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Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine Geschichte, die man nicht vergisst

Bis ans Ende der Geschichte
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INHALT:
Sage Singer ist eine junge, leidenschaftliche Bäckerin. Als sie den allseits beliebten pensionierten Lehrer Josef Weber kennenlernt, entwickelt sich trotz des großen Altersunterschieds eine enge ...

INHALT:
Sage Singer ist eine junge, leidenschaftliche Bäckerin. Als sie den allseits beliebten pensionierten Lehrer Josef Weber kennenlernt, entwickelt sich trotz des großen Altersunterschieds eine enge Freundschaft zwischen ihnen. Doch als Josef ihr eines Tages ein lange vergrabenes, schreckliches Geheimnis verrät, bittet er Sage um einen schwerwiegenden Gefallen. Wenn sie einwilligt, hat das allerdings nicht nur moralische, sondern auch gesetzliche Konsequenzen. Sage steht vor einem Dilemma. Denn wo verläuft die Grenze zwischen Hilfe und einem Vergehen, Strafe und Gerechtigkeit, Vergebung und Gnade?

MEINUNG:
Dieses Buch lässt sich eigentlich mit einem Wort gut beschreiben: Intensiv. Wie so häufig bei Jodi Picoults Romanen umfasst auch dieser Roman wieder eine Menge an Seiten. Nach meiner Meinung hätten es auch noch mehr sein können. Hier waren einfach keine Seite und kein Wort zu viel. Ich habe fast alle auf Deutsch erschienenen Romane von ihr gelesen und in diesem Jahr ist es auch schon mein drittes Buch und wieder war es ganz anders.

Der Klappentext verrät nicht, was für eine große Thematik diesem Roman zu Grunde liegt. An dieser Stelle muss ich dies vorweg greifen, denn sonst fällt es sehr schwer, dass Buch zu rezensieren. Josef Weber ist ein ehemaliger Nazi-Offizier und Sages Großmutter ist eine polnische Jüdin, die im Konzentrationslager gewesen ist.

Die Geschichte von Sage Großmutter dominiert in meinen Augen fast den ganzen Roman, der in drei Teile aufgeteilt ist. Die Geschichte hat mich am meisten berührt und gleichzeitig schockiert. Die Handlung um Sage ist dabei fast zur Nebensache geworden, obwohl auch sie ihre Probleme hat. Die Freundschaft zwischen Josef und ihr fand ich weniger gut ausgearbeitet, obwohl später klar wird, warum er Sage ausgewählt hat. Dadurch, dass Sage sich an das FBI wendet, um Josef zu melden oder zu verraten (kann man sehen wie man möchte), bekommt man auch Einblick in die Spezialabteilung, die in den USA für solche Verbrechen zuständig ist. Hier lernt Sage auch Leo Stein, den zuständigen FBI-Agenten kennen. Die Liebesgeschichte hätte in meinen Augen nicht sein müssen, war aber auch in Ordnung und den beiden auch vergönnt.

Meiner Meinung nach muss man gar keine fiktiven Horror-Geschichten schreiben und lesen, der Holocaust bietet genug Geschichten, die einen fassungslos und verstört zurück lassen. Jodi Picoult beweist wieder eine exzellente Recherche. Auch wenn es Sages Großmutter nicht wirklich gegeben hat, steht sie stellvertretend für jede polnische Jüdin dieser Zeit und man ist sich beim Lesen bewusst, dass so ein Schicksal ausgesehen haben könnte. Jodi Picoult greift auch die Thematik der Aufarbeitung auf. Dabei stellt sie heraus, dass jeder und jede Überlebende anders mit den Geschehnissen umgeht und das man dies respektieren muss.

Jodi Picoult stellt ihre Charaktere in ihren Romane häufig so dar, dass es keiner wirklich ausschließlich gut oder ausschließlich böse ist. Im Verlauf ihrer Romane gerate ich immer mehr in den Zwiespalt, dass ich mich nicht wirklich für eine Seite entscheiden kann. Diesmal war es anders. Es fällt schwer mit einem Nazi Mitleid zu haben, auch wenn Picoult sehr ausführlich aufgezeigt hat, wie man dort damals quasi „reingerutscht“ und wenig Möglichkeiten hatte sich der Gehirnwäsche zu entziehen.

Am Ende gibt es eine Wendung, die ich aber schon voraus gesehen habe, was nicht schlimm war. Doch sie hat großen Einfluss auf Sages Entscheidung bzw. auf das, was danach kommt. Mir hat am Ende die Aufarbeitung von Sages letztendlicher Entscheidung gefehlt, denn damit muss sie jetzt leben. Ich bin auch jetzt noch zwiegespalten, ob es die richtige war.
Das Buch schockiert und berührt einen. Man ist schlicht und einfach fassungslos, auch wenn schon häufig über die Schicksale dieser Zeit gelesen hat. Mich schockiert es immer wieder aufs Neue. Dennoch gibt es auch Hoffnung, wie man diesen Erlebnissen leben kann. Die Frage, die Picoult in diesem Roman aufwirft ist: Ist man auf ewig ein schlechter Mensch, nur weil man einmal oder eine Zeitlang etwas getan hat, was falsch war? Kann man solchen Menschen verzeihen? Fragen, die nicht so richtig zu beantworten sind.

FAZIT:
Jodi Picoult hat mal wieder bewiesen, dass sie es kann und dass sie nicht umsonst eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen ist. Trotz einiger kleiner Kritikpunkte hat mich dieses Buch von der ersten Seite an gefangen genommen und wir in mir noch lange nachhallen, was natürlich auch der Thematik des Buches geschuldet ist.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.12.2016

Außergewöhnlicher Thriller

Er liebt sie nicht
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INHALT:
Er ist ein Serienkiller. Er hat vier junge Frauen brutal ermordet. Doch auch nach seiner Verurteilung beteuert er noch immer seine Unschuld. Nun sucht er jemanden, der seinen Fall neu aufrollt. ...

INHALT:
Er ist ein Serienkiller. Er hat vier junge Frauen brutal ermordet. Doch auch nach seiner Verurteilung beteuert er noch immer seine Unschuld. Nun sucht er jemanden, der seinen Fall neu aufrollt. Jemanden, der seine Geschichte erzählt. Damit die Wahrheit ans Licht kommt. Maggie Rose könnte das. Doch die erfolgreiche Rechtsanwältin und True-Crime-Autorin zögert. Sie widersetzt sich seinen Bitten, antwortet nicht auf seine Briefe aus dem Gefängnis. Dabei ist er ein charismatischer und erfolgsverwöhnter Mann, gutaussehend und intelligent. Wie lange wird Maggie ihm noch widerstehen können? Denn insgeheim hat sie längst damit begonnen, seine Geschichte aufzuschreiben …
COVER:
Auf den ersten Blick wirkt das Cover recht unscheinbar. Auf den zweiten Blick entdeckt man die erhabenen Nadeln und das Blut, was herunter läuft. Das Ganze wirkt dann schon deutlich schauriger, obwohl sich mir die Nadeln auch nach dem Lesen nicht erschließen, ganz im Gegensatz zum Titel. Der Zusammenhang erschließt sich nach Beendigung des Romans.
MEINUNG:
Die Geschichte wird aus Sicht von Maggie, Peter und ein wenig von Hamish erzählt. Es ist aber nicht gekennzeichnet aus wessen Sicht nun erzählt wird, sondern man muss es beim Lesen herausfinden. Es kann dann auch schon zu einem Zeitsprung kommen und man sich etwas neu orientieren. Das hat mir äußerst gut gefallen, denn hier wird man als Leser gefordert. Obwohl das Buch fast 500 Seiten hat, liest es sich ziemlich schnell, da die Kapitel zum Teil nur recht kurz sind. Dazwischen finden sich E-Mails, Briefe und Zeitungsberichte sowie die ersten Entwürfe, die Maggie für das Buch verfasst, das sie über Hamishs Fall schreiben will. Damit hat das Buch für mich schon fast gewonnen, denn ich liebe Briefromane. Hier war es eine Mischung, aber es hat für die nötige Abwechslung und das Ermöglichen von anderen Perspektiven gesorgt, was ich an Briefromane so sehr schätze. Das alles bringt den Leser immer wieder auf den neuesten Stand der Dinge und klärt ihn auch über Geschehnisse aus Hamishs Vergangenheit auf. Viele dieser Briefe und Zeitungsbericht erschließen sich erst, wenn man das Ende kennt. Ich glaube, dass man diese anders lesen würde, wenn man das Buch ein zweites Mal lesen würde.
Zum Inhalt möchte ich hier gar nicht mehr sagen als der Klappentext verrät und ich werde auch kein Vergleiche zu anderen bekannten Thrillern ziehen, denn damit könnte man sofort eine Ahnung bekommen, in welche Richtung die Geschichte aufgelöst wird. Es gibt eine bestimmte Stelle im Buch, aber der man, als geübter Thriller-Leser, eine Ahnung bekommt, was und wer hinter den Morden wirklich steckt. Das finde ich immer minimal Schade, denn eigentlich will ich immer völlig überrascht werden, aber das der einzige Kritikpunkt, den ich an diesem Thriller habe. Trotzdem hält das Ende noch ein paar Überraschungen bereit, die man nicht voraus sehen konnte. Ein paar Fragen bleiben für mich auch noch offen, die leider nicht geklärt worden sind. Das Ende hätte ruhig etwas umfangreicher sein können.
Für meinen Geschmack war die Spannung immer präsent, aber es ist jetzt kein extrem spannungsgeladenes Buch mit vielen Action-und Flucht-Szenen und noch mehr Toten. Das Buch lebt von seinen sehr gut ausgearbeiteten, authentischen Charakteren und deren psychologische Spielchen, die zunächst nicht so wirklich durchschaut, aber die dem ganzen Roman einen enormen Reiz verleihen. Mich hat das Buch ab den ersten 50 Seiten sofort für sich eingenommen. Das lag vor allem an Maggie Rose, die als Protagonistin mal so überhaupt nicht dem Schema F entspricht und für mich über den gesamten Verlauf des Romans ein Mysterium geblieben ist. Dennoch mochte ihre scharfsinnige und kluge Art, wie sie den Fall angegangen. Das Gleiche gilt auch für Hamish. Beide spielen immer wieder ihre Spielchen miteinander und wenn glaubt sie sind ehrlich zueinander, dann kann man sich sicher sein, dass sie immer noch etwas verbergen. Ich mochte auch das Setting sehr gerne, welches in Somerset, England angesiedelt ist. Ich bin großer Fan von England und die Geschichten erhalten immer ein besonderes Flair, welches ich sehr schätze.
FAZIT:
Er liebt mich nicht gehört für mich in die Kategorie besonderer/ außergewöhnlicher Thriller und ist ein absoluter Geheimtipp für alle die gerne Thriller lesen, die nicht bekannten Schema F entsprechen.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 22.12.2016

Absolutes Highlight!

Ich gebe dir die Sonne
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INHALT:
Am Anfang sind Jude und ihr Zwillingsbruder Noah unzertrennlich. Noah malt ununterbrochen und verliebt sich Hals über Kopf in den neuen, faszinierenden Jungen von nebenan, während Draufgängerin ...

INHALT:
Am Anfang sind Jude und ihr Zwillingsbruder Noah unzertrennlich. Noah malt ununterbrochen und verliebt sich Hals über Kopf in den neuen, faszinierenden Jungen von nebenan, während Draufgängerin Jude knallroten Lippenstift entdeckt, in ihrer Freizeit Kopfsprünge von den Klippen macht und für zwei redet. Ein paar Jahre später sprechen die Zwillinge kaum ein Wort miteinander. Etwas ist passiert, das die beiden auf unterschiedliche Art verändert und ihre Welt zerstört hat. Doch dann trifft Jude einen wilden, unwiderstehlichen Jungen und einen geheimnisvollen, charismatischen Künstler ...
COVER:
Das deutsche Cover gefällt mir deutlich besser als das des englischen Originals. Besonders gut gefällt mir, dass Verlag auch ihren bereits auf Deutsch erschienenen Roman Über uns der Himmel im gleichen Design neu aufgelegt hat, zwar als Taschenbuch, aber so passen beide Bücher zusammen. Der Titel des Jugendbuches erschließt, wie so häufig, erst während bzw. nach dem Lesen. Hier wurde der englische Titel 1 zu 1 übersetzt.
MEINUNG:
Das englische Original stand schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf meiner Amazon-Wunschliste und ich konnte mich nicht überwinden es in Englisch zu lesen, was ich im Nachhinein betrachtet auch ganz gut finde. Denn das Buch lebt von seiner Sprache und dem unfassbaren Schreibstil von Jandy Nelson. Die eine oder andere Schlagfertigkeit hätte ich mit Sicherheit nicht immer richtig verstanden und das wäre sehr schade gewesen. Den Schreibstil, den ich hier so anpreise, hat es mir allerdings am Anfang auch schwer gemacht in die Geschichte hineinzufinden. Doch am Ende habe ich jeden Satz förmlich aufgesaugt und war begeistert davon, dass eine Autorin in der Lage Dinge so treffend und mit so viel Humor zu formulieren. Das Buch hat mich häufig dazu eingeladen zu schmunzeln. Nach den ersten Schwierigkeiten, konnte ich das Buch dann nicht mehr aus der Hand legen und es schon ein ganz schöner Schinken. So umfasst es fast 500 Seiten.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Noah und Jude erzählt, wobei Noah aus der vergangenen Sicht und Jude aus der Gegenwartsperspektive erzählt. Für mich wäre natürlich auch die jeweils andere Sicht in der Gegenwart bzw. Vergangenheit interessant gewesen, aber dann wäre das Buch vermutlich doppelt so dick gewesen (was mich aber nicht gestört hätte ). Der Klappentext verrät ziemlich wenig und ich habe auch nicht erwartet, in was für eine Richtung die Geschichte gehen wird. In der Vergangenheit mochte ich Noah lieber als Jude, die der Klappentext bereits beschreibt ziemlich draufgängerisch ist. In der Gegenwart allerdings ist mir Jude näher ans Herz gewachsen, so dass ich ein wenig lieber ihre Kapitel gelesen habe. Kapitel, die wirklich mit über 100 Seiten ungewöhnlich lang waren. Für Kapitelleser, zu denen ich auch gehöre, relativ unpraktisch, aber in jedem Kapitel sind auch genügend Absätze drin, so dass man dort unterbrechen kann.
Die Wesen von Noah und Jude haben sich lustigerweise über die Zeit umgekehrt. So ist der in sich gekehrte Noah plötzlich ein sportlicher, cooler Teenager geworden und bei Jude ist es genau anders herum. Erst relativ zum Schluss erfährt, warum das Verhältnis der Geschwister zerbrochen ist. Allerdings gibt es auch vorher Rivalitäten und Eifersüchteleien. Beide buhlen immer um die Aufmerksamkeit der Eltern. Auch dieses Gleichgewicht kehrt sich dann plötzlich um. Jandy Nelson gelingt alle ausgeworfenen Fäden dann am Ende ganz geschickt wieder zusammenzuführen und das mit den gleichen Personen, die auch schon in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben. Ich habe tiefen Respekt vor dieser Leistung, denn damit hebt sich Ich gebe dir die Sonne deutlich von der Masse ab. Auch die Liebesgeschichten, die sie in den Roman eingeflochten hat mochte ich sehr gerne. Sie waren kein bisschen kitschig und standen auch nicht völlig im Mittelpunkt des Geschehens, auch wenn Liebe in diesem Roman ein zentrales Thema ist. Im Gegenteil es war mir eine große Freude, wie sowohl Jude als auch Noah sich verliebten und der jeweiligen Person näher gekommen sind und ich habe es sehr gerne gelesen.
FAZIT:
Es mit Abstand eines der besten und außergewöhnlichsten Jugendbücher, welches ich meinem Leben gelesen habe und Highlight in 2016, weil es sich deutlich von der Masse in diesem Genre abhebt. Es ist eine Geschichte über Trauer, Verlust, Vergebung und die Hoffnung, dass Zerbrochenes auch wieder geheilt werden kann und Menschen trotz aller Fehler wieder zueinander finden können. Lest diesen Roman!
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 28.11.2016

Ein Roman, der zu Herzen geht

Miss you
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INHALT:
Eine Sekunde lang treffen sich ihre Blicke, doch bevor sie sich anlächeln oder ein paar Worte wechseln können, ist der Moment schon wieder vorbei. Von da an beginnt für Tess und Gus eine Reise, ...

INHALT:
Eine Sekunde lang treffen sich ihre Blicke, doch bevor sie sich anlächeln oder ein paar Worte wechseln können, ist der Moment schon wieder vorbei. Von da an beginnt für Tess und Gus eine Reise, die sich Leben nennt. Große und kleine Augenblicke warten auf sie, Kummer und Freude. Doch beide ahnen, dass sie Wege gehen, die nicht glücklich machen. Weil ihnen das Entscheidende fehlt. Was sie nicht wissen: Tess und Gus sind perfekt füreinander, und obwohl sie sich längst begegnet sind, haben sie es nicht bemerkt. Wann ist der alles entscheidende Moment für die große Liebe endlich da?

MEINUNG:
Das Buch wird häufig mit Zwei an einem Tag von David Nicholls verglichen. Ich habe das Buch nicht gelesen und auch den Film nicht gesehen, aber Miss You zwar ähnlich angelegt, aber dennoch ganz anders. Zunächst war ich skeptisch, weil ich Vorfeld wusste, dass sich Tess und Gus erst am Schluss wirklich begegnen und zusammen kommen.
Das Buch verläuft über einen sehr langen Zeitraum, der fast 20 Jahre umfasst und ist in fünf Teile aufgeteilt. Jeden Teil kann man als einen Lebensabschnitt betrachten. Oft enden die Abschnitte mit einem Schlüsselereignis für einen der beiden, das den neuen Lebensabschnitt einläutet. Die Kapitel werden abwechseln aus Sicht von Tess und Gus in Ich-Form erzählt. Die Kapitel umfassen bis auf das Ende, wo der Perspektiven-Wechsel zwischen Tess und Gus schneller stattfindet, so rund 20 Seiten. Bei vielen Büchern, die aus mehreren Perspektiven geschrieben sind, geht es mir immer so, dass ich eine Perspektive lieber mag oder es kaum erwarten kann, wann die andere Person wieder dran ist. Hier ging es mir absolut nicht so. Man verliert sich so schnell in der jeweiligen Geschichte, dass die Kapiteln und Seiten nur so dahin gepflogen sind und man immer mehr erfahren möchte.
Es ist ein relativ ruhiges Buch, welches natürlich seine Wendungen hat, aber der Fokus liegt auf der Lebensgeschichte von Tess und Gus, die man dabei begleitet erwachsen zu werden, ihren Platz im Leben zu finden und am Ende auch einander zu finden. Sowohl Tess als auch Gus haben von Anfang an ihr Päckchen zu tragen. Vor allem bei Tess führt gleich zu Beginn ein schwerer Schicksalsschlag dazu, dass ihr Leben ganz anders verläuft als sie sich das vorgestellt hat. Sie muss sehr viel aufgeben und stellt ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Dafür habe ich sie das ganze Buch über bewundert. Mich aber auch manchmal gefragt, warum sie nicht mal ausgerastet ist. Ich wäre das manchmal schon längst, aber Tess hat das Herz am richtigen Fleck, genauso wie Gus.
Gus ist für mich unter den vielen männlichen Romanfiguren eine außergewöhnliche Figur, denn er entspricht in meinen Augen nicht den gängigen männlichen Klischees. Gus zeigt uns, dass Rollenverteilung und -verständnis auch anders funktionieren kann. Die Autorin vermittelt den Eindruck als sei das etwas ganz Selbstverständliches und gar nicht der Rede wert. Sie hebt das in keinster Weise besonders hervor und sie stellt Gus auch nicht als gerne mal betiteltes Weichei dar. Das hat mir unheimlich gut gefallen. Gus ist nicht der typische Draufgänger, sondern zögert oft bzw. macht nicht das, was er wirklich will. Manchmal weiß er das auch nicht. Sowohl Gus als auch Tess sind nicht frei von Fehlern, aber sie sind stets für die Personen dar, die sie lieben und bringen dafür Opfer. Das hat mich wirklich zu Herzen gerührt.

Das Buch ist auch eine Zeitreise, denn es spielt von 1997 bis 2013 und in der Zeit kommen u.a. mit dem Handy, Smartphone und Internet, die unser gesellschaftliches Leben komplett verändert haben. Die Autorin arbeitet solche Details geschickt raus und führt sie einem vor Augen.

Ich fand es auch überhaupt nicht schlimm, dass sie sich erst auf den letzten Seiten begegnet sind und relativ schnell dann zueinander finden. Man muss hier für den Gedanken, dass sich hierbei um Schicksal handelt, empfänglich sein und ganz ehrlich, gönnt man den beiden es am Ende auch von Herzen.

FAZIT:
Ich habe diese Buch so gerne gemocht und es verschlungen, weil ich Romane liebe, wo es nur um das Leben der Charaktere geht. Man lacht und weint mit ihnen zusammen und hat am Ende das Gefühl als würde man sie wirklich kennen. Unbedingt lesen!
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 24.10.2016

Außerordentlich spannender Thriller

Der Frauensammler
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INHALT:

Er sieht dich. Er berührt dich. Aber manchmal ist das nicht genug.

Polizistin Charlotte Savage ermittelt in einer Verbrechensserie, die ganz Plymouth in Angst und Schrecken versetzt: Mehrere ...

INHALT:

Er sieht dich. Er berührt dich. Aber manchmal ist das nicht genug.

Polizistin Charlotte Savage ermittelt in einer Verbrechensserie, die ganz Plymouth in Angst und Schrecken versetzt: Mehrere junge Frauen wurden betäubt und missbraucht. Sie überlebten, erinnern sich aber an kaum etwas. Doch dann wird eines der Opfer tot und grausam verstümmelt am Strand aufgefunden. Wenig später taucht eine weitere Tote auf, und die Untersuchungen bringen ein schauerliches Ergebnis: Die junge Frau wurde eingefroren. Schnell geraten Charlotte Savage und ihr Team unter Druck, denn ein weiteres Mädchen wird als vermisst gemeldet. Können sie den Serienkiller aufhalten, bevor er erneut zuschlägt?



COVER:

Das Cover ist in düsteren Tönen gehalten und spiegelt sehr gut die Atmosphäre des Thrillers und die von Plymouth, einer Stadt in England, wider, wo der Roman spielt. Der Roman spielt zudem auch noch im Herbst. Der Fluss und das Boot sind eine Anspielung auf den Fundort der ersten Leiche. Ich finde das Cover sehr gelungen für den Roman.

MEINUNG:

Das ganze Setting hat mir sehr gut gefallen. Ich war zwar noch nie in Plymouth, aber England hat es mir einfach angetan. Der Roman erstreckt sich in einem Zeitraum von Ende Oktober bis Anfang November. Die genauen Zeits- und Ortsangaben stehen auch am Anfang eines jeden Kapitels. Ich bin kein besonders großes Fan von solchen detaillierten Angaben, vor allem dann nicht, wenn die Angaben auch noch wichtig für das Geschehen sind. Die Ortsangaben in diesem Thriller geben Aufschluss darüber aus wessen Sicht das Kapitel erzählt ist, was man aber auch beim Lesen schnell merkt. Zu großen Teilen wird aus der Sicht von der Polizistin Charlotte Savage in der dritten Person erzählt, aber es werde auch noch parallele Handlungsstränge aus Sicht von anderen Personen aufgebaut, die am Ende dann wieder zusammenfließen. Diese Art der Erzählweise ist für einen Thriller relativ typisch. Es schafft eine gewisse Distanz zum Geschehenen, was anhand der Grausamkeit der Taten auch gut ist. Wenn keine Zeit- und Ortsangabe gemacht werde, dann haben wir aus der Sicht von Harry gelesen. Hier ist relativ schnell klar, dass es sich bei ihm um einen bzw. den Täter handeln könnte.

Charlotte Savage ist die Hauptermittlerin. Man erfährt gleich am Anfang ihre privaten Umstände. Dennoch spielt ihr Privatleben innerhalb des ganzen Romans nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zu vielen anderen bekannten Ermittlern aus diversen Romanen, finde hier kein ständiger Wechsel zwischen den Problemen auf Arbeit und im privaten Umfeld statt. Der Autor hat das hier auf ein Maß reduziert, sodass der Fall ganz klar im Mittelpunkt steht. Einerseits hat mir das gefallen, andererseits bleibt Savage dabei immer etwas distanziert und ich hatte nicht wirklich das Gefühl sie am Ende des Romans zu kennen bzw. ein Gefühl für ihre Persönlichkeit zu bekommen. Auch der Umgang mit den Kollegen auf dem Polizeirevier ist ungewohnt förmlich. Tatsächlich wird sich dort durchgehend gesiezt, wenn die Hierarchiestufe nicht die gleiche war. Ich hatte manchmal Probleme auch hier eine richtige Beziehung aufzubauen und habe die Namen daher ein paar Mal durcheinander gebracht bzw. musste dann immer noch überlegen, um wen es sich gehandelt hat.

In der Regel finde ich die Sicht des Täters immer relativ langweilig bis unnötig. In diesem Thriller aber fand ich sie zum ersten Mal wirklich interessant und viele Andeutungen sind zum Schluss auch wichtig für die Aufklärung des Falls. Da kommen wir gleich zum nächsten Punkt. Die Aufklärung des Falls wurde nicht, wie so oft, auf den letzten paar Seiten schnell abgehandelt, sondern viele Antworten auf die Fragen, die man hatte, ergaben sich aus zuvor gemachten Bemerkungen. Der Roman fordert einen hier heraus sehr aufmerksam zu lesen, aber ist lässt sich trotzdem flüssig lesen. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Alles war am Ende stimmig. Alle Fäden, die der Autor gesponnen hat, liefen am Ende zusammen.

Das Buch war durchgängig spannend, wenn auch sehr grausam, und ich habe es in einem Rutsch gelesen. Auf Deutsch ist das der erste Roman von Mark Sennen, aber auf Englisch sind bereits mehrere erschienen und ich hoffe, dass noch mehr übersetzt werden.

FAZIT:

Nach langer Zeit mal wieder ein grandioser Thriller, der alles hat, was einen sehr guten Thriller ausmacht: Spannung, eine gute Ermittlerin, einen flüssigen Schreibstil und eine unfassbare Story, die einem Blut in den Adern gefrieren lässt vor Grausamkeit.