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Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein schauriges Zirkusbild mit liebenswerten Protagonisten

DIE WAHRE GESCHICHTE
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Allgemein:

„Die wahre Geschichte vom traurigen Clown Frederico“ ist ein 137- seitiges Kinder- und Jugendbuch aus der Schreibfeder von Anton Soja und dem Zeichenstift von Oksana Baturina. Es erschien im ...

Allgemein:

„Die wahre Geschichte vom traurigen Clown Frederico“ ist ein 137- seitiges Kinder- und Jugendbuch aus der Schreibfeder von Anton Soja und dem Zeichenstift von Oksana Baturina. Es erschien im März 2019 beim Wunderhaus Verlag und erzählt dem Leser, wie die Stadt Lüneburg Besuch vom fantastischen Zirkus der Rafinellis bekam. Doch der Zirkus ist kein Zirkus wie man ihn kennt. Seine Artisten sind besonders und ungewöhnlich, genau wie Frederico. Der 15-jährige Sohn der Rafinellis taugt nur als „Purzelclown“, über den alle lachen können. Zumindest bis Frederico bei einer Vorstellung Nadira begegnet, die das Spektakel nicht ansatzweise lustig findet. Er weiß sofort, das Mädchen mit der Augenklappe könnte alles verändern.

Mein Bild:

Dieses ganz zuckersüße Cover ließ mich dahinschmelzen. Es ist genauso mit Liebe gezeichnet wie die ganzen Illustrationen im Buch. Hier war ein Profi am Werk, der die Emotionen der Geschichte auf die Bilder übertrug. Ich bin nach wie vor begeistert. Die Farbgebung in rot, orange und schwarz zieht sich komplett durch und lässt erahnen, dass es innerhalb des Plots nicht nur heiter zu geht. Der Verlag wirbt auch mit dem Satz „Wenn Tim Burton ein Buch geschrieben hätte...“ und ich denke, das sagt schon viel aus. Trotzdem habe ich mir aufgrund des Covers ein Kinderbuch vorgestellt. Doch um so mehr ich in die Welt eintauchte, um so unsicherer wurde ich mir bezüglich der Altersempfehlung. Auf der Verlagsseite fand ich keine Empfehlung, die Angaben aus dem Netz reichten von 6, 11 oder 14 Jahren. Meine persönliche Einschätzung: Ich denke, dass man es frühestens Kindern ab 12 Jahren in die Hand drücken sollte, wenn nicht sogar 1 bis 2 Jahre älter. Warum, darauf gehe ich jetzt näher ein.

Mich führte ein beobachtender und gedankenlesender Erzähler durch das Buch. Ich fand die Perspektive sehr passend, um dem Setting und fast allen Figuren genügend Raum zu geben. Normalerweise spricht das für ein Kinder- und Vorlesebuch, allerdings sprechen mehrere Faktoren dagegen. Zum einen die erwachsene Wortwahl. Oder hat jemals jemand das Wort „phlegmatisch“ in einem Kinderbuch gelesen? Ich jedenfalls nicht. Zum anderen das Alter der Protagonisten, Frederico ist schließlich 15 Jahre alt und versucht seinen Platz in der Welt zu finden. Des Weiteren ist es nicht nur eine nette, kleine Zirkusgeschichte.

Die Figuren sind außergewöhnlich, skurill und teilweise schaurig gezeichnet. Die Charakteristika sind einzigartig bis grausam. Tim Burton hätte es tatsächlich nicht besser machen können. Die Geschichte lebt definitiv von Zwergen, bösen Elefanten, menschlichen Würmern und noch mehr irren Artisten. Doch die Lieblosigkeit von Fredericos verrückten Eltern ließen mich von Faszination in Wut umschwenken. Die Rafinellis misshandeln ihren gutmütigen und liebenswerten Sohn so, dass ich ihnen am liebsten meine Meinung gesagt hätte. Noch dazu stecken sie ihn in eine Schublade, in die er gar nicht geschoben werden will. Es ist wirklich eine schwierige Kiste, aber sehr gut umgesetzt. Es wird deutlich gezeigt, wie oberflächlich und schadenfroh Menschen in jeglicher Form sein können und dass das sehr verletzend ist. Wer die Szenen in dem Buch nicht sofort erfasst, dem hilft Nadira gern auf die Sprünge. Ich mochte ihre kämpferische selbstbewusste Art und wie einfühlsam sie unter Fredericos Oberfläche taucht. Mit ihr bekommt er einen Fels in der Brandung, obwohl mich Nadiras später gezeigten Charakterzüge überraschten. Ja, es ist eine zarte, jugendfreie Liebesgeschichte, die Licht ins düstere Zirkuszelt bringt.

Doch Anton Soja war das anscheinend zu wenig. Ab der Hälfte des Buches wurde tiefer in der Märchenkiste gekramt als bereits geschehen und alte Bekannte kamen zum Vorschein. Natürlich gruseliger als erwartet, aber mit einer äußerst interessanten Historie. Ich will nicht zu viel verraten, aber eine Figur, deren Namen man erraten muss, spielt eine tragende Rolle. Es bleibt spannend bis hin zum erstaunlichen Ende für Frederico und Nadira, dass mir trotz der generellen Übertreibung der Geschichte zu viel war.

Fazit: Für Fans von schaurig, düsteren Märchen! Eine Zirkusgeschichte, dessen zarte Liebesgeschichte Herzen erobert und dem Plot zeitweise das Dunkle nimmt. Allerdings ist eine Altersempfehlung schwer auszumachen, das Cover kann eindeutig täuschen.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Nehmt die Panik in ihren Augen ernst!

Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.
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Allgemein:

Die deutsche Autorin Ava Reed hat die Leser mit „Die Stille meiner Worte“ bereits in ihren Bann gezogen. Nun erschien 2019 ihr persönlichster Jugendroman „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen“ ...

Allgemein:

Die deutsche Autorin Ava Reed hat die Leser mit „Die Stille meiner Worte“ bereits in ihren Bann gezogen. Nun erschien 2019 ihr persönlichster Jugendroman „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen“ bei Ueberreuter und erzählt die Geschichte von Leni, die mit ihrer besten Freundin Emma ihr letztes Schuljahr beginnt und für den sportlichen Tim schwärmt, obwohl sie selbst nichts mit Sport anfangen kann – eine ganz normale Jugendliche eben. Doch von jetzt auf nachher gerät ihr Leben aus den Fugen. Schwindel, Übelkeit und Ängste überfluten sie. Leni kann es sich selbst und niemand anderem erklären. Was ist mit ihr los? Warum kann sie nicht einfach wieder die alte Leni sein? Sie läuft bis zur Diagnose einen zähen Marathon: Sie leidet unter Angststörungen und Depressionen.

Mein Bild:

Es wäre eine Lüge zu behaupten, dass ich nicht schon seit der Ankündigung auf das Buch gewartet hätte, die „Die Stille meiner Worte“ war schließlich mein persönliches Buchhighlight 2018.
Trotzdem bin ich nicht gleich bei Erscheinung von „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen“ in den Buchladen gerannt. Warum? Weil ich wusste, dass Ava mich in die Tiefen von Trauer, Angst, Leere, Dunkelheit und Einsamkeit führt. Es ist keine leichte Kost. Wie sie es trotzdem immer wieder schafft, dass der Schreibstil flüssig, verständlich und bildlich bleibt, ist mir ein Rätsel. Ich habe einfach einen riesigen Respekt davor, wie persönlich sie die Geschichten erzählt und niemals die Hoffnung als Licht am Ende des Tunnels vergisst.

So wunderschön romantisch das Cover wirkt und der Hingucker schlechthin ist, passt es eher zu einer Liebesgeschichte und das ist das Buch für mich definitiv nicht. Es ist die Geschichte vom Kampf um ein normales Leben, den Kampf gegen eine innere Dunkelheit, die einen zu verschlingen droht. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr mich die Beschreibungen in diesem Buch gepackt haben. Ich konnte Leni in die Seele schauen, ich habe sie verstanden, obwohl ihre Umwelt sie nicht verstanden hat. Das war faszinierend und dramatisch zugleich. Natürlich kann man das Krankheitsbild bzw. den Verlauf der Protagonistin nicht auf jeden überstülpen, der mit Angststörungen, Depressionen oder Panikattacken zu kämpfen hat. Genau das erläutert die Autorin bereits in ihrem Vorwort, gibt eine Triggerwarnung, appelliert um mehr Verständnis und Respekt anstatt eine Krankheit als Nichtigkeit oder Übertreibung abzutun. Ich finde, die Geschichte erreicht das auch.

Das Eintauchen in Lenis „Welt“ wird durch ihre Tagebucheinträge in „Emma Junior“ unterstrichen. Ava Reed gestaltete diese Seiten selbst und „gestaltet“ ist genau das richtige Wort, da verschiedene Letteringarten, Zeichnungen und damit Emotionen eingebettet sind. Ich mochte Leni von Anfang an. Zu Beginn noch eine fröhliche junge Frau, die morgens zu lange braucht, um in den Gang zu kommen, Gegenständen (wie ihrem neuem Tagebuch) Namen gibt und am liebsten die Zeit mit ihrer besten Freundin verbringt. Der Bruch war dann enorm! Ich erkannte sie kaum wieder. Sie wurde Stück für Stück zu einem Häufchen Elend und das ließ mich wirklich schlucken. Ich dachte einfach nur, „Warum hilft ihr denn keiner?“ und war umso erstaunter, dass sie kämpfte. Ich fieberte mit ihr mit und brauchte eigentlich keinen Typen, der im Endeffekt wieder alles rettet. Ich habe mir gewünscht, dass sie es selbst schafft.

Der Typ kam trotzdem und ich finde ihn toll! Matti. Und was Leni zu viel an Gefühlen hat, hat Matti zu wenig. Denn er fühlt keinerlei Schmerz. Ja, richtig, er könnte die Hand auf die heiße Herdplatte legen und merkt rein gar nichts. Böse, aber auch diese Krankheit existiert, wenn auch selten. Seine schwungvolle, manchmal vor Sarkasmus triefende Ich-Perspektive schafft eine riesige Abwechslung zu Lenis Sicht. Mattis wahnsinnig behütetes Leben ist zudem der pure Gegensatz zu Lenis, zumindest bis sie krank wurde. Wie konnten die Beiden sich nur näher kommen?

Tja, und genau da ist der Casus Knacksus im Plot. 200 Seiten lang passiert in der Geschichte nicht sooo viel an Handlung und das fand ich auch nicht schlimm. Lenis täglicher Kampf, die vielseitigen Nebencharaktere und Mattis Sicht der Dinge sind schon intensiv genug. Aber nein, auf den letzten 100 Seiten wird ein Roadmovie inklusive dem Quäntchen Glück daraus gemacht. Einerseits wunderschön, andererseits ging alles viel zu leicht von statten. Ich bin sicher Ava Reed wollte zeigen, wie Leni und Matti über die Grenzen ihrer Krankheit zusammen agieren. Dennoch ist mir das zu weit her geholt und ging zu lange gut.
Der Abschluss holte mich und die Protagonisten glücklicherweise wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Jedoch mit einem Lächeln auf den Lippen, so wie von der Autorin im Vorwort gewünscht.

Fazit:
Ein Jugendroman mit heftigen Emotionen und Wendungen. Die Storyline zeigt auf, wie lebenswert das Leben sein kann, solange man dafür kämpft. Allerdings weicht der Plot zum Ende hin arg vom Ursprung ab.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Eine Geschichte darüber, dass jeder anders über seinen eigenen Schatten springen muss

Das Glück an Regentagen
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Allgemein:

„Das Glück an Regentagen“ ist der erste Roman der kanadischen Autorin Marissa Stapley, der in Deutschland erschien, doch nicht der erste Roman, den sie geschrieben hat. Rowohlt veröffentlichte ...

Allgemein:

„Das Glück an Regentagen“ ist der erste Roman der kanadischen Autorin Marissa Stapley, der in Deutschland erschien, doch nicht der erste Roman, den sie geschrieben hat. Rowohlt veröffentlichte die dramatische Liebesgeschichte 2017. Innerhalb des Buches dreht es sich um Mae, die Hals über Kopf von ihrem Freund verlassen und verraten wurde. Mit Mitte 30, einem ruinierten Leben, sowie einem Hund kehrt sie zu ihren Wurzeln, der kleinen Pension ihrer Großeltern am St. Lawrence River zurück. Was sie nicht ahnt ist, dass ihre Großeltern Lilly und George selbst in einer Krise stecken. Die Schatten der Vergangenheit und die Erinnerungen an den Tod von Maes Eltern holen sie unerbittlich ein. Doch das ist nicht alles, denn plötzlich taucht Maes Jugendliebe Gabe wieder auf. Warum ist er damals einfach abgehauen? Was hat das mit ihrer Familie zu tun?

Mein Bild:

Das Buch fiel mir bereits 2017 durch das schöne blau-goldene Cover auf. Es wirkt verspielt, romantisch und naturverbunden. Ich dachte mir, dass die Geschichte bestimmt auch so ist. Schon jetzt gesagt, so war sie tatsächlich nicht. Letztes Jahr ergatterte ich dann ein Exemplar auf der Frankfurter Buchmesse und freute mich, dass im hinteren Teil des Buches sogar eine skizzenhafte Karte des Ortes, in dem das Buch spielt, hinterlegt ist.

Die Einteilung des Buches von Teil 1 bis Teil 3 gab mir ein Rätsel auf, dass ich bis jetzt nicht lösen konnte. Für mich macht das keinen Sinn. Dafür liebte ich die Kapitelüberschriften, die einen total niedlichen Hintergrund haben, denn es sind alle Dinge, die man bei „Regentagen“ anstellen kann. Diese Liste wurde von der Mutter der Protagonistin angefertigt und hängt in der Pension der Großeltern. Irgendwie fühlte ich mich dadurch als Teil der Geschichte.

Allerdings fiel mir der Einstieg über den Prolog ziemlich schwer. Ich dachte nur „Hä?“ und musste ihn zweimal lesen, weil ich in eine verzweifelte Situation hineingeschleudert wurde ohne zu wissen, was das zu bedeuten hatte. Noch dazu war es ein Schwenk zurück in die Familiengeschichte, also in die Vergangenheit, was mir aber erst später wirklich bewusst wurde und noch viel später verstand ich, was ich da eigentlich gelesen hatte. Denn das ist eines der Geheimnisse, die es zu lüften galt. Echt schwierig.

Es gibt einige undurchsichtige Schatten der Vergangenheit, die innerhalb des Plots aufgearbeitet werden, wie zum Beispiel der Tod von Maes Eltern, die Jugendliebe von Maes Großmutter Lilly, das Zerwürfnis zwischen Gabe und seinem Vater Jonah. Und natürlich kommen sehr viele Verbindungen dazu, die sich in meinem Kopf nach und nach aufbauten. Ich war teilweise so damit beschäftigt, das Konstrukt von Zeitsprüngen, Freundschaft, Liebe und Lügen vor meinem inneren Auge aufzubauen, dass plötzliche Twists in der Handlung mich völlig aus der Bahn warfen. Ich meine, dass war herausragend, aber nicht einfach, weil die Story so eine grundlegende traurige Grundstimmung besitzt.

Man könnte jetzt daraus schließen, dass es sich um ein langatmiges Familiendrama handelt. Glücklicherweise ist dem nicht so. Zum einen, weil aus vier verschiedenen personalen Perspektiven erzählt wird, die ihre eigenen Ecken, Kanten und Probleme haben. Zum anderen gefallen mir die dazugehörigen (auch positiven) Erinnerungen an die Vergangenheit über mehrere Jahrzehnte.
Zwar kaufte ich Mae die zwiegespaltenen Gefühle nicht ab, da sie zur Heuchelei neigte, aber dafür überzeugten mich ihre an Demenz erkrankte Großmutter und ihr Großvater, der seiner Wut endlich einmal freien Lauf lässt. Für Gabes Charakter fehlen mir die Worte. Er hat so viel schreckliche Dinge erfahren, dass man am Anfang des Buches eine Triggerwarnung hätte setzen sollen.

Marssa Stapley schafft es mit ihrem Schreibstil die Situation und Gefühlswelt der Protagonisten so zusammenzustellen, dass sie lebendig werden, dass sie auch gute Tage haben trotz des faden Beigeschmacks von vergangenen Zeiten, der Krankheit und Trauer.

Fazit:

Eine dramatische Geschichte mit Anspruch trotz kleiner Kritik an Protagonistin und inhaltlichen Aufbau. Für Leser, die sich in einer Mischung aus Familiendrama, realen Problemen und vergangener Liebe verlieren können. Aber Achtung! Triggerwarnung bezüglich Gewaltszenen und Alkoholmissbrauchs.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Plus und Minus ergeben eben doch ein Gleichgewicht

Meine Checkliste zum Verlieben
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Allgemein:

Der Roman der erfahrenen Jugend- und Kinderbuchautorin Anja Janotta erschien Anfang 2019 im Magellan Verlag und erzählt die Geschichte von Naomi, die sich nichts mehr wünscht als ihrem Schwarm ...

Allgemein:

Der Roman der erfahrenen Jugend- und Kinderbuchautorin Anja Janotta erschien Anfang 2019 im Magellan Verlag und erzählt die Geschichte von Naomi, die sich nichts mehr wünscht als ihrem Schwarm Gustav ins Auge zu fallen und beliebter als jetzt zu sein. Wie gut, dass ihre Mutter seit der Abwesenheit ihres Vaters so viele Ratgeber im Haus hat! Mittendrin findet Naomi 36 Fragen, die sich zwei Menschen gegenseitig beantworten müssen und WUMS sind sie ineinander verliebt. Doch bevor sie ihr Glück an Gustav versucht, muss Adrian zum Test herhalten. Adrian, der Aspi, Adrian, der in der Rangliste ganz unten steht.

Mein Bild:

Und wieder lag ein Knallbonbon von Buch in meinen Händen. „Meine Checkliste zum Verlieben“ fällt mit seiner total „lovely“ Gestaltung auf. Es wirkt fast schon zu viel, aber es passt zu der 13-jährigen Protagonistin Naomi. Knapp 300 Seiten begleitete ich sie und ihrer Abarbeitung der 36 Fragen, die den Weg zur großen Liebe ebnen sollen.

Ich tat mich zu Beginn wirklich schwer mit ihr und der Art wie sie mir ihre Geschichte verkaufte. An sich schreibt sie ihrem „Paps“, der irgendwo auf der Welt rumschippert, eine lange Mail. Darin erzählt sie ihm, was passiert, seit sie sich vorgenommen hat, die 36 Fragen zu testen.
Nur geht diese Facette des E-Mails-Schreibens total unter. Es fällt höchstens auf, wenn sie ihren „Paps“ mal direkt anspricht. Noch dazu weiß ich bis heute nicht, ob sie die Mail je abgeschickt hat... Meiner Meinung nach hätte man das versuchte E-Mailformat einfach weglassen können, da es für die Handlung keine Relevanz hat.

Naomi selbst hat ein ganz schön loses, manchmal auch primitives Mundwerk und zeigt sich eine Zeitlang recht oberflächlich. Ihr ging es sehr darum, wie sie am schnellsten in der Klassenhierarchie aufsteigen kann. Denn als (immer noch) Neue in der Klasse nimmt sie gerade mal den Vorletzten Platz ein und das wurmt sie ziemlich. Ich gebe zu, so ist es bei mir in der Schule auch gewesen und erst später habe ich erkannt, dass es um mehr geht als zu den beliebtesten Schülern der Klasse zu gehören. Von daher ist schnell klar, worauf der Plot hinausläuft. Doch es kommt ja immer auf das WIE an! Und das hat mir sehr gefallen.

Denn bevor sie ihrem Schwarm Gustav die 36 Fragen, die jemanden in einen verliebt machen, stellt (und sie vermutlich in der Hierarchie nach oben katapultiert), muss ein Versuchskaninchen her. Gezwungenermaßen fällt die Wahl auf Adrian. Bekannt als Menschenallergiker, der immer voll neben der Spur ist, Adrian, der Aspi. Boah, fand ich das unsensibel, aber andererseits: Sind Kinder bzw. Jugendliche nicht manchmal so herzlos? Mobbing ist ein allgegenwärtiges Thema, in jeder Altersstufe. Sich zu behaupten, trauen sich die wenigsten. Anja Janotta ist in ihrem Buch hervorragend damit umgegangen und zeigt Lösungen auf, die sich jeder auf die Fahne schreiben kann.

Weiterhin hat sie sich im Gegensatz zu mir umfassend mit der Krankheit Asperger auseinander gesetzt. Adrian ist eine außergewöhnliche Person, dessen Verhalten so emotionslos und sachlich daher kommt, dass die Situationskomik mich einfach überfallen hat. Adrian kann nichts dafür, so äußert sich seine Krankheit nun mal, aber Naomi steht für das totale Gegenteil mit ihrer emotionalen Ader, die unverblümt zur Geltung kommt. Welten treffen aufeinander. Mir persönlich hat es etwas zu lange gedauert bis genauer erklärt wird, warum Adrian sich so verhält. Durch den späten Background wirkten für mich einige Dinge, trotz der Situationskomik, unverständlich und grotesk. Genau wie für Naomi. Adrian ist trotzdem mein Lieblingscharakter, da er Anstöße zum Nachdenken gibt. Warum können wir nicht einfach objektiv sein? Warum stellen wir Fragen, auf die wir keine ehrliche Antwort hören wollen? Er möchte das Wechselspiel zwischen Herz und Verstand verstehen und gibt sich unheimlich viel Mühe. Selbst Naomi erkennt das an.

Es ist der Appell, nicht voreilig zu urteilen, dem Menschen eine Chance zu geben und sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich finde Anja Janottas schrittweise Entwicklung zu dieser emotionalen Botschaft gelungen.

Fazit:
Eine Geschichte, die jungen Lesern ab 12 Jahren eine realitätsnahe und eindeutige Message, mit einer Portion Spaß und Kurzweil, vermittelt.

Veröffentlicht am 27.01.2019

Kennt nur ein kleines Mädchen die Antwort auf die Fragen aller Fragen?

Das Mädchen, das die Welt veränderte
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Allgemein:

Der schweizer Riverfieldverlag veröffentlichte „Das Mädchen, das die Welt veränderte“ erstmals 2017. Alfonso Pecorelli schrieb das Buch als Plädoyer an die Menschlichkeit und der Illustrator ...

Allgemein:

Der schweizer Riverfieldverlag veröffentlichte „Das Mädchen, das die Welt veränderte“ erstmals 2017. Alfonso Pecorelli schrieb das Buch als Plädoyer an die Menschlichkeit und der Illustrator Jan Reiser füllte das Buch mit seinen bunten Illustrationen. In der Geschichte trifft der Leser auf das Mädchen Marie, das nach seinem Tod auf Gott trifft. Sie nennt ihn fortan Onkel Elvis und versucht ihn zu überzeugen, dass die Menschen es wert sind am Leben zu bleiben. Doch er lässt sich nicht so leicht überzeugen, denn die Menschen neigen zu Egoismus, Zerstörung und verlieren Stück für Stück ihre Menschlichkeit. Jedoch gibt er Marie eine Chance: Sie soll eine Person innerhalb der menschlichen Geschichte finden, die die Frage aller Fragen beantworten kann, so wie sie es getan hat...

Mein Bild:

Ich fragte mich von Anfang an: Ist das ein Kinderbuch oder ein Roman für Erwachsene? Das Cover sah nach Ersterem aus: Die farbigen Blumen, die Silhouette eines Mädchens, das über eine Wiese läuft. Freude pur! 221 Seiten, teils mit Illustrationen, die die Darsteller des Buches im kinderfreundlichen Stil einfangen und dann beginnt die Geschichte noch mit „Es war einmal...“. Doch ich halte es keineswegs für eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder. Das Buch ist höchstens etwas für Kinder ab12 oder 13 Jahren aufwärts.

Nur warum? Weil es die eindeutige Message vertritt, dass jeder das Leben als etwas Wertvolles betrachten und schützen sollte. Schließlich besitzt man nur ein Leben auf diesem Planeten! Doch die Geschichte hat uns gelehrt, dass nicht jeder Mensch den Umstand zu schätzen weiß. Auf diese Grausamkeit geht das Buch, gerade zum Ende hin, intensiv ein.

Umso schöner ist, dass mich ein leuchtender, unschuldiger Stern durch die Geschichte geführt hat: Marie, ein achtjähriges Mädchen und zu meiner Freude kein typisch blonder Engel, sondern eine PoC. Jedoch beginnt ihre Geschichte ziemlich traurig, denn Marie stirbt. Für mich sah es ziemlich danach aus, dass sie in der Dritten Welt geboren wurde. Armut, Hunger, Unwissen und keine Hilfe. Der Autor bindet die gnadenlose Realität ein.

Doch Marie beantwortet vor ihrem Ableben die Frage aller Frage! Die Frage, die ich erst am Ende des Buches kannte, obwohl es sich im ganzen Plot nur darum drehte. Ich mochte den spielerischen Spannungsbogen trotz meiner Neugier auf die Antwort, was es denn für eine Frage sein soll.

Natürlich spielt „Gottes Gnade“ gegenüber der Unschuld eine tragende Rolle. Aber keine Angst, es wird nicht kitschig! Einfach, weil die kreative und unkonventionelle Darstellung von Gott in Form eines Aborigines absolut spitze ist. Ein so ursprüngliches Volk in die Geschichte einzubinden und sogar auf einen Teil der Sagenwelt dieser Kultur einzugehen, war ein sehr überzeugender Schachzug des Autors.

Ich genoss die märchenhafte Weise des dazu passenden (fast) allwissenden Erzählers, der Marie auf Schritt und Tritt begleitete und immer auf ihre Begegnungen einging. Sie lernte auf ihrer magischen Zeitreise einige weise Menschen kennen! Für mich war es ein reiner Spaß zu lesen, wie sie die großen Ideen bekannter Philosophen ganz offen und unvoreingenommen infrage stellte.

Nur waren allerhand Klischees dabei, die mich störten. So großartig und überraschend die Philosophen und Denker beschrieben wurden, es war keine einzige Frau dabei. Genauso wie die Darstellung des menschlichen Bösen. Jetzt ratet mal, wer geschichtlich gesehen, der böseste Mensch auf den Planeten war? Richtig, es war ein Österreicher.

Weiterhin nahmen Maries Reisen gefühlt kein Ende. Manchmal war mir das viele Gerede der großartigen Männer dieser Welt zu langatmig und theoretisch. Gott sei Dank half mir die wechselnde Atmosphäre der verschiedenen Länder und Kulturen darüber hinweg, die der Autor mit historischen Winks aufzeigte. Dazu kommen noch Jan Reisers zahlreiche karikaturistischen Illustrationen als Sahnehäubchen obendrauf.

Am Ende wurde es noch einmal turbulent, jedoch hat es sich gelohnt darauf zu warten. Marie machte mir erneut bewusst, dass man in seinem Leben nie vergessen sollte, was uns als Mensch aus macht.

Fazit:

Eine Hommage an das Leben, rührend geführt durch Kinderhand. Für Leser, die das Leben gern infrage stellen und zur Abwechslung einfache Antworten bekommen wollen.