Mitreißend und dramatisch
Die Andere Eine Story mit Charakteren, die so authentisch sind, hatte ich schon lange nicht mehr. Treffenderweise als Spannungsroman betitelt, hält die Geschichte, was sie verspricht.
Carrie hat es nicht leicht. ...
Eine Story mit Charakteren, die so authentisch sind, hatte ich schon lange nicht mehr. Treffenderweise als Spannungsroman betitelt, hält die Geschichte, was sie verspricht.
Carrie hat es nicht leicht. Während sie sich um das gemeinsame Kind kümmert, arbeitet Adrian weiter an seiner Karriere als Drehbuchautor. Derweil wird ihre eigene Stelle von Emma in Beschlag genommen. Das Film-Business ist hart umkämpft, und sie muss nun damit leben. Meiner Meinung nach ist Carrie ein sehr realitätsnaher Charakter. Sie ist besonnen und überstürzt nichts. Sie setzt ihre Prioritäten und behält die dann auch bei. Besonders gut hat mir gefallen, wie realistisch die Gratwanderung einer frischgebackenen Mutter ist. Job, Mann, Kind – das alles alleine unter einen Hut zu bringen, ist schon fast ein Kunststück.
„Vor ihrem geistigen Auge hatte sie gesehen, wie [Adrian] sich zärtlich über seinen kleinen Sohn beugte. Ein Leben zu dritt. Es war fast lachhaft, wie sehr sie sich getäuscht hatte.“ (Zitat S. 105)
Dabei versucht sie immer, es ihrem Mann Adrian recht zu machen. Denn obwohl Kinder in ihrer gemeinsamen Zukunft nicht vorhergesehen waren, setzt sie ihren Willen durch und bringt Rory auf die Welt. Adrian fällt es schwer, eine Bindung zu seinem Sohn aufzubauen, und er flüchtet sich immer mehr in seinen Job. Er ist nicht nur unsympathisch, sondern auch egoistisch. Kein Wunder, dass Carrie sich fragt, ob er eine Affäre hat.
„Sie fragte sich, ob Carrie wusste, was für ein Arschloch ihr Ehemann in Wirklichkeit war.“ (Zitat S. 56)
Und mittendrin ist da noch Emma, die im Grunde genommen zwischen den beiden Ehepartnern steht. Obwohl sie als Gegenspielerin von Carrie vorgestellt wird, habe ich sie doch sofort ins Herz geschlossen. Sie hat es zu Hause nicht leicht, vor allem seit ihr bewusst ist, dass sie niemals die Anerkennung ihrer Eltern bekommen wird. Ihren Traum zu schreiben muss sie hart verteidigen. Ist sie wirklich so manipulativ, wie Carrie denkt, oder spielt der Zufall nur gegen sie?
„Selbst wenn sie ein Dutzend Preise gewann, haufenweise verdiente – sie würde niemals gut genug sein. Es war diese Erkenntnis, die den Molekularzustand ihrer Seele für immer veränderte.“ (Zitat S. 92)
Mehr kann ich gar nicht verraten, ohne die Wendungen offen zu legen. Einige kamen unerwartet und wirklich überraschend. Der Schreibstil ist durchgehend flüssig, und ich habe Seite um Seite regelrecht verschlungen, ohne es zu merken. Die Geschichte wird abwechselnd hauptsächlich aus der Sicht von Carrie und Emma erzählt. Im letzten Teil kommt auch Adrian zu Wort – dort bestätigte sich noch einmal eindrucksvoll, wie arrogant er ist. Durch diese wechselnden Perspektiven weiß der Leser oftmals mehr als die Protagonisten, was den Reiz des Buches ausmacht und sehr zum Weiterlesen animiert.
Persönliches Fazit: Überraschend gut! Mitreißend und genau mit dem richtigen Maß an Dramatik. Perfekt also für Liebhaber von Spannungsromanen.
© Recensio Online, 2019, Katharina