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Veröffentlicht am 25.01.2017

Einfühlsame Familiengeschichte

Ich fühle was, was du nicht fühlst
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INHALT:
Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die ...

INHALT:
Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die Welt der Erwachsenen und durchschaut deren Lebenslügen. Ihr Nachbar, ein Musiklehrer, überredet sie zu Klavierstunden und entdeckt ihre große musikalische Begabung. Während ihre Eltern mit einer Ehekrise beschäftigt sind und Che in die Kriminalität abzudriften droht, entsteht zwischen India und ihrem Lehrer eine einzigartige Verbindung, getragen von der Liebe zur Musik. Doch in einem einzigen Moment zerstört er ihr Vertrauen, und India steht vor einer furchtbaren Entscheidung: Ihr Geheimnis öffentlich zu machen – oder für immer zu schweigen.

COVER:
Das Cover ist mir sofort ins Auge gefallen. Vor allem auch deswegen, weil es von typischen Cover von Amelie Frieds Romanen abweicht. Die bunten Farbspritzer erinnern mich an die diversen Holi Colour Festivals, welches sehr gut zu den 1970ern passt, in denen der Roman spielt. Ich bin großer Freund von diesen matten Broschur-Ausgaben, aber es ist fast unmöglich, dass der Rücken des Buches nach dem ersten Lesen nicht schief ist. Für mich als Buchliebhaber immer ein kleiner Wehmutstropfen.

MEINUNG:
Ich habe bisher noch nie einen Roman von Amelie Fried gelesen, auch mir ihr Name schon lange geläufig ist. Die von Amelies Fried bisher geschriebenen Romane werden ja eher dem Bereich der Frauenliteratur (auch wenn ich den Begriff überhaupt nicht mag) zugeordnet und das ist nicht so mein Genre. Umso mehr wurde ich auf dieses Buch aufmerksam, welches ich als Coming-of-Age-Roman bezeichnen und auf Grund des Alters der Protagonistin auch als Jugendbuch einordnen würde.

Weil es aus dem Klappentest nicht hervor geht, war ich überrascht, dass es in den 1970er Jahren spielt. Damit ist es nicht ein Jugendbuch, sondern auch ein gesellschaftlicher Roman, denn er gibt Einblick in die Generation der 68er, zu denen Indias und Ches Eltern zweifelllos gehören. Sie sind eine
Nachkriegsgeneration, die auf der einen Seite immer noch mit nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Eltern zu kämpfen haben und die auf der anderen Seite bei ihren eigenen Kindern völlig mit dem damaligen Erziehungsstil brechen und diese völlig anti-autoritär erziehen. Was für viele Jugendliche der heutigen Generation ein erstrebenswertes Ziel wäre, ist etwas, woran Che und India sehr zu leiden haben.
Bei beiden ist sehr deutlich spürbar, dass sie unter dem Anders sein ihrer Eltern, aber auch mit deren Vernachlässigung, jeder auf seine Art zu kämpfen habe. Beide wünschen sich feste Regeln oder auch mal Bestraffungen für ihr Handeln. Ches und India Eltern ecken auch häufig mit ihrer Lebensweise in der klein-bürgerlichen, christlich geprägten, schwäbischen Kleinstadt an und sorgen damit auch nicht selten bei den beiden für peinliche und unangenehme Momente (India) und Ausrastern (Che). Dennoch gehen beide ganz unterschiedlich mit der familiären Situation um.
Es ist deutlich spürbar, dass bei Che der Leidendruck sehr groß ist und er flüchtet sich während des Verlaufs in zwei völlig konträre Richtungen mit dem deutlich Wunsch irgendwo dazu zu gehören und auch endlich die gewünschten Regeln zu haben, die er bei seinen Eltern so schmerzlich vermisst. Beiden gemeinsam ist, dass nirgendwo wirklich dazu gehören. India ist weitaus klüger und intelligenter als es für ihr Alter üblich ist und wird von ihren Mitschülern nur als Streberin betrachtet. Ich mochte an ihr, dass sie bereits ihr eigenes Verhalten und das der Erwachsenen sehr klug reflektiert. Auch wenn sie lieber normal und durchschnittlich sein würde, hat die Erziehung ihrer Eltern bzw. eher das Fehler auch einen positiven Einfluss auf sie. In meinen Augen ist sie deutlich offener für alternative Lebensweisen. Selbst als die Ehe der Eltern anfängt zu zerbrechen, geht sie damit bewundernswert um. Obwohl ihre Eltern sich eigentlich nur um sich selbst kümmern und nicht mal für das Essen sorgen, spürt man bei India keine Verbitterung gegenüber ihnen (auch wenn ich das gut verstanden hätte).

Der Roman zeigt auch auf, wie Vorwürfe gegenüber einer Person, die einen guten Ruf hat, in einer Kleinstadt gehandhabt werden. Man glaube der anschuldigenden Person einfach nicht und da unterscheiden sich auch Hippies von Nicht-Hippies nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in einigen ländlichen Regionen auch noch immer so ist. Es wurde aufgezeigt, dass es dann besser ist zu schweigen bevor sich die Anschuldigungen noch gegen einen richten könnten. Das hat mich wirklich wütend gemacht.

FAZIT:
Mir hat es manchmal etwas an Spannung gefehlt, aber es ist in diesem Genre einer der besten Romane, die ich je gelesen habe. Trotz vieler schwieriger Themen, die Amelie Fried sehr einfühlsam aufgegriffen hat, verliert der Roman niemals an Leichtigkeit und Humor, was vor allem an Ich-Erzählerin India liegt, die ich sehr ins Herz geschlossen habe. Sie trägt diesen Roman als Schlüsselfigur.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.12.2016

Ein etwas anderer Zeitreiseroman

Nie mehr zurück
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INHALT:
Zoe ist anders als alle anderen. Sie hat die besondere Fähigkeit, die Zeit zurückdrehen und dadurch das Geschehene verändern zu können. Als sie bei einem Bankraub miterleben muss, dass ein Mann ...

INHALT:
Zoe ist anders als alle anderen. Sie hat die besondere Fähigkeit, die Zeit zurückdrehen und dadurch das Geschehene verändern zu können. Als sie bei einem Bankraub miterleben muss, dass ein Mann erschossen wird – ausgerechnet der gut aussehende junge Mann, der ihr nur wenige Minuten zuvor in einer schwierigen Situation beigestanden hat – entschließt sie sich dazu, ihn zu retten. Doch ihre Gabe kommt nicht ohne Einschränkungen. Zoe kann nur 23 Minuten in der Zeit zurückspringen, und oft verschlimmert sich die Situation durch ihr Eingreifen. Zoes Entschluss könnte in einer Katastrophe enden. Und er bringt sie in große Gefahr. Denn er lenkt die Aufmerksamkeit des Bankräubers auf sie
MEINUNG:
Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, da ich gerne Zeitreise-Romane lese. Als das Buch dann bei mir Zuhause ankam, war über dessen geringe Seitenanzahl dann doch etwas überrascht.
Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Zoe geschrieben und umfasst 10 Kapitel, denn zehn Mal kann Zoe die Zeit zurück drehen und hat dann 23 Minuten Zeit, die Vergangenheit so zu verändern, dass es für sie passt und möglichst wenig Menschen zu Schaden kommen. Man ist sofort mitten im Geschehen und Zoe ersten Versuch, den Bankraub und den Tod von weiteren Menschen zu verhindern. Es war für mich nicht ganz klar, ob sie vorn herein wusste, dass das passieren wird oder ob sie zufällig in die Situation herein gerutscht ist. Es ist auch nicht ganz klar, woher sie die Fähigkeit hat in der Zeit zu Reisen bzw. ob es nicht vielleicht auch nur eine Einbildung von ihr ist.
Zoe ist ungewöhnliches, aber trotzdem ein normales Mädchen. Wir haben hier keine allmächtige Superheldin, die in der Zeit reisen kann, wie es ihr beliebt, sondern die Zeit und die Versuche sind begrenzt. Familiär gesehen hat sie nicht viel Glück und wächst in einer Jugendeinrichtung auf. Für mich wirkte sie ganze Zeit sehr verloren, was auch mein Mitleid geweckt hat. Auf Grund der Kürze des Buches fehlte mir Zeit einen richtigen Draht zu ihr aufzubauen. Auch Daniel (der Bank-Kunde) fand ich sympathisch, da er Zoe sofort geholfen hat und ihre Geschichte als Zeitreisende nie in Frage gestellt, aber auch er blieb ein wenig blass. Als sich zwischen den beiden eine Art Beziehung zueinander entwickelt, ist das Buch leider schon zu Ende gewesen.
Zu Beginn hatte ich etwas Angst, dass ich jetzt zehn Mal immer wieder das Geschehen der 23 Minuten lesen müsste, aber an sich ist nur der Anfang immer gleich. Zoe optimiert ihre Versuche mit Wissen aus den vorherigen und so nimmt die Geschichte immer einen anderen Verlauf. Damit ist der Roman spannend, aber trotzdem kein richtiger Thriller. Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen, ist aber dennoch nicht trivial geschrieben. Man merkt deutlich, dass Autorin im Schreiben Erfahrung hat. Ich hatte das Buch innerhalb eines Tages durch.
Der Roman beleuchtet auch den Aspekt, der auch Thema von Terror von Ferdinand von Schirach ist. Sollte man ein Leben riskieren, um dafür mehrere andere retten zu können? Wer hat das Recht darüber zu entscheiden? In dem Fall entscheidet Zoe mit ihren Handlungen darüber und damit lastet eine schwere Verantwortung auf ihr. Es ist spürbar, was das für eine Belastung für sie ist und sie setzt mich diesem Thema auch ein wenig auseinander. Das verleiht dem Buch eine gewisse Tiefe und lässt es zu, sich selbst darüber Gedanken zu machen. Das gefiel mir sehr gut.


FAZIT:
Ein ungewöhnlicher Aufbau eines Zeitreise-Romans, der anders ist als andere Bücher dieses Genres, der aber noch mehr Seiten hätte vertragen können. Leider bleibt der Roman etwas hinter seinen Möglichkeiten. Potential war definitiv vorhanden! Es lohnt sich aber dort mal einen Blick reinzuwerfen.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.12.2016

Interessanter Ausschnitt aus Mata Haris Leben

Die Spionin
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INHALT:
Wer ist die Frau hinter dem schillernden Mythos? Paulo Coelho schlüpft in ihre Haut und lässt sie in einem fiktiven, allerletzten Brief aus dem Gefängnis ihr außergewöhnliches Leben selbst erzählen: ...

INHALT:
Wer ist die Frau hinter dem schillernden Mythos? Paulo Coelho schlüpft in ihre Haut und lässt sie in einem fiktiven, allerletzten Brief aus dem Gefängnis ihr außergewöhnliches Leben selbst erzählen: vom Mädchen Margaretha Zelle aus der holländischen Provinz zur exotischen Tänzerin Mata Hari, die nach ihren eigenen Vorstellungen lebte und liebte und so auf ihre Art zu einer der ersten Feministinnen wurde. Doch als der Erste Weltkrieg ausbricht, lässt sie sich auf ein gefährliches Doppelspiel ein.
COVER:
Es ist das erste Mal, dass ich eine gebundene Ausgabe aus dem Diogenes Verlag gelesen habe und das Buch kommt nicht nur mit dem für den Diogenes Verlag üblichen, schlichten Design auf dem Buchumschlag, sondern kann sich auch darunter sehen lassen. Denn darunter sieht es aus, wie die alten Bücher im Buchregal meiner Oma. Das hat nicht nur einen Nostalgie-Faktor, sondern gefiel mir auch ausgesprochen gut und bestärkt mich in meinem Vorhaben für nächstes Jahr mehr Bücher von Diogenes zu lesen (da schlummert ja auch noch das ein oder andere auf meinem SuB ).
MEINUNG:
Für mich war es der erste Roman von Coelho. Mir war bewusst, dass dieser sicherlich weniger vergleichbar ist mit seinen anderen bekannten Bücher Veronika beschließt zu sterben oder Der Alchimist, da es sich hier um einen biographisch geprägten Roman über Mata Hari handelt. Coelho erhebt aber keinen Anspruch darauf, dass es sich um eine vollständige, wahrheitsgemäße Biografie von Mata Hari handelt. Er nimmt sich ganz klar die Freiheiten raus, die Geschichte entsprechend anzupassen und Geschehnisse zusammenzufassen und Aspekte wegzulassen. Bis dahin habe ich zwar schon mal etwas mit Mata Hari gehört, aber wusste absolut gar nicht über die Frau.
Trotz der geringen Seitenanzahl habe ich mir Sorgen gemacht, dass das Buch vom Schreibstil sehr anspruchsvoll sein würde, aber dem war nicht so. Die ersten 100 Seiten sind nur so dahin geflogen und ich war fasziniert von der geheimnisvollen Mata Hari. Mich hat sehr überrascht, dass Coelho es gewagt hat Mata Hari ihre Geschichte selbst in der Ich-Form zu erzählen zu lassen, aber damit ist ihm gelungen so ihre Gefühle und Sichtweise deutlich besser an den Leser zu transportieren.
Ich empfand Mata Hari Erzählweise zunächst als relativ nüchtern. Im ersten Teil des Buches berichtet sie von ihrer Jugend, ihrer frühen Heirat mit einem viel älteren Mann, mit den sie dann nach Niederländisch-Ostindien geht und zwei Kinder bekommt. Man spürt frühzeitig, dass Mata Hari unbedingt raus aus der Kleinstadt und rein in die große Welt möchte. Das sollte ihr die Heirat ermöglichen. Doch Mata Hari, damals noch Margaretha Zell bzw. MacLeod (Name ihres Mannes), hat es in dieser Zeit und in ihrer Ehe nicht leicht. Sie zwingt ihren Mann zurück in die Niederlande zu gehen und beschließt dort ihre Familie zu verlassen, um nach Paris zu gehen und um frei zu sein. Dort wird sie als Tänzerin relativ schnell erfolgreich und erlangt Weltberühmtheit. Sie wird die geliebte von vielen berühmten Männern. Sex ist für sie ein Mittel, um sich ihren hohen Lebensstandard zu finanzieren. Ich finde das an sich nicht verwerflich, aber als in Frankreich der erste Weltkrieg ausbricht, erweist sich Coelhos Mata Hari als wirklich naiv und auch dann ist es ihr wichtiger gut auszusehen als den Ernst der Lage zu begreifen.
Im zweiten Teil ist Mata Hari gezwungen in die Niederland zurückzukehren, um sicher zu sein. Sie ist älter geworden und ihr einstiger Glanz verblasst langsam. Sie wurde mir aber zusehends unsympathischer, denn für sie zählten immer nur ihre Freiheit und der Erhalt ihres Lebensstandards und sie war auch nicht müde dies immer wieder zu betonen. Gefühlt war es nie genug. Natürlich war es auch in Kriegszeiten schwer für als Tänzerin irgendwo Fuß zu fassen, aber das schien sie nicht verstanden zu haben. In meinen Augen war sie unfassbar egoistisch und naiv. Auch wenn das Verlassen ihrer Familie nie wirklich Thema gewesen ist, konnte man auch keine Reue oder ein schlechtes Gewissen bei ihr spüren. Ich empfand sie als relativ gefühlskalt und berechnend. Als ihr das Geld ausgeht, stellt sie sich den Deutschen als Spionin zur Verfügung und gleichzeitig aber auch den Franzosen. Man kann ihr hier unterstellen, dass sie das tat, weil sie Frankreich, für das ihr Herz schlug nicht in den Rücken fallen wollte, aber dumm und unüberlegt war es alle mal.
Sie zum Tode zu verurteilen war in meinen Augen völlig übertrieben, aber in dem Buch wird auch geschildert, dass das Urteil der Zeit geschuldet war. Heute wäre es wahrscheinlich zu keiner Vollstreckung gekommen, denn man konnte ihr praktisch nichts nachweisen, denn Mata Hari hat gar keine aktive Spionage betrieben, sondern wahrscheinlich nur das Geld kassiert.
FAZIT:
Das Buch lädt dazu sich mit der faszinierenden Persönlichkeit Mata Haris auseinander zu setzen, zeigt selbst aber nur einen Teil ihres Lebens. Das hätte gerne noch etwas ausführlicher sein können. Mata Hari, eine Frau die definitiv schuldig war, aber den Tod absolut nicht verdient hat.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Sehr starker zweiter Teil!

Elias & Laia - Eine Fackel im Dunkel der Nacht
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INHALT (Achtung Spoilergefahr, wenn man den 1. Teil noch nicht kennt):
Das Schicksal hat Elias und Laia zueinander geführt und im Kampf gegen das Imperium geeint. Laia hat Elias vor der Hinrichtung bewahrt, ...

INHALT (Achtung Spoilergefahr, wenn man den 1. Teil noch nicht kennt):
Das Schicksal hat Elias und Laia zueinander geführt und im Kampf gegen das Imperium geeint. Laia hat Elias vor der Hinrichtung bewahrt, und als Gegenleistung hilft Elias ihr, durch die Tunnel unterhalb von Schwarzkliff zu fliehen. Der Plan: Sie wollen die Stadt verlassen und den weiten Weg durch die Wüste bis nach Kauf einschlagen. Dort sitzt Laias Bruder im Gefängnis. Um ihn zu befreien, braucht Laia Elias‘ Hilfe. Auf ihrer Flucht bleibt kaum Zeit für die Frage, was sie außer dem gemeinsamen Feind noch miteinander teilen. Doch noch immer ist da dieses Gefühl, das sie vom ersten Moment zueinander hingezogen hat.



COVER:
Das Cover reiht sich nahtlos in seiner Gestaltung an den ersten Band an. Diesmal in Weiß gehalten und vermutlich die Augenpartie von Laia zeigend. Da ich das Buch über die Lesejury zunächst nur als Skript erhalten habe, kann ich zur Innengestaltung nichts sagen.



MEINUNG:
Zweite Teile sind meistens dafür bekannt nur Zwischenteile zu sein, d.h. es passiert nicht so viel und es wird eher auf den abschließenden Höhepunkt im dritten Teil hingearbeitet. Das war hier ganz und gar nicht der Fall. Der zweite Teil hat mir insgesamt sogar noch besser gefallen als der erste Teil und der war auch schon sehr gut. Soweit ich es gehört habe, sollen sogar noch zwei weitere Bände erscheinen.



Die Reihe wird in den Jugendbuchsektor eingeordnet, weil die Protagonisten noch so jung sind, aber ich habe mich auch in diesem Teil gefragt, ob diese Einordnung wirklich angebracht ist. Auch der zweite Teil ist sehr brutal und gespickt mit vielen Machtverstrickungen, die dem Buch auch eine politische Note verleihen. Die Komplexität lässt es nicht zu, dass man das Buch einfach mal so nebenbei liest. Wichtigen Details und Zusammenhänge können einem schnell entgehen, wenn man das Buch nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit liest. Für ein Jugendbuch fand ich es sehr anspruchsvoll, was mir bereits im ersten Teil auch schon gut gefallen hat, aber manchmal auch anstrengend war, weil ich es oft abends gelesen habe. Die Brutalität und Gewalt in den Büchern finde ich für die Deklaration als Jugendbuch grenzwertig, aber dennoch sind sie bildhaft und detailliert beschrieben, dass man sich die Kampfszenen vor seinen inneren Augen vorstellen kann.



Ganz besonders gut hat mir gefallen, dass in diesem Buch neben Elias und Laia, auch Helena eine Stimme bekommen hat. Helena ist in ihrer Position für mich die Tragischste, aber auch eine der stärksten weiblichen Charaktere, die es in diesem Genre gibt. Ihre Abschnitte habe ich besonders gerne gelesen und ich wünsche mir für sie ein Happy End, auch wenn das momentan schier unmöglich scheint. Helena bringt so einige Opfer und beweist trotzdem Mut, Stärke und Rückgrat und erscheint dabei niemals verbittert oder verhärtet.



Mit Laia bin ich nicht so gut zurechtgekommen, aber im Nachhinein gesehen ist auch sie ein authentischer Charakter. Sie wird nicht plötzlich zur Superheldin, die plötzlich vor nichts mehr Angst hat und die Kräfte entwickelt, von denen man sich fragt, wo diese plötzlich herkommen. Trotzdem ist sie nicht feige und sie hat ein gutes Herz, dass für ihre Familie (was davon übrig geblieben ist) und auch für Elias schlägt. Dennoch bekommen wir hier keine von Kitsch triefende und vor allem keine dominierende Liebesgeschichte geboten. Die Zuneigungen und Gefühle der Protagonisten sind trotz allem spürbar. Elias ist für mich ein Charakter, der weiß was er will und auch danach handelt (wie bereits im ersten Teil). Er unterstützt Laia in ihrem Wunsch bedingungslos und bringt sich damit auch selbst in Gefahr. Seine Handlungen waren für mich immer nachvollziehbar, wenn auch manchmal wirklich mit Wahnsinn behaftet, aber dennoch zielbringend.



Das Buch hält einen konstanten Spannungsbogen und viele Wendungen, die ich nie vorhersehen konnte. Die Geschichte an sich in so komplex und so viele Parteien sind beteiligt, dass es viele Schauplätze und genauso viele Geheimnisse gibt. Mir gefällt sehr, dass man diese Reihe einfach nicht durchschauen und sich immer wieder überraschen lassen kann.



FAZIT:
Für mich ist es eine sehr gelungene Fortsetzung, die fast noch besser ist als ihr Vorgänger. Bis auf einen kleinen Kritikpunkt, der auch für den ersten Teil gilt, ist es für mich eine der besten und ungewöhnlichsten Reihen, die ich je gelesen habe. Sabaa Tahir gelingt es auf den gut 500 Seiten ein Spannungsniveau zu halten, welches seines Gleichen sucht. Ich freue mich auf den nächsten Band und kann diese Reihe absolut empfehlen.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Abenteuer
  • Fantasie
  • Spannung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.11.2016

Tolles Debüt!

The Girls
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INHALT:
Josephine und Freya sind beste Freundinnen. Gemeinsam besuchen sie ein englisches Eliteinternat, sind süchtig nach Leben und Erfolg. Von den anderen werden sie beneidet - alle wären gerne so wie ...

INHALT:
Josephine und Freya sind beste Freundinnen. Gemeinsam besuchen sie ein englisches Eliteinternat, sind süchtig nach Leben und Erfolg. Von den anderen werden sie beneidet - alle wären gerne so wie sie. Doch die beiden sind unzertrennlich, für eine Dritte im Bunde ist kein Platz. Bis eine verhängnisvolle Nacht alles verändert.
18 Jahre später: Josephine ist Ausgrabungsleiterin, in der ganzen Welt unterwegs und eigentlich auf der Flucht: vor sich selbst, dem Leben, vor Beziehungen. Und vor allem vor den Erinnerungen an das, was damals geschah. Nach Jahren ohne jeden Kontakt meldet sich plötzlich Freya bei ihr. Sie besteht auf ein Treffen. Und sie macht unmissverständlich klar, dass es Zeit ist, das Schweigen zu brechen.

MEINUNG:
Das Buch besteht aus zwei Zeitsträngen, die beide aus Josephines Sicht erzählt werden. Der eine Strang spielt in der Vergangenheit, 1996, und der zweite in der Gegenwart, 2014. Mir persönlich hat der Teil aus der Vergangenheit besser gefallen und war meiner Meinung nach auch etwas umfangreicher. Man bekommt hier quasi zwei Geschichten. Am Vergangenheitsteil hat mir besonders gut die Schilderung des Internatslebens gefallen und das Gefühl dafür zu bekommen unter was für einem enormen Druck die Mädchen stehen, die eine solche Privatschule besuchen. Das gilt ganz besonders für Josephine.
Um Josephines Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen, besonders Freya, zu verstehen, ist es notwendig sich ihre familiären Umstände einmal genauer anzusehen. Sie wächst relativ allein und ohne wirkliche Geborgenheit auf. Der Vater arbeitet beim Premier und ist eigentlich nie Zuhause. Hat aber im Gegenzug enorme Erwartungen an Josephine und möchte unbedingt, dass sie nach Oxford geht. 18 Jahre später arbeitet ihr Vater immer noch für den Premier, was ich mir irgendwie schwer vorstellen kann, denn die Regierung hat in der Zeit mehrfach gewechselt und mit Sicherheit auch das Personal getauscht…aber das ist eine kleine Unstimmigkeit am Rande, die mir aufgefallen ist. Josephine Mutter leidet praktisch seit Josephines Geburt an Schizophrenie und ist ihr auch keine richtige Mutter. Josephines Angst so zu werden wie ihre Mutter ist der tragende Grund, warum sie sich so verhält, wie sie es tut und warum sie verbissen für ihren Traum kämpft und in allem die Beste sein will. Ich habe mich anfangs sehr schwer getan mit Josephines Verhalten, ganz besonders nach besagter verhängnisvoller Nacht. Sie ist auf den ersten Blick unfassbar kalt und emotionslos. Sie lässt die verzweifelte Freya völlig ins Leere laufen. Für mich nur schwer nachvollziehbar, aber sie ist absolut gefangen in ihrem Denken und ihren Ängsten, die sie schlussendlich fast völlig kaputt machen.
Während der Internatszeit kommen weitere Intrigen dazu, die eine Abwärtsspirale auslöst, die für alle Beteiligten nicht unwesentliche Konsequenzen fürs ganze Leben hat. In meinen Augen hat Josephine wirklich ernsthafte psychische Probleme, die in der Gegenwart, auch ausgelöst durch den Tod ihrer Mutter, dazu führen, dass sie eine Klinik geht. Die erste vernünftige Entscheidung, finde ich.
Freya tritt bis auf das Ende des Romans nur indirekt auf und man muss sich zum größten Teil ein Bild aus den Augen und dem Gesagten von anderen von ihr machen. Allem Anschein nach ist sie das genaue Gegenteil von Josephine. Sie ist warmherzig, offener Mensch, der von vielen ab dem ersten Augenblick gemocht wird. Was wirklich in ihr vorgegangen ist, lässt sich nicht so richtig sagen, denn Jahre später betrachtet sie die Geschichte ohne Groll.
Was sicher hinter den Geschehnissen der besagten Nacht verbirgt kann man zum Teil erahnen. Dennoch kommen ganz zum Ende noch weitere Dinge ans Tageslicht, die vor allem Josephines Verhalten nochmal in ein anderes Licht rücken. Allerdings bin ich kein Freund davon, wenn konkret über das vermeintliche Geheimnis gesprochen wird und das für den Leser einfach ausgespart, wie z.B. relativ am Anfang des Romans als Josephine und Freya darüber sprechen und natürlich dann darum herum drucksen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Unterhaltung so abgelaufen ist. Ich hatte den Eindruck an der Nase herum geführt zu werden à la Ich-weiß-was-was-du-nicht-weißt. Das war mir anfänglich zu plakativ, aber das verliert sich schnell. Ich war schnell von den Geschehnissen im Internat gefesselt und konnte das Buch nicht mehr aus Hand legen. Die Autorin schafft es hier wirklich eine enorme Sogwirkung zu schaffen. Man fragt sich die ganze Zeit, was Freya denn unbedingt mit Josephine besprechen will und was wirklich vorgefallen ist. Die Auflösung kommt erst relativ spät, aber konnte mich dennoch noch verblüffen.

FAZIT:
Auch wenn ich die anfänglichen Schwierigkeiten mit Josephine bis zum Schluss nicht gänzlich ablegen konnte, hat das Buch eine unheimliche Sogwirkung entwickelt und ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen. Das macht für mich ein gutes bzw. sehr gutes Buch aus. Für einen Debütroman hat Rebecca Thornton hier eine wirklich gute Leistung abgeliefert.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.