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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.09.2019

überraschend tiefsinnig

Wir gegen euch
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Björnstadt ist eine Kleinstadt mit einem Trauma. Dieses wurde im Vorgängerband beschrieben. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich diesen nicht vorher gelesen habe, denn auch wenn man nach und nach ...

Björnstadt ist eine Kleinstadt mit einem Trauma. Dieses wurde im Vorgängerband beschrieben. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich diesen nicht vorher gelesen habe, denn auch wenn man nach und nach in die Geschichte reinkommt, so bleibt doch ein kleiner Stachel, dass ich viele Feinheiten nicht oder nur aus einer Nacherzählung der Geschehnisse bekommen habe. Aber auch so ist dieser zweite Teil sehr dramatisch und bewegend. Die Schicksale der vielen Protagonisten berühren auf unterschiedlichste Weise. Durch die vielen Szenewechsel wird ein hohes Tempo gefahren und man muss aufmerksam dabeibleiben.

Besonders gefallen hat mir die Art, wie der Leser angesprochen wird, als würde tatsächlich jemand mir erzählen, was passiert ist. Und mich mit kleinen Andeutungen neugierig machen oder schon vorher auf das Unvermeidliche vorbereiten. Dadurch wirkt es manchmal wie eine Parabel oder ein Märchen, wobei es viel zu realistisch dafür ist. Es gibt auch nicht dieses „Und sie lebten glücklich bis ans Ende…“. Aber immer wieder blitzt auch etwas wie Hoffnung auf und durch die Einschübe über Eishockey und die Eishockeyfans wird die ganze Stadtgemeinschaft in einen gemeinsamen Kontext gesetzt, über alle Probleme und Animositäten hinweg.

Ein Roman, der mich überrascht hat mit seiner Tiefe. Die ersten – heiteren –Bücher des Autors waren nicht mein Fall. Dieses hat mir sehr gut gefallen. Ich wäre auch den Vorgänger noch lesen.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Vom Eis und von der Liebe

Die Eisbaronin
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Grischa ist noch ein Teenager, als er von zuhause fortläuft, um draußen in der Welt Abenteuer, Glück und ein besseres Leben zu suchen, als es ihm als Leibeigener im ländlichen Russland vergönnt wäre. Seine ...

Grischa ist noch ein Teenager, als er von zuhause fortläuft, um draußen in der Welt Abenteuer, Glück und ein besseres Leben zu suchen, als es ihm als Leibeigener im ländlichen Russland vergönnt wäre. Seine kleine Schwester Katya folgt ihm heimlich und schließlich landen die beiden mittellos und hungrig bei der norwegischen Witwe Silja , die die beiden bei sich aufnimmt. Grischa arbeitet fortan über die Sommermonate auf verschiedenen Schiffen, während die Schwester in dem kleinen Gasthof von Silja mithilft. Beide sparen eisern für die Zukunft und Stück für Stück entwickeln sie eine Geschäftsidee, die neuartig und wagemutig scheint und für die sie weitere Partner brauchen, um sie in die Tat umzusetzen. In Hamburg werden sie bei einem Brüderpaar fündig. Thilo und Christian, die einen Gemischtwarenladen führen, sind Feuer und Flamme für den ungewöhnlichen Plan hoch im Norden Eis auf ein Schiff zu laden und es dann in südlicheren Gefilden für gutes Geld zu verkaufen. Sie sind nicht die ersten aber noch ist Eis ein kostbares Gut und außerdem haben sie Katya an ihrer Seite, die über die fast magische Gabe verfügt, dass sie das Eis singen hören und seine Beschaffenheit erspüren kann. Denn unter den vielen verschiedenen Sorten Eis gibt es nur eine, die kompakt und gut genug ist, um einen monatelangen Transport ohne allzu große Verluste zu überstehen.

Der Eishandel ist die Rahmenhandlung, die auf wahren Gegebenheiten beruht und ebenso faszinierend wie einzigartig ist. Noch mehr geht es aber um die Menschen in dieser Geschichte. Um Grischa, den charismatischen Freigeist, der das Leben und die Menschen liebt und Frauen und Männer gleichermaßen in seinen Bann zieht. Um Katya, die vom schüchternen Mädchen schnell zu einer mutigen und schönen Frau heranwächst. Um Christian, der sich in das Mädchen verliebt und dessen Bruder Thilo, der es lange nicht wagt zuzugeben, dass er Männer begehrt und Grischa ihm gefällt wie kein anderer. Und um Henny, die in dieser Konstellation eine ganz eigene Rolle zugedacht ist.

Es geht also um einige junge Menschen, die ihr Leben in die eigene Hand nehmen und dabei merken, dass nicht alles immer einfach und reibungslos geht und dass man um den Erfolg ebenso wie um sein Glück kämpfen muss. Die mehr als einmal einen falschen Weg einschlagen aber auch an ihren Rückschlägen wachsen. Die sich nach der großen Liebe sehnen und in Freundschaft und Respekt verbunden sind. Da es sich um den ersten Teil handelt, ist das Finale des Buches voller Fragen und offener Enden.

Besonders schön fand ich die warmherzige Sprache von Nicole Vosseler, mit der sie die Gefühle ihrer Protagonisten beschreibt, die Liebe und die Sehnsucht, aber auch die Natur und die verschiedenen Aggregatszustände von Eis und Schnee, die ich selten zauberhafter und glitzernder erzählt bekommen habe. So dass mich, als eingefleischten Sommermensch, der Wunsch nach der Kälte des Winter gepackt hatte.

Ein wunderschöner Roman, nach dem ich ungeduldig auf die Fortsetzung warte, die für nächstes Jahr – passender Weise wieder im Sommer – angekündigt ist.

Veröffentlicht am 02.09.2019

sehr empfehlenswert

Ein neues Blau
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Schön, dass bei „Ein neues Blau“ erst mal der Titel und das Cover sehr gut zusammenpassen. Und im Laufe der Geschichte fügt sich der Titel auch in die Handlung des Buches ein. Also sehr stimmig. Einzig ...

Schön, dass bei „Ein neues Blau“ erst mal der Titel und das Cover sehr gut zusammenpassen. Und im Laufe der Geschichte fügt sich der Titel auch in die Handlung des Buches ein. Also sehr stimmig. Einzig der Klappentext ist etwas spärlich ausgefallen und hat mich anderes vermuten lassen. Aber ich war keineswegs enttäuscht. Ganz im Gegenteil hat dies für mich erste Buch von Tom Saller genau die richtige Mischung aus Tiefgang und Leichtigkeit, als Fakten und Fiktion. Und ebenfalls angenehm überrascht war ich, dass es mich nicht störte, dass zwei Zeitebenen erzählt werden. Da bin ich etwas eigen, denn meist überwiegt ja die eine Zeit und dann findet man die andere immer als unleidige Unterbrechung. Dem war hier gar nicht so. Die kurzen Abschnitte in der Jetztzeit waren sehr spannend und unterhaltsam und passten hervorragend zum Historischen Part.

Lili und ihr Leben haben mich mitgerissen und gefesselt. Der schöne Erzählstil tut sein Übriges. Ein sehr empfehlenswertes Buch. Bitte mehr von diesem Autor.

Veröffentlicht am 21.08.2019

Südstaaten-Thriller

Verratenes Land
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Greg Iles ist auch in „Verratenes Land“ seinen Themen treu geblieben. Und wie in Natchez so geht es auch in Bienville am Mississippi zu. Der Landkreis wird aus dem Schatten regiert von einem Club reicher ...

Greg Iles ist auch in „Verratenes Land“ seinen Themen treu geblieben. Und wie in Natchez so geht es auch in Bienville am Mississippi zu. Der Landkreis wird aus dem Schatten regiert von einem Club reicher alter Männer, die für Macht und Geld über Leichen gehen. Männer weit rechts der Republikaner, die gut vernetzt und rücksichtslos sind, die sowohl die Stadtpolitiker als auch die Polizei unterwandert haben. Die über so viel Einfluss verfügen, dass es lebensgefährlich werden kann, wenn man ihnen in die Quere kommt.

Der Journalist und Pulitzer-Preisträger Marshall McEwan ist eigentlich in seine Heimatstadt zurückgekommen, um die Eltern zu unterstützen. Aber schon bald wittert er eine große Story, die mit dem Tod eines Archäologen seinen Anfang nimmt. Also ein Buchkonzept, welches nicht wirklich neu ist. Wer das jedoch mag, der bekommt bei Greg Iles mal wieder einen interessanten, spannenden, gehaltvollen Thriller. Schön umfangreich, mit einigen überraschenden Wendungen. Die Bösewichte sind harte Kaliber aber nicht unrealistisch beschrieben. Der Held ist sympathisch und trotz seiner Charakterstärke auch mal schwach und verunsichert, was glaubwürdiger wirkt, als ein Superhero.

Ich fühlte mich sehr gut unterhalten. Ich mag seine Art zu Erzählen und vor allem seine bühnenreifen Dialoge machen Spaß und sind einfach gut lesbar. „Verratenes Land“ erinnert an gute alte Filme mit Gene Hackman im tiefen Süden der USA. Es hat sich nichts geändert. Dort ticken die Uhren noch anders. Trump-Land, wie wir es uns vorstellen.

Veröffentlicht am 12.07.2019

empfehlenswert

Die geheime Mission des Kardinals
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Rafik Schami war mir natürlich ein Begriff auch wenn ich bis jetzt noch keine seiner Bücher gelesen habe. Gefesselt hatte mich schon bei der Leseprobe, dass sein neues Buch im Gewand eines Kriminalromans ...

Rafik Schami war mir natürlich ein Begriff auch wenn ich bis jetzt noch keine seiner Bücher gelesen habe. Gefesselt hatte mich schon bei der Leseprobe, dass sein neues Buch im Gewand eines Kriminalromans daherkommt. Damit hatte er mich am Haken. Dazu kommt der leicht lakonisch-trockene Erzählstil, der mir sehr gefallen hat und den er im Buch auch beibehält, wenn die Protagonisten in gefährliche Situationen kommen.

Kommissar Barudi muss ermitteln, wer einen italienischen Kardinal ermordet und in einem Ölfass an die italienische Botschaft geschickt hat. Sind es wirklich nur religiöse Hintergründe oder spielen Politik und Persönliches ebenfalls eine Rolle.

Das Setting Syrien finde ich hochinteressant und Land, Leute, Politik, Gesellschaft kommen wahnsinnig gut rüber. Schami kann erzählen und den Menschen in die Seelen schauen. Er kann ihren Wünschen und Sehnsüchten nachspüren aber auch ihre Ängste erkennen. Durch Tagebucheinträge des Kommissars erfährt man sehr viel aus nächster Nähe.

Es ist eigentlich kein reiner Kriminalroman - das passt auch nicht zum Autor denke ich - sondern es ist auch ein Buch über Syrien vor dem Krieg und man kann ein bisschen besser verstehen, wie die Menschen dort ticken. Ein Roman, der gut in die heutige Zeit passt und schafft, mehr Verständnis und Einblicke zu schaffen, die man bei uns durch Nachrichten und Schlagzeilen kaum erringen kann.