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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Starke Protagonistin, Spannungstief in der Mitte

Lana - Schattenbilder
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Lana steht kurz vor dem Schulabschluss am Eliteinternat, auf das ihr Onkel sie nach dem Tod ihrer Eltern geschickt hat, als Tristan in ihr Leben tritt. Die beiden verbindet auf Anhieb ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. ...

Lana steht kurz vor dem Schulabschluss am Eliteinternat, auf das ihr Onkel sie nach dem Tod ihrer Eltern geschickt hat, als Tristan in ihr Leben tritt. Die beiden verbindet auf Anhieb ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Als Lana mehrmals von einem Unsichtbaren angegriffen wird, erklärt Tristan, dass er sie aus einer Parallelwelt kennt, die sie wegen einer schweren Krankheit verlassen musste. Doch ein anderes Wesen aus dieser Welt trachtet nach Lanas Blut, denn nur so kann der dunkle Magier befreit werden. Tristan will Lana beschützen, aber nur Lana kann den Kampf endgültig beenden.
Ich fand den Stil sehr schön. Mysteriös und weich, aber nicht zu verkitscht. Gerade Lanas anfängliche Neugierde für Tristan ist toll beschrieben. Auch ist ihre Liebe per se erst einmal nicht verboten oder gefährlich, erst die äußeren Umstände sorgen für den Nervenkitzel. Da Tristan Lana zwar aus ihrem alten Leben kennt, sie aber durch ihre Erfahrungen nicht mehr die Alte ist, geht die Entdeckung und Gefühlsregung von beiden aus, was mir gut gefallen hat. Sowohl Lana als auch Tristan müssen sich erst (wieder) kennenlernen.
Hierbei zeigt sich durchaus eine Differenz, da Tristan gemeinsame Erinnerungen hat, die Lana verwehrt bleiben. Die Frage, ob es nicht doch irgendwann zur Enttäuschung kommt, da Lana nicht mit der Person gleich ist, die Tristan einmal geliebt hat, steht für mich permanent im Raum, wenn auch im Hintergrund. Die Autorin kommt hier aber auch ein gutes Maß und lässt die Geschichte in sich glaubhaft sein.
Gut fand ich auch, dass Lana keine Außenseiterin ist. Sie hat viele Freundinnen und Freunde und hatte auch schon Beziehungen. Erfahrung und Lebensnähe machen sie zu einem plausiblen Charakter. Sie besteht etwas darauf, die Schule fertig zu machen und taucht nicht etwa ohne nachzudenken in das fantastische Abenteuer ab.
Etwas schwierig fand ich dagegen das starke Abflachen der Spannung in der Mitte. Im Grunde werden zwei Geschichten erzählt. Wie Tristan Lana in der realen Welt finden, ihr Kampf, dann eine Pause und dann Lanas Eintreten in die fantastische Welt. Da die Bedrohung miteinander verknüpft ist besteht ein starker Zusammenhang, die Überlegung, die beiden „Teile“ zu trennen, wäre aber durchaus angebracht gewesen – vor allem da es ja noch Nachfolgeteile gibt, die bisher im Selbstverlag erschienen sind.
Auch die Nebenfiguren schwächeln noch etwas. Während Lana und auch Tristan genug Raum haben, sich zu entfalten, treten Lanas Freunde aus der realen Welt schnell in den Hintergrund und ihre neuen Freunde aus der fantastischen Welt kommen zu spät auf den Plan. Da die Geschichte als Reihe angesetzt ist, bleibt abzuwarten, ob in den späteren Büchern diese Figuren mehr Kontur bekommen.
Schön fand ich, dass Lana keine passive Figur ist. Schnell wird sie zur Kämpferin, wenn auch eher mental, als physisch. Hier wird nichts überdreht. Sie versucht zwar, kämpfen zu lernen, erkennt aber ihre körperlichen Grenzen. Gerade dadurch sieht sie aber auch ihre Stärken und setzt sie ein. Für diese Selbstbestimmung geht sie auch in den Konflikt mit Tristan und setzt sich durch. Eine starke Frauenfigur also, die dennoch emotional ist. Das hat mir gut gefallen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne Geschichte

STRIKE - oder die Unwahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden und die große Liebe zu finden
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Sophie steht kurz vor den Sommerferien, nach denen sie dem Abitur entgegentreten wird. Da lernt sie Strike kennen. Punk, obdachlos, süchtig. Und dennoch freundlich, rücksichtsvoll und zum Anbeißen. Sophie ...

Sophie steht kurz vor den Sommerferien, nach denen sie dem Abitur entgegentreten wird. Da lernt sie Strike kennen. Punk, obdachlos, süchtig. Und dennoch freundlich, rücksichtsvoll und zum Anbeißen. Sophie erkennt sich selbst nicht mehr wieder, als sie mit ihm kurzerhand nach Frankreich aufbricht, um seinen Vater zu finden. Dass die beiden sich dabei nicht nur näherkommen, sondern auch allerlei Hürden überwinden müssen, lässt die Mischung aus Liebesroman, „Roadtrip“ und Adoleszensgeschichte wirklich gut werden.
Die ersten Kapitel haben es mir schwergemacht. Sophie eine eher blasse Figur, der Stil musste, wie ich, erst in die Geschichte finden. Im Nachhinein war zumindest Sophies Oberflächlichkeit sogar wichtig. Sie entwickelt sich enorm im Roman, gewinnt Kontur, lernt dazu und findet zu sich selbst. Da der Roman aus ihrer Perspektive geschrieben ist, erklärt das auch, warum der Stil anfangs noch etwas schwankt. Sobald Sophie und Strike aber zusammentreffen und die Handlung Fahrt aufnimmt, war ich mittendrin, der Stil nicht verkitscht, sondern amüsant und trotzdem tief, Sophie auf dem Weg zu sich selbst.
Katharina Wolf nutzt hier als Autorin das Spiel mit der Spannung. Immer wieder gibt es kleine psychische wie physische Hürden, die Sophie und Strike überwinden müssen. Jede könnte sie zum Scheitern bringen. Das nicht zuletzt auch mit der Erwartung des Ziels gespielt wird und das Ende dadurch so nicht vorherzusehen ist, hat mir besonders gut gefallen. Gerade Liebesromane funktionieren schnell nach Schema. Dieser nicht, weil er eben nicht nur Liebesroman ist.
Ein großes Thema im Buch sind Drogen und die Sucht. Auch hier versteht es der Roman gut, unterschiedliche Perspektiven aufzuzeigen. Sophies Auseinandersetzung mit Strikes Sucht verläuft über mehrere Etappen und findet im Höhepunkt des Romans ihre Entscheidung. Sehr gut gefällt mir, dass die Beziehung der beiden Strike zwar hilft, aber allein nicht auf Dauer reicht. Hier wird der Roman sehr realistisch.
Ein Manko für mich bleibt das Gefälle zwischen Sophie und Strike was Materielles angeht. Sophie hat immer mal wieder das Gefühl, ihm helfen zu müssen, weil er ein hartes Leben hatte und auf der Straße lebt. Mitunter wirft das für mich die Frage auf, wie viel ihrer Gefühle für ihn von ihrem Helferkomplex herstammen. Entkräftet wird diese Kritik zumindest zweitweise, denn solange Strike und Sophie zusammen sind, herrscht zwischen ihnen Augenhöhe und sie lernen voneinander, helfen sich gegenseitig. Sophies Blick von oben herab existiert vor allem am Anfang und dann, wenn sie nicht bei ihm ist, sondern über ihm nachdenkt. Eine Aussprache hierzu hätte ich mir durch die Figuren durchaus gewünscht – sie bleibt aber aus.
Im Ganzen ist Strike oder die Unwahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden ein Liebesroman, der mich erstaunt, überrascht und begeistert hat. Die Figuren sind lebensnah und entwickeln sich durch die Handlung hindurch. Die Mischung aus Reise durch Frankreich, Liebesgeschichte und Erwachsenwerden fand ich sehr gelungen und kann den Roman darum empfehlen, auch und gerade für alle, die nicht auf klassische Schnulzen stehen.

Veröffentlicht am 10.06.2022

Nicht leicht, aber wichtig!

Das lila Mädchen
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Das lila Mädchen erzählt von Tamara, die es liebt zu malen. Damit drückt sie sich aus und vermittelt ihre Emotionen. Die Farbgebung spielt auch bei den Illustrationen von Sinan Hallak eine große Rolle. ...

Das lila Mädchen erzählt von Tamara, die es liebt zu malen. Damit drückt sie sich aus und vermittelt ihre Emotionen. Die Farbgebung spielt auch bei den Illustrationen von Sinan Hallak eine große Rolle. Sie betonen die Geschichte und vermitteln mehr als die Worte allein. Tamara vermisst das Haus in Jaffa, in dem sie aufgewachsen ist. Vor 70 Jahren musste sie von dort fliehen. Im Traum besucht sie es, doch ein Mädchen wohnt dort, dass sie nicht hineinlässt. Tamaras Traurigkeit darüber nehmen dem Haus und der Welt alle Farben, bis nur noch lila übrigbleibt.

Die Geschichte ist keine leichte, weder für Kinder noch für Erwachsene. Sie erzählt mit einfachen Worten und Farben von Entwurzelung und der Sehnsucht nach Heimat und Kindheit. Und darüber hinaus von der Zurückweisung und Ausgrenzung. Das Haus der Kindheit gibt es so nicht mehr, das Mädchen selbst steht für Tamaras Kindheit, zu der sie nicht zurückkehren kann. Wer das nicht versteht, bekommt keinen Zugang zur Geschichte. Aber gerade darum regt das Buch auch an, mit Kindern über Flucht, Vertreibung und Sehnsucht zu sprechen.

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Veröffentlicht am 10.06.2022

Kräuter im Freundebuchstil

Meine wilden Kräuterfreunde
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Ich bin direkt die verschiedenen Einträge durch – auf 104 Seiten sind das gar nicht mal so viele, denn jede Pflanze bekommt Raum zur Vorstellung, einen Platz um ein Exemplar getrocknet einzukleben und ...

Ich bin direkt die verschiedenen Einträge durch – auf 104 Seiten sind das gar nicht mal so viele, denn jede Pflanze bekommt Raum zur Vorstellung, einen Platz um ein Exemplar getrocknet einzukleben und Rezepte. Den Anfang machen Gänseblümchen und Löwenzahn, später kommen auch Pflanzen dazu, die vielleicht nicht in jedem Garten zu finden sind. Schöne Zeichnungen und Erklärungen im Freundebuchstil machen klar, dass die Zielgruppen besonders Familie und Kinder sind.

Manche Dinge haben mich verblüfft. Mir war wirklich nicht klar, dass Gänseblümchen von der Hand in den Mund gepflückt werden können. Löwenzahnsalat dagegen war mir bereits vorher ein Begriff und so ist das Buch eine gelungene Mischung an „oh, das wusste ich nicht, cool“ und „ja, wusste ich, aber jetzt hab ich auch ein Rezept dafür“. Nicht alle Anleitungen im Buch sind Rezepte, viele sind auch Bastelideen, so dass auch Kinder, die Essen eher skeptisch gegenüber stehen, hier Spaß haben werden.

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Veröffentlicht am 19.04.2019

Es fehlt etwas

Das Nachtfräuleinspiel
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Liane arbeitet Ende der sechziger Jahre in einem Kindergarten, als sie in ihrer Mittagspause einen Medizinstudenten sieht. Sie weiß, ihn will sie haben und sie setzt in den folgenden Wochen alles daran, ...

Liane arbeitet Ende der sechziger Jahre in einem Kindergarten, als sie in ihrer Mittagspause einen Medizinstudenten sieht. Sie weiß, ihn will sie haben und sie setzt in den folgenden Wochen alles daran, ihn auch zu bekommen. Das ist gar nicht so einfach, den Carl lebt in einer Kommune und hält von festen Bindungen nicht unbedingt viel. Liane muss alle Register ziehen. Jahre später ist sie mit Carl verheiratet, hat fünf Kinder und ist Kindertherapeutin. Da nimmt sie die siebzehnjährige Annamaria auf, unehelich schwanger und selbst ohne Eltern. Die glaubt, ein Traum wird wahr, immerhin darf sie bei DER Vorzeigefamilie schlechthin leben. Oder ist auch bei Liane alles gar nicht so rosig? In der Gegenwart blickt Liane auf ein erfolgreiches Leben zurück und ist noch längst nicht fertig damit. Doch irgendwer scheint es auf sie abgesehen zu haben und all ihre Tricks zu kennen.
Die beiden Protagonistinnen sind nicht nur vom ersten Moment an zutiefst unterschiedlich. Sie bleiben es auch. Während Liane offensichtlich Narzisstin ist, ist Annamaria in ihrer Opferrolle gefangen. Die Gegensätze sind mir persönlich zu offensichtlich. Es bleibt wenig Spielraum, beim Lesen zu rätseln und zu reflektieren. Allein Lianes Überzeugung, stets das Richtige zu tun, lässt sie dominant bleiben, auch als bereits alles um sie herum bröckelt. Nein, warm wurde ich mit den beiden wirklich nicht, auch wenn ihre Geschichte durchaus lesenswert ist.
Gleichzeitig fehlen mir die Konsequenzen, zumindest für die offensichtlichen Straftaten, die begangen werden. Annamarias Vergewaltiger wird enttarnt, doch selbst für sie bleibt seine Tat gegenüber Lianes nebensächlich und so gerät das komplett in Vergessenheit. Auch die vielen Details und Mechanismen, die die geheimnisvolle Person kennen und in Gang setzten muss, um Lianes Leben am Ende nach und nach zu zerlegen, bleiben Leerstellen. Nur das Wissen um ihre gesammelten Taten zu haben, reicht nicht, um derart effektiv agieren zu können. Eine eindeutige Lücke, mit der ich immer noch nicht zufrieden bin.
Das Nachtfräuleinspiel ist ein interessantes Buch mit allerlei psychologischen Feinheiten. Rund geworden ist es am Ende für mich nicht, auch die beiden Frauenfiguren im Zentrum sind mir zu eindimensional. Außerdem fehlt der Hinweis, dass im Buch (psychische) Gewalt und Vergewaltigung auftauchen. Im Ganzen lesenswert finde ich es aber durchaus, da viele Erziehungsstrukturen und Selbstlügen aufgezeigt und auseinandergenommen werden.