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Veröffentlicht am 20.08.2019

Grandioser Auftakt einer Reihe

Die sieben Schwestern
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Meine Meinung:
"Die sieben Schwestern" war mein erstes Buch der Autorin Lucinda Riley und da ich schon so viel Gutes über die Autorin und ihr Werk gehört hatte, waren meine Erwartungen entsprechend gross. ...

Meine Meinung:
"Die sieben Schwestern" war mein erstes Buch der Autorin Lucinda Riley und da ich schon so viel Gutes über die Autorin und ihr Werk gehört hatte, waren meine Erwartungen entsprechend gross. Und sie wurden definitiv nicht enttäuscht. Dieses Buch ist der erste Roman einer siebenbändigen Reihe und ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich die weiteren Bände lesen werde.
Obwohl ich mit einem blumigeren Stil gerechnet hatte, war ich vom schlichten, aber wunderschön beschreibenden Stil positiv überrascht. Das Buch beginnt mitten im Leben der Protagonistinnen. Eine schreckliche Nachricht erreicht Maia und ihre fünf Schwestern: ihr Adoptivvater ist unterwartet verstorben und wollte ohne sie beigesetzt werden, was auch schon geschehen ist. Alle sechs Schwestern treffen sich im Familienwohnsitz, der dauerhaft von Maia, der ältesten Adoptivtochter von Pa Salt, wie er von seinen Töchtern genannt wird, sowie der Köchin der Familie und der Ersatzmutter der Frauen bewohnt wird, und besprechen das weitere Vorgehen. Jede der Schwestern erhält dabei vom eigens dafür eingesetzten Notar einen Brief, der ihr die Möglichkeit verschafft, mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Diese Chance ergreift als erstes Maia und sie begleiten wir Leserinnen und Leser auch auf ihrer Reise nach Rio und ganz weit zurück in die Geschichte ihrer Familie. Dabei erfahren wir vor allem einiges über Izabela, die in einer männerdominierten Welt ihre eigenen Gefühle und Wünsche zurück steckt und leidet, verzichtet, erduldet, aber auch liebt, verzeiht und sich wieder und wieder vor Sehnsucht verzehrt.
Aber wo ist die siebte Schwester? Und wie sind die anderen Schwestern zu Pa Salt gekommen? Nur die weiteren Bücher werden uns diese Fragen beantworten.

Schreibstil und Handlung:
Ein feinfühliger und schlichter Schreibstil, sowie eine durchdachte und über das ganze Buch - wahrscheinlich über die ganze Reihe - konzipierte Handlung, machen dieses Buch zu einem einzigartigen und lesenswerten Stück Literatur, zu einem Schatz im Bücherschrank. Detaillierte Beschreibungen in einer schlichten Sprache, liebevoll ausgearbeitete Charaktere und Emotionen, Farben und Spannung gehören dabei genau so zu den positiven Punkten, wie die fantastisch recherchierten Szenen im Rio des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.
Die Handlung lässt nur eines zu wünschen übrig: mehr davon. Mehr Izabela, mehr Maia, mehr Liebe, mehr Schmerz, mehr historische Hintergrundinformationen, mehr, mehr, mehr. Leider habe ich mich gegen Ende ein wenig von Maia entfremdet, weil ich noch total gefangen, fast schon benebelt war, von Izabelas Geschichte. Auch war mir der Schluss ein Zuviel der Eindrücke. Die Handlungsstränge überschlagen und überschneiden sich innerhalb von kürzester Zeit auf wenigen Seiten und da hätte ich mir ein wenig mehr Raum, Zeit und Verarbeitungsmöglichkeiten gewünscht.

Meine Empfehlung:
"Die sieben Schwestern" empfehle ich euch wärmstens weiter. Schon jetzt kann ich sagen, dass man über dieses Buch und die Fortsetzung der Reihe noch einiges hören und dass dies ausschliesslich positiv sein wird.

Veröffentlicht am 18.08.2019

Ein absolutes Highlight

Was man von hier aus sehen kann
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Selmas Traum aber schuf Tatsachen. War ihr im Traum ein Okapi erschienen, erschien im Leben der Tod; und alle taten, als würde er wirklich erst jetzt erscheinen, als käme er überraschend angeschlackert, ...

Selmas Traum aber schuf Tatsachen. War ihr im Traum ein Okapi erschienen, erschien im Leben der Tod; und alle taten, als würde er wirklich erst jetzt erscheinen, als käme er überraschend angeschlackert, als sei er nicht schon von Anfang an mit von der Partie, immer in der erweiterten Nähe, wie eine Tauftante, die das Leben lang kleine und grosse Aufmerksamkeiten vorbeischickt.

Was man von hier aus sehen kann, S. 21

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich zu meinem Geburtstag Ende November bekommen und es wurde begleitet von einer Karte mit einer so deutlichen Leseempfehlung, dass ich "Was man von hier aus sehen kann" sofort lesen musste. Vor einigen Tagen schon war ich damit durch und habe seitdem um Worte gerungen. Was ich aber definitiv sagen kann: ich bin unendlich froh, so schnell zu diesem Buch gegriffen zu haben. Ich habe darin nämlich alles gefunden, was für mich ein wahrer Klassiker der Gegenwartsliteratur haben muss: Intensität, Spannung, Poesie, Schmerz, Witz, Liebe, Freundschaft und ganz viele wundervolle Figuren, berührende Beschreibungen und überraschende Wendungen.
Noch immer fällt es mir schwer, in Worte zu fassen, wie sehr mir dieses Buch gefallen hat. Vor allem die Figuren haben es mir dabei angetan (abgesehen davon, dass Handlung und Schreibstil einfach brillant sind, klar). Ich habe beim Lesen eine Achterbahn der Gefühle erlebt, einige spannende und wissenswerte Dinge über die (Tier-)Welt, das Leben, den Buddhismus, den Tod, die Freundschaft und die Liebe gelernt und ich durfte immer wieder innehalten, weil mich ein Satz oder auch nur ein Wort hat nachdenklich werden lassen.

Wir konnten alles Mögliche mit der Liebe. Wir konnten sie mehr oder weniger gut verstecken, wir konnten sie hinter uns herziehen, wir konnten sie hochheben, durch alle Länder der Welt tragen oder in Blumengebinden verstauen, wir konnten sie in die Erde legen und in den Himmel schicken. All das machte die Liebe mit, langmütig und biegsam, wie sie war, aber verwandeln konnten wir sie nicht.

Was man von hier aus sehen kann, S.235


Schreibstil und Handlung:
Die Geschichte von Luise und ihrer Grossmutter Selma, sowie den herrlich skurrilen und genau deswegen so liebenswerten Dorfbewohnern, beginnt an einem Tag wie jedem anderen. Nur hat Selma in dieser Nacht von einem Okapi geträumt, was bedeutet, dass innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden jemand aus dem Dorf sterben wird. Aus Angst, selber bald nicht mehr zu leben, versuchen alle, ihre letzten Dinge zu regeln, Geständnisse zu machen, Ordnung zu schaffen und sich zu schützen vor diesem drohenden Unheil. Dabei kommen Sehnsüchte und lange gehütete Geheimnisse zu Tage, die nie hätten entdeckt werden sollen, oder die schon lange überfällig waren. Vor allem der Optiker mit seiner Ledertasche voller Briefanfänge und die wunderliche Elsbeth habe ich neben Luise und Selma ins Herz geschlossen. Aber diese Geschichte wird noch viel weiter gesponnen: plötzlich öffnen und schliessen sich Türen, alkoholhaltige Schokolade wird zuerst von zwei, dann nur noch von einer Hand aus dem Papier gewickelt, ein Mann will die Welt sehen, ein Hund namens Alaska, der eigentlich nur eine Metapher ist und dann doch immer mehr wird, taucht auf und Luise entdeckt mitten im Wald drei buddhistische Mönche.
Aus Luises Sicht wird die Geschichte eines Dorfes, die Geschichte von grossen Träumen und dem Leben und der Welt, die man entweder hineinlassen kann oder nicht, erzählt. Wie der Optiker, der es schafft, selbst die entlegensten Begriffe und Themen in Einklang zu bringen, schafft Mariana Leky es, dass so viele Ereignisse, Worte, geheime Wünsche und Figuren mit ihren unterschiedlichsten Ansichten, Werten, Träumen und Vergangenheiten zu einer Einheit werden. Sie setzt Japan mir dem Westerwald an einen Tisch, der so gross sein muss, dass er wohl eher eine Tafel ist und sie lässt die Liebe mit dem Tod, den Schmerz mit dem Neuanfang pokern.
Und dies gelingt ihr scheinbar mühelos, mit einer leichten, poetischen und trotzdem eindringlichen, ja überwältigenden Sprache, mit Gefühlen, welche die Buchseiten fast sprengen, welche mich beim Lesen lachen, weinen, fluchen und träumen liessen, welche mich das Buch entsetzt haben sinken, die Seiten voller Spannung und Rührung umblättern lassen und mit geschriebenen Bildern, die mich in den Westerwald und in die Welt der Figuren entführt haben und die ich nicht mehr vergessen werde.

Ich dachte an die Bahnhofsuhr, unter der der Optiker uns die Zeit und ihre Verschiebungen beigebracht hatte. Ich dachte an alle Zeit der Welt, alle Zeitzonen, mit der ich es zu tun bekommen hatte, an die beiden Uhren am Handgelenk meines Vaters. Das ist das wirkliche Leben, dachte ich, das ganze grossflächige Leben, und nach Punkt siebzehn zerknüllte ich die Aufbauanleitung und baute ohne weiter, und am Schluss stand da ein Regal, das relativ gerade war.

Was man von hier aus sehen kann, S. 261

Meine Empfehlung:
Mariana Leky ist mit "Was man von hier aus sehen kann" ein überragendes Werk gelungen, das heraussticht und sich komplett von der Masse abhebt. Dies gelingt ihm nicht mit schrillen Farben und lauten Worten, sondern mit einer berührenden und mitreissenden Stille und Intensität, einem Schmerz, der so überraschend und überwältigend vom Leser Besitz ergreift, dass man sich weder darauf vorbereiten, noch davon befreien kann, aber auch so vielen zum Weinen schönen, tröstenden Worten und Gesten, dass man sich nach dem Straucheln wieder fängt und das Buch nach dem Lesen der letzten Seite schliesst und von da an immer in seinem Herzen mitträgt.

Wenn es keinen Hof zu übernehmen gab, das wusste Selma, sollte man seine Kinder ermuntern, in die Welt hinauszuziehen. Selma hatte keinen Hof, sie hatte nur sich und ein schiefes Haus, das womöglich zusammenfallen würde, bevor man es übernehmen könnte, und sie wusste, dass ein Hinausziehen in die Welt besonders für meinen Vater richtig gewsen wäre.

Was man von hier aus sehen kann, S. 308

Veröffentlicht am 11.08.2019

Mir hat sich ein neues Universum aufgetan...grandios!!!

Der Dunkle Turm – Schwarz
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Meine Meinung:
"Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm."
Schwarz, Der Dunkle Turm (S. 1)

Dieser Satz hat mein Leben verändert. Nichts ist mehr, wie zuvor, denn ich ...

Meine Meinung:
"Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm."
Schwarz, Der Dunkle Turm (S. 1)

Dieser Satz hat mein Leben verändert. Nichts ist mehr, wie zuvor, denn ich habe den letzten Revolvermann kennengelernt und werde mit ihm den dunklen Turm finden, der die Fäden des Seins zusammenhält und der nach und nach zerfällt und so Chaos in die Welten bringt. Ich habe ein Buch entdeckt, das mir den Auftakt zu einem ganz eigenen Buchiversum geöffnet hat, das mich konfrontiert hat mit den Abgründen der Menschheit, der Endlichkeit des Lebens, dem Unvorstellbaren, dem ewig Dunklen, den Dämonen in und um uns.
Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, habe mich immer wieder in seiner Welt verloren, nachgedacht, zurückgeblättert, weitergelesen und war wie im Fieber. Besonders gut gefallen hat mir bei dieser von Stephen King überarbeiteten Ausgabe das Vorwort des Autors, in dem er schreibt, wie er dieses Epos im Alter von neunzehn Jahren begonnen hat und wie er nach seinem schweren Unfall immer wieder angefleht wurde, die Geschichte des Revolermanns zu beenden, oder zumindest das Ende zu verraten. Er schreibt auch, wie er schliesslich - nach dreissig Jahren - zu diesem Ende gefunden hat und dann irgendwann noch einmal ziemlich vorne beginnen musste, damit dieser erste Band auch wieder zum Schluss passen und so der rote Faden durchgehend erkennbar sein kann.

Wie "Der Dunkle Turm" zu mir gefunden hat:
Wie "Schwarz" und alle weiteren Teile der Reihe zu mir gefunden haben, ist eine ganz spezielle Geschichte und bereits seit Februar 2017 besitze ich die ganze Reihe um den Turm (mit Ausnahme von "Wind", das nicht zur eigentlichen Reihe gehört, respektive sich zwischen dem vierten und fünften Band der Reihe einordnen lässt, wenn überhaupt).
"Der Turm", der siebte Band dieser Reihe, habe ich vor etwa zehn Jahren, vielleicht sind es auch schon mehr, von meinem Bruder zu Weihnachten bekommen. Er hat beim Kauf des Buches wohl nicht bemerkt, dass es sich um einen Reihenabschluss handelt. Nach und nach habe ich mir die weiteren Teile als Mängelexemplare zusammengekauft ("Tot" im September 2012, "Wolfsmond" im Oktober 2013, ausgerechnet von "Schwarz" weiss ich es leider nicht mehr, es liegt also schon länger hier), weil ich gar nicht sicher war, ob ich die Bücher überhaupt lesen würde, aber die Aufmachung einfach so toll fand. Irgendwann las ich diesen Post bei Ines und konnte nicht mehr an mich halten. Die drei Bücher, die mir noch fehlten, habe ich sofort gebraucht bestellt. Zwei davon waren bereits nur noch als Hardcover zu bekommen.
Was also mit einem kleinen Irrtum begann, hat mich nun endlich für sich begeistern können und ich bereue es fast ein wenig, nicht schon früher zum ersten Band der Reihe gegriffen zu haben...

Schreibstil und Handlung:
Es ist heiss, die Luft flimmert, das menschliche Leben auf der Erde scheint fast ganz ausgelöscht zu sein. Dämonen, Mutanten und andere Wesen, die man kaum benennen mag, haben sich nach der Endzeit, die Zugleich ein Nachfolger unserer aktuellen Zeit, als auch eine ganz eigene Welt ist, in den dunkelsten Winkeln und Höhlen dieser Welt breit gemacht. Und mitten im Geschehen ist Roland, der letzte Revolvermann. Er ist zäh, er hat Ausdauer, einen starken Willen und schreitet stoisch voran. Er verfolgt den schwarzen Mann, er sucht den dunklen Turm. Er ist einsam, bis er Jake trifft, einen Jungen, der ihm ein treuer Gefährte und Zuhörer wird und dem er darum seine Lebensgeschichte, die von seiner Ausbildung zum Revolvermann, von Freundschaft, Verrat und einer ganz grossen Liebe handelt, erzählt.
Stephen King hat eine Sprache geschaffen, die ihresgleichen sucht. Eine Sprache, die schockiert in ihrer detaillierten Brutalität, die derb ist, wie bei Bukowski, die aber Weisheiten aufzeigt, die eines kleinen Prinzen würdig wären und von der Fantasie Tolkiens beflügelt sind. Eine Sprache, die allen grossen Dichtern ein Denkmal setzt und doch so einzigartig und fesselnd ist, wie die Geschichten, die sie erzählt, die Fäden des Netzes, das sie spinnt zwischen den Welten, den Menschen, den Wesen.

Meine Empfehlung:
Ich empfehle euch, dieses anspruchsvolle, fesselnde, berührende und überwältigende Buch zu lesen. Die Welten und Geschichten, die es birgt, sind zu schön, grausam und lebensecht, als dass sie noch länger zwischen den Buchdeckeln in euren Regalen verborgen sein sollten.

Veröffentlicht am 08.08.2019

Packend, überraschend und sehr, sehr überzeugend

tot.
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Achtung Spoiler: dies ist der dritte Teil einer Reihe

Inhalt:
Wir befinden uns mit Susannah, Eddie und Roland in einem Wald. Eine starke Kraft, die von alten Maschinen und mechanischen Figuren und Wächtern ...

Achtung Spoiler: dies ist der dritte Teil einer Reihe

Inhalt:
Wir befinden uns mit Susannah, Eddie und Roland in einem Wald. Eine starke Kraft, die von alten Maschinen und mechanischen Figuren und Wächtern ausgeht, bedroht uns und die Suche nach dem Turm scheint langsam aber sicher eine Richtung zu bekommen. Eddies Erinnerungen an Henry sind in Eddies Träumen präsenter denn je und ein Junge, den er noch nicht klar erkennen kann, spricht zu ihm und weist ihm den Weg. Auch der letzte Revolvermann Roland träumt intensiv von Zeichen, Schlüsseln und Balken und fährt bei Tageslicht fort, seine Begleiter in der Kunst der Revolvermänner zu unterrichten. Gleichzeitig scheint aber Roland den Verstand zu verlieren und die drei wissen, dass ihnen wenig Zeit bleibt, um sich einen neuen Gefährten zu suchen, der ihre kleine Gruppe (zumindest vorerst) vervollständigt.

Meine Meinung:
Wie grandios ist bitte diese Reihe... Wie kann es sein, dass Stephen King vor allem für seine Horrorliteratur bekannt ist, wenn eigentlich diese Reihe sein persönlicher Jupiter ist (wie er stets betont) und wenn er vor allem alles an literarischem Können in diese Reihe gepackt hat? Die Reihe um den den letzten Revolvermann Roland, der sich auf die Suche nach dem dunklen Turm macht, ist ein Genremix zwischen Fantasy, Distopie, Horror, Krimi, Western, Romanze und Familiendrama. Sie thematisiert das Ende der Welt, Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Vergebung, die Zeit und die Suche eines jeden Menschen nach dem persönlichen "Turm" in seinem Leben. Ausserdem zeugen nur schon die ersten drei Bände der Reihe davon, dass King sich enorm viele Gedanken gemacht hat und dass der ganzen Reihe ein noch nicht überblickbares, intelligentes und alles umfassendes Gesamtkonzept innewohnt, das sich für uns Leser nur nach und nach entwirrt. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb diese durchaus anspruchsvolle Reihe nicht ganz so viele Leser erreicht, wie sie sollte?

Schreibstil:
Stephen King schafft es, gewohnt direkt zu schildern und findet für alle seine Figuren eine ganz eigene Sprache. Der eher stille Roland, der aus einer ganz anderen Zeit kommt, als die anderen Figuren, versteht nicht alles und spricht dennoch stets überlegt, benennt die ihm unbekannten Dinge bei einem ganz eigenen Namen und wird nur selten aus der Ruhe gebracht. Eddies Sprache ist oft ein wenig derber, er lässt sich aber auch sehr stark von seinen Emotionen leiten während Susannah in der Regel die Ruhe selbst bleibt und immer wieder für entscheidende Inputs sorgt. Insgesamt wirkt die Erzählsprache ausserdem sehr flüssig und was mir besonders imponiert hat, waren die genauen und sehr aussagekräftigen Beschreibungen der Handlungsorte.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es eine Empfehlung für die ganze Reihe, weil sie ein enormes, fesselndes Gesamtkonzept ist und ich wünsche mir noch viel, viel mehr Leserinnen und Leser für Rolands Geschichte.

Veröffentlicht am 20.07.2019

Ein wahres Herzensbuch

Alle sterben, auch die Löffelstöre
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Mitten in der Erzählung, mitten im Leben scheint diese Geschichte zu beginnen und genau das ist sie auch; nie der Reihe nach, nie wie erwartet und nie langweilig oder einseitig. Genau so, wie das Leben ...

Mitten in der Erzählung, mitten im Leben scheint diese Geschichte zu beginnen und genau das ist sie auch; nie der Reihe nach, nie wie erwartet und nie langweilig oder einseitig. Genau so, wie das Leben und die Liebe oder auch eben genau diese eine Freundschaft zwischen Skarlet und Paul.
Im Kindergarten verbünden sich die beiden Kinder und bleiben von da an immer zusammen. Paul, der keinen Vater hat und sich so gerne einen wünscht und Skarlet, die nicht versteht, was an einem Vater so toll sein kann und am liebsten keinen hätte. Zwei ganz unterschiedliche Kinder aus unterschiedlichen Familien mit einer wunderbaren Gemeinsamkeit; der Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen. Und genau diese Leidenschaft ist es, die sie beide bis zum Schluss von Pauls Leben - und darüber hinaus - immer wieder zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringt. Wenn Skarlet Paul besucht, bringt sie nicht Mitleid und leere Worte ans Krankenbett, sondern ihre Geschichten von früher, als sie die Welt bereisten und Abenteuer erlebten, vom Mauerfall und dem Studium, von Pauls Vater, der sich sicher nur davongestohlen hatte, um im Zirkus aufzutreten und Skarlets missglückter Ehe zu Christian. Diese Geschichten begleiten sie auch nach Pauls Tod und helfen ihr schlussendlich, die wohl schwerste Aufgabe ihres bisherigen Lebens zu meistern: Pauls Grabrede zu halten.

Die Euphorie alter Zeiten und der süsse Geschmack der Erinnerungen daran durchziehen dieses Buch und fesseln an die Geschichte, als wäre man selber überall dabei gewesen, als würde man auch zu den Geschichtenerzählern gehören. Getragen von einem ständigen Gedankenfluss, der nur durch die teilweise rauhe, traurige, harte aber auch lebhafte und fröhliche Realität durchbrochen wird, begibt sich der Leser ganz nahe an die Figuren heran und erlebt ein ganzes Leben wie in Trance. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und war lange noch erschüttert, fasziniert, berührt und belebt von dieser wunderbaren Geschichte einer Freundschaft, so lange und so spannend wie das Leben selbst.