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Veröffentlicht am 18.02.2019

Bee Merryweathers erster Fall

Todesklang und Chorgesang
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Im kleinen, beschaulichen Dorf South Pendrick in Cornwall lässt es sich inmitten der Schönheit der Natur gut leben. Seit dem tragischen Unfalltod ihres Manns widmet sich die pensionierte Handarbeitslehrerin ...

Im kleinen, beschaulichen Dorf South Pendrick in Cornwall lässt es sich inmitten der Schönheit der Natur gut leben. Seit dem tragischen Unfalltod ihres Manns widmet sich die pensionierte Handarbeitslehrerin Beatrice „Bee“ Merryweather ihren geliebten Hobbies - dem Häkeln und dem Singen im Dorfchor. Traurig nur, dass der Chorleiter und begnadete Komponist Peter Bartholomew oft gereizt und unbeherrscht ist und einige Chormitglieder des öfteren bei den Proben mit seinen Boshaftigkeiten schikaniert. Und dann wird er plötzlich ausgerechnet von Bee in seinem Haus tot aufgefunden. Schon bald steht fest, dass der wegen seiner Arroganz im Dorf verhasste Peter Bartholomew ermordet wurde. Der neugierigen Bee lässt der mysteriöse Mordfall keine Ruhe mehr und sie beginnt mit eigenen Nachforschungen. Im Dorf gibt es einige Verdächtige, die Peter hätten vergiften können - ein verärgertes Chormitglied, der Pfarrer mit seinem ziemlich merkwürdigen Hobby, die verschmähte Geliebte oder die geheimnisvolle, junge Frau im roten Kleid, die Bee vor Peters Haus sah. Oder hat der Mord etwas mit Peters früheren Frauengeschichten zu tun? Bei ihrer ganz und gar nicht ungefährlichen Suche nach dem Mörder merkt „Bee“ immer mehr, dass hinter der scheinbar idyllischen Fassade von South Pendrick menschliche Abgründe lauern ...

”Todesklang und Chorgesang” von Karin Kehrer ist ein rundum gelungener Wohlfühlkrimi - ein ruhiges und humorvolles Lesevergnügen mit nettem Lokalkolorit und tollem britischen Flair.
Das Buch ist auch der vielversprechende Auftakt einer neuen „cosy crime“-Reihe um die sympathische, recht schrullige Hobby-Ermittlerin Bee Merryweather im idyllischen, fiktiven Dörfchen South Pendrick - eine vermeintlich heile, dörfliche Welt, in der jeder jeden kennt.
Natürlich kann es die neugierige, immer über alles bestens informierte “Miss Marple” nicht lassen, den Dorfbewohnern auf den Zahn zu fühlen und der unterbesetzten Dorfpolizei bei den Ermittlungen unter die Arme zu greifen. Es macht großen Spaß, Bee bei ihren Nachforschungen über die Schulter zu blicken und kräftig mitzuraten. Allerdings bleibt es dabei nicht aus, dass sie bei ihrer Suche nach der Wahrheit so einige Geheimnisse aufdeckt und schließlich selbst in große Gefahr gerät.
Durch ihren mitreißenden Schreibstil, spritzigen Dialogen und einer ordentlichen Portion Witz konnte die Autorin mich von Beginn an bestens unterhalten. Der Krimi lebt vor allem von seiner sehr liebenswerten Hauptfigur Bee, die lebendig gezeichnet ist, und die ich mit all ihren Eigenarten einfach schnell ins Herz schließen musste. Auch viele der Nebenfiguren, vor allem die mehr oder weniger verdächtigen Chormitglieder und Dorfbewohnern mit ihren Hintergrundgeschichten, sind gelungen und tragen mit ihrem teilweise rätselhaften Verhalten zur Spannung bei.
Obwohl der Fall eher gemächlich voranschreitet, gibt es neben ein paar unerwarteten Wendungen viel Raum zum gemütlichen Miträtseln und Spekulieren. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und gipfeln in einem fesselnden Finale. Sehr stimmungsvoll fand ich auch die herrlichen Beschreibungen der verschiedenen Schauplätze im beschaulichen Dörfchen.
Der erste Fall für Bee Merryweather hat eine überraschende, aber schlüssige Auflösung. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung der Krimi-Reihe und auf ein Wiedersehen mit der liebgewonnenen, schrulligen Bee, ihrem netten “Hausfreund” Dr. Strong und weiteren interessanten Charakteren aus South Pendrick!

MEIN FAZIT
Ein gelungener kurzweiliger Wohlfühlkrimi - humorvoll, mit viel Lokalkolorit und britischen Flair.
Sehr empfehlenswert für alle, die es gern etwas gemütlicher lieben!

Veröffentlicht am 21.06.2020

Spannender Thriller

Der Fahrer
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Ein raffinierter Serienmörder geht in Hamburg um. Seine Opfer sind junge Frauen, die nachts unterwegs waren und den neuen Fahrdienst namens MyDriver genutzt hatten, um sicher nach Hause zu kommen. Nach ...

Ein raffinierter Serienmörder geht in Hamburg um. Seine Opfer sind junge Frauen, die nachts unterwegs waren und den neuen Fahrdienst namens MyDriver genutzt hatten, um sicher nach Hause zu kommen. Nach der Entführung der Frauen hat die Polizei 24 Stunden Zeit, um sie noch lebendig aufzufinden. Die Gesichter der aufgefundenen Opfer sind mit Leuchtfarbe bestrichen. Ebenfalls in Leuchtfarbe ist das seltsame Hashtag #findemich, das überall auftaucht und ein unmissverständliche Botschaft an die Ermittler ist. Während der fieberhaften Ermittlungen gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass diese Aufforderung direkt an Jens Kerner gerichtet ist. Wird es ihm gelingen, das perfide Spiel des Täters zu stoppen?
Mit seinem neuen Thriller “Der Fahrer” enttäuscht Bestsellerautor Andreas Winkelmann seine Fangemeinde nicht, fesselt er doch von Anfang an und lässt einen nicht mehr los.
Auch der dritte Fall für das sympathische Ermittlerduo Jens Kerner und Rebecca Oswald verspricht eine Menge Nervenkitzel. Andreas Winkelmann hat wieder einmal ein packendes Szenario ersonnen, denn ein Serienmörder ist auf einem privaten Rachefeldzug gegen den Ermittler Jens Kerner. Mit dem kurzen Prolog, der sich dem Leser erst viel später erschließt, erzeugt Winkelmann von Anfang an Spannung und zieht den Leser sofort in den Bann. Zudem ist Andreas Winkelmanns Schreibstil gewohnt gut zu lesen, so dass die 400 Seiten nur so vorbeifliegen.
Der Thriller ist hoch spannend und raffiniert konstruiert. Das rasante Tempo, rasche Perspektivwechsel und Cliffhanger am Ende der recht kurzen Kapitel sorgen für viel Dynamik.
Der raffinierte Mörder ist dem Ermittlerteam stets eine Nasenlänge voraus und lässt sie kaum zum Verschnaufen kommen. Die eingeschobenen Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt geben nach und nach seine Beweggründe preis, zeigen seine Gefährlichkeit und sorgen für richtiges Gänsehautfeeling.
Jens Kerner als grundsympathischer, etwas unnahbarer Charakter und auch seine Kollegin Rebecca Oswald ergänzen sich sehr gut und geben ihr Bestes, das perfide Katz-und-Maus-Spiel des Täters zu durchschauen, haben aber beide auch mit privaten Herausforderungen zu kämpfen. Die Einblicke in Kerners Vergangenheit haben mir gut gefallen und geben der Figur mehr Profil. Aber auch die weiteren Figuren sind gut getroffen und passen perfekt zur Szenerie dieses Thrillers.
Die bedrohliche Atmosphäre, überraschende Wendungen und stetig steigende Spannungskurve tragen dazu bei, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Nach einigen falschen Fährten und unerwarteten Wendungen konnte mich Winkelmann mit der Auflösung doch sehr überraschen.

MEIN FAZIT
Rasante, spannende und packend geschriebene Thrillerunterhaltung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.08.2019

Wundervoll leichte Sommerlektüre

Im Freibad
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Die 86-jährige Rosemary liebt ihr alltägliches Ritual. Jeden Morgen geht sie seit über 60 Jahren ins gegenüberliegende Freibad zum Schwimmen. Viele schöne Erinnerungen verbindet sie mit diesem Ort im Londoner ...

Die 86-jährige Rosemary liebt ihr alltägliches Ritual. Jeden Morgen geht sie seit über 60 Jahren ins gegenüberliegende Freibad zum Schwimmen. Viele schöne Erinnerungen verbindet sie mit diesem Ort im Londoner Stadtteil Brixton, denn hier hat sie Schwimmen gelernt, ihren verstorbenen Mann George kennengelernt und dort hat sie immer noch viele Freunde. Doch nun soll das unrentable Freibad geschlossen werden und stattdessen mondäne Eigentumswohnungen gebaut werden. Eine Katastrophe für Rosemary, denn ihr Freibad ist nicht nur ein Ort zum Schwimmen, sondern das Herz der gesamten Nachbarschaft!
Die junge Londoner Reporterin Kate soll einen Artikel über die Freibadschließung schreiben und macht mit Rosemary hierüber ein Interview. Die beiden so unterschiedlichen Frauen werden schließlich Freundinnen und beschließen, gemeinsam für den Erhalt des für alle unverzichtbaren Freibades zu kämpfen.

Der Debütroman „Im Freibad“ der Londoner Autorin Libby Page ist eine ideale, kurzweilige Sommerlektüre für die Urlaubszeit. In ihrem Roman erzählt Page die herzerwärmende Geschichte über eine ungewöhnliche, generationenübergreifende Freundschaft zwischen der liebenswerten und herzensguten Seniorin Rosemary und der jungen Journalistin Kate, die sehr unglücklich und einsam in der riesigen Metropole London lebt.
Es ist eine wundervoll geschriebene Geschichte voller berührender, nachdenklich stimmender aber auch sehr witziger Momente und einer tollen Botschaft, die zeigt, was man mit gemeinsamem Engagement, Zusammenhalt und unbeirrbarer Zuversicht alles erreichen kann. Der lockere, lebendige Schreibstil von Libby Page lässt sich sehr angenehm lesen. Die Handlung wird hauptsächlich aus den sich abwechselnden Perspektiven der beiden Protagonistinnen Rosemary bzw. Kate erzählt, so dass man sich in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gut hineinversetzen kann.
Sehr schön ist es mitzuerleben, wie allmählich zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen eine Freundschaft wächst und sie sich Halt im Leben geben können. Hervorragend sind der Autorin die Charaktere ihres Romans gelungen, die sehr realitätsnah und lebendig wirken.
Vor allem die sehr sympathische Rosemary ist eine beeindruckende und sehr authentische Hauptfigur. Sie ist eine sehr freundliche, aufmerksame alte Dame, die sich für ihre Mitmenschen interessiert und großes Einfühlungsvermögen zeigt. In verschiedenen Rückblenden in die Vergangenheit erinnert sich Rosemary an berührende Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit und es wird deutlich, warum sie so an ihrem alten Freibad hängt und seine Schließung nicht akzeptieren kann. Sehr facettenreich und mit Feingespür sind auch die vielen verschiedenen Charaktere der unterschiedlichen Besucher des betagten Schwimmbads mit all ihren Ecken und Kanten eingefangen.
Auch wenn die Handlung zeitweise vorhersehbar ist, konnte mich die Geschichte mit ihren tollen Figuren und einigen gesellschaftskritischen Seitenhieben bestens unterhalten.

MEIN FAZIT
Eine wundervoll leichte Sommerlektüre mit einer herzerwärmenden Geschichte über eine großartige Freundschaft und der schönen Botschaft, stets an das Unmögliche zu glauben!

Veröffentlicht am 21.07.2019

Spannende Reise in die Welt eines Sonntagskinds

Mein Leben als Sonntagskind
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Die kleine Jasmijn ist kein normales Kind – schon in der Vorschule sie ist anders als ihre Mitschüler. Sie kann bereits lesen und sehr intelligent, spricht aber mit Niemandem und meidet den Kontakt mit ...

Die kleine Jasmijn ist kein normales Kind – schon in der Vorschule sie ist anders als ihre Mitschüler. Sie kann bereits lesen und sehr intelligent, spricht aber mit Niemandem und meidet den Kontakt mit allem Unbekannten, da sie nicht weiß, wie sie reagieren soll, und vieles vollkommen falsch einschätzt.
Grelles Licht, ständiger Lärm, unvorhersehbare Situationen oder Berührungen durch Fremde überfordern das Mädchen völlig und lösen bei ihr heftigste Migräneanfälle aus. Am wohlsten fühlt sich Jasmijn, wenn sie sich mit einem Buch in ihr Zimmer zurückziehen, die Musik ihres geliebten Elvis hören und mit ihrer besten Freundin Hündin Senta zusammen sein kann. Nur in ihrem Tagebuch kann sie die beliebte, kontaktfreudige Jasmijn sein, als Sonntagskind unbeschwert den Tag genießen und von einer glücklichen Zukunft träumen…

Der wundervolle Roman „Mein Leben als Sonntagskind“ von der Niederländerin Judith Visser ist ein ganz besonderes Buch mit einem autobiografischen Hintergrund. Hierin erzählt die junge Autorin über das Leben als Asperger-Autistin und nimmt uns mit auf eine außergewöhnlich spannende und lehrreiche Reise in ihre Welt.
Ähnlich wie ihre sympathische Hauptfigur Jasmijn wurde auch die Autorin von ihrem Umfeld als Kind und Jugendliche stets als extrem seltsam wahrgenommen und ausgegrenzt, bis sie dann schließlich erst im Erwachsenenalter mit ihrer Diagnose Asperger-Syndrom, eine spezielle Form von Autismus, eine sehr plausible Erklärung für ihr „Anderssein“ erhielt: „Nicht ich war anders, mein Gehirn war anders.“
Hierdurch erhält ihr berührender Roman große Authentizität und liefert uns sehr eindrückliche Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Betroffenen. In der chronologisch geschilderten Geschichte begleiten wir die junge Protagonistin durch die 1980 bis 90gerJahre über eine Zeitspanne von 17 Jahren, erleben Jasmijn als kleines Vorschulkind im Alter von etwa 4 Jahren und begleiten ihre Entwicklung durch die Pubertät bis hin zum frühen Erwachsenenalter.
In vielen einfühlsam geschilderten Episoden haben wir Anteil an Jasmijns Alltag, an ihren ungewöhnlichen Gedanken, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen, die ihr das Leben schwer machen. Sehr anschaulich und nachvollziehbar vermittelt die Autorin, wie mit der permanenten Reizüberflutung zu kämpfen, sie sich in die Isolation flüchtet oder unter ihrer verständnislosen und beängstigenden Umwelt zu leiden hat, die sie oft als arrogant und egoistisch abstempelt.
„Alle fanden ich sei ein seltsames Kind, und ich wusste, dass ich durch mein Verhalten alles nur noch schlimmer machte. Manchmal wandte sich die Normale Jasmijn ungeduldig von mir ab. Dabei wollte ich ja so sein wie sie, wirklich, und ich versuchte es auch, aber ich schaffte es einfach nicht. Meine Mutter beließ es dabei bewenden.“
Die sympathische, intelligente Protagonistin, die am glücklichsten alleine mit ihrer Hündin Senta, der Musik von Elvis oder im Kreise ihrer „berechenbaren“ Familie ist, ist mir schnell ans Herz gewachsen, weckte viel Mitgefühl und brachte mich zum Schmunzeln. Es ist sehr rührend ihre Bemühungen mitzuerleben, sich in den normalen Alltag zu integrieren, sich mit dieser für sie so fremden, oft unverständlichen Welt zu arrangieren und sich auch im sozialen Umgang zu üben. Ich habe mich für sie gefreut, dass es Jasmijn zum Ende hin tatsächlich gelungen ist, ein glückliches, zufriedenes und selbstständiges Leben zu führen und Freunde zu finden, die sie und ihre Andersartigkeit akzeptieren.
Der eher schlichte, mitreißende Erzählstil passt hervorragend zur Hauptfigur und lässt sich ausgesprochen angenehm lesen.
Gekonnt weckt die Autorin mit ihrer berührenden, unterhaltsamen Geschichte viel Verständnis für die „Andersartigkeit“ einiger Menschen, zeigt ihre besonderen Talente und Stärken auf und appelliert insgesamt an mehr Toleranz und Verständnis.

MEIN FAZIT
Ein berührender, lehrreicher Roman und eine außergewöhnlich spannende Reise in die Welt von Asperger-Autisten.
Eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.07.2019

Spannender Cold Case-Krimi

Unbarmherzig (Ein Gina-Angelucci-Krimi 2)
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Nach Ende der Elternzeit freut sich Gina Angelucci zur Münchner Kripo zurückzukehren und wieder als Spezialistin für Cold Cases zu arbeiten. Ihr Töchterchen Chiara ist in allerbesten Händen und wird nun ...

Nach Ende der Elternzeit freut sich Gina Angelucci zur Münchner Kripo zurückzukehren und wieder als Spezialistin für Cold Cases zu arbeiten. Ihr Töchterchen Chiara ist in allerbesten Händen und wird nun von ihrem Ehemann und Kollegen Tino Dühnfort zuhause betreut. Kriminalhauptkommissarin Gina übernimmt schon bald die Ermittlungen zu einem neuem, mysteriösen Cold Case. Bei den auf einem Kiesablageplatz im idyllischen Dorf Altbruck aufgefundenen sterblichen Überresten zweier Personen scheint die Klärung ihrer Identität fast unmöglich zu sein. Doch Gina und ihr Team aus der Abteilung für ungeklärte Altfälle setzen alles daran, mehr über die schon vor Jahrzehnten verscharrten Toten herauszufinden, um den Hinterbliebenen endlich Gewissheit zu verschaffen. Im Laufe der Ermittlung finden sie heraus, dass das weibliche Opfer aus dem Baltikum stammt und wahrscheinlich eine Zwangsarbeiterin in der nahegelegenen Munitionsfabrik in Altbruck war.
Von verschiedensten Seiten unter Druck gesetzt verbeißt sich Gina in den Fall, der in die Wirren zu Ende des 2. Weltkriegs zurückreicht, und recherchiert Geschehnisse, über die niemand mehr gerne reden möchte. Wird es Gina nach all der Zeit dennoch gelingen, die Identität der Opfer und die Motive für die Tat aufzudecken?
Der Krimi „Unbarmherzig“ von Inge Löhnig ist bereits der zweiten Fall für die Münchner Cold Case-Ermittlerin und Spezialistin für ungeklärte Mordfälle Gina Angelucci. Doch auch von Neueinsteigern kann dieser Band problemlos ohne weitere Vorkenntnisse gelesen werden, da wichtige Zusammenhänge kurz angerissen werden und der spannende Fall in sich abgeschlossen ist.
Löhnig hat eine sehr komplexe und lange Zeit undurchsichtige Geschichte auf zwei Zeitebenen angelegt, die sich mit den vielen Perspektivwechseln und trotz des eher gemächlichen Erzähltempos zu einer packenden Krimihandlung entwickelt. Geschickt lassen Rückblenden in das Kriegsjahr 1944 und Tagebuchauszüge einer Zwangsarbeiterin den Leser allmählich in den erschreckenden Alltag jener Zeit eintauchen. Der geschichtliche Hintergrund ist sehr gut recherchiert, anschaulich in die Handlung eingebaut und erinnert gekonnt an vergangenes Unrecht. Nach und nach werden immer mehr Details und Hintergründe zum damaligen Geschehen enthüllt und auch Ginas Nachforschungen zu dem Fall decken Geheimnisse und Verbindungen auf, die seit dem 2. Weltkrieg im Verborgenen lagen. Es ist eine wendungsreiche Krimihandlung, die viel Stoff zum Spekulieren bietet, aber niemals durchschaubar ist und mit einer überzeugenden, sehr realitätsnahen Auflösung punkten kann. Weniger gut hat mir die eingefügte Nebenhandlung gefallen, die für zusätzliche Spannungsmomente sorgte, aber für meinen Geschmack etwas zu viel des Guten war und zu sehr von der spannenden Haupthandlung ablenkte. Die abwechslungsreiche Mischung an gut ausgearbeiteten, vielschichtigen Charakteren - egal ob Haupt- oder Nebenfigur – konnte mich sehr überzeugen. Vor allem die sympathische Hauptfigur Gina mit ihrer Lebendigkeit und ihren Ecken und Kanten hat mir sehr gut gefallen. Sie ist facettenreich, niemals langweilig und immer wieder für eine Überraschung gut. Ihre Leidenschaft, Beharrlichkeit und ihr Hang, sich über sämtliche Hindernisse hinwegzusetzen und sich zu gewagten Alleingängen hinreißen zu lassen, um endlich zu Ergebnissen zu kommen, machen aus ihr eine ideale Handlungsträgerin für diese Krimireihe.
Man kann gespannt sein, wie es für Gina beruflich weitergehen wird und welche neuen offenen Cold Cases sie im nächsten Band entschlüsseln wird.
MEIN FAZIT
Ein interessanter Cold Case-Krimi mit einer fesselnden, komplexen Handlung und düsteren, historischen Einblicken in das Ende des 2. Weltkriegs.