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Veröffentlicht am 01.09.2019

Im Rausch

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Harry Hole ist an einem Tiefpunkt angelangt. Seine Frau Rakel hat sich von ihm getrennt und er hat wieder begonnen zu trinken. Im Kommissariat bekommt er nur die einfachsten Arbeiten, da kann er erstens ...

Harry Hole ist an einem Tiefpunkt angelangt. Seine Frau Rakel hat sich von ihm getrennt und er hat wieder begonnen zu trinken. Im Kommissariat bekommt er nur die einfachsten Arbeiten, da kann er erstens nicht viele Fehler machen und muss auch zweitens nicht suspendiert werden. Eines Morgens erwacht er nach einer durchzechten Nacht und kann sich nicht erinnern, was er getrieben hat. Erst ein Kollege kann ihn über Bruchstücke aufklären. Bald schon wird Hole zum Schauplatz eines Mordes gerufen und während er noch darüber nachdenkt, ob er nicht lieber in die Kneipe will, muss er sich etwas stellen, was er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen vorstellen wollte.

In seinem zwölften Fall wird Harry Hole wirklich alles abverlangt. Sein ganzes Leben gerät aus den Fugen und sein Arbeitsplatz in Gefahr. Ist es wirklich sein Rückfall in die Alkoholsucht, die alles in Frage stellt? Seine Fähigkeiten zu ermitteln und Lügner zu entlarven hat Hole nicht verloren und so klär er fast nebenbei einen Fall, den die Kollegen schon mit dem Stempel gelöst ad acta gelegt hatten. Wenn er nur in seinen eigenen Belangen so hellsichtig wäre. Doch dieser Filmriss ist ausgesprochen hinderlich. Und ein Opfer, dass seinen Vergewaltiger am liebsten nicht anzeigen möchte, trägt nicht dazu bei, etwas einfacher zu machen.

Weder Harry Hole hat es leicht in diesem Buch noch der Leser. Einiges ist so eben noch erträglich, was einen Kern der Geschichte ausmacht. Zu sehr versinkt Harry Hole im Suff, vielleicht dienen die Gründe als Entschuldigung für den Rückfall. Andererseits allerdings ist der Fall sehr ausgeklügelt. Versucht man selbst, einen Verdächtigen zu finden, kann man durchaus falsch liegen. Und so bleibt man am Ball, um herauszufinden, wie die Zusammenhänge sind. Fast gegen seinen Willen ist man gefesselt und gespannt. Mit diesem Kriminalroman greift der Autor tief in die Kiste der persönlich verwickelten Ermittler, nicht durchgängig hat das dem Buch gutgetan, aber dennoch wird man mitgerissen von der rasanten Story.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Der Vater

Verratenes Land
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Der preisgekrönte Journalist Marshall McEwan lebt wieder in seiner Heimatstadt Bienville, Mississippi. Sein Vater ist schwer erkrankt und McEwan unterstützt seine Mutter bei der Betreuung. Auch Leitung ...

Der preisgekrönte Journalist Marshall McEwan lebt wieder in seiner Heimatstadt Bienville, Mississippi. Sein Vater ist schwer erkrankt und McEwan unterstützt seine Mutter bei der Betreuung. Auch Leitung der kleinen Lokalzeitung seines Vaters hat er übernommen. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist schon lange nicht mehr gut. Marshall war dabei als sein Bruder Adam als Jugendlicher bei einer Mutprobe ertrank. Der Archäologe Buck Ferris war immer eine Art Ersatzvater für Marshall. Und ausgerechnet Buck wird tot am Fluss aufgefunden. Marshall will unbedingt herausfinden, wieso Ferris sterben musste. Doch schnell gerät er dabei mit den heimlichen Herrschern der Stadt, den Mitgliedern des sogenannten Poker-Clubs aneinander.

Ein undurchsichtiges Beziehungsgeflecht beherrscht den kleinen Ort Bienville. Jeder kennt jeden und alle haben privat oder geschäftlich miteinander zu tun. Viele wittern das große Geld, das eine Papierfabrik, finanziert durch chinesische Investoren, bringen soll. Es wird befürchtet, dass Ausgrabungen, die Buck getätigt haben könnte, das Projekt stoppen könnten. Außer Bucks engsten Angehörigen und Freunden hat niemand ein Interesse daran, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch Marshall ist es seinem großen Vorbild Buck Ferris einfach schuldig. Es muss Gerechtigkeit herrschen. Dass er sich möglicherweise selbst in Gefahr bringt, kann ihn nicht abhalten.

Wir schon einige der spannenden Geschichten des Autors kennt, wird auch hier nicht enttäuscht sein. Zwar ist der vorliegende Band nicht ganz so mitreißend wie einige andere Werke, doch für so einen doch recht umfangreichen Roman liest er sich sehr schnell weg. Dies soll nicht respektlos sein, es wird einfach so viel Spannung aufgebaut und Neugier geweckt, dass man immer weiterlesen möchte. Marshall McEwan ist ein aufrechter Charakter, er kommt vielleicht mehr nach seinem Vater als er selbst wahrhaben möchte. Seine Rückkehr ist auch ein Rückkehr in die Vergangenheit. Er trifft alte Bekannte und Freunde und überdenkt sein ganzes Leben. Die Aufklärung der Hintergründe um Bucks Tod tritt dabei manchmal etwas in den Hintergrund, nur umso gewaltiger wieder an Fahrt aufzunehmen. Was Marshall enthüllt, kann die ganze Stadt verändern. Auch wenn typisch amerikanisch die handelnden Personen das Recht manchmal zu sehr in die eigene Hand nehmen, ist die Geschichte um die Heimkehr eines verlorenen Sohnes, seine Zerrissenheit und sein Streben nach Gerechtigkeit ausgesprochen lesenswert.

Veröffentlicht am 24.08.2019

Der Pilot

Grabesgrund
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Dr. Ruth Galloway ist mit Ausgrabungen beschäftigt. Ganz in der Nähe soll das Gelände vorbereitet werden, um neue Häuser zu erstellen. Einigermaßen entsetzt ist der Baggerführer als er auf ein altes Flugzeug ...

Dr. Ruth Galloway ist mit Ausgrabungen beschäftigt. Ganz in der Nähe soll das Gelände vorbereitet werden, um neue Häuser zu erstellen. Einigermaßen entsetzt ist der Baggerführer als er auf ein altes Flugzeug stößt, dessen Pilot noch im Cockpit sitzt. Die örtliche Polizei in Person von Harry Nelson ruft Ruth Galloway herbei, die als forensische Archäologin schon häufiger eine Hilfe war, wenn es um ältere Leichen ging. Schon nach einer kurzen Untersuchung kann Ruth eines ganz genau sagen. Der Tote im Flugzeug wurde mit einem Kopfschuss getötet. Und so kann er eigentlich nicht der Pilot dieses Flugzeugs gewesen sein.

Schon nach wenigen Seiten fühlt man sich wieder heimisch in der Welt von der forensischen Archäologin Dr. Ruth Galloway. Ihre Tochter Kate ist inzwischen fast fünf und hat ihren ersten Schultag, zu dem auch Harry Nelson erscheint, der zwar der Vater der Kleinen ist, aber mit dem Ruth nicht in einer Beziehung lebt. Dennoch versuchen sie gemeinsam das Rätsel um die Identität des Fliegers zu lösen. Dabei stoßen sie auf die Familie Blackstock, die in einem heruntergekommenen Anwesen in der Nähe residiert. Die Blackstocks sind bemüht, bei den Ermittlungen zu helfen. Nur das Familienoberhaupt der alte George, der selbst noch den zweiten Weltkrieg erlebt hat, zeigt sich wenig hilfsbereit.

So very britisch wirkt dieser Kriminalroman um Dr. Ruth Galloway. Es handelt sich um den siebten Band einer Reihe. Es wird allerdings genug zur Rahmenhandlung erklärt, so dass man nicht zwingend alle Teile kennen muss. Die sympathische Ruth Galloway untersucht ihre Leichen genauestens, sorgt sich liebevoll um ihre Tochter und hat akzeptiert, dass Nelson bei seiner Frau geblieben ist. Hier hat sie ein Famiienrätsel zu entschlüsseln und Ereignisse in die Reihe zu bringen, die so garnicht passiert sein können. Mit ihrer ruhigen Art und den gewissenhaften Ermittlungen der Polizei sollte es gelingen. Man fühlt sich einfach vertraut in diesem Setting, von dem kaum zu glauben ist, dass noch nichts über eine Verfilmung zu finden ist. Die sympathischen Charaktere, eingebettet in eine realistische Rahmenhandlung, und die klug durchdachten Fälle ergeben jedenfalls sehr lesenswerte Bücher.

Veröffentlicht am 16.08.2019

Tragödie von Caracas

Nacht in Caracas
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Caracas ist ein gefährliches Pflaster und es gibt keine Rücksichtnahme, nicht einmal bei einer Beerdigung. Als Adelaidas Mutter nach schwerer Krankheit verstorben ist, kann Adelaida nicht lange am Grab ...

Caracas ist ein gefährliches Pflaster und es gibt keine Rücksichtnahme, nicht einmal bei einer Beerdigung. Als Adelaidas Mutter nach schwerer Krankheit verstorben ist, kann Adelaida nicht lange am Grab verweilen. Zu groß ist die Gefahr eines Überfalls. So beginnt sie in ihrer Wohnung mit der Trauer, die sich in Erinnerungen ausdrückt und auch in einem sorgenvollen Blick auf die Zukunft. Wie lange wird sie mit ihrem Geld auskommen. Wird ihre Arbeit für einen Verlag genug einbringen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Doch so kurz nach dem Tod ihrer Mutter kann Adelaida kaum klare Pläne machen. Ein solch großer Verlust ist nicht leicht zu ertragen.

Adelaida kommt durch den Tod ihrer Mutter, auch wenn dieser sich durch die Krankheit schon angekündigt hatte, in eine emotionale Ausnahmesituation. Nie ist es leicht, einen geliebten Menschen zu verlieren. Doch die unsichere politische Situation im Land trägt noch zusätzlich dazu bei, Adelaidas Anspannung außerordentlich zu vergrößern. Die Lage scheint aussichtslos, die Revolutionäre, von denen manchmal nicht bekannt ist, für welche Revolution sie kämpfen, stellen eine große Bedrohung dar. Menschen verschwinden, werden gefoltert oder einer Gehirnwäsche unterzogen. Wie soll Adelaida in so einem Land weiterleben, in dem es gefährlich ist, die Straße zu betreten und auch gefährlich im Haus zu bleiben.

Ganz schön viel stürzt auf die noch junge Adelaida ein. Wie soll sie das nur alles überstehen, allein und ohne Unterstützung. Nichts anderes kann Adelaida tun als Tag für Tag zu nehmen wie er kommt. Jeder Tag könnte ein besserer werden. Zunächst jedoch kommen schlimme Tage, die nur mit den Erinnerungen an die geliebte Mutter zu überstehen sind. Adelaidas schlimmste Zeit ist aber auch eine Zeit der Hoffnung und des Aufbruchs. Wenn auch nicht alles, was in diesem unsicheren Land geschieht, nachempfunden werden kann, so hält dieses Buch einem doch deutlich vor Augen, dass man das eigene relative Sicherheit gewährende Land mehr schätzen sollte. Denn meist muss man sich keine Gedanken machen, ob man sich überhaupt auf die Straße wagen kann. Und in Trauer wird man Hilfe finden, auch wenn man den Verlust selbst ertragen muss. Adelaida erlebt eine harte Zeit in einem sich auflösenden System. Man beneidet sie nicht und man bewundert ihren Mut, gewisse Dinge in die Hand zu nehmen und Chancen zu ergreifen. Es wird wohl verständlich, was einen Menschen überzeugen kann, sein Land zu verlassen.

Ein gelungenes Debüt, mit dem man sich auch noch nach der Lektüre weiter beschäftigt.

Veröffentlicht am 11.08.2019

Neuanfang

Der Kinderflüsterer
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Vor einem Jahr ist Tom Kennedys Frau gestorben. Ihr gemeinsamer Sohn, der inzwischen 7jährige Jake ist froh, dass er und sein Vater an einem anderen Ort einen Neuanfang starten wollen. Sie verstehen sich ...


Vor einem Jahr ist Tom Kennedys Frau gestorben. Ihr gemeinsamer Sohn, der inzwischen 7jährige Jake ist froh, dass er und sein Vater an einem anderen Ort einen Neuanfang starten wollen. Sie verstehen sich nicht immer gut, aber trotz gelegentlicher Streitigkeiten haben sie sich lieb. Ganz so wie erhofft läuft der Neustart allerdings nicht. Obwohl Jake sich das Haus selbst ausgesucht hat, bekommt er in der Nacht Angst. Und auch die ersten Tage in der Schule sind schwer für ihn als Neuen. Tom, der einige Romane geschrieben hat, kann nicht arbeiten. Auch er leidet unter dem Verlust seiner Frau. Dass an seinem neuen Wohnort ein Kind verschwunden ist, hat er noch nicht mitbekommen.

Wie sehr leidet die kleine Familie unter dem Verlust der geliebten Frau und Mutter. Kein Wunder, dass es Schwierigkeiten gibt. Niemand ist darauf vorbereitet, einen geliebten Menschen zu verlieren. Nicht einmal, wenn man darauf gefasst sein muss, und schon gar nicht, wenn es einen unerwartet trifft. Tom will für seinen Sohn stark sein und Jake für seinen Vater. Inzwischen ist die Polizei immer noch dabei, den verschwundenen Jungen zu suchen. Die Vorgänge ähneln einem Fall, der bereits vor zwanzig Jahren als gelöst galt. Der damalige Täter wurde gefasst und sitzt immer noch ein.

In Teilbereichen ist dieser Debütroman schon etwas spooky. Es wird richtig unheimlich in diesem Haus mit der knarrenden Treppe und dem Flüstern. Da überläuft einem schon mal ein Schauer. Gleichzeitig empfindet man die Tragik des Todes der jungen Mutter. Vater und Sohn leiden und versuchen, sich gegenseitig eine Stütze zu sein. Spannend ist die fieberhafte Suche der Polizei nach dem verschwundenen Kind. Sie befürchten, sie könnten den Wettlauf mit der Zeit verlieren. Nach und nach kommt einem der Verdacht, der damalige Täter könnte auch jetzt noch eine Verbindung zum Geschehen haben. Geschickt werden die Szenenwechsel eingesetzt, um einen lange im Unklaren zu lassen, was hier wirklich vorgeht. Ein echter Suspense-Thriller mit einem leichten Grusel, bei dem man nicht so leicht errät, was vor sich geht.