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Veröffentlicht am 21.09.2019

Ein kleiner Ausschnitt der Hamburgischen Geschichte

Große Elbstraße 7 - Das Schicksal einer Familie
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„Große Elbstraße 7“ von Wolf Serno erzählt die Geschichte der Familie zur Haiden Ende des 19. Jahrhuderts als eine Cholera-Epidemie und Streiks im Hafen Hamburg zum Stillstand gebracht haben. Erschienen ...

„Große Elbstraße 7“ von Wolf Serno erzählt die Geschichte der Familie zur Haiden Ende des 19. Jahrhuderts als eine Cholera-Epidemie und Streiks im Hafen Hamburg zum Stillstand gebracht haben. Erschienen ist der Roman im September 2019 im Aufbau-Verlag.


Hamburg, Sommer 1892: Im Gängeviertel und im Hafen erkranken immer mehr Arbeiter. Es ist die Cholera, die Hamburg erfasst, denn die arme Bevölkerung bezieht ihr Wasser direkt aus der Elbe. Lange möchte die Stadt der Wahrheit nicht ins Auge blicken und so kümmert sich nur der junge Arzt Johannes Dreyer um die Patienten. An seiner Seite ist die junge Viktoria zur Haiden, die eigentlich in Lübeck bei einem Lehrerinnenseminar sein sollte. Beide haben sich kurz zuvor ineinander verliebt und so hat sich die junge Arzttochter der gerechten Sache ihres Geliebten angeschlossen. Als die Stadt Hamburg die Augen nicht mehr vor der Wahrheit verschließen kann, werden auch Ärzte aus dem Krankenhaus in Eppendorf in die Krankheitshochburgen geschickt. Unter Ihnen ist Professor Carl Heinrich zu Haiden, der nicht sehr erfreut darüber ist, als er seine Tochter in den ärmsten Vierteln Hamburgs wiederfindet.

Hamburg und Lübeck in einem Klappentext und dann ist es auch noch ein historischer Roman. Da kann ich schlecht Nein sagen, auch wenn sich eine etwas kitschige Liebesgeschichte angedeutet hat. Im letzten Jahr musste ich lernen, dass die Klappentexte manchmal deutlich kitschiger daher kommen als die Geschichte letztendlich ist und an der Historie meiner Heimat bin ich immer interessiert.
Ich bin schnell in die Geschichte reingekommen und habe mich sofort nach Hamburg versetzt gefühlt. Viele Orte und Straßennamen waren mir bekannt und die einfachen, aber eindrücklichen Beschreibungen haben ihr Übriges dazu beigetragen. Der gesamte Roman ist viel von wörtlicher Rede getragen, was typisch für das Genre der Familiensagas zu sein scheint.
Die erste Hälfte des Romanes fand ich sehr spannend, denn hier war sehr viel Wissen enthalten. Es wird beschrieben, wie und warum sich die Cholera in Hamburg ausbreiten konnte, wir erfahren etwas über die Diagnose und den Verlauf der Krankheit und welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um der Epidemie Einhalt zu gebieten. Im weiteren Verlauf geht es dann über zur Ausbildung der Krankenschwestern und der Erfindung neuer Behandlungsmethoden. Darüber hinaus haben auch Themen wie Gleichberechtigung und bessere Arbeitsbedingungen sowie Bezahlung durch den Streik im Hamburger Hafen Einzug in den Roman gehalten. Viele spannende Themen, die für meinen Geschmack teilweise etwas zu kurz behandelt wurden, was insbesondere auf den Streik und dessen Auflösung zutrifft.
Die zweite Hälfte des Buches befasst sich dann für mich gefühlt nur noch mit der Geschichte der Familie zur Haiden und der Auflösung der losen Enden. Hierzu gehören Schicksalsschläge, Intrigen und Affären. Wir erfahren hier durchaus noch weiteres über die Arbeit als Krankenschwester und den Konflikt, der zwischen der Oberin der Krankenschwestern und der Krankenhausleitung herrschte, aber dies war für mich eher am Rande. Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall, dass die Liebesgeschichten zwar teilweise kitschig waren, für mich aber glücklicherweise nicht überhand genommen haben, so dass ich das noch ganz gut ertragen konnte.
Mit den Personen im Buch habe ich mitgefiebert, auch wenn mich die Geschichte von Viktoria am meisten interessiert hat. Eine Frau, die sich über die Wünsche ihrer Familie hinweggesetzt hat und ihren eigenen Weg gegangen ist. Diesen Weg werden sicher nicht unbedingt viele gewählt haben, aber ich bin mir sicher rebellische Töchter und Söhne gab es schon immer.
Bennos Geschichte war auch interessant. Seine künstlerische Ader hat ihn an interessante Orte und Personen geführt, die für einen Sohn aus guter Familie eher ungewöhnlich sind. Ich habe gerne in die Kneipen und Etablissements auf St. Pauli Ende des 19. Jahrhunderts hinein geschnuppert.
Abgerundet wird der Roman durch ein kurzes Vorwort, das kleinere Änderungen erläutert und einem Personenverzeichnis sowie einer Danksagung am Ende des Buches. Ich hätte mir ein ausführlicheres Nachwort gewünscht und gerne noch mehr über die Recherche erfahren. Was ich von wikipedia in der Danksagung halten soll, weiß ich nicht so recht. Ich hoffe, es diente nur dem Einstieg in eine tiefergehende Recherche.

Fazit: Eine starke erste Hälfte mit viel interessanten Wissen, dass in der zweiten Hälfte leider in eine reine Familiengeschichte abdriftet. Empfehlenswert für alle, die Familiensagas gerne mögen und gut unterhalten werden wollen. Für Leser so wie mich, die gerne mit viel Wissen verpackt in einer guten Geschichten zugeballert werden, immer noch ein interessantes Buch, aber keines, dass auf voller Linie begeistern kann.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Rezension zu „Nanos - Sie kämpfen für die Freiheit“ von Timo Leibig

Nanos - Sie kämpfen für die Freiheit
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Timo Leibig hat mit „Nanos – Sie kämpfen für die Freiheit“ den zweiten Teil der Malek Wutkowski-Reihe veröffentlicht. Die Geschichte rund um die Bevölkerung beeinflussende Nano-Partikel wird weiter erzählt. ...

Timo Leibig hat mit „Nanos – Sie kämpfen für die Freiheit“ den zweiten Teil der Malek Wutkowski-Reihe veröffentlicht. Die Geschichte rund um die Bevölkerung beeinflussende Nano-Partikel wird weiter erzählt. Erschienen ist der Roman im Mai 2019 bei penhaligon.

Achtung: Zweiter Teil einer Reihe, daher Spoiler-Gefahr.

Deutschland, 2029: Deutschland befindet sich nach wie vor unter dem Einfluss der Nano-Partikel und eine neue Generation der Nano-Bots steckt in den Startlöchern. Die Rebellen müssen sich beeilen, wenn sie die Herrschaft von Johann Kehlis beenden wollen. Sie haben einen gewagten Plan, der alles von ihnen abverlangt.
Der Ex-Sträfling Malek Wutkowski ist nicht mehr bei der Rebellion. Nachdem er herausgefunden hat, dass sein Bruder Dominik noch immer lebt, setzt er alles daran, ihn aus den Fängen des Regimes zu befreien. Dies wird nicht einfach. Denn um ihn zu befreien, muss er ihn töten.

Nach dem offenen Ende aus Teil 1 wollte ich natürlich unbedingt wissen, wie es mit den Rebellen weiter geht und ob sie Johann Kehlis und seine Nano-Partikel stoppen können und auch der Handlungsstrang um Malek Wutkowski und seinen Bruder versprach noch einiges an Potenzial.
Das Buch geht daher nach einer kurzen Zusammenfassung der Ereignisse aus dem vorherigen Band in die Vollen. Die Spannung ist hoch und an Action fehlt es auch nicht. Diese Sequenzen wechseln sich mit einigen ruhigeren Szenen ab, die uns noch mehr über das Regime und die Nanos verraten, aber nicht minder spannend sind.
In dieser Hinsicht hat dieser zweite Teil einen Wunsch von mir erfüllt und irgendwie ist es mir immer noch nicht genug. Man erfährt zwar mehr, aber ich hätte es gerne detaillierter gehabt. Ich hätte gerne tiefere Einblicke in Johann Kehlis und die Konfessoren der ersten Generation gehabt. Dennoch muss man festhalten, dass man definitiv mehr über die Nanos erfährt, wie sie hergestellt werden und wie sie wirken und welche Verbesserungen die zweite Generation mit sich bringt. Für viele dürfte das schon genug und ausreichend sein. Das ist tatsächlich so ein Ding von mir, dass ich gerne mit Informationen zugeballert werde.
Jannah Sterling und ihre Mutter sind mir im ersten Band teilweise auf die Nerven gegangen, dies ist in diesem Band nicht mehr so extrem. Der Beschützerinstinkt der Mutter ist auch diesmal ausgeprägt, aber ich fand ihn nicht mehr so überbordend und fordernd. Jannah ist weiterhin eine Vollblutrebellin, der kein Plan zu gefährlich ist und sie ist dementsprechend bereit Opfer zu bringen. Malek Wutkowski weiß auch in diesem Band mit seinen speziellen Fähigkeiten zu überzeugen. Er ist bereit Risiken einzugehen, tut dies aber immer mit bedacht und kann seine Chancen gut abschätzen. Was mich ein bisschen gestört hat, ist, dass sich sein Bruder Dominik recht leicht von ihm vorführen lassen hat, zumindest im ersten Teil des Buches. Die gesamte Entwicklung von Dominik Wutkowski hat mir aber gut gefallen. Man hat einen guten Einblick in seine Denkweise und den entstehenden Konflikt in seinem Kopf bekommen.
Das Ende des Buches hat mich überrascht und auch ein wenig ratlos zurückgelassen. Für mich ist die Geschichte noch nicht abgeschlossen und hier steckt viel Potenzial für ein weiteres Buch. Bisher habe ich allerdings von keinem dritten Teil gelesen. Es gibt eine Danksagung ohne weiterführende Informationen. Im ersten Band wurde zumindest erwähnt, dass Timo Leibig mit Wissenschaftlern zusammen gearbeitet hat und seine Vision durchaus Parallelen zur echten Forschung aufweist. Ich hätte hierzu sehr gerne Genaueres gewusst. Für mich macht es ein Szenario realistischer und greifbarer. Es hebt die Grenze zwischen Fiktion und Wahrheit ein bisschen auf und macht es so für mich noch spannender bzw. ein bisschen gruseliger.

Fazit: Für Fans von actionreichen Thrillern, die nicht mit zu vielen wissenschaftlichen Erklärungen überschüttet werden wollen und eine gute Verfolgungsjagd zu schätzen wissen, ist es genau das richtige Buch. Für mich fehlte ebenjene wissenschaftliche Tiefe und so war der „Gruselfaktor“ des Szenarios mit den beeinflussenden Nanos nicht ganz so hoch wie er hätte sein können. Alles in allem für mich aber dennoch unterhaltsam.

Veröffentlicht am 08.06.2019

Thriller mit Verfolgungsjagd und viel Action

Speed of Sound - Das Echo der Erinnerung
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Bei „Speed of Sound – Das Echo der Erinnerung“ von Eric Bernt handelt es sich um den ersten Teil einer Dilogie, in der es um die Erfindung eines Autisten geht, die die Welt grundlegend verändern könnte. ...

Bei „Speed of Sound – Das Echo der Erinnerung“ von Eric Bernt handelt es sich um den ersten Teil einer Dilogie, in der es um die Erfindung eines Autisten geht, die die Welt grundlegend verändern könnte. Erschienen ist der Thriller bei Edition M von amazon publishing im Januar 2019.

Eddie Parks träumt schon sein ganzes Leben davon einmal die Stimme seiner Mutter zu hören, die bei seiner Geburt gestorben ist. Er ist Autist und hochbegabt und er arbeitet seit Jahren an seiner Erfindung, der „Echo-Box“, die die Töne aus der Vergangenheit wieder hörbar machen soll. Dies ist nur möglich, weil er im Harmony House, einer geheimen Regierungseinrichtung, lebt. Die Motive dieser Einrichtung sind alles andere als uneigennützig, denn wenn die Erfindung funktioniert, gibt es keine Geheimnisse mehr auf der Welt. Deutliche Entwicklungen zeichnen sich ab, als die junge Ärztin Skylar Drummond in das Leben von Eddie tritt und als diese die wahren Hintergründe hinter der Förderung erfährt, entwickelt sich eine spannende Verfolgungsjagd.

Diesen Roman habe ich von der Leipziger Buchmesse mitgebracht im Tausch für ein anderes Buch aus meinem lovelybooks-Beutel. Das war defintiv ein guter Tausch, denn der Klappentext klang spannend und versprach mit der „Echo-Box“ auch ein wenig wissenschaftlich zu werden und wer mich kennt, weiß, dass ich sowas ganz gerne mag.
Der Start war etwas holprig, weil mich gerade am Anfang des Buches das ein oder andere Klischee direkt angesprungen hat. Da wird es beispielsweise als männlich angesehen, wenn man als Frau an einer beruflichen Karriere interessiert ist oder da gibt es den Sicherheitschef einer Regierungseinrichtung, der von sich selbst behauptet, dass er einen wunderbaren Kriminellen abgeben würde. Wenn man davon mal absieht, hat mir der Schreibstil ganz gut gefallen und die kurzen Kapitel geben dem Thriller ein gewisses Tempo, so dass man gut vorankommt.
Der Spannungsbogen wird erst allmählich aufgebaut. Im ersten Drittel des Buches lernt man die Akteure dieses Thrillers nach und nach kennen. Die Geschichte plätschert vor sich hin und man erfährt etwas zu den Hintergründen von Eddies Erfindung und über Autismus – zumindest die wissenschaftliche Betrachtung davon. Nach diesem ersten Drittel steigt die Spannung aber rasant an und eine für Thriller recht typische Verfolgungsjagd entspinnt sich.
Den Umstand des Autismus hat der Autor in diesem Falle geschickt für sich genutzt. Ich hätte gerne noch mehr Wissenschaftliches über Schallwellen erfahren und wie dies möglicherweise zu einer Erfindung wie der Echo-Box führen könnte, da aber Eddie der Erfinder ist und dieser durch seinen Autismus in der Interaktion mit anderen stark eingeschränkt ist, erfährt man hierzu eher weniger.
Skylar Drummond ist eine engagierte Ärztin, die sich insbesondere für Autisten interessiert. Sie hat eine sehr einfühlsame Art und kann so das Vertrauen von Eddie Parks erringen. Diese Entwicklung habe ich gerne mitverfolgt, denn sie behandelt Eddie niemals herablassend, sondern immer respektvoll.
Inwiefern so eine Entwicklung realistisch ist, kann ich schwer beurteilen und auch, ob hier Autismus gut repräsentiert wurde, kann ich schwer nachvollziehen. (Hier merkt man wieder den Einfluss von twitter. ;) ) Es gibt nur eine kurze Danksagung, die nicht wirklich Aufschluss darüber gibt, wie intensiv der Autor sich mit diesem Thema beschäftigt hat, was ich wiederum schade finde. Aber vielleicht gibt es hierzu im zweiten Teil mehr.
Auch Fans von Verschwörungstheorien kommen in diesem Buch auf ihre Kosten, aber allzu viel möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Neben den Akteuren, mit denen man gerne mitfiebert, gibt es auch weniger sympathische Figuren. Auftragsmorde sind ein häufig genutztes Mittel der Wahl, wenn eine Person ihren Zweck erfüllt hat oder unangenehm wird. Die Zutaten, die einen interessanten und spannenden Thriller ausmachen, wurden hier also allesamt mehr oder weniger bedient.

Fazit: Insgesamt ein solider Thriller, der einen durch seine kurzen Kapitel schnell durch das Buch trägt, aber mir persönlich zu wenig wissenschaftlich war. Fans von Thrillern, die auf Action setzen, sind hier an der richtigen Adresse.

Veröffentlicht am 01.06.2019

Rezension: „Die Schriftenhändlerin“ von Brenda Vantrease

Die Schriftenhändlerin
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In „Die Schriftenhändlerin“ erzählt Brenda Ventrease vom Lollardentum im 15. Jahrhundert und dem Prozess gegen Lord Cobham. Der Roman wurde von blanvalet neu aufgelegt und ist im April 2019 erschienen. ...

In „Die Schriftenhändlerin“ erzählt Brenda Ventrease vom Lollardentum im 15. Jahrhundert und dem Prozess gegen Lord Cobham. Der Roman wurde von blanvalet neu aufgelegt und ist im April 2019 erschienen.

Prag, 15. Jahrhundert: Anna ist eine begabte Schreiberin, die zusammen mit ihrem Großvater Finn verbotene Übersetzungen religiöser Schriften anfertigt. Doch diese Arbeit wird immer gefährlicher, da der Klerus damit beginnt, die Lollarden und die Anhänger der Schriften Wycliffes zu verfolgen. Als es die ersten Toten gibt und ihr Großvater stirbt, flieht Anna aus Prag. In Frankreich begegnet Sie dem Händler Van Cleve und die beiden verlieben sich ineinander. Doch Van Cleve spielt ein doppeltes Spiel, dass ihre Liebe und ihr Leben bedroht.
Bruder Gabriel wird von Erzbischhof Arundel nach Cooling Castle und die nahe gelegene Abtei entsendet. Er soll Beweise beschaffen, die Lord Cobham seines ketzerischen Tuns überführen und ihn unweigerlich in den Tod führen sollen. Bei dieser Aufgabe gerät Bruder Gabriel in einen Zwiespalt, der seinen Glauben auf eine harte Probe stellen soll.

Bei diesem Roman handelt es sich um den zweiten Teil einer Reihe. Dies habe ich allerdings erst erfahren als ich nach dem Lesen, die ein oder andere Rezension gelesen habe. Fürs Verständnis dieses Buches ist der erste Teil also nicht zwingend notwendig.
Der Schreibstil hat mir soweit gut gefallen, allerdings wirkte die Übersetzung gerade anfangs etwas ungelenk und manche Umschreibung war mir ein wenig zu blumig. Es waren so einige Fehler im Buch zu finden. Ich weiß nicht, ob das im gedruckten Buch auch so ist oder ob dies der Umwandlung ins kindle-Format geschuldet ist. Ganz oft gab es kein Leerzeichen zwischen dem Punkt und dem nächsten Satz.
Die Geschichte insgesamt hat sich für mich teilweise sehr gezogen, so dass ich einiges quer gelesen habe. Ich denke, hier hätte man sich auch kürzer fassen können. Der Unterschied zwischen der kirchlichen Lehrmeinung und den Lehren Wycliffes wurde sehr ausführlich dargestellt. Darüber hinaus hat man auch einiges über das Leben der Roma erfahren, was ich sehr interessant fand.
Bruder Gabriel war in diesem Roman eine sehr schwer zu fassende Person für mich. Auf der einen Seite war er nachsichtig mit Sündern und hat ihnen Barmherzigkeit zuteil werden lassen, weil er selber nicht zu 100% hinter dem Handel mit den Ablassbriefen steht, andererseits konnte er aber auch sehr hart sein und hat die Lehren seiner Kirche vehement verteidigt, die dennoch im Laufe des Romanes deutlich ins Wanken geraten. Diesen Prozess zu verfolgen fand ich sehr spannend.
Anna, die Schriftenhändlerin, war mir durchgehend sympathisch, auch wenn mir ihre lose Zunge so manches Mal auf die Nerven ging. Sie ist die Person, die neben Lady und Lord Cobham, Einblick in die Überzeugungen der Lollarden gibt.
Ich persönlich hätte mir einen größeren historischen Anteil gewünscht, aber der Klappentext hat auch nicht mehr als das religiöse Thema versprochen und so steht die Geschichte rund um Anna und Gabriel im Vordergrund, während die Geschichte der Verurteilung Lord Cobhams zwar einen wichtigen Part des Romanes ausmacht, aber in gewisser Weise auch in den Hintergrund rückt.
Das Bild, das in diesem Roman von Romantik vermittelt wurde, fand ich sehr fragwürdig. Jemand hört an den Stimmen, dass diese perfekt zusammen passen und füreinander bestimmt sind oder auch die Liebe auf den ersten Blick, die aber nur an Äußerlichkeiten fest gemacht wird. Ich mag durchaus Liebesgeschichten und es darf auch ein bisschen kitschig werden, aber das war mir schon zu viel des Guten.
Ein Personenverzeichnis sucht man in diesem Roman vergeblich, aber die Personenanzahl ist überschaubar. Ein kurzes Nachwort klärt über die Arbeitsweise und die Quellen der Autorin auf.

Fazit: Ein sehr durchwachsener historischer Roman, der einen die Lehren Wycliffes und der Lollarden ausführlich näher bringt. Für meinen Geschmack zu ausführlich, aber wer dem nicht abgeneigt ist und dramatische Liebesgeschichten mag, dem sei dieser Roman ans Herz gelegt.

Veröffentlicht am 18.05.2019

Rezension zu „Die Zarin und der Philosoph“ von Martina Sahler

Die Zarin und der Philosoph (Sankt-Petersburg-Roman 2)
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„Die Zarin und der Philosoph“ von Martina Sahler ist ein Roman über Katharina die Große und die Blütezeit von St. Petersburg, das zu diesem Zeitpunkt erst 60 Jahre existiert. Dieser ist Anfang Mai im List-Verlag ...

„Die Zarin und der Philosoph“ von Martina Sahler ist ein Roman über Katharina die Große und die Blütezeit von St. Petersburg, das zu diesem Zeitpunkt erst 60 Jahre existiert. Dieser ist Anfang Mai im List-Verlag erschienen und der zweite Teil aus der St. Petersburg Reihe.

St. Petersburg, 1762: Nach dem Tod Zar Peter III. krönt sich Katharina selber zur Zarin. Sie hat eine Vision und möchte Russland in ein neues Zeitalter überführen und Europa zeigen wie fortschrittlich ihre Heimat ist. Die Förderung der Bildung und Kunst ist ihr dabei wichtig, doch von ihrer Macht möchte sie nichts abgeben und auch an der Grundordnung Russlands aus Reichen und Leibeigenen rüttelt sie nicht.
Stephan Mervier ist ein Philosoph, der von Friedrich II als Spion an den Zarenhof entsendet wird. Er ist beeindruckt von der Zarin und geblendet von der Moderne St. Petersburg. Dennoch bekommt er auch die Missstände im Land mit und schließt sich letztendlich einem philosophischen Zirkel an, der die Unterdrückung im Land beenden will.

Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, denn „Weiße Nächte, weites Land“, in dem es um die deutschen Auswanderer nach Russland geht, hat mir sehr gut gefallen und schon damals hätte ich gerne mehr über Katharina die Große erfahren.
Diesem Anspruch wird die Autorin gerecht, denn in diesem Roman nimmt Katharina die Große eine zentrale Rolle ein und wir sind hautnah dabei wie sie vom Peterhof und vom Winterpalast aus Russland regiert. Es wird ein opulentes Bild der Gesellschaften und der Personen erschaffen, die die Zarin um sich scharrt, um ihre Vision eines modernen Russlands lebendig werden und nach außen transportieren zu lassen.
St. Petersburg als moderne, europäische Stadt nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Martina Sahler hat diese Stadt mit ihren Beschreibungen lebendig werden lassen und ich habe Lust darauf bekommen, diese Stadt einmal zu den weißen Nächten im Sommer, in denen es nie ganz dunkel wird, zu besuchen.
Der Roman ist sehr von Politik bestimmt, was für meinen Geschmack leider schon zu viel war. Es ist spannend zu sehen, wie Katharina von St. Petersburg aus mit viel Verstand und Geschick das Bild von ihr und Russland in Europa beeinflusst und auch ihre Motive für Russland und ihr Volk sind durchaus gute, wäre da nicht der Kontrast, dass sie dennoch absolut herrschen möchte. Dieser Widerspruch ist ein ganz zentraler Punkt des Romanes und hieraus ergibt sich der Widerstand, der sich gegen sie bildet.
Ich hätte gerne mehr vom Russland außerhalb St. Petersburgs gesehen. Der Fokus liegt mir zu sehr auf dieser Stadt, was einerseits natürlich nur folgerichtig ist, denn es ist ein Roman über ebenjene Stadt. Die Perspektive der Leibeigenen ist vorhanden, aber ich hätte mir diese ausführlicher und intensiver gewünscht. Die Armut und die Verzweiflung dieser Menschen war für mich nicht greifbar.
Das Leben der Personen in diesem Buch habe ich gerne verfolgt, aber wirklich für sich einnehmen konnte mich keine Person. Es gibt den Künstler, der sich von seiner Familie lossagt und zuerst unter einem Pseudonym seine Werke veröffentlicht. Es gibt das Paar, das nach St. Petersburg aufbricht und sich dort in unterschiedliche Richtungen entwickelt oder auch die Philosophen, die mit Katharina der Großen debattieren. Ein durchaus interessanter Mix, aber ich bin dennoch eher eine unbeteiligte Beobachterin geblieben. Gerade die Liebesgeschichten, die sich im Laufe entwickeln, waren für mich kaum greifbar und konnten mich nicht für sich einnehmen.
Die historischen Fakten hat die Autorin allerdings gut mit der Fiktion verwebt, was diese in einem ausführlichen Nachwort erläutert. Insofern habe ich auf jeden Fall das Gefühl, dass hier ein authentisches Bild erschaffen wurde. Jeder Zeile des Buches merkt man an, dass die Autorin eine besondere Verbindung zur Stadt St. Petersburg hat. Ausgestattet ist der Roman zusätzlich noch mit einem Personenverzeichnis und Kartenmaterial.

Fazit: Ein authentischer historischer Roman über St. Petersburg und Katharina die Große, der gut recherchiert ist, allerdings nicht auf ganzer Linie überzeugen kann. Für mich persönlich war dieser zu politisch und ich hätte gerne mehr über die ganz armen Menschen in der russischen Bevölkerung erfahren. Wer genau dies mag und darüber hinaus, an der Geschichte der Zarin interessiert ist, für den ist dieser Roman genau richtig.