Profilbild von WriteReadPassion

WriteReadPassion

Lesejury Star
offline

WriteReadPassion ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit WriteReadPassion über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.09.2019

Manchmal auf der Stelle tretend, manchmal gruselig ... mehr Thriller als Spannungsroman!

Der Kinderflüsterer
0

Inhaltserzählung:
„Wenn die Tür halb offen steht,
ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein,
findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen,
hörst du ihn gleich ...

Inhaltserzählung:
„Wenn die Tür halb offen steht,
ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein,
findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen,
hörst du ihn gleich daran klopfen.
Denn jedes Kind, das einsam ist,
holt der Flüsterer gewiss.“

(Jake, Kapitel 47)

Autor:
Alex North, geboren in Leeds, ist ein britischer Schriftsteller. Er studierte Philosophie und fing nach seinem Abschluss an, an der Fakultät für Sozialpolitik und Soziologie zu arbeiten. Sein Debüt als Autor gab er dann mit seinem Roman „Der Kinderflüsterer“. Auf die Idee brachte ihn sein kleiner Sohn, der einmal sagte, er wolle mit einem „Jungen im Boden“ spielen. Der Autor lebt heute zusammen mit seiner Familie in Leeds.

Übersetzerin:
Leena Flegler; Geboren 1976 in Mannheim, aufgewachsen in und um Mainz, Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, der Politikwissenschaft und der Vergleichenden Sprachwissenschaft/Sprachen Nordeuropas und des Baltikums in Mainz und Lund (Schweden). Nach dem Abschluss als Magistra Artium Anstellung in den Lektoraten des cbt/cbj Verlags sowie des Blanvalet Verlags in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München. Berufsbegleitendes AKAD-Fernstudium »Übersetzen von allgemeinsprachlichen Texten Englisch/Deutsch« und Fortbildungen zu Lektorats-/linguistischen Themen. Seit 2013 selbstständig als Freie Lektorin und Übersetzerin von englisch- und schwedischsprachigen Texten ins Deutsche.

Sprecher:
Stefan Kaminski ist Schauspieler, Sprecher und Autor. 1974 geboren, in Berlin aufgewachsen, wollte er immer Meeresbiologe werden, hat dann aber Mikrofone, Kassetten und Geräusche für sich entdeckt – und seine Stimme, die aus vielen zu bestehen schien! Sein professioneller Weg begann 1996 beim Hörfunk. Danach Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Seit 2001 spielt er am Deutschen Theater Berlin, wo er mit Regisseuren wie Jürgen Kruse, Dimiter Gotscheff und Leonhard Koppelmann arbeitete. 2004 entstand dort sein Live-Hörspielformat Kaminski ON AIR. Filmklassiker, Theaterstoffe und Opernlibretti sind hier Gegenstand freier Bearbeitung. Sein 'Stimmen-Morphing' führt ihn dabei von einer Figur zur nächsten und lässt bekannte Geschichten neu entstehen. Eine erfolgreiche Mischung aus Theater, Hörspiel und Entertainment, die auch auf Tour zu erleben ist. Darüber hinaus ist Stefan Kaminski in vielen Produktionen von Rundfunk, Fernsehen und Hörbuchverlagen vertreten.

Interview: https://www.randomhouse.de/Der-Hoerbuch-Sprecher-Stefan-Kaminski-im-Interview-mit-dem-Hoerverlag/Das-Interview/aid6560312892.rhd


Bewertung:
Das Cover hat mich sehr angesprochen, auch wenn es so gar nicht zum Titel passt. Auf dem ersten Blick habe ich auch gerätselt, was der Schmetterling mit der Geschichte zu tun haben mag ... das erfuhr ich auch erst, als ich mitten drin war. Daher verrate ich den Zusammenhang an dieser Stelle nicht! Nur so viel; es passt! Es wirkt aber auch ohne Zusammenhang beklemmend und ist daher gut gewählt für einen Spannungsroman. Der Titel macht auf jeden Fall neugierig und wirkt auf mich etwas unheimlich mysteriös ...

... und so ist die Geschichte auch. Der Prolog geht schon spannend los und macht neugierig, denn Tom schreibt seinem Sohn Jake einen Brief über die Geschehnisse, die sich ereignet haben - in der Art, wie er Romane beginnt. Wir Zuhörer wissen noch nicht, was passiert ist und das macht das noch spannender. Ich bin ja vor Neugier schier geplatzt! Die Erzählungssichtweisen sind unterschiedlich; mal kommt Tom zu Wort, dann sein Sohn Jake, aber auch die Ermittler und der Mörder bekommen ihre Stimmplätze. Einige Passagen sind gruselig und erinnern mich an Horrorfilmsequenzen. Diese waren wirklich unheimlich und beklemmend und haben mich echt in ein Horrorfilm hineinprojiziert! Da kam für mich schon die Frage auf, was der Autor und der Verlag unter einen Spannungsroman verstehen?! XD

"Ich hab dich lieb, Jake."
"Auch, wenn wir streiten?"
"Na klar. Besonders wenn wir streiten. Das ist nämlich am Wichtigsten."
(Tom und Jake, CD 1, Kapitel 24)

Jake hat unheimlich nervige Launen, die ich ehrlicher weise nicht wirklich verstanden habe. Das geht echt von
Ich hasse dich, Papa bis hin zu Papa, verlass mich nicht_. Nicht so typisch Jugendliches Emotionaltal, sondern ganz eigenartig in den ganzen Geschehnissen - als wäre er manchmal besessen. Das hat es für mich schwer gemacht, durch seine wahren Gefühle für seinen Vater durchzublicken ... mal bilderhaft fromm wie ein Lamm und dann richtig fies wie ein böser Wolf (ganz schwer das zu beschrieben, wie ich das meine). Darauf wurde auch gar nicht eingegangen am Schluss oder zwischendurch, was es damit auf sich hat. Normal finde ich das nämlich nicht.

Mut war nicht die Abwesenheit von Angst, das war Peet klar. Mut erforderte Angst.
(CD 1, Kapitel 32)

Der Handlungsstrang der Geschichte wackelt wie ein Schlauchboot; mal richtig fesselnd und gruselig, dann wieder lang gezogen und auf der Stelle tretend - eine richtige Mischung gibt es hier. Das Ende ist ein toller Abschluss und schließt sich dem Beginn mit dem Brief an Jake an. Die offenen Fragen werden bis dahin alle gelöst und ich konnte zufriedenstellend das Hörbuch und seine Geschichte innerlich für mich abschließen. Der Sprecher konnte mich wirklich in die Geschichte reinziehen, ausdrucksstark und samtig zugleich. Ich habe das Hörbuch beinahe am Stück gehört, weil die Stimme so angenehm zu hören war.


Fazit:
Ein schöner und wirklich unheimlicher Hörgenuss! Ich hatte hin und wieder Gänsehaut und dann wieder war ich ungeduldig, weil manchmal einiges so auf der Stelle trat. Wirklich ein merkwürdiger Mix aus Spannung und Langeweile mit einigen Überraschungen. Die Neugier und das Miträtseln überwog bei mir aber bei weitem, daher kann ich gute 4 Sterne abgeben!

Die Geschichte würde ich aber nicht als Spannungsroman - durch seine immer wieder auftauchenden gruseligen Passagen ist es für mich ganz klar ein Thriller! Wer nichts gegen etwas Gänsehaut hat, wird hier seine Freude haben - ansonsten lieber Finger weg!

"Haben sie ihn gefunden, Daddy?", wollte Jake wissen.
"Aber ja, sie haben ihn gefunden."
(Jake und Tom, CD 2, Kapitel 89)


Ich bedanke mich bei Lovelybooks und dem Verlag für das Hörbuch! Ich habe mich riesig gefreut und es darf jetzt als Wanderhörbuch für andere Zuhörer dienen.

Veröffentlicht am 29.08.2019

Das Gesellschaftsthema Mobbing eindrucksvoll und verständlich vorgeführt! Ideale Schullektüre!

Veritas / Veritas: Du bist nicht allein
0

Klappentext:
Die 17-jährige Beks hat es nicht leicht. Ihr Gewicht macht ihr Sorgen, das Abi steht bevor und noch dazu haben es ihre Mitschüler auf sie abgesehen. Nach einem Zwischenfall in der Schule muss ...

Klappentext:
Die 17-jährige Beks hat es nicht leicht. Ihr Gewicht macht ihr Sorgen, das Abi steht bevor und noch dazu haben es ihre Mitschüler auf sie abgesehen. Nach einem Zwischenfall in der Schule muss sie feststellen, dass Gewalt und Terror doch näher sind, als man denkt.

Ist Beks wirklich so alleine, wie sie glaubt?

Autorin:
Mica Fox ist mein Pseudonym für Young Adult/New Adult und Romane. Meine Familie steht immer hinter mir, unterstützt mich und akzeptiert stundenlanges Versinken am Laptop ohne Murren. Deshalb entschied ich mich für ein Pseudonym, das aus den Namen meiner Familienmitglieder kombiniert wurde.

Schon lange kreist die Idee durch meinen Kopf, eine New Adult Serie zu schreiben. Dabei möchte ich die persönliche Geschichte meines Protagonisten mit sozialen und gesellschaftskritischen Brennpunkten vereinen. Eines kann ich heute schon versichern: Egal, wie viele Bücher es einmal werden, jeder Band wird immer in sich abgeschlossen sein, sodass sie unabhängig voneinander gelesen werden können!


Bewertung:
Das Cover gefällt mir unheimlich gut - bis auf die Frau im unteren Teil. Die finde ich fehl am Platz! Den Stadtschatten mit dem echten Stadtfoto zu kombinieren finde ich klasse! Das wirkt sehr stilvoll und bringt auch Spannungsgefühl rüber. Im Nahen, also das Buch in den Händen haltend, ist der Stadtschatten schlecht verpixelt. Hier sollte nachgearbeitet werden. Dann passt es hervorragend!!! Schön ergänzend dazu finde ich die etwas schwammigen Menschen darauf ... das passt zur Geschichte. Auch der Titel lässt ein thrilliges Gefühl bei mir aufkommen. Der Schreibstil ist für mich im guten Mittelmaß - weder ganz flüssig, noch ganz holprig. das Buch lässt sich sehr schnell lesen und wirkt nach.

Beks ist ja ein taffes Mädchen, dessen Entwicklung hier schön dargestellt wird. Sie ist mir allerdings nicht vollends sympathisch; ihre unangebrachten Launen haben mich beim Lesen echt wütend gemacht!

Ja, so einen besten Freund wie Pila hätte ich auch gerne, vor allem zu Schulzeiten gerne gehabt! Das ist doch sehr selten! Und Beks hat auch noch so eine tolle Familie hinter sich stehen ... sie ist reicher gesegnet als viele andere in ihrer Lage.

Beks Schwester Abi Verständnis für Beks Gesundheitszustand und deren Auswirkungen auf die Familie, ist aber mit ihren eigenen Bedürfnissen nicht sichtbar. Wenn man in der Familie ein krankes Mitglied hat, dann verschieben sich die Blickwinkel der Eltern oftmals überwiegend auf das kranke Kind- und die übrigen Kinder werden nicht so einbezogen. Das ist eben so. Die gemischten Gefühle mit Verständnis und Wut über die Situation hat die Autorin Mica sehr toll ausgeschrieben und nachvollziehbar rübergebracht, in meinen Augen! So sieht es in der Realität auch aus! Mir geht es mit meinem Bruder da genauso; da ist alles dabei.

Der Arzt Tim ist sehr engagiert und wird sogar Beks Freund. Das ist Wahnsinn!!! Echt klasse! Das macht noch mal ein ganz anderes Gefühl bei einem, wenn das ein Arzt ist ... der hat ja eine ganz andere Autorität und strahlt andere Werte und Eigenschaften aus. Finde ich richtig toll! Aber eine sexuelle Anziehungskraft vermute ich bei ihm nicht dahinter. ich glaube, er will ihr einfach in ihrem Selbstvertrauen helfen. So einen Arzt will doch jeder gerne!

Die zusammengewachsene Gruppe um Beks und Pila benimmt sich auch zunehmend immer mehr wie eine TKKG. Ermittelt auf eigene Faust ohne die Konsequenzen ihrer Entscheidungen mit Verstand zu durchdenken. Für mich total verantwortungslos, da die Ereignisse über Mobbing hinausgehen.

Ja, Lehrer, die die Schüler vor der Klasse bloßstellen ... das ist ja ein eingebürgertes Schulkonzept. Sie könnten sie ja genauso gut nach dem Unterricht zurechtweisen, aber das vor der Klasse zu tun, ist auch wieder reine Egosache und Machtgefühl! Das wird hier genauso realistisch erzählt wie das Mobben und seine Auswirkungen.

Mich hat es schon enttäuscht, dass ich hier nichts über Pilas Erlebnisse erfahren habe, obwohl diese ja bereits am Anfang der Geschichte angedeutet wurden. Ebenso die tonlosen Dialoge zwischen ihm und Tim - da ging auch gar nichts weiter. Da fehlt die Auflösung komplett!

Das Endstück ist etwas unrealistisch wiedergegeben. Ich möchte hier nicht spoilern, daher liste ich die Passagen dazu nicht auf. Ich habe einfach viele davon im Laufe der Geschichte nicht ganz verstanden und vieles wirkte einfach aus dem Nichts herbeigezaubert. Mich irritierten einige Dialoge und Handlungen. Irgendwie etwas überspitzt dargestellt, dass ich das nicht ganz nachvollziehen konnte. Auch die Eltern hat Mica doch etwas zu übertrieben verständnisvoll gegenüber der ganzen Entscheidungen von Beks dargestellt.


Fazit:
Jeder von uns kennt doch Mobber und war in mindestens einer Klasse, wo es Mobbing gab. Das gehört heute zum Standard dazu! Die Lehrer sind ja schon mit kleinen Störenfrieden überfordert! Und der Rektor hat ganz andere Dinge vor Augen. Hier muss eher das gesamte Konzept zum Mobbing verändert werden. Immerhin reagiert Beks Schule - welche Schule tut das denn nach diesem Vorbild??? Unsere haben das nicht getan. Tja, vor allem schulisch muss viel passieren. Wenn die Bühne nicht mehr gegeben wird, dann wird das Mobben sehr viel schwerer. Allein auf das Zuhause der Kinder kann man nicht nicht bauen und sollte man auch nicht! Da müssen alle Parteien mitziehen: Schulen, Politik, Eltern ...

Das Buch trägt hoffentlich dazu bei, aufmerksamer und einfühlsamer im Miteinander zu sein. Ich finde es als Lehrlektüre an Schulen sehr geeignet und würde zu mehr Transparenz und Engagement zum Thema beitragen. Trotz vieler unrealistischer Dialoge Handlungen und nicht ganz nachvollziehbaren Sprüngen der Gedanken einzelner Charaktere, möchte ich für das Buch eine klare Empfehlung aussprechen! Ich hoffe im Band zwei dürfen wir von Pila und seinen Erlebnissen lesen, sodass sich eine Fragen aus diesen Band zu Beks beantworten lassen.


Ich möchte mich wirklich herzlich für das Lesexemplar bei Mica Fox und die sympathische und anregende Leserunde bedanken! Es war einen Freude, bei so viel Einsatz der Autorin, mitlesen zu dürfen!

Veröffentlicht am 26.08.2019

Wirr, wirrer, verwirrend! Ein tolles Spiel zwischen Raben und Falken!

Chosen 1: Die Bestimmte
0

Inhaltserzählung:
Hast du einen Freund hinieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tückischen Frieden.
(Zwielicht - Joseph von Eichendorff)

"Du wirst ...

Inhaltserzählung:
Hast du einen Freund hinieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tückischen Frieden.

(Zwielicht - Joseph von Eichendorff)

"Du wirst heute dein altes Leben nicht einfach ablegen", erklärte Farran ernst. "Um ein Rabe, eine neue Menschenspezies, zu werden, musst du es von dir reißen, wie eine Haut. Es wird schmerzen. Es wird die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies sein. Du wirst keinen Kontakt mehr zu deinen früheren Freunden und keine Geheimnisse vor SENSUS CORVI haben. Ich erwarte von dir, dass du dich an unsere Regeln hältst und mit Herz und Seele dabei bist. Es ist ein Privileg, ein Rabe zu sein. Etwas, das du dir erarbeiten musst. Wir werden dich unterweisen und deine Gaben fördern. Verschwende deine Fähigkeiten nicht und gib an jedem einzelnen Tag dein Bestes. Kompromisslos. Bis zur völligen Erschöpfung."
(Farran, Seite 165)


Autorin:
Rena Fischer schrieb schon als Kind begeistert eigene Geschichten und "Gedankenbücher", die sie mit Fotoschnipseln, Eintrittskarten, Zeitungsausschnitten und allem Möglichen zu Scrapbooks anreicherte. Nach Abitur und Wirtschaftsstudium beruflich nach Cork (Irland) geschickt, verliebte sie sich in die wildromantische Landschaft zwischen grünen Hügeln und steil herabfallenden Klippen, in gespenstische Ruinen und vor allem in die offene Herzlichkeit der Menschen. Private Reisen nach Irland folgten. Der Traum vom Wohnen am Meer erfüllte sich ein paar Jahre später jedoch in wärmeren Gefilden, als sie mit ihrer Tochter und ihrem Mann nach Spanien zog. Nach der Geburt ihrer Zwillingssöhne hängte sie ihren "respektablen" Beruf an den Nagel, ließ ihrer Kreativität freien Lauf und begann mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie heute in München. www.renafischer.com


Bewertungen:
Das Cover ist ein echter Hingucker! Mystisch und düster lässt es schon die Grundstimmung der Geschichte ahnen. Eine tolle Gesamtaufmachung, die durch die Gestaltung im Inneren ergänzt wird. Der Titel passt hierzu hervorragend, und ich wüsste nicht, was sich hier verbessern könnte ...

Puh, erstmal ... ganz schön viele Charaktere, die sich in der Geschichte auftun, und noch mehr Spielchen und Ziele, die jeder von ihnen verfolgt. Ich nehme mal die relevantesten kurz heraus:

Emma, die Hauptprotagonistin, die ihre Mutter durch einen Unfall verlor und nun ihren Vater, Jacob, kennenlernt. Sie geht auf die geheimnisvolle Elite-Schule "Sensus Corvi", wo nichts ist, wie es scheint. Sie wird zwischen den Raben und Falken zerrissen und braucht lange, um sich für eine Seite zu entscheiden.

Farran, der Rabenchef des Internats, ist mächtig und entscheidet alles, was dort geschieht oder nicht geschieht. Er hat ein Auge auf Emma geworfen und will sie für sich einspannen.

Aidan, der Liebling der Raben, fühlt sich zu Emma hingezogen und steht damit zwischen ihr und seinem Vater, der Emma gar nicht leiden mag.

Callahan, Aidans Vater, hat seine eigenen Ziele und Machtspielchen im Sinn und vermittelt nur zu gerne den Eindruck eines Nichtliebenden Vaters. Er ist die zweite Hand von Farran und tut alles, um dieses auch zu bleiben.

Jacob, Emmas Vater, kommt am meisten undurchsichtig rüber, da seine Ziele und Spielchen kaum zu durchschauen sind. Er will Emma bei sich haben, aber wieso? Was sind seine wahren Beweggründe?

Jared, ein Falke und ehemaliges Rabenmitglied, weiß um einige Geheimnisse und dient als Spion für ... ja, für wen? Auch hier lässt es sich schwerlich auseinanderkrümeln, was er bezweckt und welche Ziele er verfolgt. Nur eines ist klar; er fühlt sich zu Emma hingezogen, und das mehr als schnell (unglaubwürdig schnell in meinen Augen).

Richard, der Falkenchef, war ebenfalls mal ein Rabe und kennt die Macht um Farran nur zu gut. Doch was verbirgt er selbst und auf wessen Seite steht er wirklich? Er liebte Emmas Mutter Rina, die bei einem Unfall ums Leben kam. War es wirklich ein Unfall? Oder doch Mord? Wer steckt dahinter?

"Gedankenlesen kannst du nicht." "Du bist gut", gibt er zu. "Du hättest mich fast gehabt!", sage ich. Seine Augen blitzten belustigt auf und sofort formen sich Worte in meinen Kopf: "Ich will dich immer noch haben!"
(Emma und Jared, Seite 95)

Fragen über Fragen türmen sich im Laufe der Geschichte auf. Sobald man glaubt, eine sei beantwortet, taucht eine neue Frage auf. Kennt ihr dieses Möhren-Klopp-Spiel, bei dem auf die Möhren am Boden gehauen wird, und sobald eine verhauen ist, steckt eine andere irgendwo ihr Köpfchen heraus?! Das beschreibt dieses Spiel hier am besten!

Neben der Erzählsichtweise von Emma wird regelmäßig Rückblenden in die Vergangenheit von Rina eingespielt. Obwohl die sehr schön hellgrau gefärbt sind, bin ich dennoch immer wieder durcheinander gekommen. Diese Rückblenden haben mich aus dem gegenwärtigen Lesefluss gerissen und mit den bisschen Text aus der Vergangenheit konnte ich auch keine Verbindungen zu den Handlungssträngen herstellen. Erst zum Schluss verdichten sich diese Texte mehr und mehr zu einem ganzen Bild. Das ist für mich auch der einzige Riesen-Kritikpunkt. Es hat mich einfach sehr verwirrt.

Die Geschichte mit ihren Verrenkungen um Macht und Hinterhältigkeiten ist sowohl vorhersehbar als auch nicht vorhersehbar. Auch diese zwei Offenbarungen haben mit mir gekämpft und ich wusste manchmal nicht, wo mir der Kopf steht. Dies meine ich im positiven Sinne, denn auch mit mir als Leserin hat die Autorin gespielt und mich manchmal Irre geführt, und manchmal richtig raten lassen. Einige Beschreibungen der Handlungen waren für mich nicht verständlich, aber ich war trotzdem völlig in der Geschichte gefangen.

Die Umsetzung ist sehr atmosphärisch düster und verwirrend, dennoch sind durchaus auch einige witzige Dialoge in all dem nichtwitzigen Wahnsinn:

"Hör auf, den beleidigten Montague zu spielen. Wenn dein Romeo sich nun mal in eine Capulet verliebt hat, wirst du damit leben müssen oder eine shakespearsche Tragödie heraufbeschwören."
(Farran zu Callahan, Seite 322)

Das Ende ist weder offen noch geschlossen - rechtlich gesehen würde ich das Wort Schwebezustand hier als passende Bedeutung nehmen. Und auch hier hat die Autorin ironischer weise diese Zerrissenheit eingebaut, raffiniert, die Frau! Und ganz neu für mich ist die kleine Vorschau auf Band 2 mit Textauszügen bzw. Zitaten, die von der Autorin erläutert werden (die Erläuterung setze ich aus Spoilergründen nicht mit rein):

"Mit deinem langjährigen Wissen über Farran und die Raben, deinen Kontakten, deinen Mut und deiner Entschlossenheit kannst du mir ganz neue Wege ebnen, wenn du einwilligst, dich meinem Befehl zu unterstellen."
(Richiard zu Jacob)


Fazit:
Puh ... also mich hat die Geschichtsidee und ihre Umsetzung sehr gefallen. Ein großer Sternabzug gibt es wegen des großen Verwirrspiels zu Rinas Rückblenden und minimalen Klischeeüberzogenheiten (Bsp.: Jared sieht Emma einmal und will sie mit Haut und Haaren, inklusive inbrünstige Liebe ...). Das Wirrspiel zwischen den Raben und den Falken hat die Autorin wunderbar verwirrend umgesetzt und auch mich als Leserin dabei nicht vergessen.

Wer gerne Sherlock Holmes spielt und in die Irre führen lässt, hat hier ein Meisterstück an Geschichte gefunden. Ich glaube, ich wurde noch nie so verwirrt beim Lesen. Ein tolles Jugendbuch, dass auch mich als Erwachsene beeindruckt hat. Band 2 muss gelesen werden!

Veröffentlicht am 23.08.2019

Philosophisch, poetisch, bildgewandt: Ein einzigartiges Sammlerstück der Worte!

Der Bär und das Wörterglitzern
0

Klappentext:
„Ganz am Rand der Bücher ist eine Geschichte, die zu mir spricht. Die Wörter necken, schubsen, kratzen mich.“

Wie lassen sich Liebe, Trauer, Glück in Worte fassen? Der Bär taucht tief in ...

Klappentext:
„Ganz am Rand der Bücher ist eine Geschichte, die zu mir spricht. Die Wörter necken, schubsen, kratzen mich.“

Wie lassen sich Liebe, Trauer, Glück in Worte fassen? Der Bär taucht tief in seine Gedanken und Gefühle ein und erfindet seine Sprache neu!


Autor:
Wenn Agnès de Lestrade gerade nicht schreibt, liest, träumt oder eine Tasse Tee trinkt, erfindet sie Gesellschaftsspiele, Lieder und hat sogar die Zeit gefunden, selbst zwei hübsche Kinder zu fabrizieren, um all das an ihnen auszuprobieren. Seit ihrem Debüt 2003 erschienen von Agnès de Lestrade bereits über 20 Bücher in französischer Sprache.

Illustratorin:
Valeria Docampo

Übersetzerin:
Anna Taube, 1976 geboren, arbeitet als freie Autorin und Übersetzerin. Sie wohnt mit ihrer Familie im idyllischen Bad Rodach, wo es so friedlich ist, dass sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Vermutlich mag sie deswegen Geschichten über Tiere so gern.


Bewertung:
Das Cover ist ja mehr als niedlich und lockt doch wirklich jung und alt. Selbst der Titeln ist hier schon sehr einfühlsam und poetisch gestellt, wie der gesamte Inhalt des Buches. Der unheimlich sympathische Bär lässt uns an seine Gedanken über Gefühle, die er schwer beschreiben kann, teilhaben. Auf neckische, poetische und sinnbildliche Weise drückt er sie mit Wortspielen aus. Diese sind immer zu Anfangs gegeben. Auf der nächsten Seite werden seine Worteinwürfe zu einem Wort zusammengefasst.

Beispiel:
In diesem Buch ist die Stille König. Die Wörter necken, schubsen, kratzen mich.
Morgen werde ich Stillenecken.

Das hat einen nachhallenden Effekt, und vielleicht ist das auch so beabsichtigt. Wie die Darstellung im Buch als Printausgabe ist, weiß ich nicht. Bei der ebook-Ausgabe sind die zwei Seiten nicht nebeneinander. Anbei ist auf jeder Seite und zu jedem Wortspiel eine unglaublich schöne Illustration, die passend zu den Wörtern gezeichnet ist. Unbeschreiblich sind die Bilder, voller Farbkraft und Ausdruck!

Die Schreibart ist wundervoll poetisch und lädt zum Philosophieren ein. Jedoch ist es für kleine Kinder gänzlich ungeeignet; viel zu abgehoben in der Sprache, die Kinder einfach noch nicht verstehen. Selbst ältere Kinder werden hier ihre Probleme haben, vermute ich. Ich finde es schon für Erwachsene etwas anspruchsvoll, wenn man mit Philosophie und Poesie nichts anfangen kann. Die Illustrationen werden die Kinder dagegen bewundern, und auch ich komme kaum davon los. Allerdings sind beide Komponenten nicht zu trennen, um das Buch im Ganzen zu betrachten und zu bewerten. Ich bin auch der Meinung, dass Kinderbücher nicht als ebook geeignet sind. Man möchte doch ausdrucksstarke Farben, im Buch blättern, die Bilder berühren ... das fehlt hier einfach bei einem ebook.


Fazit:
Eine zusammenhängende Geschichte ist hier nicht gegeben, das Buch ist eher als Nachschlagewerk zusammengefasst. Ein ungewöhnliches Wörter-Lexikon, das schon fast mehr durch seine Erzählart als durch seinen Inhalt hervorsticht. Die Illustrationen sind ein Traum und für jung und alt eine Verzückung! Der Inhalt eher weniger, da dieser einfach komplex und hochgestochen für Kinder ist.

Insgesamt ein tolles Sammlerstück für Erwachsene im Ganzen, für Kinder nur bedingt, da die Illustrationen und Text sich gegenseitig vervollständigen.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Mitreißend, schockierend, perfide. Ein Lehrstück für unsere Gesellschaft!

The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
0

Inhaltserzählung:
Rache, süß im Anfang,
schlägt gar bald mit herbem Weh sich selbst.
(John Milton, Das verlorene Paradies)


Seine Faust kam so schnell, dass sie zunächst gar nicht wusste, wie ihr ...

Inhaltserzählung:
Rache, süß im Anfang,
schlägt gar bald mit herbem Weh sich selbst.

(John Milton, Das verlorene Paradies)


Seine Faust kam so schnell, dass sie zunächst gar nicht wusste, wie ihr geschah, aber dann schlug er ihr gleich noch einmal ins Gesicht und auf die Nase. Dann lag sie am Boden und Trevor auf ihr, hielt ihre Hände fest und keuchte. Es war schon geschehen, bevor sie auch nur begreifen konnte, was geschah.
Robin wusste, dass sie sich wehren müsste, aber der Schock war zu groß, die Scham zu tief. Sie konnte ihren Körper nicht dazu bringen, sich zu bewegen.
So sollte mein erstes Mal nicht sein.
(Seite 10)

"Deine Cousine Natalie Fischer wurde ermordet, ist das richtig?" Und es gab zu wenig Beweise, um den Mörder zu verhaften, trifft das auch zu?"
"Ja."
"Und wenn ich dir sage, dass es einen Weg gibt, Natalie Gerechtigkeit widerfahren zu lassen? Dafür zu sorgen, dass der Täter seine gerechte Strafe bekommt?"
Thea sah sie fragend an. "Meinen Sie damit die Polizei?"
"Ich rede von Gerechtigkeit. Manchmal ist das nicht dasselbe", antwortete Nixon.
(Seite 36/37)

" ... Wir sorgen für Gerechtigkeit, wahre Gerechtigkeit, mithilfe unserer Organisation: den Black Coats. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, Frauen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die Schreckliches erleiden mussten. Thea, bist du es nicht leid, jeden Tag Angst zu haben, stets in Begleitung nach Hause zu gehen, wenn es dunkel ist, deine Türen abzuschließen, darauf zu achten, dass deine Shorts nicht zu kurz sind, weil du sonst ungewollt Aufmerksamkeit erregst?"
(Nixon, Seite 37/38)

"Ihr seid handverlesen von einem Dutzend ehemaliger Black Coats, die zahllose potenzielle Rekrutinnen geprüft und aussortiert haben. Ihr seid dazu berufen, jene rumreiche Aufgabe zu erfüllen, die ihr unter eurem Vertrag gelesen habt: Vous soulevez, femmes de la vengeance. Übersetzt bedeutet das: >Erhebt euch, ihr Frauen der Vergeltung<, und ihr werdet euch erheben."
(Nixon, Seite 65)

Kehr um oder lass dich für immer verwandeln.
(Seite 30)


Autorin:
Colleen Oakes ist eine US-amerikanische Kinder- und Jugendbuchautorin. Sie studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben am Concordia College in Bronxville. Nach ihrem Abschluss heiratete sie und arbeitete fünf Jahre lange als Hochzeits-Floristin, bis sie sich dazu entschloss endlich ihrer Leidenschaft nachzugehen: dem Schreiben.

Ihr Debüt als Autorin gab sie mit ihrem Roman „Elly in Bloom“, eine Komödie über eine Hochzeits-Floristin. Ihren Durchbruch schaffte sie mit ihren Disney-Reihen, so z.B.„Queen of Hearts“ Reihe. Diese stand auf der Kirkus, School Library Journal, Booklist und auf der Publsihers Weekly Bestsellerliste und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Sie lebt zusammen mit ihrer Familie im Norden von Denver.


Übersetzerin:
Friederike Levin ist in Frankfurt am Main 1956 geboren. Sie absolvierte ein Lehramtstudium, gab den Beruf jedoch auf, arbeitete als Kostümassistentin im Englischen Theater, wo sie sich mit der englischen Sprache beschäftigte und machte danach eine Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin. Seit etwa 20 Jahren übersetzt sie Romane aus dem Englischen und Amerikanischen. Angefangen hat sie mit Belletristik für Erwachsene, Krimis und Biografien, bald kamen Cossover- und Kinder- und Jugendbücher dazu. Ihre Übersetzung von "Abschied von Cheyenne" von Peter Carter wurde 1999 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

Friederike Levin hatte früher zwei Katzen. Sie lebt mit Mann, Sohn und Hund in Frankfurt am Main. Ihr bisheriges Lieblingsbuch der Warrior Cats-Reihe ist Das Gesetz der Krieger. Ihre Lieblingscharaktere sind Ampferschweif, Eichhornschweif, Häherfeder, Krähenfeder und Mausefell.



Bewertung:
Ab hier würde sich ihr Leben ändern, oder es war zu Ende. Der Moment hatte für sie entschieden. Jetzt ging es nur noch voran. Das Herz der Vergangenheit schlug nicht mehr.
(Thea, Seite 29)

Das Buch unterscheidet sich sehr von ihren übrigen leichten und humorvollen Werken von ihr. Es ist mit ernsten und wichtigen Gesellschaftsthemen gespickt, auch wenn sich ihr Humor wiederfinden lässt. Das zeigt aber, dass der Autorin die Thematiken und die Geschichte wirklich am Herzen liegen. Es ist mein erste Buch der Autorin, weil es mich - anders als die anderen - von den Thematiken und der Ernsthaftigkeit der Autorin wirklich locken konnte.

..., alle trugen gelbe Gummihandschuhe und putzten kleine, feine Porzellanteller. Thea hielt einen Teller hoch und begutachtete ihre Arbeit. "Selbstjustiz hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt." Sie seufzte. "Mehr Batman, weniger Putzfrau."
(Seite 89)

Super gelungen finde ich das Cover, weil es schlicht, gleichzeitig mysteriös und zu Titel und zur Geschichte stimmig ist. Düster, jugendhaft, aber auch nicht vielsagend. Das macht einfach neugierig - also mich! ? Der Schreibstil ist was holprig, ist aber für mich hier nicht als schlecht zu bewerten, da mich die Passagen der jeweiligen Szenen mitnehmen und fesseln konnten. Die Erzählung baut auf Mitgefühl für die die jungen Frauen, die den Leser in die Gefühlszwänge bringen sollen - ganz nach unserer Realität. Denn wer kann jemanden die Rache verwehren oder aussprechen, der seine emotionalen Gründe aufgrund eines Traumas darlegt?!

"Thea, sag mir, worin besteht deiner Meinung nach der Unterscheid zwischen Rache und Gerechtigkeit?"
"Nun ja, ich würde sagen, dass Gerechtigkeit anderen dient, während Rache für niemanden ist außer uns selbst."
(Robin und Thea, Seite 139)

Der Ansatz zum Thema Gewalt und Rache ist der Autorin wirklich gelungen! Der Einstieg ist bereits brutal und schockierend, gerade zu perfide und voller Momente aus dem wahren Leben! Ich lese solche Geschichten gerne, weil ich mich in vielem wiederfinde und diese auch sehr gerne unterstütze. Geschichten wie diese sind mehr als bloß Mord, Schmalz und Happy End. Sie berichten vom wahren Leben und greifen Gesellschaftsthemen auf, die ungern an die Öffentlichkeit gebracht und tabuisiert werden.

Zahlreiche Schemen lösten sich aus den Schatten und bewegten sich auf die Mädchen zu. Die Hände tauchten auf und entzündeten Kerzen in der Dunkelheit. "Ich wusste es!", zischte Mirabelle mit einem ängstlichen Zittern in ihrer sonst so forschen Stimme. "Sie opfern unser jungfräulisches Blut."
"Sagt dem Rest der Welt, dass wir sie vermissen werden", flüsterte Casey trocken.
(Seite 131/132)

Die vielen verschiedenen Charaktere sind realistisch mit ihren Gedanken- und Gefühlsgängen erstellt worden. Neben den ernsten Themen Gewalt gegen Frauen, Rache und Machtmissbrauch, fädelt die Autorin immer wieder etwas Humor in die Handlungen und lässt mit manch sarkastischen Dialogen ein Schmunzeln, ja, auch Lacher zurück! ? Besonders zwischen ihren Mädels im Banner-Team und Drew und ihr wird es hin und wieder schmunzelhaft und herrlich leicht. Es gibt aber auch Szenen, die einen trockenen Humor tragen, was diese für mich jedoch noch glaubwürdiger machen. Das Leben ist voll gepackt mit Witz inmitten der Grausamkeiten.

Drew stellte sein Tablet ab und lehnte sich zurück. "Machst du es dir immer gleich überall bequem?", erkundigte sich Thea. Er biss genüsslich in seinen Cheesburger. "Ich bemühe mich. Wie ist es mit dir, Thea Soloman?" "Ich fühle mich eigentlich nirgendwo richtig wohl." Drew grinste: "Dann passen wir doch perfekt zusammen." Thea wurde rot. "So habe ich das nicht gemeint", fuhr er hastig fort. "Tut mir leid. Aber du machst mich einfach nervös."
Thea hätte beinahe ihren Apfel ausgespuckt. "Ich mache dich nervös? Ich kenne dich doch gar nicht, und du kommst einfach an und setzt dich zu mir in meine ..."
"Herzerfrierende Mittagsecke?"
(Seite 56/57)

Silah ist der Einzige in der Organisation, der weiß statt schwarz trägt: "Ich gehöre zu ihnen, aber ich bin kein Mitglied." Passt auch sehr sinnbildlich zum Gedankengut der Organisation:

"Du solltest mich fangen, und das hast du nicht."
"Na ja, ich hätte dich beinahe gehabt", antwortete Thea beschämt.
"Beinahe ist in dieser Welt nichts wert. Du sorgst entweder für Gerechtigkeit oder du hast versagt."
"Das ist sehr schwarz-weiß."
"Gerechtigkeit ist nun mal so. Anders geht es nicht."
(Sahil und Thea, Seite 116)

Und es ist eine gefährliche Denkweise. Anders geht es immer.


"Trauer ist das letzte bisschen Liebe, das wir jemanden geben können. den wir verloren haben. Man muss aber nicht immer traurig sein."
(Theas Mutter zu Thea, Seite 281)

Sehr schön hat die Autorin nicht nur die Auswirkungen von Trauer und Traumaerfahrungen realistisch wiedergegeben, sie hat auch das wichtige Thema Macht reinfließen lassen - diese ist schwerlich zu trennen bei Rachegefühlen und Racheausübung. Meine Vermutung, wie sich die Organisation entwickelt und warum, trafen ins Schwarze, dennoch wurde ich von einigen Handlungen überrascht. Ab der Mitte der Geschichte stellt sich mehr und mehr die Frage, was die Organisation wirklich bezweckt, was hinter den vielen Geheimnissen steckt und welche Beweggründe einzelne Mitglieder haben. Die Frage um die Nutzung von Macht wird immer wichtiger und gefährlicher ... es liegt in unserer menschlichen Natur und nur wenige von uns werden nicht durch sie verdorben. Das beste Beispiel hierfür, dass mir einfällt, ist der Lehrer Ron Jones, der 1967 im kalifornischen Palo Alto an einer High School das Experiment "Die Welle" eröffnet hat. Anfangs noch mit guten Absichten als Lehrstück für die Klasse gedacht, wurde es irgendwann auch ein Machtinstrument für ihn, das er genoss. (Das Buch ist klasse und beinhaltet auch ein Interview mit dem Lehrer, der Film ist nicht so gelungen umgesetzt, finde ich.) Der größere Schock war für mich fraglos, dass ich dieses Machtgefühl und diese Art der Anerkennung sehr genossen habe. Diese Grenzüberschreitung von gut gemeinter Hingabe zu eskalierender Machtausübung findet sich auch hier in der Geschichte wieder.

"Manchmal ist es ein Geruch oder ein Lied oder vielleicht eine Erinnerung, die zum schlechten Zeitpunkt hochkommt. Trauern ist ein Kampf gegen eine unsichtbare Flutwelle."
(Nixon zu Thea, Seite 90)

Es sind auch einige Unstimmigkeiten, vor allem Logikfehler, in dem Handlungssträngen vorhanden; Die Black Coats benutzen keine Waffen, Thea kann aber eine sichern und entladen? Irrwitzige Szenen (kann hier keine Beispiele ohne Spoilergefahr aufführen), die gar nicht realistisch sind, werden miteingefügt. Das finde ich sehr schade und ärgert mich auch. Auch sind die Aufklärungen über die wahren Beweggründe der Organisation widerstrebend (auch hier kann ich nicht spoilerfrei Beispiele nennen). Erst so ... dann so ... total unlogisch und nicht nachvollziehbar!

Er rannte, als könne er vor seiner Traurigkeit davonlaufen, dabei war Trauer wie ein hungriges Tier, das seine Beute jagte. Die Trauer würde ihn immer wieder einholen.
(Seite 230)

Leider hat die Autorin nicht die Bedeutungen der verschiedenen Gruppennamen erklärt, sodass das auch nach Abschluss des Buches offen steht. Das Ende selbst ist geschlossen und die Fragen, die sich während des Verlaufes bilden, werden geklärt. Das Ende gefällt mir genauso gut wie der Anfang und spielt fern der Wirklichkeit um Thea in der Gegenwart.



Fazit:
Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen.
(Martin Luther King Jr.)

Generell ist es ein Buch mit einer Geschichte, die jeden von uns ansprechen sollte - aus welchen Gründen auch immer ... Traumatas; Gefühle wie Rache, Trauer, Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Ängste; Vergebungsvorsätze, Erlösungswünsche und auch psychischen Erkrankungen.

"Du kannst nicht vorwärtskommen, wenn du woanders stecken geblieben bist. Trauer kann verhindern, dass du weiterkommst. Sie wird dich immer begleiten, und trotzdem musst du sie hinter dir lassen."
(Sahil zu Thea, Seite 119)

Rechtfertigt Gewaltanwendung Rache?
Befreit Rache wirklich die Seele oder eher das Ego?
Ist Vergebung möglich?
Wie erlange ich Frieden und Erlösung?

Thematiken, die dieselben Fragen aufwerfen wie die zum Thema "Todesstrafe". Und aber auch: Wie setze ich meine Macht ein?

"Warum darf ich nicht anziehen, was ich will, ohne einen Kerl auf mich aufmerksam zu machen? Nur, weil du irgendwie angezogen in eine Bar gehst oder dich benimmst, wie du bist, hat noch lange niemand das Recht, sich zu nehmen, was er will."
(Mirabelle, Seite 148)

Hier ist das Potenzial sehr groß, etwas aus der Idee der Thematiken sinnvoll rauszuholen und uns besseren Umgang mit ihnen zu lehren. Das hat die Autorin in meinen Augen - trotz Logikfehlern - geschafft. Sie hat sich zudem sehr auf Thea und ihr Leiden konzentriert, was ab und zu bei mir künstlich rüberkam à la das eine Mädchen, dass etwas verändert ect.

Sie mochte das Klopfen ihres Herzens in der Brust, das Gefühl zu leben. Hat sich das immer schon so angefühlt? Das normale Leben?
(Thea, Seite 20)

Was das Freigabealter ab 14 Jahren angeht, sollte von den jeweiligen Eltern ihrer Kinder entscheiden; ich war mit 14 Jahren schon sehr erwachsen und reif für solche Gesellschaftsthemen, die tabuisiert sind. Ich kenne aber viele, die das nicht sind ... da ist das Buch und seine Thematik der falsche Lesestoff! Hier sehe ich die Eltern in ihrer Pflicht, zum Wohl der Kinder zu entscheiden. Denn das Buch ist nichts für naive und unausgereifte Teenager, die in einer Seifenblase leben. Als Aufklärung und Wachmacher auf jeden Fall hilfreich (auch für die Jungen), aber die Thematik kann eben auch verstören.

War sie verrückt? Vielleicht. Aber verrückt zu sein ist immer noch besser als betäubt.
(Thea, Seite 19)

Ich wünsche mir, dass das Buch mehr aufklärt und die Folgen von Gewalt und Rache beschreibt, als das es das Gegenteil bewirkt; traumatisiert und als Anleitung zur Ausübung von Gewalt und Rache dient. Das Buch kann als Anstoß für einen anderen Umgang dieser Themen dienen und wirklich was bewirken mit seinem Lehrinhalt, der nachdenklich macht. Das Nachwort der Autorin ist bestärkend in einer neuen in Gangsetzung zu Gegen Gewalt an Frauen (#Black Coats).

"Wenn dir eine Menschenhand ein Trauma zufügt, dann bist du für immer gezeichnet. Zwischen der Tat, Rache und Genesung liegt eine lange, schwarze Straße, und leider wirst du sie allein gehen müssen. Im Winter meines Lebens bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sich Narben nicht durch neue Narben entfernen lassen."
(Robin zu Thea, Seite 140/141)