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Veröffentlicht am 11.10.2021

Leider gar nicht meins

Der langsame Tod der Luciana B
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Leseratten, habt ihr schon einmal einen Spannungsroman eines promovierten Mathematikers gelesen? 🧑‍🎓👨‍🏫 Nein?
Ich bis vor Kurzem auch nicht und dann sprach mich allerdings der Klappentext zu „Der langsame ...

Leseratten, habt ihr schon einmal einen Spannungsroman eines promovierten Mathematikers gelesen? 🧑‍🎓👨‍🏫 Nein?
Ich bis vor Kurzem auch nicht und dann sprach mich allerdings der Klappentext zu „Der langsame Tod der Luciana B.“ an:

„Luciana B. ist eine schöne und intelligente Studentin. Nebenbei arbeitet sie als Sekretärin bei dem berühmten Krimiautor Kloster. Als dieser ihr eindeutige Avancen macht, zeigt Luciana ihn an und zerstört damit seine Ehe. Als dann innerhalb weniger Jahre ihr Verlobter auf rätselhafte Weise ertrinkt, ihre Eltern an einer Pilzvergiftung sterben und ihr Bruder brutal ermordet wird, steht für Luciana fest: Hinter all ihrem Unglück steht Kloster, der ihr nie verziehen hat und sich grausam rächt ...“

Klingt doch vielversprechend, oder? Um jedoch wirklich herauszufinden, was es mit den Todesfällen in Lucianas Umfeld auf sich hat, bedarf es einiges:

🕛 Geduld
🙄 Philosophische Dialoge und Monologe
🕓 Geduld
📈 Statistische Daten
🕧 Erwähnte ich schon Geduld?

Aber von vorn: Der Aufbau des Buchs war interessant und ungewöhnlich. Der Ich-Erzähler des Romans bleibt für den Leser während des kompletten Buchs anonym. Das fand ich super, weil ich so etwas bisher noch nie gelesen habe. Die Kapitel sind leider eher lang und der Schreibstil ist sehr nüchtern. Beides hat meinen Lesegenuss etwas geschmälert, die spannende Plotidee ließ mich aber nicht los und deswegen habe ich weiter gelesen.

Ich wusste während des Lesens nicht, ob ich Lucianas Schilderungen Glauben schenken kann. Sie wirkt von Anfang an sehr paranoid. Das ist jedoch aufgrund der von ihr erlittenen Schicksalsschläge durchaus realistisch und authentisch. Die Befürchtung, dass ein Krimi-Autor, die perfekten Morde an Lucianas Liebsten begeht, um sich an ihr zu rächen, ist für mich als Leserin im Crime-Genre eine nicht von der Hand zuweisende Möglichkeit bei den sich häufenden Todesfällen in Lucianas Umfeld. Die Indizien, die sie gesammelt hat, sind durchaus glaubhaft. Oder kann es wirklich sein, dass all diese von ihr geliebten Menschen aufgrund einer Verkettung von unglücklichen Zufällen zu Tode kamen?
Diese Frage beschäftigt den unbekannten Erzähler quasi nonstop (und den Leser somit auch).

Dieser stete Zwiespalt des Erzählers zwischen den „Geschichten“ ist spürbar und nachvollziehbar. Der Charakter des Krimi-Autors Kloster half mir (und dem Erzähler) keinesfalls dabei, eine klare Meinung zu entwickeln, denn der werte Herr Schriftsteller hat zwar gewisse Gegenargumente, aber er ist einfach ein Unsympath vor dem Herrn! Man traut diesem Ekelpaket einfach alles zu. Das stellt Martínez also ganz clever an... und so hat er mich gehabt! Trotz seines anstrengenden Schreibstils wollte ich das Rätsel knacken und herausfinden, wer lügt und wer die Wahrheit sagt.

Ich selbst wusste einfach nicht, wem ich glauben soll. Ehrlich gesagt, war es mir aber sogar (fast) irgendwann egal, weil ich alle Figuren und ihr redundantes „Geschwafel“ nur noch anstrengend fand.

sorryfürdieWortwahl

callitTacheles
Ich wollte endlich wissen, was wirklich passiert ist! Und dann?! Dann war das Buch zu Ende und der Autor wurde leider nicht konkret genug... es war für mich einfach nicht auserzählt. 🧐

Fazit:
Was ich haben wollte:
☠📖 einen spannenden Roman
Was ich bekommen habe:
💬🗣 seitenlange philosophische Monologe
Was ich für mich schlussfolgere:
🧑‍🎓👨‍🏫 keine Romane mehr von Mathematikern.

Von mir bekommt ihr also leider keine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Leider ganz anders als erwartet

Die Nachbarin
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Puh, was war das denn?! Ich glaube, so kann ich "Die Nachbarin" von Caroline Corcoran zusammenfassen. 😅

Ich versuche meine Meinung für euch zu sortieren und erzähle ich in der Zeit einfach mal, was in ...

Puh, was war das denn?! Ich glaube, so kann ich "Die Nachbarin" von Caroline Corcoran zusammenfassen. 😅

Ich versuche meine Meinung für euch zu sortieren und erzähle ich in der Zeit einfach mal, was in dem Buch passiert:
Harriet und Lexie leben in einem noblen Londoner Hochhaus Tür an Tür. Die beiden Frauen kennen sich jedoch nicht und bekommen nur mit, was Nachbarn eben mitbekommen: Geräusche aus der Wohnung nebenan. In Harriets Wohnung gibt es öfter legendäre Parties mit viel Alkohol und ausgelassener Stimmung. 🥂 In der Wohnung von Lexie und ihrem Lebenspartner Tom hört Harriet, wenn die beiden lachen, streiten und Sex haben. Beide Nachbarinnen denken voneinander sie wären glücklich und beide liegen falsch! Harriet ist einsam und sehnt sich nach einem Partner. Lexie leidet nach einer Fehlgeburt an ihrem unerfüllten Kinderwunsch. Und nun will Harriet auch noch etwas, das Lexie gehört. Nämlich Tom! 💔

"Die Nachbarin" ist aus meiner Sicht auf keinen Fall ein Thriller. Es ist viel mehr ein Drama, ein Spannungsroman oder eine Psycho-Studie. Auf jeden Fall habe ich den Thrill komplett vermisst. Die Geschichte hat nämlich fast keine Handlung. (Klingt komisch, ist aber so!) Die Story spielt sich zu 90 Prozent in den Köpfen der beiden - verzeiht mir den Ausdruck - wahnsinnigen Weiber ab.🙊🥴

Die Kapitel wechseln zwischen Harriet und Lexie. Beide schildern ihre Gedanken, ihr Leben, ihre Vergangenheit in der Ich-Perspektive. Und das nicht zu knapp! Ständig wiederholen sich die Themen. Kapitelweise wechselte ich beim Lesen zwischen "Ich bin so einsam hier. Ich bin so einsam da. Lexie hat es viel besser als ich. Sie hat es nicht verdient." und "Ich will unbedingt ein Baby, komme was wolle. Alle sind schwanger außer ich. Keiner hat es mehr verdient als ich.". Auf Dauer war das echt ermüdend. 🥱 Hätten mir nicht zwei meiner Lieblingsbloggerinnen empfohlen das Buch zu Ende zu lesen, ich hätte es vermutlich nach 120 Seiten abgebrochen. Ich habe also auf die beiden gehört und weitergelesen und was soll ich sagen? Ja, ich war schon irgendwie neugierig, wie es mit den beiden irren Ladies weitergeht, aber verpasst hätte ich wohl nichts, wenn ich abgebrochen hätte. 🤷‍♀️

Aber zurück zum Buch: Lexie und Harriet fantasieren sich also schön zusammen, wie toll es die Andere hat, während fast immer das Gegenteil der Fall ist. Das Thema regt natürlich zum Nachdenken an. Wie viel wissen wir von unseren Mitmenschen, Freunden, Nachbarn? Es ist unheimlich wie sich doch hinter einer scheinbar perfekten Fassade so ein Psycho-Wrack tummeln kann. Das ist eigentlich auch das Beste am Buch: Die beiden Hauptfiguren werden großartig dargestellt und charakterlich tief gezeichnet. Trotzdem (oder gerade deswegen) mochte ich aber keine von beiden. Ich hasste aber auch keinen von beiden. Und das machte es etwas schwer mitzufiebern. Das einzige, was ich unbedingt herausfinden wollte, war die Vergangenheit von Harriet. Mehrfach im Buch erwähnt sie, was sie Schlimmes getan hat und dass man sich vor ihr fürchten sollte. Also ich fand die Offenbarung nicht spektakulär, auch wenn ich natürlich kein Verbrechen bagatellisieren möchte, aber entscheidet selbst. 🤷‍♀️🙄

Alles in allem findet ihr hier ein Buch mit sehr verschiedenen Protagonistinnen, die doch Gemeinsamkeiten aufweisen: Eifersucht, Neid, Missgunst, psychische Probleme und Selbstmitleid. Und das wiederholt sich die gesamte Zeit bis zum lang ersehnten "Showdown", wenn die beiden sich endlich persönlich begegnen. Aber auch dieses Aufeinandertreffen war weder besonders spannend, spektakulär noch überraschend. 😅

Ich mag Bücher einfach nicht, deren Handlung ich in wenigen Sätzen zusammengefasst habe. Ich hätte mehr Tempo, mehr Handlung, mehr Überraschung benötigt, um an diesem Spannungsroman Gefallen zu finden. So war ich über weite Strecke von den beiden Frauen nur genervt. Die angeschnittenen Themen in dem Buch sind zwar vielfältig und regen zum Nachdenken an, die Story wird mir aber nicht lang im Gedächtnis bleiben. Von mir gibt es keine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 14.10.2019

Die sieben Tode der Spannung

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Ich habe mich auf diesen Titel wirklich unheimlich gefreut. Das hatte mehrere Gründe:

1. Das Cover. Ja, ich gehöre zu den "Cover-Opfern" und stehe dazu. Dieses hier ist wahrlich ein Träumchen. Die freistehende ...

Ich habe mich auf diesen Titel wirklich unheimlich gefreut. Das hatte mehrere Gründe:

1. Das Cover. Ja, ich gehöre zu den "Cover-Opfern" und stehe dazu. Dieses hier ist wahrlich ein Träumchen. Die freistehende Treppe eines Herrenhauses, das Schachmuster des Bodens, die Schachfigur. (Endlich hat ein Cover mal wieder einen tollen Bezug zur Geschichte!)

2. Die Thematik. "Und täglich grüßt das Murmeltier" im Krimi-Gewand. Das ist ein Fest für Liebhaber beider Genre wie mich. Ich war ganz aus dem Häuschen über den Klappentext.

3. Stuart Turton - ein britischer Autor. Ich mag einfach wie die Briten schreiben!

Ich habe mir also ein tolles Leseerlebnis ausgemalt. Es begann auch wirklich gut: Das Buch ist so schön gestaltet! Im Umschlag findet man eine Karte vom Anwesen der Hardcastles. Hier findet man eine Übersicht des Grundstücks inklusive der Stallungen, des Waldes, des Pförtnerhauses sowie eines Lageplans der Gästezimmer und weiterer Räumlichkeiten von Blackheath. Ich muss zugeben (auch wenn der Plan nicht zu 100 Prozent stimmte), dass ich solche Extras sehr schätze.

Zu Beginn des Buchs findet sich dann eine Einladung zum Maskenball. In dieser Einladung sind die wichtigsten Personen inklusive ihrer Funktionen aufgelistet. Diese Seite war eine enorme Hilfestellung für das überaus komplexe Geschehen, das sich auf Blackheath ereignete. Und da kommen wir schon zum ersten großen Problem. Der Einstieg ins Buch fiel mir unheimlich schwer. Nicht, dass ich selbst noch damit beschäftigt war mit all den Namen und Beziehungen der Figuren untereinander zurecht zu kommen, nein - der Ich-Erzähler litt selbst unter Gedächtnisverlust und hatte keine Ahnung, wer all die Personen sind. Dieser Umstand erschwerte es mir sehr im Buch "anzukommen".

Eines der nächsten Probleme lag darin, dass der im Klappentext und Titel angekündigte "erste" Tod der Evelyn Hardcastle weit über 100 Seiten lang auf sich warten ließ. Ich weiß nicht, wie andere Leser das sehen, aber mich stört sowas einfach! Auch bei einem Schmöker mit mehr als 600 Seiten möchte ich nicht, dass ich so lang auf die angekündigte Handlung warten muss. Das war leider frustrierend. Erst ab Tag 4 fand ich es richtig spannend, wurde aber aufgrund von Logikproblemen (die keine Logikfehler, sondern eher Verständnisprobleme meinerseits waren) in meiner Neugier wieder ausgebremst.

Was mich trotz dieser Anfangsprobleme bei der Stange hielt, war die tolle Sprache, die sich der Autor bediente. Teils altertümlich anmutend, mal ein wenig holprig, dann vornehm britisch, manchmal sogar poetisch... das gefiel mir richtig gut! Der Mann kann mit Wörtern spielen - alle Achtung!

Leider kann mich auch ein toller Schreibstil nicht 600 Seiten lang fesseln. Da braucht es schon etwas Spannung und hier liegt das Hauptproblem. Stuart Turton ist detailverliebt. Das ist auch gar nicht so tragisch. Er ergießt sich nicht stundenlang in Landschaftsbeschreibungen oder wiederholt ununterbrochen die Fakten (obwohl es aufgrund des Plots natürlich zu Doppelungen kommt). Turton schafft durch seine Sprache und die gewählte Detailtiefe eine ganz besondere Atmosphäre auf dem Anwesen Blackheath. Diese bedrückende, dunkle, teils unheimliche Stimmung wusste ich auch durchaus zu schätzen, leider hat sie aber das Tempo gedrosselt. Je weiter das Buch voranschritt, umso mehr Tempo hätte ich mir gewünscht. Der Autor blieb aber seiner Detailtiefe treu. In meinen Augen hat dadurch die Spannung des Buchs leider verloren.

Ein weiteres Problem des Buchs ist dieser tolle Plot. Ihr denkt sicher, nun ist sie vollkommen durchgeknallt. Wie kann denn ein gelungener Plot ein Problem sein? Tja, ich finde, das Buch ist leider bis in die Haarspitzen konstruiert und bremst sich damit selber aus. Ich schreibe mir sehr gern während des Lesens kleine Spickzettel für die Rezension, damit ich mich auch später an die Handlung und mein Gefühlsleben beim Lesen erinnere. Der Spickzettel hier war dermaßen vollgekritzelt, durchgestrichen, mit Querverweisen und Pfeilen versehen, dass ich schon bei der Hälfte des Buchs nicht mehr durchblickte und ihn weggeschmissen habe. "Die sieben Tode der Evely Hardcastle" ist einfach ein sehr, sehr komplizierter Roman. In 100 Jahren wäre ich niemals auf die Auflösung gekommen. Was natürlich auch nichts Schlechtes ist, aber ich fühlte mich vom Autor um die Möglichkeit betrogen das Rätsel selber lösen zu können.

Neben der Sprache hielten mich außerdem die Figuren bei der Stange. Durch die detailierten Darstellungen erfuhren auch die Figuren eine unheimliche Tiefe. Es war sehr interessant zu beobachten, wie Aiden Bishop jeden seiner "Wirte" beeinflusste und wie sie gleichermaßen ihn beeinflussten und veränderten. Hier hat der Autor echt ganze Arbeit geleistet. Das wirkte alles sehr authentisch und auf gar keinen Fall nur schwarz und weiß.

Der Roman trieft nur so vor Rätseln und Geheimnissen, Schuld und Trauer, Rache und Vergebung, falschen Erinnerungen und der Frage, was Freundschaft und Liebe alles bedeuten kann. Für mich jedoch war (fast) alles zu lang, zu kompliziert, zu konstruiert. Der unglaublich tolle Schreibstil des Autors verbunden mit den interessanten und authentisch gezeichneten Figuren hat mir leider nicht gereicht. Wäre ich nicht so neugierig, hätte ich das Buch vermutlich abgebrochen. Aber ich wollte dann doch wissen, was es mit den Geschehnissen auf sich hat. Vielleicht war es also doch nicht so schlecht. Hier muss man sich vermutlich am besten selber eine Meinung machen.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Schwedischer Retortenkrimi

Mitternachtsmädchen (Ein Nathalie-Svensson-Krimi 3)
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Eigentlich bin ich kein Fan von nordischen Krimis und Thrillern. Ich kann auch gar nicht genau sagen, wieso ich bisher nicht damit warm geworden bin. Immerhin probiere ich es aber immer wieder. Es gab ...

Eigentlich bin ich kein Fan von nordischen Krimis und Thrillern. Ich kann auch gar nicht genau sagen, wieso ich bisher nicht damit warm geworden bin. Immerhin probiere ich es aber immer wieder. Es gab darunter auch schon Ausnahmen, die mich wirklich begeistern konnten (z.B. „Die Vatermörderin“ und „Das Seegrab“ – beide von Carina Bergfeldt). Nun ja, ich bin also motiviert und beschwingt an dieses Buch herangegangen, da mir der Einstieg echt unheimlich gut gefiel, und habe gehofft, hier wieder so eine Ausnahme zu finden.

Jonas Moström schreibt sehr angenehm: bildlich – ohne ausufernd zu werden und flüssig – ohne die Sprache zu einfach werden zu lassen. Die Atmosphäre in Uppsala hat er sehr gut beschrieben. Tagsüber ist der Frühling in voller Blüte greifbar, Vögel zwitschern, Blumen sprießen… das nächtliche Uppsala mit seinen historischen Gebäuden jedoch wirkte bedrückend und unheimlich. Ich schätze es sehr, wenn Autoren die richtige Stimmung für die jeweilige Handlung schaffen können. Dies ist Jonas Moström hier perfekt gelungen.

Zu Beginn des Buchs findet sich eine Personenübersicht. Da ich die beiden Vorgänger-Bände um Nathalie Svensson nicht kannte, hat mir das den Einstieg sehr erleichtert. Falls man vorhat, die beiden ersten Bücher jedoch auch noch zu lesen, wird man hier gespoilert. Vorsicht!

„Mitternachtsmädchen“ ist in der Gegenwart und in der Vergangenheit geschrieben. In der Gegenwart begleitet den Leser ein neutraler Erzähler. Vor den Kapiteln ist Datum angegeben. In der Vergangenheit lautet die Zeitangabe nur „früher“. Diese Kapitel drehen sich um einen kleinen Jungen und seine Mutter. Die Personen, die der neutrale Erzähler während des Buchs begleitet wechseln. Es gibt auch eine Täterperspektive, die das Ganze etwas aufpeppt. Alles in allem ist der Aufbau recht einfach gehalten.

Die meisten Charaktere blieben für mich recht blass. Da es sich hier um den bereits dritten Fall für Nathalie Svensson handelt, kann es jedoch daran liegen, dass ich die Vorgänger nicht kenne und mir die persönliche Bindung dadurch fehlt. Nathalie als Hauptfigur wird dem Leser/der Leserin am detailreichsten dargestellt. Trotzdem konnte ich sie nicht immer gut verstehen und manchmal ging sie mir auch ziemlich auf die Nerven. Ständig ging es um ihre Haare, ihr Make-up und ihr Outfit. Außerdem hat sie im Sorgerechtsstreit um ihre Kinder nichts Besseres zu tun als sich für einen One-Night-Stand zu verabreden. Das alles hat sie auf mich oberflächlich wirken lassen. Auch Johan – ein Polizist, der die Ermittlungen ebenfalls als Berater unterstützt – bleibt eher blass. Nathalie und er scheinen sich von früheren Fällen zu kennen und es gibt eine gewisse körperliche Anziehungskraft zwischen den beiden. So ganz nachvollziehbar war dies auch hier für mich nicht. Aber ich nehme an, Fans der Reihe werden sicher die Hintergründe kennen und verstehen.

Leider hatte das Buch für mich einen wirklich großen Makel: Ich fand es nicht spannend genug. Der Sondereinheit werden recht schnell drei Personen verdächtig. Um diese drehen sich dann die kompletten Ermittlungen. Diese scheinen sich aber im Kreis zu drehen. Klar gab es am Ende einiger Kapitel kleinere Cliffhanger, auch waren die Kapitel des Buchs meist recht kurz. Aber trotzdem war ich nicht sehr motiviert weiterzulesen.

Es gab für mich auch ein paar Logikfehler, die mich beim Lesen echt gestört haben. Zum Beispiel werden den Opfern ihre Handys vom Täter abgenommen. Ein Opfer hat jedoch direkt nach dem Überfall eine Freundin angerufen. Wie hat sie das gemacht? Mit einem Münztelefon? Beim dritten Opfer zu Hause wird von den Ermittlern ein vermeintliches Passwort auf dem Schreibtisch gefunden. Nathalie Svensson geht direkt davon aus, dass es sich um ein Passwort für eine bestimmte Dating-Website handelt (auf der sie selbst auch angemeldet ist, aber es niemandem sagt). Das Passwort passt nicht zur Dating-Website, trotzdem wird ein Computer-Spezialist damit beauftragt das Passwort zu hacken. Also hier schien es echt als hätte ich etwas verpasst. Ggf. ist auch bei der Übersetzung etwas verloren gegangen. Beides hat mich jedoch verwirrt. Solche Logiklücken machen mich in Büchern immer etwas unzufrieden. Außerdem gab es ein paar komische Ausdrucksweisen im Buch. Hier ein Beispiel: „… es roch weder nach Chlorophyll noch nach Blumen…“. Wie bitte riecht denn Chlorophyll? Kann mir das jemand sagen?

Ich werde die Reihe um Nathalie Svensson wohl eher nicht weiterverfolgen. Auch wenn ich interessiert bin, wie es mit ihrem Privatleben weitergeht, haben mich doch zu viele Dinge gestört. Ich empfehle das Buch an Reihen-Liebhaber von Ermittlungskrimis, die auch ohne große psychische und stilistische Raffinesse auskommen oder an jeden, der Schweden-Krimis liebt. Ich persönlich wurde leider nicht ganz warm mit diesem Buch.

Veröffentlicht am 11.02.2019

Zu wenig Spannung

Anatomie eines Skandals
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Rezension „Anatomie eines Skandals“ von Sarah Vaughan

Klappentext:
Sophie ist glückliche Ehefrau des charismatischen Parlamentspolitikers James. Bis er ihr eine Affäre mit seiner Assistentin gesteht. ...

Rezension „Anatomie eines Skandals“ von Sarah Vaughan

Klappentext:
Sophie ist glückliche Ehefrau des charismatischen Parlamentspolitikers James. Bis er ihr eine Affäre mit seiner Assistentin gesteht. Die ihn nun wegen Vergewaltigung verklagt. James leugnet und setzt auf die Loyalität des Premierministers, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Staatsanwältin Kate sieht die Anklageschrift mit großem Interesse auf ihren Schreibtisch flattern. Aus Gründen, die in ihre Zeit in Oxford zurückreichen. Ein Prozess mit unerwartetem Finale stellt Loyalitäten auf den Prüfstand. Und verändert nicht nur Sophies und James‘ Leben.

Meinung:
Das Buch würde ich als eher ruhig beschreiben. Die Autorin hat auf die meisten Stilmittel verzichtet, die Tempo in die Geschichte bringen würden. In „Anatomie eines Skandals“ liegt der Fokus auf wenigen Charakteren und ihren Gefühlen. Die beiden Hauptfiguren im Buch sind James´ Ehefrau Sophie und die Prozessanwältin Kate.

Abwechselnd wird die Gegenwart und die Vergangenheit der Figuren beleuchtet. Das ist absolut nicht neu oder außergewöhnlich, aber ich mag diesen zeitlichen Wechsel in Büchern einfach gern. Man ist automatisch damit beschäftigt, sich zu fragen, wie die Ereignisse zusammenhängen oder auch wie die Figuren sich charakterlich so verändern konnten. Beides war auch hier der Fall. Ich fand die Verknüpfung der Zeitstränge sehr gelungen und mochte die damit verbundene Überraschung.

Ich muss gestehen, dass mich der erste Teil des Buchs jedoch etwas angestrengt hat. Der Schreibstil von Sarah Vaughan ist sehr detailliert. Es wird teilweise auf mehreren Seiten beschrieben, wie das House of Commons aussieht. Und zwar jeder Winkel, jeder Raum, jeder Flur, durch den James läuft. Und er hatte einen weiten Weg. Das hat das eh schon geringe Tempo noch etwas mehr gebremst. Im weiteren Verlauf des Buchs hat diese ausschweifende Erzählweise etwas nachgelassen und das Tempo wurde angezogen. Hier war ich dann auch ganz in der Story gefangen. Ich tendiere dazu, den Mittelteil als „Justizthriller-ähnlich“ zu beschreiben, da der Prozess um James dort im Vorderpunkt steht. Auch Cliffhanger kamen nun zum Einsatz und haben mich durch die Seiten rauschen lassen. Der letzte Teil des Buches zog sich dann aber leider wieder. Positiv erwähnen muss ich unbedingt, dass in diesem Abschnitt Sophie viel mehr an Tiefe und Charakter gewonnen hat als man am Anfang vermutete. Aber da es fast keine ungeklärten Fragen mehr gab, konnte das Buch mich dann nicht mehr wirklich fesseln.

Wie bereits erwähnt, hat die Autorin viel Wert auf das Gefühlsleben ihrer Figuren gelegt. Loben möchte ich, die sehr authentisch gezeichneten Charaktere. Es gab keinen nur „guten“ oder nur „schlechten“ Menschen aus meiner Sicht. Leider war mir aber keine der Figuren sonderlich sympathisch. Das ist zwar kein „Muss“ in einer Geschichte – hilft aber oft die Spannung zu erhalten, da man mit „seinem“ Liebling mitfiebert. Das konnte mir hier also leider auch nicht helfen.

Fazit:
Alles in allem war es kein schlechtes Buch, aber es wird wohl schnell in meiner Erinnerung verblassen und ich spreche eher Roman-Fans mit Hang zum Drama hier eine Leseempfehlung aus. Spannungsliebende Leser kommen hier nicht auf ihre Kosten.

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