuschelapokalypse werden lässt. Dabei sind nicht einmal alle Leute sympathisch; auch in dem kleinen Dort gibt es das ein oder andere A... h, männlich oder weiblich. Aber das Gros der Leute hat sein Herz auf dem rechten Fleck, genauso wie Joe. Dass es dabei in der Mitte der Geschichte einen kleinen Durchhänger gibt, war zu erwarten, doch selbst der ist nicht schlimm. In Rückblenden erfährt man, wie es zu der Cosy Dystopie kommen konnte - diese Sachen fand ich gar nicht so abwegig, sie könnten jederzeit passieren. Wie es diversen Philosophen so schön in die Münder gelegt wird: Die Anarchie ist nur drei volle Mahlzeiten entfernt.
Aber nicht in St. Piran. Und schon gar nicht, wenn es Joe und sein Wal verhindern können.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Gebunden

Die verborgenen Stimmen der Bücher
1

Emmett Farmer ist genau das: ein Bauer. Und eigentlich will er eines Tages den Hof seines Vaters übernehmen, doch dann wirft ihn ein heftiges Fieber monatelang nieder. Als eine Buchbinderin ihn als Lehrling ...

Emmett Farmer ist genau das: ein Bauer. Und eigentlich will er eines Tages den Hof seines Vaters übernehmen, doch dann wirft ihn ein heftiges Fieber monatelang nieder. Als eine Buchbinderin ihn als Lehrling haben will, zögern seine Eltern nicht, ihn wegzuschicken - dabei werden Buchbinderinnen wie Hexen betrachtet, denn sie stehen im Verdacht, Seelen von Menschen zu stehlen und in Büchern zu speichern. Niemand will mit ihnen zu tun haben, doch Emmett bemerkt schnell, dass es nicht so einfach ist. Und dann begegnet er eines Tages dem adligen Lucian und nichts ist mehr so, wie er es zu wissen glaubte.

Das ist mal wieder eines der Bücher, bei denen ich hin- und hergerissen bin, wie ich sie am besten beschreibe. Es hat mir gefallen, so viel steht fest. Es ist eine Lektüre, die entschleunigt. Nicht langweilig, aber es nimmt sich Zeit für die Geschichte. In drei Teile gegliedert zeichnet es erst ein Porträt von Emmett und seiner Lehrstelle, geht in Teil 2 zurück in die Vergangenheit und lässt uns in Teil 3 an Lucians Perspektive teilhaben. Es behandelt Triggerthemen wie Missbrauch und Selbstmord; manchmal - gerade wenn es in der Stadt spielt - ist es unerwartet düster. Mit dem Ende bin ich nicht ganz glücklich. Man muss mir nicht alles vorkauen, aber wenn sich jemand Zeit nimmt für alle Einzelheiten einer Handlung, erwarte ich nicht, zum Schluss im Regen stehen gelassen zu werden. Mir wäre also ein runderer Abschluss lieber gewesen, aber im Großen und Ganzen ist das ein durch und durch empfehlenswertes Werk.
Dieses Cover könnte arg fehlleiten, finde ich. Es vermittelt den Eindruck eines leichten, mal so eben wegzulesenden Buches, aber es ist viel mehr und könnte gewisse Leser überfordern. Zum Beispiel diejenigen, die glauben, Homosexualität sei eine Krankheit oder auch diejenigen, die nicht schlafen können, wenn unter ihren zwanzig Matratzen eine Erbse liegt.