Kurzweilig, aber mit Tiefgang
Long Way DownDieses Werk ist gänzlich anders als alle Bücher, die ich bisher gelesen habe: eigenwillig, poetisch, stilistisch völlig diffus und dadurch neuartig.
Wills Bruder Shawn wurde gerade erschossen. Will weiß, ...
Dieses Werk ist gänzlich anders als alle Bücher, die ich bisher gelesen habe: eigenwillig, poetisch, stilistisch völlig diffus und dadurch neuartig.
Wills Bruder Shawn wurde gerade erschossen. Will weiß, dass es in seiner Verantwortung liegt, die Regeln seines Umfeldes einzuhalten und den Mörder zur Strecke zu bringen - mit der Waffe seines Bruders.
1. Regel: Niemals weinen
2. Regel: Niemals jemanden verpfeifen
3. Regel: Rache nehmen
Im Aufzug des Gebäudes, in dem Will Shawns Mörder finden soll, besuchen ihn Geister aus der Vergangenheit, die alle ein ähnliches Schicksal erlitten haben. Als der Fahrstuhl herunterfährt und die Geister die Umstände ihres Todes enthüllen, wird der Leser durch das Chaos von Wills trauerndem Geist hinuntergezogen.
Shawn ist tot.
Shawn ist tot.
Shawn ist tot.
Komisch das zu sagen.
Einfach traurig.
Aber es kam vielleicht
nicht überraschend
was vielleicht noch komischer ist
und noch trauriger.
(Zitat Seite 16)
In kurzen Sequenzen erzählt Will aus seiner Sicht, was passiert ist und wie seine Gedanken dazu sind. Das erinnerte mich an Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte mit Ebenezer Scrooge, dem ebenso die Geister erschienen sind, um ihm Lektionen zu erteilen. Das Gefühl der Hilflosigkeit war mir sehr vertraut, auch wenn die Regeln, die es in meiner Realität gibt, mit seinen nicht konform gehen. Wir alle aber können uns womöglich in einen trauernden Bruder hineinversetzen. Oder den Schmerz nachvollziehen, wenn Eltern den Verlust eines Kindes erleben müssen. Der Autor erweckt eine gewisse Empathie, die den Leser dazu bringt, das Leid der Protagonisten mitzuerleben oder gar mitzuempfinden. Wie das Trommeln der Herzschläge wird die Geschichte unermüdlich vorangetrieben und offenbart bei jedem Öffnen der Aufzugstüren einen neuen Todesfall.
Der Roman liest sich wie ein Gedichtband, wie Lyrik in Versen. Obwohl mir das Buch samt seiner tieferen Aussage gut gefallen hat, muss ich jedoch sagen, dass 14.95 € für 300 Seiten, die nicht einmal zur Hälfte beschrieben sind, einfach zu teuer ist. Letztlich ist es eine Kurzgeschichte für Jugendliche, die eine Lehre daraus ziehen sollen, wo Rache hinführen kann.
Und dann passierte es.
Er zog die Waffe
aus meinem Hosenbund.
Und hielt sie mir an den Kopf.
(Zitat Seite 232)
Persönliches Fazit: Eine kurzweilige, aber interessant geschriebene Geschichte mit Tiefgang, die mich etwas sprachlos zurücklässt.
© Recensio Online, Daniela