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Veröffentlicht am 16.11.2016

Unterhaltsame Familiengeschichte, die das Flair eines Sommers in Burgund einfängt

Mein Sommer mit Mémé
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Großmutters Château im Burgund zu renovieren, passt überhaupt nicht in die Pläne der jungen Antiquitätenhändlerin Paula. Denn sie wollte sich in Paris mit ihrem Verlobten Jakob treffen. Aber Großmutter, ...

Großmutters Château im Burgund zu renovieren, passt überhaupt nicht in die Pläne der jungen Antiquitätenhändlerin Paula. Denn sie wollte sich in Paris mit ihrem Verlobten Jakob treffen. Aber Großmutter, Mémé genannt, setzt die liebevollen Daumenzwingen an und versammelt nach langer Zeit wieder die ganze Familie an einem Tisch. Zwischen köstlichem Essen, Familienzwist und einigen Gläsern Wein findet Paula heraus, welches Geheimnis Mémé verbirgt – und was das für Paulas Zukunft bedeutet.

Mémé wird im Sommer 80 Jahre alt und möchte ihren Geburtstag zusammen mit ihrer ganzen Familie auf dem alten Familiensitz im Burgund feiern.
Paula, 38 Jahre alt, und selbstständige Antiquitätenhändlerin aus Müllheim, ist alles andere als begeistert, schließlich erwartet sie nach langer Zeit die Rückkehr ihres Verlobten, der als Arzt in Kenia im Einsatz ist. Sie wollte sich ganz romantisch mit Jakob in Paris treffen, um dort ihre Verlobung nachzufeiern.
Mémé duldet allerdings keinen Widerspruch, weshalb sich ihre Tochter Claire, Enkel Marcel mit Ehefrau Helen und Tochter Meike sowie letztlich auch Paula für drei Wochen auf dem Château einfinden und sich den strengen Regeln der Matriarchin unterwerfen.

Die Sommerferien dort sind nicht nur durch die hohen Ansprüche von Mémé spannungsgeladen. Jedes Familienmitglied hat mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen. Marcel steht als selbstständiger Steuerberater durch einen dummen Fehler vor dem Bankrott, schafft es aber nicht mit seiner Frau darüber zu sprechen. Helen selbst nimmt aus Angst vor einer Geisteskrankheit heimlich Psychopharmaka ein. Tochter Meike macht sich Sorgen um die Ehe ihrer Eltern und benimmt sich wie ein aufmüpfiger Teenager, der seine Grenzen austesten. Paula muss sich im Klaren darüber werden, wie die Zukunft mit ihr und Jakob aussieht, nachdem er angekündigt hat, eine Stelle als Oberarzt in Kapstadt anzutreten.

Daneben gilt es ein Familiengeheimnis zu lüften. Der verstorbene Cousin von Mémé, Valentin, mit dem zusammen sie das Château von ihrem Großvater geerbt hatte, könnte einen noch nicht bekannten Nachkommen haben, der ihr das Erbe streitig machen könnte.

"Mein Sommer mit Mémé" ist eine unterhaltsame Familiengeschichte, die einen in diesen kalten Herbsttagen in den Sommer nach Frankreich versetzt. Alle Charaktere sind liebevoll mit Ecken und Kanten gezeichnet, wobei der Leser sich besonders mit Paula verbunden fühlt, aus deren Sicht der Großteil des Romans verfasst ist.
Es ist ein stimmungsvoller Roman über Liebe, Enttäuschung und insbesondere über den Zusammenhalt und Wert der Familie sowie eine Aufklärung eines Teils der Familienhistorie, den man am liebsten mit einem Glas Crémant an einem lauen Sommerabend in Frankreich genießen möchte.

Das Ende des Romans ist für alle Protagonisten sehr versöhnlich. In einem Epilog einen Sommer später erfährt der Leser, was aus Paula, Mémé und dem Rest der Familie geworden ist und inwiefern sich die Charaktere sehr positiv weiterentwickelt haben. Für meinen Geschmack hätte das Ende etwas offener bleiben können und nicht für jeden schwelenden Konflikt eine Lösung präsentiert werden müssen.

Veröffentlicht am 14.11.2016

Tragikomische, sehr unterhaltsame Geschichte über eine Familie, zwangsweise eine Woche miteinander verbringen muss

Sieben verdammt lange Tage
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Mort Foxman ist verstorben und sein letzter Wunsch war es, dass die Familie nach dem Begräbnis zusammenkommt und sieben Tage Schiwa, die jüdische Totenwache, sitzt.
Familie Foxman sind die exzentrische, ...

Mort Foxman ist verstorben und sein letzter Wunsch war es, dass die Familie nach dem Begräbnis zusammenkommt und sieben Tage Schiwa, die jüdische Totenwache, sitzt.
Familie Foxman sind die exzentrische, jung gebliebene Witwe, die als Psychotherapeutin ihren Kindern bis heute mit ihren offenherzigen Ratschlägen auf die Nerven geht, die Söhne Judd, Paul und Nachzügler Phillip sowie Schwester Wendy.
Die Familie vermeidet es in der Regel längere Zeit auf einem Haufen zu verbringen, da dies stets in Streits und Chaos endet.
Neben der Trauer um den Vater kehrt jedes Kind mit weiteren persönlichen Problemen in sein Elternhaus nach Elmsbrook zurück. Judd wurde von seiner Ehefrau Jennifer betrogen, die nun schwanger ist. Das erste gemeinsame Kind konnte sie nur tot zur Welt bringen. Da es sich bei dem Geliebten von Jen um Judds Chef handelt, sah dieser sich gezwungen, seinen Job als Produzent einer Radioshow zu kündigen und sieht sich mit knapp 40 Jahren ohne Perspektive dastehen. Paul ist mit Alice verheiratet, die beide an ihrem unerfüllten Kinderwunsch zu verzweifeln scheinen. Wendy ist Mutter von drei anstrengenden Kindern und mit dem Workaholic Barry verheiratet, der auch während der Schiwa permanent geschäftlich am Telefon hängt. Phillip ist mit Abstand der jüngste der Kinder und benimmt sich entsprechend unreif.

Sieben (verdammt lange) Tage sitzen alle aufeinander und tragen, unterbrochen von Besuchen des großen Bekanntenkreises der Foxmans, alte und neue Konflikte aus.

Der Roman ist aus der Sicht des gehörnten Ehemanns Judd geschrieben, in dessen Gefühlswelt und (Alp-)träume der Leser eintaucht und der sich während der Zeit der Trauer vor allem dem ungelösten Konflikt mit seiner Ehefrau Jen stellen muss.

"Sieben verdammt lange Tage" ist eine tragikomische Geschichte einer jüdischen Familie. Melancholische Passagen über den Tod an sich und Erinnerungen an tragische Erlebnisse in der Kindheit wechseln sich mit komischen Szenen im Haus der Mutter oder dem Erzählen von Anekdoten aus Kinder- und Jugendtagen ab. Neben verbalen Schlagabtauschen zwischen den Geschwistern und Schwiegerkindern werden so manche (Beziehungs-)konflikte hochexplosiv und mit Fäusten ausgetragen.

Als die Kinder nach einer Woche wieder abreisen, hat man das Gefühl, dass die unfreiwillige Zusammenkunft die Familienmitglieder einander näher gebracht hat und dass sie sich trotz charakterlicher Unterschiede und aller Schwierigkeiten unter und miteinander sowie den persönlichen Belastungen, die jeder hat, wenn es darauf ankommt, aufeinadner verlassen können und füreinander da sind.

Veröffentlicht am 11.11.2016

Die Möglichkeit einer zweite Chance für sympathische Protagonistin - phantastisch, aber schön

Das Wunschjahr
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Olive ist Anfang 20 und arbeitet als Krankenschwester in der Neurologie. Als sie an Neujahr aufwacht, kann sie sich an den Silvesterabend nicht erinnern und ist überrascht, dass sie neben ihrem Exfreund ...

Olive ist Anfang 20 und arbeitet als Krankenschwester in der Neurologie. Als sie an Neujahr aufwacht, kann sie sich an den Silvesterabend nicht erinnern und ist überrascht, dass sie neben ihrem Exfreund Phil aufwacht.
Die beiden hatten sich eigentlich im Februar getrennt, weil Olive Phil mit ihrem Kollegen Alex betrogen hatte, was Phil ihr nicht verzeihen konnte.

Olive erlebt das Jahr 2011 noch einmal neu und begreift dieses als Chance der Wiedergutmachung. Sie versucht, den Fehler, der ihre Beziehung zerstört hat, ungeschehen zu machen. Sie möchte Phil, den sie immer geliebt hat, nicht noch einmal verletzen.
Im Gespräch mit einer Nachbarin ihrer Mutter erfährt sie, dass das Phänomen, das sie erlebt, nicht einzigartig ist. Auch Sherry erlebt das Jahr 2011 erneut und hat bereits schon andere Jahre zuvor mehrmals durchleben müssen. Alle anderen in ihrer Umgebung merken davon nichts und glauben Olive auch nicht, dass sie 2011 schon einmal erlebt hat.

Der Leser begleitet Olive ein ganzes Jahr, in welchem sie versucht, nicht nur privat im Umgang mit Phil, ihrer Freundin und Mitbewohnerin Kerrigan oder ihrer Mutter, die sie im letzten Jahr wegen ihrer Heirat mit ihrem neuen Freund verletzt hat, ein besserer Mensch zu sein. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Sie hat enorme Schwierigkeiten, Alex aus dem Weg zu gehen und weiß zum Teil auch nicht, wie sie sich gegenüber ihren Patienten verhalten soll bzw. ob es zulässig ist, auf andere Schicksale Einfluss zu nehmen.

"Das Wunschjahr" ist durch den angenehmen Schreibstil von Andrea Lochen flüssig zu lesen. Es ist ein Roman fürs Herz, der ohne viel Spannung auskommt und dennoch nicht langweilig wird. Olive ist ein sympathischer Charakter, mit dem ich mich gut identifizieren konnte, auch wenn die Geschichte phantastisch ist. Die zentrale Frage, ob Olive ihre zweite Chance nutzt und ob sie Phil tatsächlich zurückerobern kann oder ob sie am Ende vielleicht doch nicht so gut zusammenpassen könnten, wird zwar gelöst, wäre aber noch ausbaufähig gewesen, um dem Roman mehr Tiefe zu verleihen.

Veröffentlicht am 06.11.2016

Wohlfühlroman mit sympathischer Protagonistin, der zum Nachdenken über den Sinn des Lebens anregt

Dein perfektes Jahr
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Jonathan N. Grief ist Anfang 40 und lebt ein sehr monotones Leben ohne Highlights. Seitdem sein Vater an Demenz erkrankt ist, hat er in Familientradition die Führung des Verlags "Griefson & Books" übernommen, ...

Jonathan N. Grief ist Anfang 40 und lebt ein sehr monotones Leben ohne Highlights. Seitdem sein Vater an Demenz erkrankt ist, hat er in Familientradition die Führung des Verlags "Griefson & Books" übernommen, überlässt die Geschäftsführung aber anderen. Seinen Alltag verbringt er mit joggen, Zeitung lesen und dem Verfassen von Beschwerdemails und -briefen.

Sein Leben ändert sich, als er bei seiner morgendlichen Joggingrunde an der Alster ein Filofax findet. Das Besondere an dem Jahresplaner ist, dass er bereits für das neu angefangene Jahr komplett ausgefüllt ist. Die Einträge beginnen jeweils mit einem Sinnspruch und bieten dann Anregungen, um ein unbeschwerteres Leben zu führen oder vereinbarte Termine des Besitzers.

Jonathan ist bemüht, den Besitzer des Filofaxes zu finden und fühlt sich dem Kalender bald so verbunden, dass er ihn nicht einfach in einem anonymen Fundbüro abgeben möchte. Jeden Morgen widmet er sich dem Eintrag für den jeweiligen Tag und nimmt die eingetragenen Termine wahr, um den Besitzer doch noch ausfindig machen zu können.

Durch die Anregungen in dem Kalender krempelt Jonathan sein eintöniges Leben um. Er hinterfragt die Dinge, die er bisher aus Pflichtbewusstsein und Gewohnheit gemacht hat und nimmt viel aktiver am Leben teil.

Hannah ist Ende 20, lebt auch in Hamburg und sieht im Gegensatz zu Griesgram Jonathan immer nur das Positive im Leben. Sie hat sich gerade zusammen mit ihrer Freundin Lisa selbstständig gemacht und ist stolze Inhaberin der Kinder-Event-Tagesstätte "Rasselbande". Als ihr Freund Simon, von dem sie nur noch auf einen Heiratsantrag gewartet hatte, schwer erkrankt und sich aufgibt, versucht Hannah alles daran zu setzen, Simon wieder neuen Lebensmut zu verleihen und ihm "sein perfektes Jahr" zu gestalten.

Die beiden Handlungsstränge verlaufen zunächst parallel und zeitversetzt nebeneinander, bevor sie miteinander verknüpft werden.

Charlotte Lucas ist das Pseudonym der Autorin Wiebke Lorenz, die durch Psychothriller wie "Bald ruhest du auch" bekannt ist.
"Dein perfektes Jahr" gehört einem komplett anderen Genre an und ist ein ganz zauberhaftes Buch. Die Geschichte der beiden völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten Jonathan und Hannah ist berührend - einerseits traurig und nachdenklich machend, andererseits aber auch leichtfüßig und mit Witz geschrieben.

Die Charaktere sind authentisch und jeder auf seine Weise sympathisch. Trotz der vordergründig ernsten Themen wie Trauer, Einsamkeit, Abschied und der Frage nach dem Sinn des Lebens, ist der Roman nicht bedrückend, sondern hinterlässt den Leser mit einer positiven Sicht auf das Leben und vertrauen in das Schicksal zu haben. Er ermutigt dazu, das Leben, das sich von einem Tag auf den anderen ändern kann, zu genießen und all die Dinge zu hinterfragen, die man nur noch automatisch macht, aber nicht gerne tut.
Alle Verpflichtungen können selbstverständlich nicht wegfallen, aber vielleicht sollte man einfach nur mehr von den Dingen tun, "für die man brennt" (S. 269).

Veröffentlicht am 10.03.2024

Historischer Roman nach wahren Begebenheiten, der ein schreckliches Ereignis in den Mittelpunkt rückt und von eine dramatische Liebesgeschichte erzählt.

Neunzehn Stufen
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Im Herbst 1942 wird London immer wieder von Luftangriffen bedroht. Nellie Morris und ihre Familie suchen regelmäßig Zuflucht in der nahe gelegenen U-Bahn-Station Bethnal Green. Der Krieg hat sie mürbe ...

Im Herbst 1942 wird London immer wieder von Luftangriffen bedroht. Nellie Morris und ihre Familie suchen regelmäßig Zuflucht in der nahe gelegenen U-Bahn-Station Bethnal Green. Der Krieg hat sie mürbe gemacht, aber die Familie, vor allem ihre jüngere Schwester Flo, sowie ihre Arbeit als Sekretärin bei der Bürgermeisterin Mrs. Bolton geben Nellie Halt und eine Aufgabe.
Durch einen Zufall lernt sie den amerikanischen Pilot Ray Fleming kennen und verliebt sich auf den zweiten Blick in ihn. Beide träumen sie von Frieden und Freiheit und davon, die Zukunft gemeinsam zu verbringen.
Doch im Frühjahr 1943 kommt es in London zu einem tragischen Ereignis, das für Nellie alles ändert und das sie sogar ihre Liebe zu Ray in Frage stellen lässt.

"Neunzehn Stufen" ist inspiriert von der Lebensgeschichte der Großmutter der Autorin. Es ist ein dramatisches Zeitzeugnis, eine stürmische Liebes- und bewegende Familiengeschichte.
Wie viel des Romans Fiktion ist und wie viel auf wahren Begebenheiten beruht, wird nicht erläutert. Tatsache ist jedoch, dass sich die erschütternde Katastrophe von Bethnal Green im März 1943 ereignet hat und für viele Londoner zu einer der schmerzvollsten Nächte des Zweiten Weltkrieges wurde.

Die Geschichte wird lebendig in einfachen Worten erzählt. Die Liebesgeschichte entfaltet sich sehr rasch und euphorisch und überrascht am Ende nicht mit ihrer Dramatik. Die Charaktere sind allesamt liebenswert, gutherzig, verständnisvoll und damit arg flach und eindimensional. Die Liebesszenen werden blumig und kitschig beschrieben. Durch die Schicksalsschläge, die Nellie erleben muss und ihre inneren Kämpfe zwischen Trauer, Verantwortung, Schuld und Vergebung erhält der Roman mehr Gehalt.

Es ist ein historischer Roman, der gut unterhält und mit der Hauptfigur Nellie mitleiden lässt, der aber weder erzählerisch noch inhaltlich etwas Neues bietet und trotz des Hintergrunds der Geschichte der eigenen Familie bzw. Großmutter Ruth reichlich unpersönlich bleibt.

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