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Veröffentlicht am 25.10.2019

Die Macht der Symbole

Das schwarze Mal
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Eigentlich ist die Stadt der Türme ein Relikt einer längst vergangenen Zeit und Zivilisation. In den Türmen finden sich hinter vermeintlich sicher verschlossenen Türen Artefakte, die wie Zeitkapseln etwas ...

Eigentlich ist die Stadt der Türme ein Relikt einer längst vergangenen Zeit und Zivilisation. In den Türmen finden sich hinter vermeintlich sicher verschlossenen Türen Artefakte, die wie Zeitkapseln etwas über diejenigen verraten, die damals gelebt haben. Rafik ist zwölf als auf seinen Fingerkuppen schwarze Symbole auftauchen. Was man in seinem Heimatdorf für einen Fluch hält, ist in der Stadt der Türme äußerst nützlich. Denn die schwarzen Symbole kennzeichnen ihn als Puzzler, jemand der die Codes verschlossener Türen knacken und diese öffnen kann. An dem Tag, an dem Rafik sein Dorf verlassen muss, beginnt für ihn eine abenteuerliche Reise, die ihn mitten zwischen die Kämpfe der Gilden in der Stadt der Türme bringt.

Mit „Das schwarze Mal“ erschafft Eyal Kless ein Science-Fictionabenteuer auf mehreren Ebenen. Zu Beginn der Geschichte tritt Funkelauge als Ich-Erzähler auf. Auf seiner Suche nach dem Puzzler Rafik trifft er die kampfeslustige Vincha, die wiederum Rafiks Geschichte erzählt, wodurch eine Geschichte innerhalb der Geschichte und damit eine Metaebene entsteht. Vincha nimmt dabei eine allwissende Erzählerposition ein, was dafür sorgt, dass man die Ereignisse um Rafik ebenso genau verfolgen kann, wie die Handlung aus Funkelauges Perspektive.

Die erzählte Welt ist von Metall, Technik und Verfall geprägt, was sich auch in der Sprache und im Verhalten der Figuren äußert. Die Sprache ist dementsprechend rau und von Kraftausdrücken geprägt. Diese sind allerdings nicht nur aus unserem Alltag gegriffen, sondern der erzählten Welt angepasst. Ein beliebtes Schimpfwort ist beispielsweise „Rost“. Auch das Verhalten der Figuren passt mit seiner Kälte und Schnoddrigkeit in die Welt, in der sich eigentlich nur jeder selbst der nächste ist. Selbst wenn die Erzählung in sich stimmig ist und funktioniert, muss man sich auf den Ton zu Beginn einlassen und sich ein wenig daran gewöhnen.

Veröffentlicht am 26.09.2019

Die Chroniken aus tausendundeiner Nacht

Der Untergang der Könige
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Khirin stammt aus den Armenvierteln von Quur und schon so einiges erlebt. Aufgewachsen ist er mit Abenteuergeschichten, die er als junger Mann gemeinsam mit seinem Vater selbst in zwielichtigen Kneipen ...

Khirin stammt aus den Armenvierteln von Quur und schon so einiges erlebt. Aufgewachsen ist er mit Abenteuergeschichten, die er als junger Mann gemeinsam mit seinem Vater selbst in zwielichtigen Kneipen vorträgt. Als er versklavt wird, erzielt sein Verkauf auf dem Sklavenmarkt eine Rekordsumme. Warum ihn jemand für einen so hohen Preis kauft, versteht er selber nicht. Und nun sitzt er in einer Gefängniszelle und erzählt einer Gestaltwandlerin seine Geschichte.

Ein bisschen erinnert „Der Untergang der Könige“ von Jenn Lyons an die Märchen aus tausendundeiner Nacht. Nur, dass hier nicht Scheherezade erzählt, sondern ein junger Mann, der sich seine eigene Geschichte selbst nicht so ganz erklären kann. Und während er in seiner Kerkerzelle sitzt und erzählt, steigt seine Bewacherin Klaue mit in die Geschichte ein, was die Lücken von Khirins Erzählung füllt. Die Autorin verbindet so ziemlich geschickt zwei Sichtweisen auf einen Handlungsstrang, was dazu führt, dass Protagonist Khirin deutlich differenzierter dargestellt wird. Und dann kommt noch der Chronist D'Lohr hinzu, der beide Erzählperspektiven mit Fußnoten versieht, wodurch Jenn Lyons Khirins und Klaues Geschichten auf eine Metaebene hebt.

Erzählerisch hat „Der Untergang der Könige“ einiges zu bieten. Und auch an Charakteren hat die Autorin nicht gespart. In Anbetracht des Seitenumfangs ist es daher manchmal nicht ganz einfach, beim Lesen den Faden zu behalten. Allerdings sorgt dies auch dafür, dass man der Geschichte deutlich konzentrierter folgt, was allerdings auch nicht schwer ist, denn Jenn Lyons beweist nicht nur erzählerisches Können, sondern zeigt auch, dass sie den fantastischen Weltenbau bestens beherrscht.

Veröffentlicht am 20.09.2019

Wo Rauch ist

Kingdoms of Smoke – Die Verschwörung von Brigant
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Man kann nicht gerade behaupten, dass sich die beiden Königreiche Pitoria und Brigant friedlich gesinnt sind. Genau genommen ist vor allem Brigant keinem Königreich friedlich gesinnt. Inmitten dieser Spannungen ...

Man kann nicht gerade behaupten, dass sich die beiden Königreiche Pitoria und Brigant friedlich gesinnt sind. Genau genommen ist vor allem Brigant keinem Königreich friedlich gesinnt. Inmitten dieser Spannungen versuchen fünf junge Leute ihren Weg zu finden. Die brigantische Prinzessin Catherine, die den pitorianischen Thronfolger heiraten soll, aber eigentlich ihren Leibgardisten Ambrose liebt, der wiederum wegen Verrats gesucht wird. March, ein Diener, der den Untergang seines Volkes rächen möchte, der Dieb Edyon, der von seiner wahren Herkunft erfährt, und dann ist da noch die Dämonenjägerin Tash, die als erste entdeckt, dass hinter Damönenrauch mehr steckt, als sie alle je vermutet hätten. Und plötzlich haben diese fünf das ganze Schicksal ihrer Welt in der Hand.

In „Kingdoms of Smoke – Die Verschwörung von Brigant“ sind nicht nur fünf junge Leute für das künftige Schicksal der Königreiche verantwortlich, die Geschichte wird auch abwechselnd aus fünf Perspektiven erzählt. Dabei gelingt es Sally Green jedem Charakter eine eigene Stimme zu geben, ohne, dass der Lesefluss gestört wird oder man den jeweiligen Faden eines Handlungsstrangs verliert. Allerdings ist man durch die verschiedenen Sichtweisen den Protagonisten immer ein Stück voraus und kann sich ab etwa zwei Dritteln des Buches ungefähr ausrechnen, was passieren wird. Nichtsdestotrotz hält die Autorin das Spannungslevel relativ hoch, was auch an den Charakteren liegt, von denen man unbedingt wissen möchte, wie es für sie weitergeht. Hinzu kommt, dass Sally Green quasi im Vorbeigehen oder im Vorbeischreiben diverse Charaktere schafft, die sich ohne jede Hervorhebung in die Handlung einfügen.

Mitleid mit ihren Haupt- und Nebencharakteren kann man der Autorin dabei nun wirklich nicht vorwerfen. Die Geschichte beginnt mit einer Hinrichtung und frei nach dem Motto „Leichen pflastern seinen bzw. ihren Weg“ erleben einige der Charaktere das Ende der Geschichte nicht mehr. Dabei schreckt Sally Green auch vor Grausamkeiten nicht zurück, die deutlich beschrieben werden. Was für den Leser stellenweise hart zu ertragen ist, führt aber dazu, dass die Umstände und Bedingungen der erzählten Welt umso deutlicher werden. Die fünf Protagonisten sind in diesem Zusammenhang auf sich allein gestellt, können niemandem trauen, was die Verzweiflung ihrer Situation besonders betont. Das Buch ist zwar als Jugendbuch ausgezeichnet, was auch am Alter der Protagonisten liegen mag, allerdings erscheinen die Grausamkeiten für ein Buch, das sich an Jugendliche wendet, doch etwas viel. Für junge Erwachsene dagegen bietet die Geschichte schon eher spannenden Fantasy-Lesestoff.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Das literarische Reinheitsgebot

Bier mit Schuss
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Das Reinheitsgebot von 1516 ist eindeutig: In Deutschland darf zur Herstellung von Bier nur Malz, Hopfen, Wasser und Hefe verwendet werden. Da sich die Herstellung von Bier seit 1516 aber etwas verändert ...

Das Reinheitsgebot von 1516 ist eindeutig: In Deutschland darf zur Herstellung von Bier nur Malz, Hopfen, Wasser und Hefe verwendet werden. Da sich die Herstellung von Bier seit 1516 aber etwas verändert hat, ist auch das Reinheitsgebot entsprechend angepasst worden. Und auch ein Bier mit Schuss ist immer noch ein Bier, auch, wenn es etwas mehr Alkohol enthält als üblich. Aber was ist, wenn man den Schuss nicht auf einen alkoholischen Zusatz bezieht? Dann wird es wohl kriminell. So wie in den Geschichten der Autoren, die in der Anthologie „Bier mit Schuss“ ihre Bierleichen munter in der Weltgeschichte verteilen.

Sitzen ein paar Autoren beim Glühbier zusammen… Kein Witz, sondern Realität. Nach einer Lesung saßen Krimiautor Joachim H. Peters und ein paar seiner Kollegen anschließend beim Glühbier zusammen und fragten sich, warum Bier in Krimis eigentlich so selten vorkommt. „Eigentlich müsste man da mal eine Geschichte darüber schreiben“, meinte Joachim H. Peters damals. Verleger Rolf Wagner vom Prolibris Verlag war schnell ins Boot geholt. Einzige Bedingung: Joachim H. Peters sollte Herausgeber der kriminellen Biergeschichten „Bier mit Schuss“ werden. Dreizehn weitere Bier- und Krimibegeisterte Autorenkollegen waren schnell gefunden, wobei die Aufgabe lediglich lautete eine kriminelle Geschichte rund um das Thema Bier und Mord zu schreiben. Zeitliche und regionale Beschränkungen gab es nicht, weshalb manche Leichen eben in Paderborn liegen und andere im georgianischen London. Den Klappentext für „Bier mit Schuss“ hat übrigens Bernds Stelter geschrieben, auch wenn er nur acht Stunden Zeit dafür hatte und lediglich bis Seite 112 gekommen ist.

„Bier mit Schuss“ macht deutlich, dass der Genuss des hopfenhaltigen Getränks krimineller und literarischer sein kann, als man eigentlich denkt. Dabei muss das Bier nicht immer eine zentrale Rolle im Rahmen des fiktiven Verbrechens einnehmen, sondern kann auch nur eine Randerscheinung innerhalb der Geschichte sein. Das Besondere am Buch: Brauereien können sich das Cover personalisieren lassen, also einen Teil der Auflage kaufen und ihr Logo auf den vorne abgebildeten Bierkrug setzen und es dann in ihren Shops und Präsentkörben anbieten. Allerdings ist das Buch nicht nur etwas für Bierfans, sondern vor allem für Krimifreunde. Die Geschichten sind mal ein Ausflug Richtung Thriller, mal eher humorvoll oder auch historisch angehaucht, sodass „geschmacklich“ für jeden etwas dabei ist.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Kenne dich selbst

Die Spiegelreisende 2 - Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast
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Wem kann Ophelia noch vertrauen? Ihr Kennenlernen mit dem Hausgeist des Pols, Faruk, ist gründlich schief gegangen. Nicht, weil Ophelia sich tollpatschig angestellt hätte, sondern einfach, weil Faruk an ...

Wem kann Ophelia noch vertrauen? Ihr Kennenlernen mit dem Hausgeist des Pols, Faruk, ist gründlich schief gegangen. Nicht, weil Ophelia sich tollpatschig angestellt hätte, sondern einfach, weil Faruk an Exzentrik kaum zu überbieten ist. Und so ernennt er sie – die Leserin – zur Vize-Erzählerin des Hofes. Solange sie ihn gut unterhält, sei sie sicher, wird ihr ihr gesagt. Doch als nach und nach immer mehr hochrangige Mitglieder der Himmelsburg verschwinden und Ophelia die gleichen Drohbriefe wie die Verschwundenen erhält, beginnt sie an ihrer Sicherheit zu zweifeln. Und wer ist dieser Gott, der offensichtlich verhindern will, dass Thorn und Ophelia heiraten?

Christelle Dabos knüpft mit dem zweiten Band „Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“ genau da an, wo „Die Verlobten des Winters“ endete. Ophelia ist als Verlobte von Thorn enttarnt, allerdings heißt das noch lange nicht, dass es ab jetzt einfacher für sie wird oder, dass man sie akzeptiert. Hinzu kommt, dass Christelle Dabos ganz individuelle, teils etwas eigenwillige Charaktere geschaffen hat, die alle ihre individuelle Entwicklung innerhalb der Geschichte erfahren. Auch, wenn Ophelia als Hauptfigur im Mittelpunkt steht, heißt das noch lange nicht, dass alle anderen Figuren nur Beiwerk sind. Genauso erfährt man immer mehr über die erzählte Welt und hat stellenweise sogar das Gefühl, nah an der Wahrheit über den Gott zu sein, der in den Drohbriefen immer wieder genannt wird.

Die Entwicklung der Handlung kann man nicht anders als konsequente Fortsetzung beschreiben. Nicht nur, weil sie nahtlos anknüpft, sondern auch, weil die Autorin ihrem Erzählton und Erzählstil treu bleibt und trotz der Vielschichtigkeit jeden Erzählstrang mühelos wieder aufgreift und weiterführt. Zwischendrin tauchen immer wieder Fragmente bzw. Erinnerungen auf, die sich erst nach und nach einem Charakter zuordnen lassen. Trotz aller Konsequenz der Erzählung schafft es Christelle Dabos zum Ende hin, doch noch die eine oder andere überraschende Wendung einzubauen. Obwohl am Ende natürlich eine Auflösung steht, nimmt die Autorin die Neugier auf den folgenden Band keinesfalls vorweg, sondern baut stattdessen einen Cliffhanger ein, der die Wartezeit nun ein wenig länger erscheinen lässt.