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Veröffentlicht am 08.08.2019

Die faszinierende Welt der Karten

Verrückt nach Karten
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„Verlieren Sie sich in einem guten Buch. Wir haben immer die Karte, die Sie brauchen.“ Dies wird dem Leser zu Beginn des Sammelbandes „Verrückt nach Karten“ versprochen – und genauso ist es auch. Man ...

„Verlieren Sie sich in einem guten Buch. Wir haben immer die Karte, die Sie brauchen.“ Dies wird dem Leser zu Beginn des Sammelbandes „Verrückt nach Karten“ versprochen – und genauso ist es auch. Man verliert sich buchstäblich in der hin- und mitreißenden Welt der Karten. Ob Sie schon immer die Welt von Narnia, Tolkins Mittelerde-Fiktion, Stevensons Schatzinsel, Peter Pans Nimmerland, das Mumintal oder Winnie Pooh‘s Hundert-Morgen-Wald geliebt haben – in diesem Band finden Sie wirklich jede Karte, die Ihnen am Herzen liegt. Viele weitere Karten bieten Inspiration für Literaturentdeckungen, die Ihnen möglicherweise bisher nicht geläufig waren.

Das Buch ist grob in drei Teile gegliedert: „Literarische Karten“, „Karten erstellen“ und „Karten lesen“ – je nach Fokus variiert die Gewichtung. So ist im ersten Teil von Karten die Rede, die seit jeher eine große Faszination auf die Leserschaft ausgeübt haben. Im zweiten Teil berichten Künstler und Autoren darüber wie Karten entstehen. Im dritten Teil kann man sich als Leser im Kartenverständnis üben. „Wenn du selbst eine Karte anfertigst, kannst du sie so gestalten, dass sie zu dem Abenteuer passt, in das du entfliehen willst.“

Das gesamte Buch, einem Leitfaden gleich, durchzieht die Frage danach, warum Karten eigentlich eine so große Faszination auf uns Menschen ausüben. Der Herausgeber und Co-Autor von „Verrückt nach Karten“ Huw Lewis-Jones sowie viele weitere Autoren und Künstler suchen und liefern viele Antworten auf diese Frage. „Karten sind mitreißend, voller Wunder und Abenteuer.“ sagt Lewis-Jones. „Dasselbe gilt für ein gutes Buch. Sie geben uns die Freiheit, an jeden anderen Ort zu fliehen, wann immer wir wollen oder müssen. Bücher wie Karten sind voller Magie.“ „Die Faszination entsteht, wenn wir auf eine Karte blicken und feststellen, dass wir darin aufgehen, die Antworten auf Fragen zu entdecken, die zu stellen wir nie gedacht hätten“, sagt ein anderer. „Menschen werden geboren, um zu forschen. Es liegt in unserer Natur, zu reisen, zu entdecken, zu benennen und zur Benennung gehört es auch, die Welt, in der wir uns befinden, zu kartieren.“

Ich will aber auch nicht zu viel vorwegnehmen. Begeben Sie sich doch selbst mithilfe von dem wunderschön gestalteten Sachbuch auf die Suche nach Ihrer eigenen Wahrheit für Ihre Kartenfaszination. Ich verspreche Ihnen, Sie werden die Antwort auf diese Frage in diesem Buch finden!

Veröffentlicht am 28.07.2019

Ein brillantes Debüt

Gespräche mit Freunden
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Bobbi und Frances sind zwei blutjunge Studentinnen in Dublin. Während Bobbi Geschichte und Politik studiert, widmet sich Frances ganz der Literatur, wobei sie sich ebenfalls selbst als Schriftstellerin ...

Bobbi und Frances sind zwei blutjunge Studentinnen in Dublin. Während Bobbi Geschichte und Politik studiert, widmet sich Frances ganz der Literatur, wobei sie sich ebenfalls selbst als Schriftstellerin versucht. Beide treten oft zusammen bei Spoken-Word-Events und Open-Mic-Veranstaltungen auf. Während einer dieser Veranstaltungen lernen sie die Fotografin Melissa kennen, die die jungen Artistinnen derartig faszinierend findet, dass sie ein Portait über die beiden verfassen möchte. Spontan nimmt sie diese mit nach Hause, wo sie mit ihrem Ehemann Nick, der Schauspieler ist, wohnt. Frances fühlt sich vom ersten Augenblick an zu Nick hingezogen und es entwickelt sich mit der Zeit eine Affäre zwischen den beiden.

Frances, die als Ich-Erzählerin auftritt, unterzieht ihre beiden Liebesbeziehungen – diejenige zu Nick als auch diejenige zu Bobbi – sowie ihr eigenes Innenleben einer tiefgehenden und bewegenden Analyse. In ihren Worten und Handlungen gibt sie sich kühl, beobachtend, rational und sarkastisch, um bloß nicht zu zeigen wie verletzlich sie tatsächlich ist. Geprägt ist die Erzählhaltung von einem äußerst analytischen und selbstreflexiven Schreibstil. „Angst war nur ein chemisches Phänomen, das schlechte Gefühle hervorrief. Gefühle waren nur Gefühle, sie hatten keinen materiellen Bestand.“ Gleichzeitig ist der Schreibstil jedoch auch sehr emotional und lässt den Leser fast distanzlos am Erleben der Ich-Erzählerin teilnehmen. „Man durchlebt bestimmte Dinge, bevor man sie versteht. Man kann nicht immer die analytische Position einnehmen.“

Da von der Autorin selbstverständlich nicht nur die Protagonistin, sondern auch Bobbi, Nick und Melissa äußerst komplex angelegt worden sind, wird der Leser regelrecht in ein Geflecht an Verstrickungen mit sich schrittweise offenbarenden persönlichen Tragiken hineingezogen. Der ständige Diskurswechsel, die etappenweise erfolgenden neuen Erkenntnisse sowie die Methoden der Täuschung und Verhüllung lassen den Leser wahrlich nicht zu Atem kommen. Man wird in einen Sog wechselhafter Gefühle und unerwarteter Bekenntnisse hineingezogen, dem man sich nicht entziehen kann. Äußerst passend finde ich den aus der Times stammenden Vergleich zu Françoise Sagans „Bonjour Tristesse“, denn in beiden Werken bestimmt die alles übergreifende reflektierende Melancholie und nachdenkliche Schwermut das Timbre der Erzählung.

„Gespräche mit Freunden“ ist ein in jedweder Hinsicht modernes Literaturdebüt voller Virtuosität und Dynamik, das es unbedingt zu lesen gilt.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Die kleine Weisheit für unterwegs

Sich selbst vertrauen
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„Selbstvertrauen ist Vertrauen in das Leben.“

Charles Pépin unterrichtet Philosophie an der Universität und Schule. Ein Thema, das ihm seit jeher auf der Seele brennt, ist die Thematik des Selbstvertrauens, ...

„Selbstvertrauen ist Vertrauen in das Leben.“

Charles Pépin unterrichtet Philosophie an der Universität und Schule. Ein Thema, das ihm seit jeher auf der Seele brennt, ist die Thematik des Selbstvertrauens, wie dieses entsteht und in welchem Verhältnis es zu den uns umgebenden Phänomenen steht. Auf diese Weise ist das handliche Buch mit ansprechendem Cover und Einband "Sich selbst vertrauen" entstanden - die kleine Philosophie für unterwegs!

Angefangen bei zwischenmenschlichen Beziehungen, die den Grundstein für Selbstvertrauen bilden, über die Bedeutung der Übung und Wiederholung, der Intuition, der Schönheit der Natur, des Handelns trotz oder gerade wegen Bedenken und Zweifeln bis schließlich zu der Bedeutung von Vorbildern im Aufbau von Selbstvertrauen, zeichnet der Autor den äußerst komplexen Weg zum Selbstvertrauen auf.

Sehr detailliert zeigt der Autor uns, wie Beziehungen zu anderen Menschen, die Schönheit der Natur und natürlich die Übung unser Selbstvertrauen beeinflussen und stärken. Sehr wichtig finde ich auch, dass Charles Pépin uns vor Augen führt, dass Selbstvertrauen kein Zustand ist, den man einmal erzielt hat (oder eben nicht) und damit hat es sich, sondern etwas ist, dass dem ständigen Wandel unterworfen ist, so wie unsere Identität ja auch „mannigfaltig, plural, wandelbar“ ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den der Autor anspricht, und der gerade in unserer Zeit der Social Media präsenter denn je ist, ist dasjenige des Vergleichens. Pépin zeigt uns, dass es unsinnig ist, sich mit anderen zu vergleichen: „Wir sind alle so etwas wie solitäre Diamanten. Unser Wert ist nicht relativ gegenüber dem der anderen, sondern absolut.“ Dem eigenen Begehren, der eigenen Suche und dem Streben nach Vervollkommnung im Rahmen unserer Lebensweise treu zu bleiben - darum geht es im Wesentlichen.

Vorbilder im Leben sind wiederum sehr förderlich: „Bewundern bedeutet nicht verehren; auch nicht, sich selbst in der Betrachtung des Talents eines anderen zu verlieren. Wer bewundert, der nährt sich. Der nimmt sich ein Vorbild an denen, die den Mut hatten, ihrem Stern zu folgen, und begibt sich auf die Suche nach dem eigenen Stern.“

Wer bei „Sich selbst vertrauen“ nun viel Theorie erwartet, den möchte ich an dieser Stelle beruhigen: Der Autor lockert die theoretischen Erklärungen mit vielen Erzählungen aus dem Leben großer Künstler, Schriftsteller und Philosophen auf. Er erzählt uns auch sehr viel aus seinem eigenen Leben den Erfahrungen mit seinen Schülern und Studenten. „Sich selbst vertrauen“ ist alles in allem aber ein sehr gelungenes Philosophiebüchlein, zu dem man immer wieder greifen kann und sollte - denn es spendet viel Mut und Zuversicht!

„Dem Leben vertrauen bedeutet, auf die Zukunft zu setzen, an die schöpferische Kraft des Handelns zu glauben, das Ungewisse zu lieben, statt es zu fürchten. Dem Leben vertrauen bedeutet zu denken, dass das Leben etwas Gutes ist.“

Veröffentlicht am 03.07.2019

Die Ländersammlerin ist wieder da!

Fernweh im Herzen
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„Schöne Erlebnisse machen mich reich.“

Nina Sedano, die meistgereiste Frau Deutschlands, hat endlich wieder einen zweiten Erinnerungsband zu ihren Reiseerfahrungen herausgebracht! Diesmal nimmt sie uns ...

„Schöne Erlebnisse machen mich reich.“

Nina Sedano, die meistgereiste Frau Deutschlands, hat endlich wieder einen zweiten Erinnerungsband zu ihren Reiseerfahrungen herausgebracht! Diesmal nimmt sie uns mit nach Grönland, Hawaii, Kolumbien, Venezuela, Kasachstan, Jordanien, Kongo, Madagaskar und viele Orte mehr.

In ihrem Buch „Fernweh im Herzen“ lässt sie uns viel mehr an ihrem persönlichen Leben teilhaben, als sie es in ihrem ersten Erinnerungsband getan hat. So zeichnet sie ihren Werdegang zur „Ländersammlerin“ auf, in dem sie uns von ihren ersten Reisen berichtet. Im Alter von zwölf Jahren unternimmt sie ihre erste Reise mit ihrer Mutter in die DDR. Drei Jahre später fliegt sie im Rahmen eines Sprachkurses nach England und als Neunzehnjährige soll sie zum ersten Mal die Stadt der Liebe – Paris – kennenlernen. Ihre wahre Leidenschaft für‘s Reisen entdeckt sie allerdings erst, als sie bereits berufstätig ist und nach vielen Jahren einen äußerst wagemutigen Beschluss fasst – sie kündigt ihren Job, um sich ganz auf‘s Reisen zu konzentrieren!

Ob man nun ebenfalls ein wahrer Reisefanatiker oder im Gegenteil ein Reisemuffel ist – mit Nina Sedano kann man auf Reisen gehen, zusammen mit ihr über die Wunder der Natur staunen, ihren Geschichten und Anekdoten aus aller Welt lauschen und natürlich auch ihre Ängste, Betrübnisse, Sehnsüchte und Sorgen teilen.

So dürfen wir zusammen mit der Autorin das Bonobo-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo betreten, voller Ehrfurcht und Bewunderung auf den Spuren Albert Schweitzers in Gabun wandeln, auf Martinique einem Pferd das Leben retten, auf Grönland die einmaligen Eisformationen bewundern und vieles mehr. Es ist ein wahres Erlebnis dieser sympathischen, warmherzigen Autorin bei ihrem Erleben über die Schulter schauen zu dürfen. Wer jedoch ein Buch vom Typ Reiseführer erwartet, der ist mit diesem Band nicht richtig beraten. Man sollte nicht zu viele Insider- und Geheimtipps erwarten, sondern sich vielmehr auf ein Erinnerungsbuch mit vielen besonderen individuellen Erlebnissen einstellen, die einen nur darin bekräftigen können, wie sehr reisen tatsächlich bildet! In dem Sinne viel Freude an „Fernweh im Herzen“!

Veröffentlicht am 17.06.2019

Absolut genial!

So schöne Lügen
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Louise ist Ende zwanzig, als sie nach New York kommt. Hier hofft sie Beachtung zu finden und Karriere zu machen. Sie hält sich mit einigen kleineren Jobs über Wasser, ihr eigentlicher Traum ist es jedoch ...

Louise ist Ende zwanzig, als sie nach New York kommt. Hier hofft sie Beachtung zu finden und Karriere zu machen. Sie hält sich mit einigen kleineren Jobs über Wasser, ihr eigentlicher Traum ist es jedoch eine große Schriftstellerin werden. Doch um es zu etwas zu bringen, braucht man Kontakte. Als sie die extrem reiche, wunderschöne, quirlige, vor Lebensfreude sprühende Lavinia kennenlernt, die sich außerdem ausgesprochen für Louise interessiert und alles das in ihr sieht, was sonst keiner wahrnimmt, scheint sich Louises Schicksal gewandelt zu haben: Lavinia hat genau das, was ihr selbst fehlt – nämlich Geld und Kontakte. Als geübte Party-Queen und Social-Media-Star weiß sie Louise das zu geben, wonach diese immer gesucht hat. Dass Lavinia eine Person ist, die permanente Aufmerksamkeit und Bewunderung braucht, nimmt Louise dafür gerne in Kauf. Nicht geahnt hat sie jedoch, dass Lavinias Drang zur Selbstanbetung die Person, die sie sich zu ihrem Opfer erwählt, vollständig aussaugt, sollte sich diese nicht frühzeitig genug von ihr befreien. Eine toxische Beziehung entwickelt sich, eine gefährliche Verbindung mit verheerenden Folgen…

„So schöne Lügen“ ist ein Roman, der eine Sogwirkung entfaltet, die seinesgleichen sucht. Die Faszination, der man sich nicht entziehen kann, beläuft sich dabei allerdings nicht auf die üblichen Mittel der Spannung, derer sich die Krimi- und Thrillerliteratur bedient. Nein, denn die Autorin entscheidet sich für eine äußerst ungewöhnliche Erzählweise, die in keinen üblichen Erzählrahmen passen möchte. So wird der Hauptteil des Romans von einem personalen Erzähler bestritten, der aus Louises Perspektive berichtet. An einigen Stellen wird dieser Erzählstrang jedoch von dem allwissenden Erzähler durchbrochen, der den Leser direkt anspricht und ihn darüber informiert – und immer wieder auch daran erinnert – dass Lavina bereits sechs Monate, nachdem sie Louise kennenlernt, tot sein wird. Das ist eine sehr unkonventionelle Herangehensweise in der modernen Literatur. Das bedeutet, dass nicht die Spannung und der Überraschungseffekt an erster Stelle in dem Roman stehen, wie es bei einem Krimi oder Thriller der Fall wäre, sondern dass es um die tiefenpsychologische Analyse der Hauptfigur an sich und des Beziehungsgeflechts zwischen Lavinia und Louise geht. Das zentrale Augenmerk richtet sich darauf, zu verstehen, wer die beiden sind und warum deren Verbindung toxischer Natur ist, die folgenschwere Konsequenzen mit sich zieht.

„So schöne Lügen“ ist ein äußerst vielschichtiger Roman. So ist der erste Teil des Romans bis zum Unfall beziehungsweise Mord als Studie einer toxischen Beziehung zu verstehen. Der zweite Teil, in dem Louise Lavinias Identität aufnimmt, ist noch differenzierter. Hier konzentriert sich alles auf die Betrachtung von Louises Innenleben – konnte man im ersten Teil noch ihr Handeln nachvollziehen, wird dies nun völlig unmöglich. Der Leser taucht vollständig in die tiefen Abgründe ihres Seelenlebens ein – eines psychotischen Menschen. Bis zur Perfektion gelingt es ihr Lavinia in den sozialen Medien aufleben zu lassen und so lange die Lüge aufrecht zu erhalten, bis der einzige Mensch, der Lavinia besser kennt als sie selbst, ihr auf die Schliche kommt. Einem roten Faden gleich durchzieht zudem pointierte Gesellschaftskritik den ganzen Roman, die bitterböse und zugleich in höchstem Grad ergötzlich ist. Tara Isabella Burton gelingt es völlig fehlerfrei die Dekadenz der oberen Schicht New Yorks – der High Society – in ihrem Werk einzufangen. Ihr Agieren, die Art der Gespräche, die Atmosphäre – es ist alles derartig real beschrieben, dass man es nicht nur liest, nein, man ist direkt dabei, mitten im Geschehen, es geht einem unter die Haut. Die Beobachtungsgabe der Autorin, ihr Erfindungsgeist, ihr Realitätssinn und natürlich ihr schriftlicher Ausdruck sind einfach nur genial zu nennen!