Ein Schicksal erzählt gegen das Vergessen
Rote KreuzeNach einem schlimmen Schicksalsschlag zieht Alexander in eine andere Stadt und bei Ein-zug in seine Wohnung trifft er schnell auf seine Nachbarin, eine alte Dame. Sie hat Alz-heimer und erzählt ihm schnell ...
Nach einem schlimmen Schicksalsschlag zieht Alexander in eine andere Stadt und bei Ein-zug in seine Wohnung trifft er schnell auf seine Nachbarin, eine alte Dame. Sie hat Alz-heimer und erzählt ihm schnell aus ihrem Leben. Erst reagiert Alexander unwillig, doch Tatjanas Geschichte erweist sich als so tragisch, dass Alexander zuhört und ihr auch seine Geschichte erzählt. Tatjana erlebt das Russland des 20. Jahrhunderts mit all seinen Schre-cken.
Sasha Filipenko bedient sich bei Tatjanas Geschichte einer eher emotionslosen Sprache. Doch diese reicht vollkommen aus, wenn man sich Tatjanas Erlebnisse beim Lesen ver-sucht vorzustellen. Über diese Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg in der da-maligen Sowjetunion wird wenig geredet. Vielleicht weil es so schlimme Zeiten waren? Diese Ignoranz der Einzelnen, das Inhaftieren aus seltsamen Gründen, Trennung der Kin-der von den Eltern und Inkaufnahme von Tod. Tatjanas Geschichte ist eine Geschichte gegen das Vergessen dieser Zeit mit so viel Leid. Ich denke, auch zu dieser Zeit noch mutig vom Autor. Alexander bleibt für mich mehr am Rand, als Erzählpartner für Tatjana, die unbedingt erzählen muss bevor Alzheimer ihr die Erinnerung nimmt und sie dann in der Folge Gott nicht mit ihrem Schicksal und anderer Menschen konfrontieren kann.
Für mich ein sehr eindringlicher Roman über das Grauen in der sog. Stalinzeit und wo sich mir die Frage stellt, wie viel Menschen ertragen, erdulden können.