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Veröffentlicht am 16.09.2019

Ergreifende Geschichte über das Fallen und wieder auf die Beine kommen.

Fünf Wörter für Glück
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Wie leben, wenn der eigene Körper versagt und man aufwacht und nichts so ist wie zuvor?
Ella Dove führt den Leser in ihrem autobiografisch angelehnten Roman „Fünf Schritte zum Glück“ entlang ihres wohl ...

Wie leben, wenn der eigene Körper versagt und man aufwacht und nichts so ist wie zuvor?
Ella Dove führt den Leser in ihrem autobiografisch angelehnten Roman „Fünf Schritte zum Glück“ entlang ihres wohl schwersten Weges, dem Aufstehen nach dem Fallen. Dem Leben mit nur einem Bein. Berührend. Tragisch. Realistisch.

Die dynamische Heidi hat noch nicht alles erreicht, was sie sich vorgenommen hat, doch sie ist auf dem Weg. Partys, die nicht ganz in Gang kommende Schauspielkarriere, ihr Behelfsjob in einer Bar und unzählige Dates bestimmen ihr Leben bis das unvorstellbare passiert. Nach einem Sturz beim Joggen findet sich Heidi im Krankenhaus wieder. Mit nur noch einem Bein. Nach diesem schweren Schock hat Heidi zusehends zu kämpfen auf ihrem Weg zurück ins Leben. In der Rehaklinik immer an ihrer Seite, ihre Zimmergenossin Maud und ihr verrückter, sympathischer Enkel Jack.

Wer niemals hinfällt, kann das Aufstehen nicht lernen.

Zugegeben, die ersten Kapitel zu lesen war recht schwer, nicht aufgrund eines mangelnden Schreibtalents oder einer schwierigen Sprache (beides kann durchaus sehr punkten), sondern weil der Leser direkt während Heidis Unfall ins Geschehen geworfen wird und sich sofort neben Heidi in einem tiefen Loch befindet. Ich habe sofort mit gelitten. Doch schön ist, dass man neben all den depressiven Gedanken, Selbstzweifeln, der Trauer und den Rückschlägen immer mehr zu spüren bekommt, wie die Leichtigkeit zurückkehrt. Man freut sich mit jedem Punkt, den die junge Frau auf ihrer fünf Punkte Liste zum Glück abhakt und freut sich über jeden Fortschritt.
Gerade Heidi, die natürlich die ganze Zeit im Mittelpunkt steht ist so sympathisch und nachvollziehbar. Es ist schön, dass sie nicht perfekt ist und man das Gefühl hat, dass nichts beschönigt wird. Doch auch die quirlige Rentnerin Maud und der schnuckelige Jack sind tolle Wegbegleiter. Maud, weil sie das gleiche Schicksal teilt, Jack, weil er unvoreingenommen und unterstützend mit viel Humor an beider Seite steht. Das Buch wimmelt vor bunten Charakteren, die alle sehr individuell und mit Feingefühl aufgebaut wurden, ohne dass es unübersichtlich wurde.
Mein Kritikpunkt wäre einzig das Cover. Ich hätte anhand dessen und aufgrund der Leseprobe nicht so eine teils wirklich harte Kost erwartet. Es wirkt mir im Nachhinein zu kitschig für diese Geschichte, denn das ist sie nicht.

Solch ein schweres Schicksal mit so viel Einfühlungsvermögen, Positivität, Leichtigkeit und Humor zu vermitteln ohne das Thema auf die leichte Schulter zu nehmen, ist eine bemerkenswerte Leistung, gerade wenn man bedenkt, dass Ella Dove das gleiche Schicksal durchgemacht hat wie Heidi. Dafür verdient sie allen Respekt und eine Topwertung für dieses Buch.

In diesem Sinne:
Nur nicht den Mut verlieren.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Eine unerwartete Reise, brillant von A bis Z

Die junge Frau und die Nacht
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In „Die junge Frau und die Nacht“ erzählt Guillaume Musso die besondere Geschichte des Jungen, so anders als die anderen und dem Verschwinden des einen Mädchens, das es so mysteriös und anziehend schaffte ...

In „Die junge Frau und die Nacht“ erzählt Guillaume Musso die besondere Geschichte des Jungen, so anders als die anderen und dem Verschwinden des einen Mädchens, das es so mysteriös und anziehend schaffte jeden in seinen Bann zu ziehen.


Unerwartet wird der Autor Thomas Degalais von seinem Jugendfreund nach Jahrzehnten zurück in seine alte Heimat an der wunderschönen Cote d’Azur beordert. Ihre frühere Schule plant Großes: Die alte Sporthalle soll dem Erdboden gleich gemacht werden und einem protzigen Glaspalast weichen. Thomas, der den alten Campus nie ganz verlassen konnte, folgt dem Ruf seines Freundes sofort und entdeckt dort nicht nur seinen alten Campus wieder und die Menschen, mit denen er diesen geteilt hat, auch die Erinnerungen an seine große Liebe und sein größtes Geheimnis flammen erneut auf. Die Erinnerungen an dieses schöne, besondere Mädchen mit den roten Haaren. Die Erinnerung an Vinca und ihr mysteriöses Verschwinden. Was ist mit ihr geschehen? Was passierte in dieser Nacht vor fünfundzwanzig Jahren?


„Die Liebe ist alles oder nichts. Was zählt, war einzig dieser Moment. Die verzehrende und toxische Verführung der Nacht.“


Gemeinsam mit Thomas begibt sich der Leser auf eine turbulente Reise zwischen den Jahrzehnten. Während der gegenwärtigen Szenen begleitet man Thomas durch seine ganz persönlichen Ermittlungen zu den geheimnisvollen Geschehnissen der Vergangenheit, während man in einem angenehmen Rhythmus immer wieder selbst ins Jahr 1992 reist oder in die Hintergründe der zahlreichen Figuren abtaucht. Der Schreibstil ist sehr abwechslungsreich und toll gegliedert, sodass es sich fast ein bisschen liest wie eine Mischung aus Reise- oder Ermittlungsbericht (aber ganz ohne die typischen polizeilichen Spürnasen) und dem klassischen Roman, wie wir ihn kennen und lieben.
Ein besonderes Highlight war für mich die Sprache des Autors, in dessen wunderschönen, treffenden Formulierungen man sich immer wieder aufs Neue verlieren kann. Egal, ob es sich dabei um seine eigenen Worte handelt oder die kunstvoll eingeflochtenen Zitate anderer Autoren und Künstler. Man spürt in jeder Zeile die Liebe zum geschriebenen Wort und die Leidenschaft zur Literatur, was bei mir des Öfteren für Gänsehaut sorgte.
Die Figuren haben eine beeindruckende psychologische Tiefe und wurden mit viel Liebe zum Detail entwickelt. Es ist leicht jeden einzelnen Charakter nachzuvollziehen und mit ihnen mitzufühlen. Und was meiner Meinung nach ganz besonders war: Ich hatte nie das Gefühl jemanden einordnen zu können in gut und böse, schuldig und unschuldig, Täter und Opfer, selbst als alle Zusammenhänge aufgelöst waren. Was jedoch nicht verwirrend oder unvollständig wirkte, sondern wunderbar menschlich und realistisch. Die Motive und Gefühle jedes Einzelnen sind so individuell und auf den Punkt herausgearbeitet, dass es schwer fällt, jemandem ein Label aufzudrücken. Wobei es hier etwas schade war, dass die Hauptfigur Thomas sich bis zum Ende hin nicht von seiner fantasiebeflügelten Obsession seiner Jugendliebe lösen kann. Er ist zwar nachvollziehbar und sehr sympathisch, aber entwickelt sich leider während des gesamten Romans nicht wirklich weiter.


„Vielleicht, weil es sinnlos war, einen Verantwortlichen zu suchen. Vielleicht, weil wir zwei beides waren: schuldig und unschuldig, Opfer und Täter. Vielleicht, weil die einzige Wahrheit darin bestand, anzuerkennen, dass es 1992 am Lycée Saint-Exupéry in Sophia Antipolis ein faszinierendes Mädchen gegeben hatte, das alle verrückt machte, die sie in ihr Leben ließ. Denn wenn man mit ihr zusammen war, erlag man der Illusion, ihre Existenz an sich sei schon die Antwort auf die Frage, die wir uns alle stellen: Wie die Nacht überstehen?


Abschließend muss ich sagen wusste ich zwar nie so genau woran ich war bei diesem Buch, ist es nun ein Roman oder ein Thriller, eine Kriminalgeschichte oder eine tragische Lovestory, muss ich sagen, dass genau dieses Unvorhersehbare den Reiz ausgemacht hat. „Die junge Frau und die Nacht“ war von der ersten bis zur letzten Seite spannend, die charmante Sprache war berührend und entführte ins schöne Südfrankreich und die Figuren luden zum Mitleiden ein. Alles in allem sehr gelungen.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Ein Buch zwischen Leidenschaft und Wahnsinn

Die Verschwundenen vom Gare d’Austerlitz
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"Geheimnisse findet nur der, der Rätsel lösen will."
Im 2018 erschienen Roman "Die Verschwundenen vom Gare D'Austerlitz" lädt Autorin Ulrike Dömkes zu einer etwas anderen Erkundungstour durch Paris und ...

"Geheimnisse findet nur der, der Rätsel lösen will."
Im 2018 erschienen Roman "Die Verschwundenen vom Gare D'Austerlitz" lädt Autorin Ulrike Dömkes zu einer etwas anderen Erkundungstour durch Paris und die Welt des Tango ein.

Kunststudentin Sadie befindet sich gerade in Metrostation Austerlitz, als sie eine schicksalhafte Begegnung mit Eduard, einem Pariser Patissier, macht. Jedoch lernt sie keinen Mann aus Fleisch und Blut kennen, sondern findet lediglich sein Tagebuch. Sie beginnt darin zu lesen und erfährt von seinem Café und seiner Leidenschaft für den Tango. Doch ihr Versuch Eduard das Tagebuch zurückzugeben scheitert, denn dieser ist spurlos verschwunden. Es beginnt eine Suchaktion, bei der bald nicht nur Eduard im Mittelpunkt steht, sondern es gilt tiefer einzutauchen und die großen Geheimnisse des Untergrunds der Stadt der Liebe zu lüften.

Der Autorin ist hier eine fantastische und mitreißende Geschichte gelungen.

Gerade bei den beiden Hauptdarsteller Sadie und Eduard machen das Buch zu etwas ganz besonderem. Sadies, von einem Erzähler übernommenen Parts, lesen sich leicht und geben einen wunderbaren Eindruck ihrer charismatischen, rastlosen Art und ihrer ganz persönlichen Suche nach sich selbst und nach Eduard, der schon bald ihre ganze Zeit in Anspruch nimmt. Während er ursprünglich ein freundlicher, menschenliebender Typ ist, legte er all sein Interesse und seinen ganzen Fokus auf das Tanzen. Den Tango. Von Eintrag zu Eintrag steigert er sich mehr und mehr in einen Wahn und nimmt den Leser mit. Mir gefallen speziell die Charaktere sehr, denn auch wenn man nur einzelne Informationen über ihre Hintergründe bekommt, hat man durch ihre Handlungen und Gedanken doch das Gefühl sie genau zu kennen und kann jede noch so kleine Entscheidung genau nachvollziehen.

Auch wenn ich vorher kaum etwas über Paris, geschweige denn über den Tango wusste, konnte mir das Buch beides näherbringen. Das hätte ich gerade beim Tango nicht erwartet. Man sieht die Menschen vor seinem geistigen Auge tanzen, selbst wenn man die Schritte nicht wirklich kennt und fühlt sich sofort nach Paris versetzt. Ich bin beeindruckt, wie anschaulich und faszinierend Dömkes auch mich als Neuling begeistert und komplett fesselt.

Insgesamt gefällt mir auch der Schreibstil gut. Das Buch liest sich sehr leicht und gerade die Wechsel zwischen Erzähler und Tagebuch schon zu Beginn bauen Spannung auf. Ich konnte das Buch kaum weglegen und wollte immer sofort wissen, was als nächstes auf Sadie und Eduard wartet.

Das Einzige, was mir aufgestoßen ist, waren das nicht besonders hochwertige, laienhafte Cover und das Ende des Buches. Die Figuren verarbeiten ihre Erlebnisse in einem Theaterstück, was für mich nicht zum restlichen Inhalt passte und insgesamt unnötig war.

Schlussendlich habe ich das Buch aber sehr genossen und würde jedem, der Lust auf ein paar Rätsel hat, klar empfehlen sich mit Sadie in die Geheimnisse von Paris zu stürzen und zusammen mit Eduard den Tango kennenzulernen.

Veröffentlicht am 05.03.2024

Harter Tobak in wunderschönem Gewand

i fell in love with hope
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Ich weiß nicht, wann mich ein Buch das letzte Mal so zwiegespalten zurückgelassen hat, wie dieses.

Zwar habe ich noch nie etwas von dieser Autorin Lancali gehört, dennoch hat mich im ersten Augenblick ...

Ich weiß nicht, wann mich ein Buch das letzte Mal so zwiegespalten zurückgelassen hat, wie dieses.

Zwar habe ich noch nie etwas von dieser Autorin Lancali gehört, dennoch hat mich im ersten Augenblick das wunderschöne Buch mit dem verheißungsvollen Titel "I fell in love with hope" neugierig gemacht. In der nahezu fantastisch anmutenden Verpackung versteckt sich eine sehr inhalts- und gefühlvolle Geschichte, dass man gar nicht anders kann als die Seiten schnell wegzulesen. Mit jeder Seite wird der Kloß im Hals größer, sind die Themen doch so tragisch. Genau das Richtige für Leser, die gerne mal ein Tränchen verdrücken. Insbesondere wenn man selbst Krankheit und Verlust zur genüge erlebt hat.
Die vier/fünf Freunde sind so originelle, ungesehene Charaktere, die ganz liebevoll und detailliert nach und nach weiter beleuchtet werden. Keinen von ihnen gab es so bisher und von keinem bekommt man das Gefühl sie schnell kennenzulernen. Es fühlt sich mehr an als würde man eine Zwiebel nach und nach entblättern, während ihr Verfallsdatum immer schneller abläuft, bis nichts mehr von ihr übrig ist.
Die Sprache ist so wortgewaltig und atemberaubend dramatisch, ohne gestelzt zu wirken. Sogar für Humor und eine Prise Hoffnung ist Platz zwischen der sehr ernsten Thematik. Die sehr poetisch und bildlich anmutende Sprache entwickelt sich je weiter die Krankheitsbilder der Jugendlichen fortschreiten jedoch immer stärker zurück. Irgendwann machen die Worte den Emotionen Platz. Die Balance ist hier sehr gut gelungen.

Das Ende hat mich persönlich nicht ganz abgeholt. Der Weg dorthin war aber wunderschön und hat sich absolut gelohnt. Wer empfindlich ist bei Themen wie Essstörungen, Depression, Gewalt oder Tod sollte die Finger besser weg lassen, ansonsten klare Empfehlung.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Knallhart und butterweich - die perfekte Mischung

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
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Wie stellst du dir eine Hauptfigur in einer RomCom vor? Eine Frau in ihren Dreißigern, widerspenstiges Haar, ein unscheibares äußeres, Karriereambitionen, die eher in Richtung kleine Bäckerei als in Richtung ...

Wie stellst du dir eine Hauptfigur in einer RomCom vor? Eine Frau in ihren Dreißigern, widerspenstiges Haar, ein unscheibares äußeres, Karriereambitionen, die eher in Richtung kleine Bäckerei als in Richtung Anwaltsimperium gehen, ein oder zwei gute Freunde, eine frische Trennung und dann der große Wendepunkt. Mit diesen Konventionen bricht Emily Henry in ihrem Roman Book Lovers und liefert und das ganze Gegenteil der Mainstream Hauptfigur.

Nora ist die top Literaturagentin New Yorks. Top organisiert, top gestylt, ehrgeizig, knallhart. Auf ihrem Gebiet macht ihr niemand etwas vor. Ihre Karriere ist ihre Nummer 1 Priorität und sie ist gut darin, sehr gut. Bis ihre Schwester sie in ein beschauliches, kleines Städtchen entführt und sie einem alten Bekannten wieder begegnet. Dem noch knallhärteren Lektor Charlie Lastra.

Der Roman biete wirklich eine sehr amüsante Passagen, in denen die klassischen 0815 Romcoms auf den Arm genommen werden. Als Leser hat man so oft ein Lächeln auf den Lippen. Der Roman sprüht nicht vor einer Anzahl an Charakteren, es ist alles in einem recht kleinen Rahmen gehalten. Dafüe sind die vorhandenen Figuren gut durchdacht und eine interessante, vielfältige Mischung. Die Lektüre ist leicht, die Seiten verfliegen wie im Traum und lassen regelrecht Kinofeeling aufkommen.

Alles in allem ein weiteres tolles Buch von Emily Henry und jederzeit zu empfehlen.

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